Der Wachstums-Pranger

Wachstum (1.2.2012)

Beginnen wir mit einer einzigen Eichel. Wir wählen ein richtiges Prachtexemplar, 3cm lang und 1,5cm im Durchmesser. Für die suchen wir ein schönes, wildschweinsicheres Plätzchen, versenken sie in die Erde, gießen ein bißchen und lehnen uns zurück. Jetzt haben wir Zeit, viel, viel Zeit. Nach einem Jahr schaut da ein Schößling heraus, klein und unscheinbar, wir finden ihn nur deshalb in all dem Gras, weil wir wissen, wo er ist. Unser Kleiner wächst fleißig vor sich hin, nach fünf Jahren ragt er buschhoch aus der Graswiese. Nach 20 Jahren finden wir eine junge Eiche, in deren Schatten wir den Sommer verträumen. Nach 100 Jahren können unsere Urenkel durch das Geäst einer starken Eiche klettern, und womöglich stehen um diese Eiche herum kleinere, jüngere Eichen, ihre Nachkommen. In die Höhe wächst unsere Eiche kaum noch, der Stamm legt allerdings weiter zu. Nach 500 Jahren finden wir einen gewaltigen Baum inmitten eines Eichenwaldes, einen unerschütterlichen Stamm, der bereits alles erlebt hat, was an Wetterkapriolen passieren kann. Nach 1000 Jahren geht selbst das Leben unserer Eiche zu Ende. Der Stamm ist weiter gewachsen, doch er ist bereits ausgehöhlt. Der Frühling entlockt ihr noch immer neues Grün, doch Teile ihrer Krone bleiben kahl, sind bereits abgestorben. Bald ist es soweit, der morsch gewordene Stamm trägt das Gewicht nicht mehr, ein leichter Herbststurm, von denen er schon Tausende erlebt hat, fällt den uralten Baum. Aus dem vermodernden Holz wächst neues Grün…

Ich habe eine Eiche als Beispiel gewählt, weil dieser Baum als Sinnbild der Unerschütterlichkeit gilt. Hartes Eichenholz steht für Stabilität, und ihre Beharrlichkeit, die Blätter nicht frühzeitig abzuwerfen, hat in einer Sage bereits den Teufel verzweifeln lassen. Die tausendjährige Eiche, die scheinbar der Zeit und der Vergänglichkeit trotzt, ist ein Bote vergangener Zeitalter, ein Stück lebender Geschichte. Und doch, mag die Eiche 40 oder 50 menschlicher Generationen überdauern, selbst ihr ist ein Ende beschieden. Ich habe aus einer einzigen Eichel einen ganzen Wald wachsen lassen, doch selbst dieser Wald wuchert nicht über alle Welt, er stößt schließlich an andere Wälder, wenn nicht Menschen ihm Grenzen setzen.

Die Natur kennt schnelles, explosives, exponentielles Wachstum, wenn es gilt, Leerräume zu besiedeln. Nach einer Katastrophe, einem Waldbrand oder einem Vulkanausbruch, ergrünt und erblüht die Landschaft binnen kurzer Zeit. Tiere vermehren sich, füllen die Population bald wieder auf. Doch nach dieser Wachstumsphase, nach dieser Repopulation, pendelt sich ein Gleichgewicht ein, ein Zustand der Stabilität.

Die Natur kennt den Schweinezyklus ebenfalls, in Zeiten, in denen das Gleichgewicht gestört ist. Bringen wir ein paar Schafe auf eine große Insel ohne Raubtiere, so werden sich diese Schafe unablässig vermehren, bis die Insel kahlgefressen ist und sie verhungern. Lassen wir ein paar Wölfe nachziehen, so wird das für die Wölfe ein Schlaraffenland, bis schließlich so wenige Schafe übrig sind, daß die Wölfe keine Beute mehr finden. Mag das Pendel ein paar Mal schwingen, mit zu vielen Schafen und zu vielen Wölfen, am Ende wird es genug Schafe und genug Wölfe geben, um stabil fortzuexistieren. Natürlich wird es Schwankungen geben, trockene Sommer, kalte Winter, Krankheiten und Überschwemmungen, doch im Wesentlichen wird sich ein Gleichgewicht einstellen.

