EU-Kommissar Andor zur Rente

Gert Flegelskamp
Rhönstr. 17
63071 Offenbach
17.03..02012

An die Vertretung der Europäischen Kommission in Berlin

eu-de-kommission@ec.europa.eu

Betr.: Die Aussagen des Kommissars Andor zu sicheren Renten

Kommissar Andor in Berlin: Für eine Reform der Rentensysteme

Guten Tag,

auch wenn ich starke Zweifel hege, dass dieses Schreiben an Kommissar Andor weitergeleitet wird, äußere ich dennoch die dringende Bitte, dies zu tun.

Kommissar Andor hat, so liest es sich im Text, offenbar den Stein der Weisen gefunden, wie man das Rentensystem sichern könne. Erstaunlich, dass es nahezu maßgeschneidert für ganz Europa gelten soll, obwohl doch die Rentensysteme in Europa erheblich unterschiedlich sind.

Doch der Stein der Weisen, den er als Lösung gefunden zu haben glaubt, ist lediglich ein Stein, den Deutsche Politiker schon seit geraumer Zeit den Deutschen schmackhaft zu machen versuchen und teilweise auch bereits in die aktive Gesetzgebung übernommen haben, obwohl diese mit dem Grundgesetz nicht vereinbar sind. Hat er den Stein vielleicht auf dem Schreibtisch von Ursula von der Leyen gefunden?

Alle so genannten Reformgesetze zur Rente der letzten Jahre sind nichts anderes als eine scheibchenweise durchgeführte Enteignung der Versicherten der gesetzlichen Rentenversicherung, kurz GRV genannt. Die Politiker werden auch nicht müde, die Gründe in einem so genannten Generationenvertrag zu suchen, einen Vertrag, den es nicht gibt und den es auch aus rein rechtlichen Erwägungen nicht geben kann, weil er die nachfolgende Generation in die Pflicht nimmt, ohne dass diese ihre Einverständnis gegeben hätten, ebenso wenig, wie die vorher aktiven Generationen, die früher Beiträge in die GRV eingezahlt haben und heute teilweise bereits Rente beziehen.

Damit auch ein Herr Andor verstehen kann, was gemeint ist, zunächst eine Aufklärung über die Art des Wesens der GRV. Sie wird auch gerne als Solidarsystem bezeichnet, hat allerdings als solches nur begrenzten Wert, weil sich ein großer Teil der Bevölkerung als unsolidarisch ausweist, indem dieser Teil der Bevölkerung sich dem Eintritt in dieses Solidarsystem verweigert, allerdings gerne die Vorteile annimmt, die diesem Solidarsystem als zusätzliche generelle Lasten aufgebürdet werden. Es gibt in Deutschland viele unterschiedliche Renten- und Pensionssysteme, die meisten als ständische Systeme von verschiedenen Berufsgruppen eingerichtet und mit dem großen Vorteil versehen, dass der Zugriff auf diese Systeme durch den Staat unterbleibt. Es betrifft die selbständig tätigen Berufsgruppen aus der Medizin (Ärzte, Apotheker, bestimmte Heilberufe), Architekten, Steuerberater, Anwälte usw.

Dann gibt es noch Systeme, auf die der Staat durchaus Zugriff hat, aber diesen Zugriff zumeist nur zur Steigerung der künftigen Ansprüche nutzt, also Politiker aller Couleur und gerade in den vergangenen Tagen wurde deutlich (Wulff), dass diese Ansprüche recht deutlich über denen eines Rentners der GRV liegen, ohne dass zur Erreichung dieses Anspruchs eine zeitliche Begrenzung nach unten in irgendeiner Form bestehen würde.

