Feierabend

von Gert Flegelskamp (flegel-g)

Lohnt es eigentlich wirklich, über Politik, Finanzen, Kriegsberichterstattung, die USA oder die NATO oder Freihandelsabkommen und supranationale Einrichtungen zu schreiben? Lohnt es, die Gesetze, mit denen massive Einschränkungen der Freiheit und des Rechts vorgenommen werden, ins Internet zu stellen, obwohl sie offenbar nur ein Minimum der Bevölkerung auch liest? Ich denke eher nicht, denn die meisten Menschen wollen sich nicht mit solchen Themen belasten, sondern empören sich nur dann, wenn eine Maßnahme der Politik sie direkt betrifft und sie das auch erkennen. Dann gehen sie auf die Kommentarseiten der Presse und schreiben sich dort ihren Ärger von der Seele, andere Leser reiben sich dann an diesem Kommentar und so entsteht dann ein regelrechter Kleinkrieg, der mit dem eigentlichen Beitrag keine Verbindung mehr hat. Pseudosachkonflikt nennt man das. Wird aber Kritik an Pressebeiträgen zu einhellig, schaltet die Presse für solche Beiträge die Kommentarfunktion einfach ab (FAZ) oder verlegt sie in die so genannten Social-Medien (Facebook, Twitter u. a., wie das die Süddeutsche macht).

Eine alte Weisheit behauptet ja, vorbeugen sei besser als heilen, aber wie kann man vorbeugen, wenn man es im Vorfeld schon weitestgehend ablehnt, sich zu informieren? Zum Glück gibt es ja zu jedem Thema Experten und außerdem bekommt man aus der Werbung wertvolle Tipps, wie z. B. diese glückliche Familie, die offenbar so glücklich ist, weil sie jede Apotheken-Rundschau liest. Auch wissen wir aus der Werbung, dass wir unsere Überlebungschancen gewaltig steigern, wenn wir reichlich Sagrotan-Produkte nutzen, weil die 99% aller Bakterien vernichten. Nicht zu vergessen, wir müssen uns gegen alles und jedes impfen lassen und deshalb wird derzeit über eine „Impfpflicht“ debattiert. Und für politische Fragen haben wir die Politiker, die wir zu diesem Behuf ja extra gewählt haben und die Presse, die uns laufend informiert, was sich in der Innen- und Außenpolitik so alles abspielt. Da ist die Tagesschau der ARD, die uns allabendlich (und nicht nur dann) in 20 Minuten die Welt erklärt, da sind die Talk-Shows, in denen Experten über scheinbar aktuelle Themen diskutieren und streiten, was braucht es da noch das Internet mit seinen Blogs, die versuchen, ein anderes Bild der Lage aufzuzeigen?

Aber mit den Experten ist das so eine Sache. Da gibt es welche, die wirklich Ahnung und eine Meinung haben und andere, die vielleicht Ahnung haben, aber geschmeidig genug sind, sich der vorherrschen Meinung (das ist die gewünschte Meinung) anzupassen und diese auch öffentlich zu vertreten. Hier kommt dann wieder das liberale Prinzip von Angebot und Nachfrage ins Spiel. Um eine Wunschmeinung medienwirksam zu verbreiten, kann man schließlich keine Experten einladen, die eine eigene Meinung haben. Also lädt man lieber Experten aus dem anpassungsfähigen Kreis zu Interviews oder Talk-Shows ein und der geneigte Leser oder Zuschauer erfährt dann, dass die gelenkte Meinung die richtige Meinung ist. So festigt er seinen Glauben an die Politik der Parteien, die ein christlich, ein sozial (oder beides) im Parteinamen führen und ein etwas kleinerer Kreis wendet sich der Partei zu, die behauptet, grün zu sein, sich also um Umweltbelange zu kümmern, aber bei genauerem Hinsehen bei der Umwelt mehr darum kümmert, damit den Wählern das Geld aus Tasche zu ziehen, sich aber politisch besonders pro Feminismus und Genderismus engagiert, tatkräftig bei diesen Themen von denen unterstützt, die lt. Sitzordnung im Bundestag oder den Landtagen links von der Regierungsbank sitzen und sich deshalb selbst als Linke bezeichnen.

