Warum und wie viel bezahlt Deutschland für die Stationierung von US-Truppen im eigenen Land?

von Thomas Röper (anti-spiegel)

Der Spiegel erklärt uns heute in einem Artikel, dass Deutschland zu wenig für die Stationierung der US-Truppen in Deutschland bezahlt. Der Artikel ist sehr geschickt gemachte Desinformation, denn er lässt die wichtigsten Informationen einfach weg, damit seine Botschaft überzeugend klingt.

Derzeit sind die Transatlantiker – und damit auch die Spiegel-Redaktion – in hellem Aufruhr. Trump will 9.500 US-Soldaten aus Deutschland abziehen, das ist für sie fast so etwas, wie ein Weltuntergang. Damit die Leser diese Meinung teilen, hat der Spiegel heute in einem sehr geschickt gemachten Artikel darauf hingewiesen, dass Deutschland ja für die Stationierung der US-Soldaten bezahlt. Aber natürlich – so die Essenz des Artikels – zahlt Deutschland viel zu wenig, profitiert aber ganz doll davon.

Wie Deutschland von den US-Truppen profitiert

Natürich profitiert Deutschland davon, dass die USA 35.000 Soldaten und 15.000 zivile Angestellte in Deutschland stationiert haben und bezahlen. Diese Menschen geben ihr Geld an ihren Wohnorten aus und wenn sie die Kasernen verlassen, dann helfen ihre Einkäufe natürlich den örtlichen Unternehmen, vor allem den Einzelhändlern.

Aber wie wichtig ist dieser Faktor? Man muss ja wissen, dass die US-Soldaten über mehrere Standorte in Deutschland verteilt sind, es betrifft also nur einige Orte, nicht etwa ganze Regionen oder gar das ganze Land.

Im Ruhrgebiet gab es 1955 eine halbe Million Bergleute, zur Jahrtausendwende waren es noch etwa 50.000. Die Zahl lässt sich also ganz gut mit der Zahl der US-Soldaten vergleichen. Mit einem Unterschied: Für die arbeitslos gewordenen Bergleute mussten neue Jobs gefunden werden, sie mussten umgeschult werden und so weiter. Wenn US-Soldaten abziehen, gibt es dieses Problem nicht, es fehlt nur ihre Kaufkraft.

Aber der Ausstieg aus dem Kohlebergbau war ein politisch gewolltes Projekt und so hat der Staat die Kosten gerne übernommen. Wenn nun aber Soldaten abziehen, die nur einen Teil ihres Soldes in Deutschland ausgeben, denn vieles können sie direkt in der Kaserne kaufen, dann wird uns das als großes, wirtschaftliches Problem verkauft. Der Spiegel schreibt heute zum Beispiel über eine sechs Jahre alte Studie über die US-Truppen in Rheinland-Pfalz:

„Damals ging man davon aus, dass durch die Truppenpräsenz eine Wirtschaftskraft von 2,347 Milliarden US-Dollar generiert wird: 1,123 Milliarden an Löhnen und Gehältern, die in der Region verbleiben, 400 Millionen, die für Baumaßnahmen, Dienstleistungen, Material, Beschaffungen und Ausrüstung ausgegeben werden und 824 Millionen US-Dollar, die durch indirekt geschaffene Arbeitsplätze an Wertschöpfung in die Region fließen.“

Das klingt nach viel Geld, aber es wurde vergessen, zu erwähnen, wie viel denn Deutschland insgesamt dafür bezahlt. Und das zu verschweigen hat gute Gründe.