Der Anspruch des „normalen Politikers“ (also eines Bundestagsabgeordneten) steigt pro Jahr seiner aktiven Tätigkeit um 2,5 Prozent seiner „Diät“ (eine völlig irreführende Bezeichnung). Auf den Seiten des Bundestages wird fast bedauernd zum Ausdruck gebracht, dass sei Ersatz dafür, dass er als Politiker tätig ist und keine Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung abgeführt würden. Richtig, er zahlt nicht in die GRV ein, er zahlt überhaupt kein eigenes Kapital für diesen Versorgungsanspruch ein, erhält aber bereits nach einem Jahr im Bundestag einen Anspruch von 2,5% von derzeit 7.960 €, also ein Anspruch von 199 € und für jedes weitere Jahr, dass er Bundestag bleibt, wächst dieser Anspruch um weitere 199 €. Verzeihung, ganz stimmt das ja nicht, denn bereits für 2013 ist eine Diätenerhöhung auf 8.252 € vorgesehen und dadurch wächst sein Anspruch auf 206,30 €, nicht nur für 2013, sondern auch für die bereits zuvor im Bundestag verbrachten Jahre rückwirkend. Es wäre leicht gewesen, die Altersversorgung der Politiker mit der der GRV zu verknüpfen, doch dann hätte man ja eigene Beiträge entrichten müssen und die Ergebnisse wären sehr viel geringer ausgefallen. Oder aber die GRV-Rentner könnten in dem Luxus schwelgen, den man ihnen so gerne unterstellt wird, weil dann politische Entscheidungen über die GRV völlig anders ausgefallen wären.

Halten wir demgegenüber einmal den aufgrund eigener Beitragsleistungen derzeit zu erwartenden Anspruch eines Eckrentners, also des virtuellen Rentners, der gerne als Durchschnittsrentner angesehen wird. Der Eckrentner, so die Annahme, erreicht immer genau das als Durchschnittseinkommen ausgewiesene Einkommen aus seiner Tätigkeit. Das vorläufige Durchschnittseinkommen (im Jahr) für 2012 liegt bei 32.446,- €. Das entspricht einem Monatseinkommen von 2.704,04 €. Davon führen er und sein Arbeitgeber monatlich 527,29 € (19,5%) als Beitrag an die GRV ab, der Arbeitnehmer trägt davon 263,65 €. Da er diese Summe aus dem zu versteuernden Einkommen zahlt, hat er zusätzlich auch noch seinen Bonus dafür an den Fiskus abgeführt. Für diesen Beitrag erhält er einen Entgeltpunkt als Rechenwert für seine zukünftige Rente. Derzeit entspricht das einem Gegenwert (Rentenwert) von monatlich 27, 47 € wenn er im Westen wohnt und 24,37 €, wenn er im Osten wohnt.

Wenn er (der fiktive Rentner) dann 45 Jahre jedes Jahr einen solchen Entgeltpunkt erreichen konnte und das Glück hatte, nie arbeitslos zu werden, dann bekommt er folglich nach dem derzeitigen Stand eine Rente von 1236,15 brutto als Bewohner im Westen bzw. 1096,65 € brutto als Bewohner der östlichen Länder. Diese Beträge überschreitet ein Bundespolitiker bereits dann erheblich, wenn er 2 Legislaturperioden, also 8 Jahre, im Bundestag abgesessen hat.

