Polittheater

Von Gert Flegelskamp

Die Presse ist voll mit Berichten über die Nominierung von Gauck und oft genug ist dabei eine gewisse Häme in den Berichten „merklich“. Nun ist es ja üblich, dass das Land auch mit Prognosen überschwemmt wird, warum sollte ich also darauf verzichten, eine Prognose abzugeben? Noch braucht Merkel die FDP, denn man muss ja noch den ESM in trockene Tücher bringen. Und dann im Sommer auch noch ACTA und ohne die FDP könnte Merkel da Schwierigkeiten bekommen. Rein theoretisch, natürlich, denn andererseits ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die SPD und auch die Grünen dem ESM zustimmen, betreiben sie doch ohnehin die gleiche Politik. Aber das ist nur wahrscheinlich, aber nicht sicher. Würde Merkel die FDP wegen ihres Schachzugs mit Gauck aus der Regierung kicken, ähnlich dem Saarland, würde ihr das sicherlich sogar wieder Wählerstimmen bringen, denn die Erfahrung zeigt ja, dass der Wähler nicht aus Fehlern lernt. Aber sie kann nicht völlig ausschließen, dass SPD und Grüne dann nicht die Gunst der Stunde nutzen, um einen Machtwechsel zu erzwingen. Nein, ich denke, Merkel will zuerst noch diese beiden Projekte über die Bühne bringen und dann etwas machen, was die FDP auf keinen Fall mittragen kann, will sie nicht unter 1 Prozentpunkt fallen. Dann ist es Merkel nicht nur egal, ob die Wahl ein Jahr vorgezogen wird, sie würde davon sogar noch profitieren, weil derzeit noch viele Menschen einfach nicht durchschaut haben, dass das scheinbare Geplänkel im Euro-Raum ein abgekartetes Spiel ist, abgekartet weit über die Grenzen von Europa hinaus. Als praktisches Beispiel kann man für das inszenierte Polittheater da Griechenland nehmen. In der Presse wurde nun berichtet, dass ein „geheimes Papier“ der so genannten Troika (EU-Kommission, IWF und EZB) aufgetaucht sei, dass die Schulden Griechenlands noch viel höher wären und die prozentuale Verschuldung gemessen am Bruttosozialprodukt vermutlich auch in den nächsten Jahren wesentlich höher als der zunächst angestrebte Zielwert von 120% sein würde. Selbst die Privatisierung der Wirtschaft könne dann nicht den erforderlichen Wachstumsschub bringen (Troika-Bericht geleakt). Erinnert man sich, dass man früher in der Schule auch mal rechnen gelernt hat und ist dann auch noch in der Lage, die Grundrechenarten immer noch zu nutzen, kann man ja eine einfache Rechnung aufmachen, unabhängig von den vorgeführten politischen Rechenkünsten.

  • Unternehmen werden privatisiert. Aus Deutschland wissen wir, dass diese Privatisierungen zum massiven Abbau von Arbeitsplätzen führen. Das aber führt für den Staat zu höheren Ausgaben, weil er Arbeitslosengeld zahlen muss.
  • Griechenland soll seine Verwaltung drastisch verschlanken, also tausende staatliche Bedienstete entlassen. Auch dadurch entstehen immense Kosten, die vom Staat zu tragen sind, abhängig von der gesetzlichen Lage bei Staatsbediensteten.
  • Renten und Löhne sollen erheblich gesenkt werden.

Diese 3 Punkte alleine reichen schon, das Bruttosozialprodukt zu senken, weil dem Staat Mehrausgaben ins Haus stehen, dabei die Steuereinnahmen drastisch sinken, weil der Konsum zwangsläufig und zwar erheblich sinkt. Aber es senkt nicht die Schulden. Daraus ergibt sich nach Adam Riese, dass der prozentuale Teil der Verschuldung gegenüber dem Bruttosozialprodukt steigt.

Sie wollen ein praktisches Beispiel? Nehmen wir die Bundestagswahlen. Stellen sie sich vor, die Wählerstimmen wären die Steuereinnahmen, die gültig abgegebenen Stimmen das Bruttosozialprodukt, und der Anteil der Parteien nach der Wahl die Verschuldung. Je niedriger die Wahlbeteiligung, umso stärker sinkt das Bruttosozialprodukt, während der prozentuale Stimmenanteil der Parteien dadurch steigt.