Was Deutschland die Stationierung der US-Truppen kostet

Über die Kosten, die Deutschland trägt, schreibt der Spiegel in dem Artikel:

„Die Bundesregierung hat in den vergangenen zehn Jahren fast eine Milliarde Euro für die Stationierung von US-Truppen in Deutschland gezahlt. Mit 648,5 Millionen Euro entfielen etwa zwei Drittel davon auf Zuschüsse für Baumaßnahmen und 333,9 Millionen auf sogenannte Verteidigungsfolgekosten. Dazu zählen vor allem Beihilfezahlungen an ehemalige Beschäftigte der US-Streitkräfte, die Behebung von durch US-Soldaten verursachte Schäden und die Erstattung von US-Investitionen an ehemaligen Truppenstandorten. Das geht aus einer Antwort des Finanzministeriums auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Brigitte Freihold hervor.“

Geradezu ein Schnäppchen! Nur eine Milliarde hat Deutschland in zehn Jahren ausgegeben. Das Problem ist, dass die Zahl nicht stimmt. Oder besser gesagt: Sie ist unvollständig.

Der Spiegel geht mal wieder sehr geschickt vor. In dem zitierten Absatz formuliert er korrekt, es geht um die Kosten der Bundesregierung. Aber schon im nächsten Absatz kann man lesen:

„Der Blick allein auf die deutschen Ausgaben würde allerdings ein recht einseitiges Bild der Gesamtsituation zeichnen. Denn gleichzeitig bezahlen die USA für die Truppenstationierung allerdings ein Vielfaches von dem, was Deutschland dafür aufbringt.“

Damit wird der Eindruck erweckt, dass die Kosten, die der Bund trägt, alles sind, was Deutschland für die Stationierung der US-Truppen bezahlt. Und die USA bezahlen viel mehr, wie nett von ihnen!

Aber das ist nicht so.

Nach dem Krieg musste Deutschland die kompletten Besatzungskosten bezahlen, was damals zu Unruhe führte. Daraufhin wurde das Wort „Besatzungskosten“ gestrichen. Seit dem zahlt Deutschland die „Kosten für die Stationierung von Nato-Truppen“. Jedoch werden diese Kosten auf viele verschiedene Kostenstellen von Bund, Ländern und Kommunen verteilt, wie in Artikel 120 des Grundgesetzes festgelegt wurde. Daher lassen sich die Gesamtkosten, die Deutschland derzeit jährlich an die USA überweist, kaum beziffern. Auf eine Kleine Anfrage eines Abgeordneten antwortete die Bundesregierung 2011 unter anderem mit einer Tabelle, in der für 2010 Kosten für den Bund in Höhe von 45 Millionen ausgewiesen wurden. Jedoch mit dem Zusatz:

„Informationen zu Ausgaben von Ländern und Kommunen liegen der Bundesregierung nicht vor.“

Wie viel Deutschland insgesamt, also Bund, Länder und Kommunen zusammen, tatsächlich für die Stationierung der US-Truppen bezahlt, will man in Berlin offensichtlich nicht so genau wissen. Aber wenn wir die Situation in vergleichbaren Ländern anschauen, dann bekommen wir einen Eindruck von der Größenordnung, um die es auch in Deutschland gehen dürfte.





Was andere Länder für die Stationierung von US-Truppen bezahlen

Mit Deutschland vergleichbar sind Japan und Südkorea. Auch dort sind ungefähr so viele US-Soldaten stationiert, wie in Deutschland. Und in den Ländern gibt keine föderalen Strukturen, die Kosten lassen sich also nicht so gut verstecken, wie in Deutschland. Dort sind sie bekannt.

Japan bezahlt für die Stationierung von ca. 50.000 US-Soldaten aktuell 1,8 Milliarden jährlich an die USA. Südkorea bezahlt für die knapp 30.000 US-Soldaten in seinem Land aktuell knapp eine Milliarde. Die USA haben letztes Jahr von beiden Ländern gefordert, die Zahlungen massiv zu erhöhen. Von Japan haben die USA eine Vervierfachung auf fast acht Milliarden gefordert, gleiches gilt für Südkorea, von dem die USA 4,7 Milliarden gefordert haben. Im Dezember 2019 habe ich darüber ausführlich berichtet, den Artikel finden Sie hier.