Nun von einer „gelenkten Meinung“ zu sprechen, wäre von mir natürlich vermessen. Ich versuche es lieber mit eine Allegorie. Volksmeinung ist wie ein Fluss. Flüsse werden, dort wo es opportun erscheint, umgeleitet, die Flussbetten begradigt und mit Mauern eingegrenzt, solange, bis das Ziel erreicht ist. Ist das Ziel erreicht, endet der Lauf des Flusses. Er ergießt sich in ein Meer und es bleibt dem geneigten Leser überlassen, herauszufinden, ob das Ende des Flusses, wenn er sich ins Meer ergießt, nun dem Ende des Individuums oder dem Ende des letzten Restes eigener Meinung und damit dem Rest kritischen Denkens gleichkommt.

Seit fast 15 Jahren habe ich nun versucht, andere zum kritischen Denken anzuregen. Ich bin mir sicher, dass ich das in einigen Fällen auch erreicht habe. Aber „einige Fälle“ reicht nicht, schließlich haben wir rund 60 Millionen erwachsene Menschen in diesem Land, was nutzen da schon „einige Fälle“?

Ich möchte es an einem Beispiel festmachen. Die rasante Entwicklung der Computer hat statistische Erhebungen zu einer der wichtigsten Informationsbasen gemacht. Damit werden uns von Politik, Wirtschaft und Finanzmärkten Informationen untergejubelt, deren Glaubwürdigkeit nur erfahrene Statistiker in Zweifel ziehen könnten. So „beweist“ uns das statistische Bundesamt alle zwei Jahre, dass wir immer älter werden. Dass diese Beweise lediglich auf Basis mathematischer Modelle erbracht werden, wird zwar in detaillierten Berichten auch dargelegt, aber wer würde schon zweifeln, dass diese Zahlen echte Grundlagen für die Zukunft sind? Dabei sind diese demographischen Werte eine rein spekulative Hochrechnung, basierend auf momentan vorhandenen Daten, die aber nur dann einen für die Zukunft gültigen Wert haben, wenn sich die Zukunft unveränderlich nach den derzeit vorhandenen Daten vollzieht. Hinzu kommt, dass für die daraus resultierende „demographische Keule“ auch die Datenbasis nicht diversifiziert wird, obwohl in einer Menge von 80 Millionen Menschen die Gestaltungsmöglichkeiten eines Lebensentwurfs sicherlich mitunter gewaltig voneinander abweichen. Im Prinzip weiß jeder, dass Menschen, die sich ein Leben lang abrackern müssen und sich nicht alle Errungenschaften der modernen Medizin leisten können, eine geringere Lebenserwartung haben, als Menschen, die schon wegen einer einmaligen Blähung einen Spezialisten aufsuchen und auch bezahlen können, was aber die Statistiker nicht wirklich zu interessieren scheint.

Als praktisches Beispiel ein Bericht in der ZEIT mit dem Titel: Jeder vierte Euro für Transfers. Konzentrieren wir uns dabei auf diese Infografik: Welche Aussagekraft hat sie?


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Deutsche Sozialausgaben entwickeln sich gegen den Trend – eine interessante Studie! Oder doch nicht?

Sozialausgaben, ein aus meiner Sicht gerne missbrauchter Begriff in der Statistik, vor allem dann, wenn man nicht detailliert schildert, was alles unter diesen Begriff fällt. Sind Renten Sozialausgaben? Ich denke, diese Frage würden die meisten Menschen mit „ja“ beantworten, weil sie sich viel zu wenig Gedanken machen, was eigentlich unter den Terminus „Renten“ fällt. So sind Renten der gesetzlichen Rentenversicherung im Prinzip keine Sozialausgaben, sondern Versicherungsleistungen, weil für den Erhalt der Rente Versicherungsbeiträge erbracht wurden. Hingegen die Altersentschädigungen von z. B. Politikern, Beamten (sinnigerweise als Pensionen bezeichnet, damit sie bei medialer und politischer Polemik über Demographie und Unbezahlbarkeit nicht in den gleichen Topf fallen) oder Unternehmensvorständen müssten unter die Rubrik „Sozialleistungen“ fallen, weil für den Erhalt dieser Vergütungen keine eigenen Aufwendungen angefallen sind.

Auch wird gerne unterschlagen, ob so genannte Sozialausgaben durch die gesamte Bevölkerung erwirtschaftet werden, oder nur von einem Teil, wie das z. B. bei den der gesetzlichen Rentenversicherung aufgebürdeten Fremdlasten der Fall ist, wo die Aufwendungen ausschließlich von den Renten-Beitragszahlern erbracht werden und damit deren spätere Renten nicht nur erheblich schmälern, sondern auch die Beitragszahlungen erheblich in die Höhe treiben, während die restliche Bevölkerung insofern einen direkten Vorteil aus diesen Fremdlasten der GRV zieht, weil es ihr Steueraufkommen mindert, obwohl diese Leistungen gesellschaftspolitische Anliegen sind und damit aus Steueraufkommen gezahlt werden müssten.

