„Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen“ – Cum-Ex-Chefermittlerin gibt auf

Anne Brorhilker war über Jahre leitende Oberstaatsanwältin der Hauptabteilung für die Ermittlungen im Steuerskandal Cum-Ex. Ihre überraschende Kündigung erfolgte mit der Bitte um Entlassung aus dem Beamtenverhältnis. In einem „WDR“-Interview erklärt sie, dass die Macht der Banken über der der Politik stehe.

Quelle: rtdeutsch

Noch im Oktober des Vorjahres errang die ambitionierte Kölner Oberstaatsanwältin einen Punktsieg gegen den NRW-Justizminister Benjamin Limbach. Ursprünglicher Plan des Grünen-Politikers war es laut dem Handelsblatt, dass die Cum-Ex-Chefanklägerin nach Plänen von Limbach die Hälfte ihrer Abteilung abgeben sollte. Es hagelte Kritik und so sollte nach revidiertem Vorhaben im Verlauf des Jahres 2024 die Hauptabteilung nun auf insgesamt 40 Planstellen anwachsen, inklusive vier zusätzlichen Staatsanwältinnen und Staatsanwälten. Alleinige Chefin der Cum-Ex-Ermittlungen blieb dabei Anne Brorhilker. Jetzt erklärte die Anwältin im Rahmen eines WDRInterviews ihren überraschenden Rücktritt vom Posten als Oberstaatsanwältin und die zudem erbetene Entlassung aus dem Beamtenverhältnis.

Die WDR-Redaktion legt zu der Personalie und Entscheidung Brorhilkers dar:

„Ihre Ermittlungen führten zu ersten Urteilen im Milliarden-Steuerskandal und brachten sogar Olaf Scholz in Erklärungsnot […] Die 50-jährige Oberstaatsanwältin leitet die deutschlandweit einzige Hauptabteilung für Cum-Ex-Ermittlungen, die bei der Staatsanwaltschaft Köln eigens dafür aufgebaut wurde. Sie und ihre Kollegen ermitteln derzeit gegen mehr als 1.700 Beschuldigte.“

 

In dem Interview möchte sich Brorhilker nicht zur Causa Scholz äußern, da ihr aufgrund laufender Ermittlungen und Verhandlungen jegliche Aussagen oder Andeutungen verboten wären, so Darlegungen im Interview. Der sogenannte Cum-Ex-Skandal beschäftigt sich mit dem justiziablen Agieren von Bankern, Beratern und Aktienhändlern, die sich über Jahre – von der Politik größtenteils gedeckt – „Steuern erstatten ließen, die nie jemand gezahlt hatte“, so der WDR darlegend. Die Deutschen Steuerzahler mussten diese kriminelle Energie mit geschätzten zwölf Milliarden teuer gegenfinanzieren.

Brorhilker erklärt in dem Interview zu den Gründen ihres Rückzugs:

„Ich war immer mit Leib und Seele Staatsanwältin, gerade im Bereich von Wirtschaftskriminalität, aber ich bin überhaupt nicht zufrieden damit, wie in Deutschland Finanzkriminalität verfolgt wird. Da geht es oft um Täter mit viel Geld und guten Kontakten, und die treffen auf eine schwach aufgestellte Justiz. Dann haben wir den Befund: Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen.“

Wenig Vertrauen, bis hin zu purer Enttäuschung, sei im Verlauf der Jahre ihr Verhältnis zur verantwortlichen Politik. So würde ungehindert massiver Steuerdiebstahl stattfinden, da weiterhin keinerlei Kontrollen von Banken und Aktienmärkten stattfänden sowie ausreichendes Personal in der Strafverfolgung akut fehle. Die Anwältin erklärt:

„Wenn keine Kontrolle passiert durch staatliche Organe, dann greifen die Menschen in die Auslagen. Aber wenn da eine Videokamera über der Auslage installiert ist, dann denkt man dreimal darüber nach, ob man zugreift.“

Die Politik, so Brorhilkers unmissverständlicher Vorwurf im Interview, habe elf Jahre nach Bekanntwerden der ersten Cum-Ex-Fälle „noch immer nicht hinreichend reagiert.“ Steuerdiebstähle würden nicht gestoppt. Cum-Ex-Nachfolgemodelle, wie bei einem „Hase-und-Igel-Spiel“, würden bekannt sein und erneut geduldet. Die bis dato von Brorhilker angeführte Hauptabteilung Cum-Ex bei der Staatsanwaltschaft Köln ermittelt aktuell gegen mehr als 1.700 Verdächtige.