Die reiche Insel für die Schafe gab es wirklich, das Deutschland von 1945. Alles lag in Trümmern, alles war zerstört, die Menschen hatten nur ihr nacktes Leben gerettet. Ich gebe zu, der Begriff „alles“ ist eine Übertreibung, die Deutschen haben selbst damals nicht nackt in Höhlen gelebt. Gewissermaßen hatten wir die eine Eichel übrig behalten, sowie ein wenig Boden, um sie einzupflanzen. Der entscheidende Tag war nicht etwa der 23. Mai 1949 mit dem Inkrafttreten des Grundgesetzes, der Tag, an dem die Eichel eingepflanzt wurde, war der 20. Juni 1948, die Einführung der D-Mark in den drei Westzonen. Das Symbol des gepflanzten Bäumchens – wir kennen es von der kleinsten silberfarbenen Münze, den 50-Pfennig-Stück.

Gehen Sie durch ihre schöne Wohnung des Jahres 2012, dann finden Sie dort, von Ihrem Rechner abgesehen, nichts, was es nicht schon 1948 gegeben hat. Natürlich ist Ihr Fernsehapparat viel schicker als das Röhrenungetüm von damals, einen Mikrowellenofen hatten damals nur wenige Haushalte, Waschmaschinen und elektrische Handmixer waren Exoten. Doch erfunden war damals bereits alles, wenn auch für den Normalbürger unerschwinglich. Zugegeben, Mobiltelephone gehören ebenfalls in die neuere Zeit, damals gab es nur das Festnetz.

Das Jahr 2000 war damals ferne Zukunft, da hatten die Menschen fliegende Autos, lebten auf Weltraumstationen, auf dem Mond und dem Mars… Manchmal war die Zukunft auch ein Stiefel, der in ein Gesicht tritt, wieder und wieder. Heute wissen wir mehr: Unsere Autos fliegen nicht, und der Stiefel, der Menschenrechte mit Füßen tritt, ist zumindest in Merkeldeutschland subtiler als damals eingeschätzt.

Doch kehren wir zurück ins Jahr 1948, ins Paradies der angeschwemmten Schafe: das Wirtschaftswunder beginnt! Oh, die Deutschen haben längst mit dem Wiederaufbau begonnen. Das ist sogar Amerikanern aufgefallen: Solange sie durch Frankreich gezogen sind, wurden sie überschwenglich begrüßt, danach haben sich die Franzosen hingesetzt und auf Hilfe gewartet. Auf Reichsgebiet wurden sie nicht als Befreier gefeiert, doch sobald nicht mehr geschossen wurde, kamen die Deutschen hervor und haben begonnen, die Trümmer beiseite zu räumen.

Mit der neuen Mark gab es gutes Geld sowie Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Wachstum, scheinbar grenzenloses Wachstum setzte ein. Aus der Notunterkunft, einer Baracke mit Pappdeckel in den glaslosen Fenstern, zog man in eine kleine, enge Wohnung, schließlich in eine geräumige Wohnung und dann in das eigene Häuschen. Die ständig steigenden Löhne erlaubten einen ersten kurzen Urlaub im Taunus oder im Bayerischen Wald, später in Österreich und Italien. Radiogeräte kamen ins Haus, viel schöner als die alten Volksempfänger, bald gefolgt von Fernsehern. Die Menschen leisteten sich Kühlschränke und diese Kühlschränke wurden immer besser gefüllt.

Die Rezession, über die Bundeskanzler Erhard gestürzt ist, war nur ein kurzes Atemholen. Der Babyboom erforderte größere Wohnungen, die erst einmal eingerichtet werden mußten, zu den Kühlschränken gesellten sich Tiefkühltruhen, der nächste Fernseher war in Farbe, die primitiven Waschmaschinen wurden durch bessere ersetzt, Spülmaschinen erleichterten die Hausarbeit. Unsere Autos wurden größer, schneller und moderner.

