Italien will Ende der Russland-Sanktionen

von Daniele Pozzati (zeit-fragen)

Am 23. Juni findet der nächste EU-Gipfel statt. Dieser entscheidet, ob die erstmals 2014 verhängten Sanktionen gegen Russland um ein weiteres halbes Jahr verlängert werden. Die Aufhebung ebendieser Sanktionen steht jedoch im Programm der italienischen Regierungskoalition. Premier Giuseppe Conte hatte bereits am 5. Juni in seiner ersten Rede vor dem Parlament gesagt, dass die neue Regierung Italiens vorhabe, eine Revision der Russland-Sanktionen zu verlangen. Gleich am folgenden Tag, dem 6. Juni, legte Nato-Generalsekretär Stoltenberg los mit seinem Diktat an die neue italienische Regierung: «Mit Russland müssen wir einen politischen Dialog beibehalten», sagte Stoltenberg, «aber die Sanktionen sind notwendig.»

Salvini: Nato soll im Mittelmeer helfen, statt nicht existierender Gefahr im Osten zu begegnen

Am 7. Juni fand ein grosser Empfang in der Villa Abamelek statt, der römischen Residenz des russischen Botschafters in Italien. Etwa 1000 VIP waren zu Gast, unter anderem der neue italienische Aussenminister, Enzo Moavero Milanesi, und der Vize-Premier, Innenminister und Lega-Nord-Parteichef Matteo Salvini. Angaben der italienischen Zeitung «Il Giornale» zufolge sprachen Salvini und der russische Botschafter 15 Minuten lang hinter verschlossenen Türen miteinander. Anschliessend sprach Salvini mit der Journalistin Alessandra Benignetti und sagte: «Wir haben eine klare Position hinsichtlich der Sanktionen. Wir schliessen ein italienisches Veto nicht aus.»

Salvini erwarte von der Nato allerdings auch Schutz und Hilfe mit Blick auf Probleme, die aus dem Süden kommen: Masseneinwanderung, die Instabilität Nordafrikas, die Sicherheit des Mittelmeers. Darum solle sich die Nato kümmern, und nicht um eine nicht existierende Gefahr aus dem Osten, sprich: Russland.

Am 8. Juni äusserte sich der andere Vize-Premier und Minister für Arbeit und wirtschaftliche Entwicklung, Luigi Di Maio. Befragt vom italienischen Radiosender Anch’io fing Di Maio diplomatisch an: «Über ein Veto wird der Premier Conte entscheiden.» Er klingt erstmals kompromissbereit: «Ich habe immer gesagt, dass unser Land in der Nato bleiben muss.»

Di Maio fügte jedoch hinzu: «Die Sanktionen gegen Russland schädigen unsere Bauern. Die Landwirtschaft hat Milliarden-Verluste erlitten. Die Sektoren Design und Handwerk sind ebenfalls betroffen. Wir hatten sehr viel in diesen [russischen] Markt exportiert, und jetzt ist dieser Export auf Grund der russischen Gegensanktionen blockiert.»

Den Mut zum Nein entdecken

«Wir sind pro Italien, nicht pro Russland», betonte Di Maio. «Unsere Regierung wird aber in die internationalen Foren gehen, um mit ihren eigenen Verbündeten einige Probleme zu diskutieren, mit denen unsere Regierung nicht einverstanden ist.» Di Maio macht deutlich: «Die italienische ‹Yes Sir›-Ära muss enden und eine neue Ära anfangen, in der wir einige ‹Nein› auszusprechen beginnen.»

Am Ende scheinen sich Salvini und Di Maio in diesem wichtigen Thema einig zu sein. Wird es reichen, um der Opposition innerhalb der Nato Paroli zu bieten?

«Ein alleiniges Veto Italiens ist unwahrscheinlich», meint Geopolitik-Experte Dr. Daniele Scalea, «weil unser Land bereits in Zusammenhang mit anderen Themen unter Druck steht, zum Beispiel bei der Einwanderung.» Die italienische Regierung habe jedoch eine klare Position gegen die Russ-land-Sanktionen, stellt Dr. Scalea fest, eine Position, die von der Vorgängerregierung vererbt wurde, mit dem Unterschied, dass diese an der anti-putinistischen Rhetorik festhielt. Eine Rhetorik, der Salvini ablehnend gegenübersteht und gegen die Di Maio anscheinend immun ist. Es ist daher zu erwarten, dass diese Position mit mehr Nachdruck und Entschlossenheit umgesetzt wird.

Österreichische Ratspräsidentschaft als Chance

Mittlerweile war Stoltenberg am Montag, dem 11. Juni, in Rom für ein erstes Gespräch mit dem neuen italienischen Premier Conte. Es ging um die Vorbereitung des nächsten Nato-Gipfels, der vom 11. bis 12. Juli in Brüssel stattfinden wird. Und natürlich auch um die italienische Opposition gegenüber den Russland-Sanktionen.