Ihre Entscheidung, nun die Staatsanwaltschaft zu verlassen, könne man damit vergleichen, „als wenn ein Arzt entscheidet, nicht mehr länger einzelne Kranke zu behandeln, sondern in die Forschung geht, um eine Therapie zu entwickeln, das Übel quasi an der Wurzel zu fassen“, so Brorhilker gegenüber dem WDR erläuternd. Die Gruppe der „Banken-Lobbyisten“ stelle weiterhin die größte ihrer Art im Deutschen Bundestag. Sie habe laut Interview in den vergangenen zehn Jahren gemerkt, „wie schwer es ist, Unterstützung für die Cum-ex-Ermittlungen zu bekommen.“ Behörden und Politik hätten zwar verstanden, dass es angesichts der Milliardenschäden ein wichtiges Thema sei. Die Zuständigkeiten seien jedoch zersplittert geblieben.

„Und es war auch nicht so, dass die Politik da einen Schwerpunkt gesetzt hat.“ 

Ein WDR-Artikel erinnert an die erfolgreiche und effektive Arbeit der Ermittlerin:

„Die Strafverfolgerin ermittelt seit 2012 Cum-Ex-Fälle. Gemeinsam mit ihrem Team gelang es ihr, Kronzeugen zu gewinnen, die über die verborgenen Geschäfte erstmals auspackten. Ihre Anklage führte 2019 zum ersten rechtskräftigen Urteil. Später brachten die Ermittler den einst in die Schweiz geflohenen ‚Mr. Cum-Ex‘ Hanno Berger in Deutschland vor Gericht. Der Steueranwalt wurde vor dem Landgericht Bonn zu acht Jahren Gefängnis rechtskräftig verurteilt.“

 

Es waren Brorhilkers Ermittlungen zur Hamburger Privatbank MM Warburg, die im Verlauf der Recherchen dann auch Bundeskanzler Olaf Scholz zum juristischen Rapport bestellten. Dies bezogen auf seine fraglichen Privatkontakte als Hamburger Bürgermeister zum leitenden Warburg-Bankchef Christian Olearius. Am 22. April heißt es zu den Ermittlungen gegen Olearius:

„Der frühere Warburg-Bankchef Christian Olearius ist vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe mit einer Beschwerde wegen der Veröffentlichung von Tagebuchzitaten gescheitert. Das Gericht teilte in Karlsruhe mit, dass die Verfassungsbeschwerde unzulässig sei und nicht zur Entscheidung angenommen werde.“

Tagebucheinträge offenbarten im Vorjahr die vor Gericht bedingt glaubwürdig formulierten „Gedächtnislücken“ des heutigen Kanzlers Scholz, bezüglich mehrerer nachweislicher Treffen mit Olearius. Der N-TVArtikel fasst zusammen:

„Der Artikel, den die Süddeutsche Zeitung im September 2020 veröffentlichte, handelte von einer möglichen Einflussnahme der Hamburger Politik – Scholz war dort von 2011 bis 2018 Erster Bürgermeister – auf Entscheidungen der Finanzbehörde. Die Hamburger Steuerverwaltung hatte 2016 auf die Rückzahlung von 47 Millionen Euro durch die Warburg-Bank verzichtet.“

Brorhilker wird demnach zukünftig neue leitende Geschäftsführerin der Nichtregierungsorganisation „Finanzwende“, die sich unter anderem für die „Bekämpfung von Finanzkriminalität“ einsetzt. „Die Bewerbung von Anne Brorhilker hat mich überrascht“, so der Geschäftsführer Gerhard Schick auf der Webseite der NGO. Schick war selber von 2005 bis 2018 Grünen-Mitglied des Deutschen Bundestages. Seit Juli 2018 ist er Vorstand des Vereins Bürgerbewegung Finanzwende.