Der Bundestagsabgeordnete erreicht den Höchstsatz von 67,5% bereits nach 27 Jahren. Wenn er als Berufspolitiker folglich 27 Jahre als Abgeordneter tätig gewesen ist, hat er Anspruch auf einen Altersruhebezug von derzeit 5.737,- € monatlich, ohne je einen Cent in eine Rentenkasse eingezahlt zu haben. Allerdings bekommt er diese „Rente“ auch erst mit 65 Jahren und auch hier soll das Rentenalter stufenweise auf 67 Jahre angehoben werden. Allerdings sagen die Seiten des Bundestages nicht, bis wann diese Anhebung der Altersgrenze erfolgen soll. Eine vorzeitige Inanspruchnahme der Rente für einen Politiker ist aber sicherlich unproblematischer. Dafür reicht schon ein befreundeter Arzt und Abschläge bei vorzeitiger Inanspruchnahme sind auch nicht vorgesehen. Sicher, er muss diesen Betrag voll versteuern und führt letztlich damit erstmals etwas von seiner großzügigen Selbstversorgung an den Fiskus ab. Der Eckrentner muss das nicht, aber dafür hat er bereits die vergangenen 45 Jahre seine Beitragsleistung versteuert. Aber an dieser Schraube wurde ja auch bereits gedreht und in einigen Jahren muss dann der neu hinzugekommene Eckrentner seine Rente auch voll versteuern. Das ist dann die Stelle, an welcher immer das Argument von Sozialneid gebracht wird. Doch ich denke, kein Mensch in diesem Land hätte etwas gegen die Vergütung und die Altersvorsorge von Politikern einzuwenden, wenn dem eine adäquate Leistung gemessen an der Inschrift über dem Reichstag „Zum Wohle des Volkes“ gegenüber stünde. Doch das Gegenteil ist der Fall. Die Politik agiert gegen die Mehrheit des Volkes und keinesfalls versehentlich.

Soweit mir bekannt ist, sind die Regelungen für EU-Abgeordnete und vor allem für Kommissare noch erheblich großzügiger und da kommen Politiker, egal ob vom Bund oder von der EU daher und wollen das Rentenalter für GRV-Versicherte noch weiter heraufsetzen, oder die Beiträge steigern, während sie sich selbst regelmäßig einen guten Schluck aus dem Steuertopf genehmigen?

Betrachten wir mal die wirtschaftlichen Aspekte, losgelöst von dem Begriff des so genannten Generationenvertrags. Der Beitragszahler der GRV macht mit seinen Beiträgen eine Kapitalanlage ausschließlich zum Zwecke seiner späteren Altersversorgung. Er zahlt nicht ein, damit die heutigen Rentner ihre Rente bekommen, sondern damit er später Anspruch auf eine eigene Rente hat und die Höhe seiner Beitragsleistungen aus allen Jahren seiner beitragspflichtigen Arbeitsjahr ist die alleinige Messlatte für die sich daraus ergebende spätere Rente. Würde er dieses Geld in einer privaten Rentenversicherung anlegen, gäbe es keinen Unterschied. Ob Staat oder private Rentenversicherung, beide legen die eingezahlten Beiträge nicht in irgendwelche Tresore bis zum Zeitpunkt des Renteneintritts, sondern sie arbeiten mit diesem Geld. Was private Versicherungen damit machen, liegt teilweise im Dunkel, denn wo die Rentenfonds diese Gelder investieren, um die Rendite für die späteren Rentenzahlungen, aber vor allem für die exorbitanten Gehälter der Vorstände und weniger hohen Gehälter der Angestellten zu zahlen und zusätzlich noch Gewinne für die Aktionäre in Form von Dividenden zu erreichen, soll möglichst im Dunkel bleiben. Schließlich könnte es sein, dass manche Beitragszahler der privaten Versicherungswirtschaft entsetzt kündigen würden, wenn sie wüssten, in welche Unternehmen ihre Beiträge (oder zumindest ein Teil davon) investiert werden.

Der Staat hat das für die GRV anders geregelt. Er zahlt aus den Beitragseinnahmen die Renten der Menschen, die das Rentenalter erreicht haben. Den Beitragszahlern kann das völlig gleichgültig sein, so wie es den Anlegern von Staatspapieren egal sein kann, was der Staat mit den Summen macht, die er für die ausgegebenen Staatspapiere einnimmt. Die Anleger von Staatspapieren wollen nur ihre Rendite in Form von Zinsen kassieren und nach Ende der Laufzeit das eingezahlte Kapital zurückbekommen. Der GRV-Beitragszahler hingegen kassiert während der Laufzeit keine Zinsen und bekommt nach Beendigung der Laufzeit auch nicht das eingezahlte Kapital zurück, sondern stattdessen in Form einer monatlichen Rente und abhängig von seiner Beitragsleistung ausgezahlt. Exakt das ist der wirkliche Vertrag zwischen Staat und Beitragszahlern der GRV und dieser Vertrag wird mit nahezu jeder Rentenreform gebrochen. Wie heißt es doch im BGB über Verträge? Pacta sunt servanda! Verträge sind einzuhalten!