Als 1969 der erste Kanzler der SPD an die Macht gelangte, schien der absolute Wohlstand ausgebrochen. Diese Illusion zerstob in der ersten Ölkrise, und schon der zweite SPD-Kanzler verteilte nicht mehr den Überfluß, sondern verwaltete den Mangel. Unter Helmut Schmidt kehrten die Vokabeln Staatsschulden und Inflation, Arbeitslosigkeit und Zukunftsangst in unseren Wortschatz zurück. Zum ersten Mal wurde von den Grenzen des Wachstums gesprochen.

Das Jahr 1980 liegt auf halber Strecke von 1948 nach 2012, deshalb mag es Referenzjahr dienen. Damals gab es die ersten Mobiltelephone als Statussymbole, und mit dem VC20 hatte der erste Rechner Einzug in die Wohnungen gefunden. Im Prinzip war jetzt alles vorhanden, was wir heute auch vorfinden, bis auf das Internet. Das zügellose, optimistische Wachstum der Wirtschaftswunderjahre war zu Ende, das Gift der 68er durchzog bereits die Adern unseres Gemeinwesens. In den Jahren danach wurden die heutigen Perversionen begründet, vom „Kampf gegen Rechts“ über das „Einwanderungsland Deutschland“ bis zum Wahnsinn des „Gender Mainstreaming“. Die BRD entschied sich damals für den Weg in die Dekadenz.

Wir erleben jetzt, 1980, die Spätphase des ursprünglichen Wachstums. Der alte Familienfernseher wanderte ins Kinderzimmer als der neue angeschafft wurde. Mit dem Drittfernseher im Schlafzimmer war der Bedarf gedeckt. Der alte Kühlschrank kam ins Vorratszimmer, der neue in die Küche. Die Familienkutsche wurde an Sohn oder Tochter übergeben, Papi leistete sich einen Neuen. Und Mami bekam ebenfalls ihr Auto, einen kleinen Gebrauchten. Ausziehende Kinder benötigten Wohnraum und Möbel, doch die stürmische Entwicklung früherer Jahre war vorüber. Kleine Wohnung, große Wohnung – und dann nicht das eigene, neugebaute Haus, sondern das Haus der Eltern, das diese nicht mehr unterhalten konnten, weil sie ins Altersheim gezogen oder gestorben waren. Die Entwicklung hatte sich verlangsamt.

Das Wachstum im Inneren ging zurück, dafür wurde das Wachstum im Äußeren gesucht, die Waren in andere Weltgegenden geliefert, die noch nicht ihren Bedarf gedeckt hatten. Mit dem Fall des Eisernen Vorhangs fiel die letzte Begrenzung der Globalisierung. Was im Westen schon geschehen war, passierte nun in der eingemeindeten DDR. Dort besaßen viele Familien bald drei Autos: den alten Trabbi, einen gebrauchten „Westler“, gekauft von den ersten D-Mark, und einen neuen „Westler“, zumeist auf Kredit finanziert. Auch wenn sie jahrelang gewartet hatten, die DDR-Bürger haben ebenfalls Fernseher, Kühlschränke und Waschmaschinen gehabt. Jetzt degradierte die Westware das Vorhandene zu Zweitgeräten.

Grundig, Saba, Nordmende, Telefunken – als 14jähriger habe ich mir die Prospekte dieser Firmen besorgt, um meine erste Stereoanlage auszusuchen. Firmen, die es nicht mehr gibt! Nixdorf war ein Computer-Pionier, aus dem Siemens-Nixdorf geworden ist, dann Fujitsu-Siemens… Die deutsche Wertarbeit ist aus den Wohnzimmern verschwunden, und mein Siemens-Handy ist ein Fossil, ein Dinosaurier aus ferner Vergangenheit. Im Rahmen der Globalisierung haben uns zunächst die Japaner die Elektronik verkauft, heute sind es Koreaner, Taiwaner und Rotchinesen. Wir leben von Autos und von Maschinen.