In den Ländern sind die Zahlen bekannt und sie stoßen in der Bevölkerung nicht gerade auf Gegenliebe. In Deutschland werden die Zahlen geheim gehalten, indem man sie auf ganz viele verschiedene Kostenstellen bei Bund, Ländern und Kommunen verteilt, sodass niemand sie zusammenrechnen kann oder will. Nun darf sich jeder fragen: Ist es wahrscheinlich, dass die USA von Deutschland weniger Geld bekommen, als von Südkorea und Japan? Oder ist es wahrscheinlich, dass sie sogar mehr Geld bekommen, weil niemand die Zahlen zusammenrechnet und damit eine Kontrolle durch die Öffentlichkeit unmöglich gemacht wird?

Profitiert Deutschland wirtschaftlich von den US-Soldaten?

Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass die USA gut rechnen können und dass Deutschland immer mehr bezahlt hat, als es profitiert hat.

In der Schule lernen wir, wie die USA uns großzügig mit dem Marshallplan geholfen haben. Was wir nicht lernen, ist folgendes: Im Zuge des Marshall-Plans bekamen die westlichen deutschen Besatzungszonen 1948 bzw. die Bundesrepublik Deutschland von 1949 bis 1952 insgesamt 1,4 Milliarden Dollar. Nach heutiger Kaufkraft wären das ca. 14 Milliarden Dollar. Nur ist das Problem, dass die Bundesrepublik den USA gleichzeitig die Kosten für die Besetzung Deutschlands erstatten musste. Zahlen dazu sind nicht leicht zu finden, aber allein 1950 waren das 4,5 Milliarden DM oder nach damaligem Kurs etwa 1,1 Milliarden Dollar. Das bedeutet, dass Deutschland den USA an Besatzungskosten schon in der Zeit des Marshall-Plans weit mehr für die Besetzung des eigenen Landes bezahlt hat, als es gleichzeitig im Zuge des Marshall-Planes aus den USA bekommen hat. Die Deutschen haben den Marshall-Plan also praktisch selbst bezahlt.

Dazu gab es mal eine Doku auf Arte, die ich in einem Artikel als Filmtipp verlinkt habe, aber die ist inzwischen von YouTube gelöscht worden. Man soll diese Dinge in Deutschland nicht erfahren.

Es ist aber kaum zu erwarten, dass die USA in Deutschland eine andere Politik machen, als im Rest der Welt. Und das Beispiel des Marshall-Planes zeigt, dass die USA sogar in der Lage sind, die Ausbeutung eines besetzten Landes noch als „Hilfsprogramm“ zu tarnen, das es dann in die Schulbücher schafft. Wer glaubt, dass sich an dieser Politik der USA etwas geändert hat?

Die USA sind das kapitalistische Land. Sie geben niemandem aus gutem Willen Geld, für sie ist jede Zahlung ein „Investment“, das sich auszahlen muss.

Der Spiegel erweckt in seinem Artikel aber den Eindruck, die USA würden ganz selbstlos viel Geld für die Stationierung des US-Soldaten zahlen und Deutschland sei einfach undankbar. Natürlich wird dabei auch das Zwei-Prozent-Ziel der Nato erwähnt, das Deutschland einfach nicht umsetzen will:

„Der Blick allein auf die deutschen Ausgaben würde allerdings ein recht einseitiges Bild der Gesamtsituation zeichnen. Denn gleichzeitig bezahlen die USA für die Truppenstationierung allerdings ein Vielfaches von dem, was Deutschland dafür aufbringt. (…) Das US-Verteidigungsministerium schätzt die Aufwendungen allein für 2020 in einem Budgetpapier aus dem vergangenen Jahr auf umgerechnet rund 7,234 Milliarden Euro. Das ist 61-mal so viel wie die 132,4 Millionen Euro, die Deutschland im vergangenen Jahr gezahlt hat. (…) Zwar hat die Bundesregierung den Verteidigungsetat deutlich angehoben, verfehlt das Nato-Ziel von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts mit 1,38 Prozent aber immer noch deutlich. Zum Vergleich: Die USA zahlen 3,4 Prozent. „Deutschland ist seit Jahren säumig und schuldet der Nato Milliarden Dollar, und das müssen sie bezahlen“, sagte Trump bei der Ankündigung des Truppenabzugs.“





Andere Länder, andere Sitten

Es sei noch darauf hingewiesen, dass es auch anders geht. Die USA lassen andere Länder für die Stationierung von US-Truppen bezahlen und weisen als Begründung darauf hin, dass die Länder ja erstens von den USA beschützt werden und zweitens, dass die US-Soldaten ja viel Geld in den Ländern ausgeben.