Natürlich besteht das Bruttosozialprodukt nicht nur aus Steuereinnahmen, sondern beziffert das gesamte Nationaleinkommen, also auch die Einkommen derer, die ihr Einkommen lieber außerhalb Griechenlands „anlegen“, wobei sie vergessen haben, den Anteil des Fiskus auch an diesen abzuführen.

Das Fazit ist, dass sich Griechenland voll in die Hände der so genannten Retter begibt, oder anders gesagt, die angebliche Rettung mit seiner Souveränität bezahlt. Dass das so ist, daran hat wohl der derzeitige „Staatenlenker“ Papadimos großen Anteil. Er war es, der die Verantwortung dafür trug, dass Griechenland in die Euro-Zone eingetreten ist. Durfte man zu Beginn der Griechenland-Krise der Presse glauben, dann war das nur möglich, weil Griechenland falsche Zahlen geliefert hat. Hat Griechenland wirklich falsche Zahlen geliefert?? Nein! Es war Papadimos, der für die Zahlen verantwortlich war, die den Beitritt Griechenlands zur Euro-Zone ermöglichten. Aber Papadimos ist nicht Griechenland.

Doch das hat die Presse und die Politik ganz offensichtlich völlig vergessen, wie sonst hätten sie den Mann, der doch die Aufnahme Griechenlands durch betrügerisches Zahlenmaterial erst ermöglichte, nicht so als Retter Griechenlands feiern können, wie sie es taten.

Griechenland hätte schon unter Papandreou den Austritt aus dem Euro verkünden sollen, doch das hat die EU wohl mit allen Mitteln verhindert. Das wäre zwar besser für Griechenland gewesen, denn sie hätten zuerst mal viel Geld selber drucken können, damit die Währung abwerten und damit auch die Schulden entwerten können. Aber das konnte die EU nicht zulassen, denn dann wäre das ganze Kartenhaus „Euro“ vermutlich zusammengebrochen. Aber der Euro wird dringend gebraucht, denn ohne den Euro und seine Krise könnte man nicht auf europäischer Ebene ein Pendant des IWF installieren (den ESM) und mit Zusatzverträgen (VSKS) die Finanz- und Wirtschaftspolitik aus dem Hoheitsgefüge der Nationalstaaten an die EU-Diktatur abtreten. Dass der ESM ein losgelöster, aber wichtiger Teil dieses Komplotts ist, ist für mich keine Frage.

Für mich steht fest, dass der Euro nie funktionieren konnte, denn ein Griechenland, Irland, oder Portugal konnte wirtschaftlich niemals gleiche Leistungen bringen, wie die Industrienationen. Das wussten alle, die sich so für den Euro stark gemacht haben, vor allem Kohl, Waigel, Genscher. Der Euro ist das Druckmittel, aus dem supranationalen Gebilde Europa einen Staat Europa zu machen und ein Blick in die USA reicht, um zu sehen, was ein Staat wert ist, wenn die Wirtschaft und die Banken das Sagen haben. Amerika müsste längst den Status eines Schwellenlandes haben, aber mit der Tendenz in Richtung Drittweltstatus.

Damit wären wir wieder bei der Nominierung von Gauck. Wer nun glaubt, die Nominierung von Gauck sei für Merkel eine Niederlage, liegt einfach falsch. Für Merkel ist die Wahl des Bundespräsidenten nur eine unangenehme Nebensächlichkeit und bei Gauck muss sie nicht befürchten, dass er die maßgeblichen Punkte ihrer Regierungszeit infrage stellt. Gauck ist aus meiner Sicht ein viel größerer Opportunist, als allgemein geglaubt wird. Längst hat er schon gutgeheißen, was Merkel alles auf dem Kerbholz hat und seine Abneigung gegen jegliches Aufbegehren und jegliche Kritik durch den „Pöbel“ mehr als deutlich zum Ausdruck gebracht. Gauck ist für Merkel keine Gefahr, sondern ein wahrer Mitstreiter und Merkel wird ihn besser zu nutzen wissen, als seinen Vorgänger. Man muss ihn nur an seiner Eitelkeit und seiner Selbstgefälligkeit kitzeln und darauf versteht sich die Merkel.

Quelle: http://www.flegel-g.de/2012-02-21-Polittheater.html

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