Was die erweiterte BRD zum Exportweltmeister werden ließ, funktionierte so: Amerikanische Konsumenten verschuldeten sich, um chinesische Waren einzukaufen, Schuhe, Textilien, Elektronik, Haushaltsgeräte – alles Made in China. Die Chinesen mußten mehr und mehr produzieren, dafür haben sie Maschinen in Deutschland gekauft. Die Chinesen haben gutes Geld verdient – zumindest die Firmenchefs – und konnten sich Autos aus Deutschland leisten.

Es hat funktioniert, für einige Jahre. Die Immobilienkrise und die Finanzkrise haben uns die Grenzen dieses Wachstums gezeigt. Selbst Amerikaner können sich nicht unbegrenzt verschulden, zumindest die amerikanischen Verbraucher. Die US-Politiker sind zu dieser Erkenntnis noch nicht gelangt. Die chinesischen Firmenchefs haben ihre BMWs, Daimlers und Audis, sie benötigen so schnell keine neuen, vor allem, seit die Amerikaner nicht mehr in beliebigen Mengen einkaufen.

Etwas Anderes hat auch prima funktioniert, das Perpetuum Mobile. China – oder Deutschland – produziert Waren und bietet sie zum Verkauf an. Leider sind die Kunden knapp bei Kasse, können also nicht bezahlen. Folglich hilft China – oder Deutschland – indem es den Kunden Geld leiht. Jetzt können Amerikaner – oder Griechen, Italiener, Spanier, Franzosen – einkaufen und die Waren bezahlen. Damit fließt das Geld zurück nach China – und manchmal auch nach Deutschland – für die nächste Runde. Am Ende stapeln sich die Waren beim Kunden und die Schuldscheine beim Lieferanten.

Das funktioniert prächtig, bis die Gläubiger begreifen, daß ihre Schuldscheine völlig wertlos sind. Am besten, wir werfen die Schuldscheine ins Feuer und beginnen noch einmal von vorne. Wenn wir den Kunden das Geld schenken, kaufen die gerne Quietscheentchen oder Mercedes-Limousinen. Andererseits, das Geld ist dabei überflüssig. Anstatt Geld zu verschenken, verschenken China und Deutschland in Zukunft einfach ihre Waren. Das nannte man früher Sklavenarbeit, aber wir leben heute in einer Demokratie, da wird niemand versklavt. Zumindest nicht so, daß er es ganz leicht merkt.

Der Trick bei Stahlbeton sind die Armierungseisen, über die man den flüssigen Peps kippt und wartet, bis er hart wird. Diese Eisen kann man in die gewünschte Form biegen. Dafür gibt es Handbiegemaschinen, bei denen man einen Draht einlegt (der „Draht“ hat üblicher Weise einen Durchmesser von 6 bis 16 mm) und dann z.B. viermal mit einigem Kraftaufwand in die richtige Form biegt. Das dauert ein paar Minuten. Oder man delegiert diese Arbeit an eine Eisenbiegerei, die den Draht fertig gebogen an die Baustelle liefert. Dort stehen sogenannte Bügelautomaten, die eine solche Form in zehn Sekunden zurechtbiegen, zwei Drähte gleichzeitig, unermüdlich, ob zwei oder zweihundert. Der Eisenbieger sammelt die Dinger ein, schnürt sie zusammen und versieht sie mit einem Etikett, damit die Verleger auf der Baustelle wissen, wofür diese Bügel gedacht sind.

Wieso ich das erzähle? Nun, womit der Handbieger einen ganzen Tag beschäftigt ist, schafft der der Bügelautomat in nicht mal einer halben Stunde. Das ist der Faktor Produktivität. Bügelautomaten fallen nicht vom Himmel, sie müssen konstruiert und gebaut werden. Sie lohnen sich erst ab einem bestimmten Volumen, doch wenn sie entwickelt sind, kann man genügend Armierungseisen produzieren, um massenhaft Autobahnbrücken oder Kanzlerämter zu bauen. Allerdings benötigt man nur endlich viele Autobahnbrücken und Kanzlerämter, folglich stehen irgendwann die Bügelautomaten still.