Richtig ist, die Rente ist ein Solidarsystem. Doch diese Aussage kann nur für die Solidargemeinschaft gelten und nicht zum Vorteil derer gereichen, die sich diesem Solidarsystem verweigern und stets verweigert haben. Das aber ist Fakt. Alle Sozialversicherungssysteme der gesetzlich Versicherten sind mit versicherungsfremden Leistungen belastet, die als gesamtgesellschaftliche Anliegen und/oder Verpflichtungen aus Steuermitteln zu zahlen wären. Dies gilt für

Kriegsfolgelasten (Kriegerwitwen-, Kriegswaisen-, Kriegsversehrtenrenten)
Anrechnungszeiten, z. B. für Ausbildung, wegen Arbeitslosigkeit oder wegen Krankheit
Kindererziehungsleistungszeiten (KLG)
Kindererziehungszeiten (wobei hierfür mittlerweile vom Bund Pflichtbeitragsleistungen aufgrund eines Urteils des BVerfG erbracht werden)
Rentenberechnung nach Mindesteinkommen
Absicherung des Arbeitsmarktrisikos durch Rentenzahlung
Bestandsschutz für Renten in den neuen Bundesländern
Renten für Aussiedler
Ausgleich von NS-Unrecht
Ausgleich von SED-Unrecht.

um nur die wichtigsten zu nennen. Nimmt man beispielsweise die Kriegsfolgelasten, das NS-Unrecht, das SED-Unrecht und den Bestandsschutz für die Renten in den neuen Bundesländern, so sind diese Positionen insgesamt unter dem Sammelbegriff Kriegsfolgelasten zu sehen und müssten unter Abwägung des Verursacherprinzips den Politikern und der Wirtschaft ausschließlich belastet werden, denn diese Gruppen haben den Krieg angezettelt und damit auch verloren und eine Folge dieses Krieges war es, dass die Spaltung Deutschlands erst geschehen konnte.
Werfen wir einen Blick auf ein Sachverständigengutachten des DIW (Bundessrucksache 16/65, Seite 331), so ist dort zu lesen:

Die deutschen Sozialversicherungen enthalten eine Vielzahl versicherungsfremder Elemente. Eine Leistung oder eine im Sozialversicherungssystem enthaltene Umverteilung ist immer dann als versicherungsfremd anzusehen, wenn sie nicht dem sozialversicherungstypischen Ausgleich zwischen niedrigen und hohen Risiken dient, wenn sie nicht dem Versicherungszweck entspricht oder wenn sie an Nichtversicherte gewährt wird. Versicherungsfremde Leistungen und versicherungsfremde Umverteilungsanliegen stellen – sofern sie als notwendig erachtet werden – gesamtgesellschaftliche Aufgaben dar und sollten von der gesamten Gesellschaft, also von allen Steuerzahlern, finanziert werden und nicht nur vom kleineren Kreis der Beitragszahler im Wesentlichen aus Lohneinkommen bis zu einer Beitragsbemessungsgrenze.