Als die Krim noch ukrainisch war, hatte Russland dort eine Militärbasis, aber die Ukraine hat weder dafür gezahlt, dass die russischen Soldaten ja auch die Krim geschützt haben, noch dafür, dass die russischen Soldaten ihr Geld auf der Krim ausgegeben haben. Stattdessen hat die Ukraine den Russen den Stützpunkt verpachtet und dafür knapp 100 Millionen Dollar pro Jahr kassiert, zusätzlich zu massiven Preisnachlässen für russisches Gas in Höhe von bis zu 30 Prozent.

Vielleicht sollte Deutschland auch dazu übergehen, den USA die Stützpunkte in Deutschland zu verpachten? Vielleicht sollte Deutschland darüber hinaus auch Nachlässe beim Handel mit den USA fordern?

Aber das ist undenkbar. Die deutschen „Qualitätsmedien“ bringen das Kunststück fertig, russische Militärbasen im Ausland, für die Russland Pacht bezahlt, als etwas ganz Böses darzustellen und US-Basen im Ausland, für die die USA von betroffenen Ländern sogar noch Geld verlangen, als etwas ganz Tolles darzustellen. Das muss man erst einmal hinbekommen.

Fazit

Der Spiegel zeigt sich mal wieder als US-Propagandist. Die deutschen Kosten werden nicht annähernd in vollem Umfang genannt, die US-Aufwendungen hingegen als regelrecht gute Tat dargestellt.

Konsequent wird in Deutschland verschwiegen, was Länder wie Japan und Südkorea den USA bezahlen müssen, der deutsche Michel könnte ja auf die Idee kommen, mal nachzufragen, was Deutschland tatsächlich Jahr für Jahr nach Washington überweist. Es liegt die Vermutung nahe, dass es weit mehr ist, als das, was uns als wirtschaftlicher Gewinn durch die US-Soldaten präsentiert wird. Die finanziellen Folgen eines solchen Abzugs dürften sich in Grenzen halten, vielleicht wäre es für Deutschland sogar ein finanzieller Gewinn.

Wenn sie das lesen, dürften Transatlantiker aufschreien und mich einer anti-amerikanischen Stimmungsmache beschuldigen. Kein Problem: Veröffentlicht die Gesamtzahlen, zeigt, was Deutschland tatsächlich bezahlt. Sollte ich Unrecht haben, werde ich das gerne zugeben.


Wenn Sie sich für mehr Beispiele für freche Verfälschungen der Wahrheit in den „Qualitätsmedien“ interessieren, sollten Sie Beschreibung meines neuen Buches lesen. Das Buch ist eine Sammlung der dreistesten „Ausrutscher“ der „Qualitätsmedien“ im Jahre 2019 und zeigt in komprimierter Form, wie und mit welchen Mitteln die Medien die Öffentlichkeit in Deutschland beeinflussen wollen. Von „Berichterstattung“ kann man da nur schwer sprechen. Über den Link kommen Sie zur Buchbeschreibung.

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Warum und wie viel bezahlt Deutschland für die Stationierung von US-Truppen im eigenen Land?
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2 Kommentare

  1. Allein schon, dass die BRD Politiker zulassen, dass die USA Ramstein benutzen um ihre Drohnenmorde begehen können, ist ein Verbrechen. 

    Dass dieselben Politiker dann aber auch noch den deutschen Steuerzahler dafür bezahlen lassen, schreit zum Himmel.

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