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„Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen“ – Cum-Ex-Chefermittlerin gibt auf
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2 Kommentare

  1. Daß Scholz sein Amt quittieren müßte, nachdem er 37 Millionen Euro Steuernachzahlung von Warburg verhinderte, indem er die Verjährung eintreten ließ, ist so klar wie Klößbrühe. Das ist genauso wie bei Alfred Scheuer, der so saudumm war, einen verbindlichen Vertrag mit den Mautgesellschaften zu unterzeichnen, obwohl das Verfahren beim EuGH noch in der Schwebe war. Aber nach der für ihn negativen Entscheidung hat er fast am nächsten Tag die Strafen für Verkehrsvergehen stark erhöht, um die Staatskasse wieder ins Gleichgewicht zu bringen.

    Und diese Politiker wollen Krieg mit Rußland führen, wobei Scholz jetzt indirekt ohne Namensnennung von dem Grünen Gerhard Schick mittels der sicher idealistischen Staatsanwältin Brorhilker angegriffen wird, wobei man nicht weiß, ob es um die Aufklärung des Finanzbetrugs geht, oder ob Scholz weg soll, weil er die Taurus verhindert hat.

    https://www.welt.de/regionales/hamburg/article251176670/Cum-Ex-Skandal-Die-Staatsanwaltschaft-Hamburg-ist-als-Totalausfall-zu-bezeichnen.html

    Cum-Ex-Skandal

    „Die Staatsanwaltschaft Hamburg ist als Totalausfall zu bezeichnen“ [Anm.: Worfür wesentlich Scholz verantwortlich ist!]
    Stand: 24.04.2024

    Die Organisation „Finanzwende“ bekommt mit Star-Staatsanwältin Anne Brorhilker Unterstützung im Kampf gegen Finanzkriminalität. Bei der Pressekonferenz zur Personalie teilte der Finanzwende-Vorstand kräftig gegen zwei deutsche Strafverfolgungsbehörden aus.

    Bei der Verfolgung von Cum-Ex-Steuerstraftaten sieht die Nichtregierungsorganisation „Finanzwende“ schwere Versäumnisse bei den Staatsanwaltschaften Hamburg und Stuttgart. „Die Staatsanwaltschaft Hamburg ist in Sachen Ermittlungen bei Cum-Ex und Cum-Cum als Totalausfall zu bezeichnen“, sagte der Vorstand der Bürgerbewegung, Gerhard Schick, am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Berlin. In einem anschließenden Interview mit dem Deutschlandfunk hatte Schick erklärt, in der Hansestadt gebe es mit der Warburg Bank, der HSH Nordbank und der Varengold Bank gleich drei Banken, die in den Cum-Ex-Skandal verwickelt gewesen seien. „Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat in keinem einzigen Fall Verantwortliche vor Gericht gebracht.“

    https://de.wikipedia.org/wiki/Gerhard_Schick

    Bei Cum-Ex handelt es sich um besonders schwere Steuerhinterziehung, die ihre Hochphase von 2006 bis 2011 hatte und den Fiskus Schätzungen zufolge einen zweistelligen Milliardenbetrag gekostet hat. Rund um den Dividendenstichtag wurden Aktien mit („cum“) und ohne („ex“) Ausschüttungsanspruch hin- und hergeschoben. Ziel dieses Verwirrspiels war es, Steuern erstattet zu bekommen, die gar nicht gezahlt worden waren.

    Cum-Cum ähnelt Cum-Ex, auch diese Geschäfte gingen zulasten der Staatskasse und damit der Allgemeinheit. Nach einer jahrelangen Hängepartie kommt die Aufarbeitung des größten Steuerbetrugs der Bundesrepublik allmählich in die Gänge, eine zentrale Rolle spielt hierbei die Staatsanwaltschaft Köln. Bei ihr liefen zuletzt viele Ermittlungsverfahren zusammen, so auch in Hamburger Fällen.
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    Die bisherige Chefin der Kölner Cum-Ex-Ankläger, Anne Brorhilker, hatte am Montag überraschend gekündigt und ihren Wechsel zu „Finanzwende“ erklärt. Bei der Pressekonferenz der Bürgerbewegung am Dienstag war sie noch nicht dabei. Vergangenes Jahr hatte es Querelen um die Kölner Staatsanwaltschaft gegeben – Pläne zur Aufspaltung einer Hauptabteilung und damit zur Entmachtung Brorhilkers wurden aber wieder vom Tisch genommen. Ihr baldiger Finanzwende-Kollege Schick betonte, dass seine Kritik nicht der Kölner Staatsanwaltschaft gelte. Die sei bei Cum-Ex inzwischen gut aufgestellt und dort werde es künftig auch zu erfolgreichen Anklagen kommen.