Wobei der begrenzende Faktor das Geld ist, unsere Volldemokraten würden zu gerne mehr Autobahnbrücken und Kanzlerämter bauen, doch sogar sie können einen Euro höchstens drei- bis fünfmal ausgeben. Leider ist schließlich die Belastungsgrenze der Demokratisierten erreicht. Die Menschen arbeiten gerne, zumal in Deutschland, wenn ihnen ein bißchen von dem bleibt, was sie mit dieser Arbeit geschaffen haben. Sie ernähren massenweise Ökoparasiten, finanzieren Krötenwanderwege und Gleichstellungsbeauftragte, kaufen den Volldemokraten Dienstwagen, bezahlen die Masseneinwanderung islamisierender Eroberer, schenken Europa und dem Rest der Welt sogar ihre Ersparnisse, solange genug übrig bleibt, um abends in Ruhe vor dem Fernseher zu sitzen und sich langweilige Talkshows mit genug Bier schön zu trinken. Sobald das nicht mehr gewährleistet ist, begehren selbst die Geduldigsten auf.

Und jetzt sind wir wirklich im Jahr 2012. Der dritte SPD-Kanzler hat die Hartz-Gesetze eingeführt, hat Leiharbeit gefördert, die Deutschland-AG aufgelöst und Volkseigentum verschleudert. Die darauffolgende Tunix-Kanzlerin hat erst mal die Steuern erhöht und anschließend unbeirrt fortgeführt, was für die meisten Deutschen immer weniger Anteil an ihrer Arbeit übrig läßt.

Der wichtigste Unterschied zu 1948 ist, daß wir heute Häuser, Kühlschränke und Waschmaschinen besitzen. In unseren Sparbüchern stehen Summen, die genausogut in Reichsmark ausgedrückt sein könnten. Allerdings dürfen wir dieses Geld in normalen Kaufhäusern ausgeben, wir müssen nicht auf den Schwarzmarkt. Wer schlau ist, wandelt Papier-Euros in Gold und Silber um, was die Kaufkraft erhält. 1948 mit den alten Reichsmark war das nicht so einfach. Letztlich sind diese Ersparnisse jedoch in das Perpetuum Mobile geflossen, sie fahren als Luxusautos durch Europas Bankrottstaaten.

Es besteht kein neuer Bedarf, es sei denn, man stachelt unsere zugewanderten Mitbürger dazu an, unsere Städte in Trümmer zu legen. Man könnte auch einen Krieg anfangen, oder eben weitere zwanzig Jahre Merkel weiterregieren lassen, das produziert genug Armut, Elend, Schlagloch-Straßen und Sanierungshäuser. Die Deutschen haben heute nicht das Einkommen und morgen nicht mehr die Ersparnisse, um neues Wachstum kaufen zu können. Der größte Teil der Welt ist überschuldet. Wir stehen zudem erst am Anfang der Krise, die diese Umstände beseitigen werden. Erinnern Sie sich an die Insel der Schafe? Jetzt ist sie kahlgefressen, die Schafe verhungern.

Blicken Sie nach Griechenland, nach Spanien und Italien. Dort finden Sie die am besten ausgebildete Generation aller Zeiten, sehr, sehr viele junge Akademiker, höchst qualifiziert – und arbeitslos. Zu viele Bügelautomaten, zu hohe Produktivität, Menschen als Arbeiter werden nicht mehr gebraucht. Das Wachstum ist an seine Grenzen gestoßen, die alten Wege versagen. Die Politiker, die heute den Mangel verwalten, versagen so, wie es die alten, erfahrenen Schafe auf der abgegrasten Insel tun würden. Das Irrsinns-Rezept, neues Geld zu drucken, ist gleichbedeutend mit dem Vorschlag, Heu auf die Schafsinsel zu bringen. Es würde das Problem für einige Zeit verringern, es jedoch nicht lösen. Das Chaos beim Zusammenbruch wird so weitaus größer, auf der Schafsinsel würden noch mehr Lämmer geboren, die ebenfalls verhungern.