Dies nur am Beispiel Rente und Rentenversicherung, denn auch Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Kindergeld usw. werden gerne statistisch als Sozialleistungen dargestellt, obwohl dafür z. B. von Arbeitnehmern Eigenleistungen in Versicherungsform erbracht werden.

Ich würde also gerne wissen, welche Leistungen lt. OECD in dieser Infografik ausgewiesen werden und in welcher Größenordnung dabei die Eigenleistungen in den Vergleichsländern eine Rolle spielen. Ohne diese Angaben hat diese Statistik lediglich Papierkorbformat. Aber solche Fragen stellt sich eine Mehrheit in der Bevölkerung erst gar nicht, sondern schlägt die Hände über dem Kopf zusammen, was der Staat doch alles für die Bevölkerung tut.

Es gibt dazu noch eine weitere Frage, die man stellen müsste, aber mehrheitlich nicht stellt, die nach Ursache und Wirkung. Wenn die Sozialleistungen steigen, muss man doch zunächst die Frage stellen, warum das so ist und wenn man sich das fragt, kann man mit ein wenig Gehirnschmalz sogar darauf kommen, dass irgendwo etwas im Argen liegt. Dann könnte man sogar zu der Erkenntnis gelangen, dass man fehlende Arbeitsplätze nicht besetzen kann, was im Umkehrschluss bedeutet, dass Menschen, die trotz aller Mühen keinen Job finden, deshalb einfach auf Sozialleistungen angewiesen sind. Es könnte dann auch dazu kommen, dass man erkennt, dass Menschen, die oft und/oder längere Zeit in ihrem Leben arbeitslos waren oder sich stets mit geringen Arbeitsentgelten begnügen mussten, später im Rentenalter auch von den erworbenen Rentenansprüchen nicht leben können und deshalb auch dann auf soziale Hilfe angewiesen sein werden. Das heißt, echte Sozialleistungen müssen nur erbracht werden, wenn man den Menschen die Möglichkeit nimmt oder zumindest einschränkt, ihren Lebensunterhalt für sich und für ihre Kinder selbst zu erarbeiten. Und wenn die OECD für Deutschland einen gegenläufigen Trend bei den Sozialausgaben sieht, wird eine Nahles sicherlich stolz verkünden, das sei Folge der Mütterrente und des Mindestlohns. Ich hingegen sehe, dass bei vielen Frauen, die nun eine Mütterrente bekommen, sich die Zahlungen der Sozialhilfe verringert haben, ohne dass die Frauen einen Cent mehr an Einkommen haben. Im Gegenteil, durch die Mütterrente kommen etliche von ihnen jetzt wieder in den zweifelhaften Genuss, ihre GEZ-Gebühren, die zuvor vom Amt gezahlt wurden, nun wieder selbst zahlen zu müssen. Und, nicht zu vergessen, die Mehrkosten der Mütterrente zahlen lediglich die Beitragszahler der GRV und nicht die Gesellschaft insgesamt. Und der Mindestlohn bringt in den meisten Fällen keinen Mehrverdienst, sondern ersetzt oft lediglich die Aufstockung durch die ARGEN.

Passend dazu auch die Aussage von Merkel beim Festakt zum 125. Jahr des Bestehens der gesetzlichen Rentenversicherung, bei der sie sich scheinheilig äußert: Bundeskanzlerin Angela Merkel sorgt sich um die gesetzliche Rentenversicherung. Ausgerechnet Walter Riester dabei als Zeugen für die „Unsicherheit im Deutschen Rentensystem“ auftreten zu lassen, ist schon infam, denn der hat die Rentner nach den Maschmeyer-Freunden Schröder und Steinmeier am meisten verraten und sich dabei eine goldene Nase verdient.

Aber ich glaube, dass unsere Politiker diese OECD-Studie nun als Erfolgsbilanz der Regierung verkaufen und damit in weiten Kreisen der Bevölkerung Erfolg haben werden.