Wenn folglich Kommissar Andor von steigenden Ausgaben in den sozialen Sicherungssystemen spricht, reduziere ich das zunächst einmal auf Deutschland, wo seit 1957, der Einführung des Umlageverfahrens, Versicherungsgelder von Politikern veruntreut wurden, indem das Rentensystem mit versicherungsfremden Leistungen überfrachtet wurde und der so genannte Bundeszuschuss zu keiner Zeit die Ausgeben für diese Fremdleistungen abdeckte. Nicht eingebunden in die Zahlungen dieser Fremdleistungen sind Ruhegeldregelungen der Politiker oder des Beamtenapparats und die ständischen Altersruheregelungen. Die Wirtschaftsunternehmen sind ausschließlich mit ihrem Anteil an den Beitragsleistungen ihrer Arbeitnehmer eingebunden, aber auch das nicht in dem Maße, wie die abhängig Beschäftigten, weil sie ihre Beiträge zur Sozialversicherung (so genannte Lohnnebenkosten) steuerlich voll absetzen können. Der ADG hat errechnet, dass durch beitragsfremde Leistungen den GRV-Versicherten Leistungen in Höhe von über 700 Milliarden € vorenthalten wurden, unter Berücksichtigung der für diese versicherungsfremden Leistungen teilweise erbrachten staatlichen Erstattungsbeträge, die Politiker lieber als Bundeszuschuss denn als Erstattung bezeichnen.

Welch weitsichtige Feststellung von Kommissar Andor, wenn er auf die Verbesserung durch „zusätzliche“ private Rentenversicherungen hinweist. Aber diese Sprüche hören und lesen die Deutschen bereits seit vielen Jahren und Politiker haben mit der Riester-Rente eine weitere Enteignung der gesetzlich versicherten Beitragszahler herbeigeführt, indem sie mit dem so genannten Nachhaltigkeitsfaktor die Renten kürzten und dafür der privaten Versicherungswirtschaft Subventionen und Werbeargumente zugeschanzt haben, indem sie dieses Geld der Rentner und Beitragszahler als steuerliche Subvention auf die Riester-Produkte verteilten.

Auch wenn behauptet wird, dass unter den Politikern (in Deutschland und der EU) auch Volkswirte und Betriebswirte sind, klingt das nicht sonderlich glaubwürdig, wenn man die ökonomischen Auswirkungen der gesetzlichen und der privaten Versicherungen betrachtet.

Das Umlageverfahren wäre, wenn man es der politischen Einflussnahme entziehen würde, das beste Alters-Sicherungsverfahren, einfach deshalb, weil die Beitragsleistungen incl. der Entschädigungsleistung für Fremdlasten des Bundes in Form von Renten (immerhin in Deutschland monatlich fast 20 Milliarden €) sofort in den Wirtschaftskreislauf zurückfließt. Da GRV-Rentner weniger üppige Altersversorgungen erhalten, als Politiker oder höhere Beamte, wird diese Rente ganz oder zum größten Teil sofort wieder für Dinge des täglichen Bedarfs ausgegeben, also Lebensmittel, Kleidung, Miete usw., was einerseits Arbeitsplätze in der Binnenwirtschaft sichert (Lebensmittelmärkte, Wochenmärkte etc.), aber damit auch sofortige Rückflüsse an den Fiskus auslöst, der durch die Umsatzsteuer und die indirekten Steuern erheblich an diesen Ausgaben der Rentner partizipiert. Kurz gesagt, das Geld fließt, etwas, was frühere Volkswirte und Betriebswirte auch schon in der Schule als Voraussetzung für eine prosperierende Gesellschaft gelernt haben. Hinzu kommt, dass die Verwaltungskosten eines umlagenfinanzierten Sozialsystems weit unter denen der Privaten liegen.

Heute jedoch scheint das im neoklassischen Liberalismus aus den Lehrbüchern verschwunden zu sein, wie anders kann man es deuten, dass plötzlich trotz mehrfacher negativer Erfahrungen (USA, Großbritannien, Deutschland u. a.) die private und kapitalgedeckte Versicherung derart protegiert wird? Oder ist es so, dass es zwischen Politik und Versicherungswirtschaft wieder ähnliche Verknüpfungen gibt, wie sie in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts bestanden und deren Auswirkungen einerseits stets betont und auf der anderen Seite nicht beachtet werden. Werfen wir einen Blick auf die private Versicherungswirtschaft:

Beiträge gehen ein und sind dem Zugriff der Beitragszahler wie bei der GRV bis zur Fälligkeit entzogen. In den ersten Jahren dienen die Beitragszahlungen der Abdeckung der Verwaltungskosten und der Aktionärsrendite. Der Rest der eingehen Beitragszahlungen wird investiert, kein leichtes Unterfangen bei der Geldschwemme auf dem globalen Finanzmarkt. Um das zu erleichten hat man die so genannten Rentenfonds gegründet, die nun für eine Streuung des eingegangenen Kapitals sorgen, um möglichst hohe Renditen zu erwirtschaften, damit vom investierten Kapital neben Dividenden und Vorstandsgehältern incl. Vorstands-Boni auch noch ein Rest Rendite für den Beitragszahler verbleibt. Natürlich ist das nur erforderlich für die Beitragszahler, die das kalkulierte Alter (90 bis 100 Jahre) an möglichen Zahlbeträgen auch erreichen. Wer früher stirbt, ist nicht nur länger tot, sondern beschert den Versicherungsunternehmen auch noch zusätzliche Gewinne, dank statistischer Methoden längst fest einkalkuliert. Dem normalen Wirtschaftskreislauf ist dieses Kapital aus den Beitragszahlungen allerdings bis zur Fälligkeit entzogen, denn die Spielkasinos der Finanzmärkte, auch Börse genannt, haben wenig mit realer Wirtschaft auf Basis realer Werte und Leistungen zu tun. Aber die enge Verbundenheit der Politik zu diesen Spielkasinos manifestiert sich nun in Verträgen wie z. B. dem ESM, dessen Aufgabe wie schon beim IWF es sein wird, jedes Quäntchen echter Leistung der Völker zugunsten dieser Casinos herauszupressen. Die Planung dazu ist älter als der Euro, denn sie wurde von langer Hand mit GATT vorbereitet und ab 1995 mit der WTO und dort mit GATS konkretisiert.

Nein, die EU ist kein System der Europäischen Völker, sondern geblieben, was es von Beginn an war, ein rein auf wirtschaftliche Belange der multinationalen Konzerne und des globalen Finanzsektors abgestimmtes und sehr undemokratisches System, in dem die Bürger der europäischen Länder nur als Zahlmeister vorgesehen sind. Politiker, Wirtschafts- und Finanzkapitäne haben sich von Beginn an so eingerichtet, dass sie von der Destabilisierung dieses Systems nicht betroffen sein werden. Würde man mich fragen, was von der EU bisher Gutes erreicht wurde, müsste ich passen, denn die von Merkel und Schäuble sowie von der EU-Politikern immer wieder beschworenen Vorteile kamen lediglich den exportorientierten Unternehmen zugute, zu Lasten der Arbeitnehmer dieses Landes, deren Real-Löhne seit Jahren, vor allem seit Einführung von Hartz IV mit Ein Euro Jobs, weitgehend unbegrenzter Zeitarbeit und weitern Arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen abgesenkt wurden.

Die Demographie hat nichts mit dem Rentensystem zu tun. Es gibt keinen Nachweis, dass das Lebensalter der GRV-Versicherten wirklich gestiegen ist, denn die Sterbestatistiken beziehen sich ausschließlich auf die gesamte Gesellschaft, von denen gerade einmal ca. 25% in der GRV versichert sind, ohne dass deren Lebenserwartung statistisch aufbereitet worden wäre. Nur gelegentlich tauchen einmal Zahlen auf (z. B. vom Max-Plack-Institut), die belegen, dass die durchschnittliche Lebenserwartung von Arbeitern und Angestellten und prekär Beschäftigten um Jahre geringer ist, als die der Teile der Gesellschaft, die wirtschaftlich abgesichert sind und sich deshalb auch eine bessere Gesundheitsvorsorge leisten können.

Mit gar nicht freundlichen Grüßen
Gert Flegelskamp

Quelle: http://www.flegel-g.de/2012-03-17-EU-Renteneingriff.html

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