Die Natur kennt nur begrenztes Wachstum, sie strebt ein Gleichgewicht an. Dies haben unsere Politiker, die Volldemokraten, außer Acht gelassen. Selbst die unfähigsten Politiker schaffen es, ein expandierendes Imperium in die Dekadenz zu regieren. England schickte die Unruhestifter und potentiellen Schwerverbrecher hinaus in die Welt, um das Britische Imperium aufzubauen. Die USA trieben ihre Überflüssigen zunächst nach Westen und später in die Weltkriege. Beides hatte den Vorteil, daß Mord und Totschlag fern der Heimat passierten. Ohne Beute, ohne ständige Ausplünderung fremder Länder, verkümmerte das gewaltige Rom, das großmächtige Britannien und jetzt verkümmert die unbesiegbare USA.

Die Bankster, die Hochfinanz, sind nicht die Wölfe in der Schafsherde, sondern bestenfalls die Hütehunde, die durch das, was aus den Schafen erwirtschaftet wurde, dick und fett gemästet worden sind. Sie sind sowohl Parasiten als auch Symptome der Dekadenz, weil sie den Niedergang der Herde beschleunigen. Die große Frage der Zukunft ist, ob sich ein Gleichgewicht erreichen läßt. Die Antwort ist nein, wenn man die heutige Mentalität ansetzt. Die Kultur der Gier in der Hochfinanz, das unablässige Zusammenraffen von allem, was irgendeinen Wert besitzt, führt in die Katastrophe. Die Unfähigkeit der Demokraten, die glauben, ihr Volk nur durch immer größere Bestechung und fortlaufende Umverteilung regieren zu können, führt ebenfalls in die Katastrophe.

Kohl, Schröder, Merkel und die anderen bekannten Politiker der BRD verdienen es, in einem Atemzug mit dem römischen Kaiser Nero genannt zu werden. Nero Claudius Caesar Augustus Germanicus war ein kunstsinniger und freigiebiger Mann, als er mit gefüllten Kassen seine Regierung angetreten hat. Seine schlechte Presse verdankt er der zweiten Phase seiner Regierung, als die Staatskassen leer geworden sind. Streichen wir den speziellen Haß der Christen, die Nero für ihre Propaganda mißbraucht haben, bleibt immer noch ein mörderischer Herrscher, der reiche Untertanen in den Selbstmord getrieben hat, um ihr Erbe einzustreichen. Unter den BRD-Kanzlern muß nicht wer reich ist früher sterben, sondern die Armen, an denen gespart wird. Rechnen wir die vernichtenden Lebensjahre, steht der alte Nero vermutlich besser da als fast alle der heutigen Demokraten.

Ist Gleichgewicht möglich? Im Mittelalter hat man es mit maximaler Regulierung versucht. Zünfte und Gilden bestimmten das bürgerliche Leben in den Städten, Adel, Klerus und Bauern bildeten die soziale Ordnung. Bei der Geburt waren Lebensweg und Karriere festgelegt, der Sohn eines Steinmetzes durfte kein Bäcker werden. Ein Seilergeselle mußte entweder den Betrieb seines Vaters erben oder sich einen eigenen Betrieb erheiraten, bevor er als Meister selbständig werden durfte. Bauern mußten auf ihrem Land bleiben, erst wer ein Jahr und einen Tag in einer Stadt gelebt hatte, war diesem Stand entronnen. Dann kam die Pest und mit ihr der Arbeitskräftemangel. Erst dadurch wurde die erstarrte Gesellschaft aufgebrochen.