Eine Mehrheit der Bevölkerung stellt sich die Fragen nicht und will sie sich auch gar nicht stellen. Sie scheinen ihren alten Trott zu lieben und warum soll man selber denken, wenn man dafür doch Politiker und Experten hat? Sie verfolgen lieber im Fernsehen, was die Geissens nun wieder für „Weisheiten“ unters Volk streuen, welche kleinen Gemeinheiten sich Heidi Klum wieder ausgedacht hat, um eine neue Bohnenstange (vielleicht) auf den Laufsteg zu bringen oder welche kulinarischen Leckerbissen in einer der zahllosen Kochshows kreiert werden, die normale Sterbliche nie nachkochen können, weil ihnen das Interieur einer Fernsehküche fehlt und sie auch die im Studio reichlich vorhandenen Zutaten nicht haben werden. Oder man schaut sich die täglich über die Flimmerkiste laufenden Krimis an. Von den derzeit mal wieder präsentierten Kriegsfilmen und den Filmen über die Gräuel der Nazis ganz zu schweigen. Und wer käme schon auf die Idee, dass die im Fernsehen gebotene Gewalt und der Horror nicht zuletzt deshalb geboten werden, um eine Abstumpfung gegenüber echter Gewalt und echtem Horror zu erreichen.

Selber zu denken erscheint mir inzwischen als eine Art genetischer Defekt, von dem aber nur eine absolute Minderheit befallen ist. Der gesunde Mensch lebt seine Dummheit aus, denn ihm reichen Handy, Facebook, Twitter usw. um zu kommunizieren und dort in hohem Maße Müll abzusondern. Er begrüßt die flächendeckende Überwachung durch die internationalen Geheimdienste, weil er ernsthaft glaubt, die diene seiner Sicherheit. Er glaubt allen Ernstes, dass die NATO dem Frieden diene, dass die politische USA unsere Freunde und Russland unsere Feinde seien und die transatlantischen Bündnisse lediglich der Pflege dieser „Freundschaft“ mit den USA dienen, dass die EU die Demokratie und den Frieden fördere und das es deutsche Politiker seien, die Deutschland regieren.

Ich scheine den zuvor genannten genetischen Defekt zu haben, also nicht „NORMAL“ zu sein und werde deshalb künftig schweigen, um Anpassung zu heucheln und normal zu erscheinen. Ich habe einfach keine Lust mehr, weiterhin den Don Quichote zu spielen und werde deshalb künftig die politischen Ereignisse auch nicht mehr kommentieren, schließlich gibt es ausreichend andere Blogs, die das weiterhin tun werden. Nicht zu vergessen, dass eigentlich das politischen Leben und die mediale Präsenz eine primitive Abfolge ständiger Wiederholungen ist und man auf meiner Seite zu fast jedem Thema schon eine Antwort finden kann, weil ich fast identische Situationen schon früher kommentiert habe.

Ich beschränke mich darauf, künftig ab und zu ein wenig „Küchenphilosophie“ zu betreiben (wenn mir danach ist) und ansonsten werde ich mich mehr um meine persönlichen Interessen kümmern, die ich lange genug vernachlässigt habe.


Lieber Herr Flegelskamp, grundsätzlich kann ich Ihre Entscheidung sehr gut nachvollziehen, aber ist es nicht genau das, was dieses menschenverachtende und korrupte Finanz- und Politsystem will? Systemkritiker mit hohem Bekanntheitsgrad werden eliminiert, damit sie dem System nicht mehr im Wege stehen. Systemkritiker, die niemals in der Lügenpresse, in Talk-Shows oder sonstigen Systemmedien zu Wort kommen werden, verlieren irgendwann die Geduld zur Aufklärung.

Dieses Verhalten ist sehr gut nachvollziehbar, denn wer will schon über etliche Jahre gegen eine dicke Wand anreden oder-schreiben, an der fast alles abprallt. Lügen müssen solange wiederholt werden, bis sie sich in die Gehirne der Massen verfestigt haben. Ein gutes Beispiel war erst neulich der GermanWings-Absturz in Frankreich. Die Ursache stand bereits nach wenigen Tagen eindeutig fest, obwohl viele ungeklärte Fragen schlichtweg unter den Teppich gekehrt wurden.

Zum Glück haben wir jetzt das Internet als weitere Informationsquelle, in der auch andere Meinungen außerhalb der Lügenpresse zu finden sind, auf die immer mehr Menschen aufmerksam werden. Die vielen Blogger haben inzwischen ein weltweites Netzwerk geschaffen, das immer mehr zur Aufklärung beiträgt. Die Systemmedien verlieren zunehmend an Bedeutung und Aufmerksamkeit. Und dieser Prozess wird weiter zunehmen. Je größer das kritische Netzwerk, desto schneller verschwinden die Lügenblätter.

Daher mein Appell an Sie: Machen Sie weiter – und wenn auch nur ab und zu! Ich würde es sehr begrüßen und höchstwahrscheinlich auch viele andere Ihrer treuen Leser.

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