    Hamburg und Stuttgart seien hingegen Schwachpunkte, sagte Schick. In Baden-Württembergs Landeshauptstadt ermittle die Staatsanwaltschaft schon seit elf Jahren zu den folgenschweren Steuervergehen. „Bis heute ist es ihr nicht gelungen, die Verantwortlichen in der Landesbank Baden-Württemberg bei Cum-Ex und Cum-Cum zur Rechenschaft zu ziehen.“ Das zeige, dass da etwas nicht funktioniere.

    Der frühere Grünen-Bundestagsabgeordnete Schick appellierte an Baden-Württembergs Justizministerin Marion Gentges (CDU) und Hamburgs Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne), etwas zu tun, „damit diese Staatsanwaltschaften anständig ihre Arbeiten machen“.

  2. „„Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen“ – Cum-Ex-Chefermittlerin gibt auf“

    Ich dachte, die mutige Dame hätte schon früher das Handtuch geworfen. Alle Achtung, daß sie ihre Beamtenstellung aufgibt, weil sie sich nicht länger an Vertuschungen, auch des Herrn Scholz, beteiligen will.

    Christian Wulff wurde von Jauch und Plasberg im Auftrag der Finanzindustrie fertig gemacht und der Kaiser Wilhem II. auch gemäß seinen Memoiren.

    Alles was uns seit dem 1. Weltkrieg erzählt wird, ist im Rahmen der jüdischen Weltherrschaft eine einzige Lüge. Da nutzen auch 10.000 Bücher nicht, die das Gegenteil beweisen. Da System beruht auf dem Wahlrecht und erfordert, daß die Wähler von den Massenmedien immer mehr verdummt werden, bis sie im heutigen verdummten Zustand vor ihrem Ende stehen!

    https://web.archive.org/web/20160413190210/http://gruenguertel.kremser.info/wp-content/uploads/Wilhelm_II_1922.pdf

    S. 63: “Professor Usher’s Mitteilungen bedeuten aber auch eine glatte Abfertigung für alle die Leute, die während des Krieges in einzelnen militärischen Handlungen seitens Deutschlands, wie z. B. dem Lusitania-Zwischenfall, der Verschärfung des U-Bootkriegs usw., den Grund für die Teilnahme der Vereinigten Staaten am Kriege suchen zu müssen glaubten. Nichts von alledem ist richtig. Das jüngst erschienene vortreffliche Buch von John Kenneth Turner “Shall it be again?” weist auf Grund überzeugenden Beweismaterials nach, daß Wilsons angebliche Kriegsgründe und -ziele nicht die wirklichen gewesen sind. Amerika – oder richtiger sein Präsident Wilson – war wohl von Anfang an, jedenfalls seit 1915, entschlossen, gegen Deutschland Stellung zu nehmen und zu fechten. Das letztere tat es unter dem Vorwand des U-Bootkriegs, in Wirklichkeit unter dem Einfluß mächtiger Finanzgruppen und auf das Drängen und Bitten seines Partners Frankreich, dessen Menschenmaterial sich mehr und mehr erschöpfte.”

    S. 270 – 271: “Es besteht kein Zweifel darüber, daß Amerikas Eintritt in den Krieg und vorher die gewaltigen Munitions- und Kriegsbedarfslieferungen Amerikas an die Entente die Chancen der Zentralmächte, den Krieg durch die Waffen erfolgreich zu beenden, wesentlich beinträchtigt haben. …Es muß aber doch erwähnt werden, daß John Kenneth Turner in seinem bereits erwähnten Buche “Shall it be again?” an der Hand umfangreichen Materials nachweist, daß alle Gründe Wilsons für Amerikas Eintritt in den Krieg Scheingründe waren, daß er vielmehr lediglich im Interesse der mächtigen Hochfinanz der Wallstreet handelte. Der große Gewinn, den Amerika aus dem Weltkriege gezogen hat, liegt darin, daß die Vereinigten Staaten nahezu 50% des Goldes der ganzen Welt an sich ziehen konnte, so daß jetzt der Dollar an Stelle des englischen Pfund den Wechselkurs in der Welt bestimmt.“

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