Abends während der darauffolgenden Pressekonferenz erwähnte Conte nicht einmal das Wort «Sanktionen» in bezug auf Russland. Er sprach von «restriktiven Mass-nahmen, die sich ergeben haben, die aber kein Ziel werden dürfen, sondern ein Mittel bleiben; und auch als Mittel dürfen diese Massnahmen die russische Zivilgesellschaft keineswegs demütigen und den Austausch zwischen unseren Zivilgesellschaften verhindern».

Unabhängig von dem Drängen der Nato, die Sanktionen beizubehalten, könnte die kommende österreichische EU-Ratspräsidentschaft, welche vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2018 andauern wird, der ideale Hintergrund sein für eine Revision beziehungsweise Aufhebung der Russland-Sanktionen. Denn die Regierung in Österreich hat ihre eigene Entspannungspolitik gegenüber der Russischen Föderation bereits in die Gänge gebracht. Nicht durch Zufall hat der russische Präsident Wladimir Putin für seine erste Auslandsreise nach der Wiederwahl Wien ausgesucht. Putin sieht nun Österreich und dessen neue Regierung als Brückenbauer.

Sollte Italien auch nicht gleich beim kommenden EU-Gipfel sein Veto gegen die Verlängerung der Russland-Sanktionen einlegen, so meint Dr. Scalea doch, dass «diese Regierung, die gerade ihre ersten Schritte unternimmt, sicherlich in den kommenden Monaten Verbündete suchen wird, um eine Blockade aufzubauen, die das Ende der Sanktionen unterstützen könnte».           •

Quelle: RT Deutsch vom 15.6.2018

Italiens neue Regierung will Freihandelsabkommen CETA mit Kanada nicht

zf. Italiens neue Regierung lehnt das Freihandelsabkommen der EU und Kanadas, CETA, ab. Landwirtschaftsminister Gian Marco Centinaio sagte der Zeitung «La Stampa» vom 14. Juni 2018, die Bauern in Italien seien nicht genügend geschützt. Laut dem Minister wird nur «ein kleiner Teil» der Produkte durch die Siegel «geschützte geographische Angabe» und «geschützte Ursprungsbezeichnung» geschützt. Daher werde die Regierung das Parlament aufrufen, CETA nicht zu ratifizieren.

Würde Italien den Vertrag nicht ratifizieren, könnte CETA nicht in Kraft treten. Hierfür müssten die Parlamente aller EU-Staaten den Vertrag mit Kanada ratifizieren.

CETA steht von Beginn an in der Kritik und hat in vielen EU-Staaten zu Protesten geführt. Trotzdem hatten die zuständigen Organe der EU das Vertragswerk im Jahr 2017 unterzeichnet. Grundsätzlich sind alleine die EU-Organe für die Handelspolitik der EU zuständig. Da der Vertrag aber auch in nationalstaatliche Befugnisse hineinreicht, ist für ein Inkrafttreten auch die Zustimmung aller Mitgliedsstaaten notwendig.

Quelle: afp vom 14.6.2018

In Österreich Protest gegen CETA-Ratifizierung

zf. Am 13. Juni 2018 hat der österreichische Nationalrat für die Ratifizierung des Handelspaktes CETA zwischen der EU und Kanada gestimmt. Die parteifreie Wiener Rechtsanwältin Dr. Eva Maria Barki hatte am 23.5.2018 einen offenen Brief an alle 183 Nationalratsabgeordneten gesandt  und nochmals auf wesentliche Argumente gegen die Ratifizierung des CETA-Handelspaktes der EU mit Kanada verwiesen: «CETA ist unter dem Deckmantel des ‹Investitionsschutzes› ein politisches Instrument zur Durchsetzung des transatlantischen Protektionismus. Die davon betroffenen Bürger in der gesamten EU verlieren dabei jeglichen Rechtschutz.» Frau Barki fügte hinzu: «Neben über 100 RechtsprofessorInnen aus dem EU-Raum haben daher der Deutsche Richterbund und die Europäische Richtervereinigung zur Streichung der Investitionsschutz-Bestimmungen im CETA-Pakt aufgerufen. Konzerne sollen damit Sonderrechte erhalten, ohne dass ihnen Pflichten auferlegt werden. […] Der Staat kann demnach für entgangene Gewinne der Konzerne haftbar gemacht werden, auch wenn die Massnahmen des Staates gesetzmässig sind und zum Schutz der Bevölkerung getroffen wurden. Den Nachteil müssen die Bürger tragen, die kein Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Konzern-Sondergerichts haben […]. Eine solche Durchsetzung von Konzern- statt Bürgerrechten würde die bestehende österreichische Rechtsordnung völlig aushebeln. Das Parlament gibt damit seine eigene Kompetenz auf!» Die Initiative Heimat&Umwelt (IHU) fordert nun eine Volksabstimmung über CETA.

Quelle: Initiative Heimat&Umwelt (IHU); www.heimat-und-umwelt.at

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