Vielleicht sollten wir die Bücher lesen, die vor fünfzig Jahren oder länger das Jahr 2000 beschrieben haben. In den besseren Büchern wurde eine befreite Gesellschaft geschildert, in der nicht die Arbeit frei macht, sondern die Befreiung von Arbeit eine freie Gesellschaft ermöglicht. Ich spreche nicht von der 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich, ich spreche von der Acht-Stunden-Arbeitswoche.

Nein, ich bin nicht übergeschnappt, das hoffe ich wenigstens. Es gibt eine interessante Zahl: 20%. So viele Menschen, 20%, reichen aus, um alles zu produzieren, was sie und die übrigen 80% der Menschheit benötigen. Wie wir die 20% rekrutieren, können wir frei entscheiden. Die Aufteilung nach Volkszugehörigkeit würde durchaus funktionieren, das haben unsere Volldemokraten bereits wunderbar organisiert. Deutsche arbeiten 100%, versorgen jeden Zuwanderer und jeden anderen Europäer mit allem, was die so benötigen. 65 Millionen Deutsche arbeiten für 260 Millionen Miteuropäer, wenn wir die Briten aus der EU werfen, ist die ganze Brüsseler Verwaltungszone abgedeckt. Mit den Briten im Boot leisten wir noch ein paar Überstunden, dann geht das schon. Leider müssen dann ein paar Gleichstellungs- und Integrationsbeauftragte an die Fließbänder, aber im Dienst der guten Sache werden die Grüninnen das schon einsehen.

Wenn dieses Modell in Ihren Augen zu viel Ähnlichkeit mit der Gegenwart aufweist, ist das natürlich rein zufällig. Die andere Aufteilung ist die Reduzierung der Arbeitszeit auf 20%, also auf besagte Acht-Stunden-Arbeitswoche. Damit ergibt sich ein Problem, das unsere heutigen Mittel übersteigt: die Beschäftigung der Menschen in der gewonnenen Freizeit. Bisher haben unsere geliebten Volldemokraten nach dem Motto gehandelt, daß sie ihre Wähler dumm und die Bankster sie arm halten. Diese Fronknechtschaft fällt mit der Tonnen-Idiotologie des fortgesetzten Wachstums weg.

Wenn dank der Acht-Stunden-Woche nur noch ein Fünftel der Autos gebaut werden, muß niemand alle vier Jahre ein neues Auto abnehmen. Das heißt, das Auto ist schließlich bezahlt und der Käufer aus der Schuldknechtschaft befreit. Wenn Kühlschränke 30 Jahre halten, braucht niemand irgendwelche Werbestrategien entwickeln, um einem Haushalt den vierten Kühlschrank aufzuschwatzen, wenn viel weniger Kühlschränke produziert werden.

Wenn das arm halten nicht mehr funktioniert, wie steht es dann mit dem dumm? Es gibt da wunderbare, rein biologische Pflanzenprodukte, mit denen man die Zeit wunderbar totschlagen könnte. Unsere Soldaten in Afghanistan beschützen ja schon die Opium-Felder, Südamerika würde uns bereitwillig Kokain gegen Autos liefern. Das würde zugleich das Problem mit der Langlebigkeit der Menschen erfolgreich bekämpfen.

In besagten Büchern wird von Bildung und Kultur gesprochen. Da trifft es sich doch gut, daß wir so viele Akademiker in Europa haben. Unterschichtenfernsehen und Brauereiabfüllungen reichen nicht aus, um eine gebildeter und mündiger werdende Bevölkerung ruhig zu halten. Miserable Politiker fallen da leider in Ungnade, Caligula und Nero können kein Imperium mit mündigen Bürgern regieren. Die Römer haben es geschafft, von Vespasian bis Marc Aurel gute Herrscher auf den Thron zu setzen.

Wir haben zum ersten Mal in der Geschichte die Chance, auf völlig andere Weise zu wachsen. Dieses Wachstum läßt sich nicht in Prozent ausdrücken und es liefert auch keine zusätzlichen Steuer, die unsere Politiker verschwenden können. Eine befreite Menschheit, ledig der Dummheit und der Armut, erhebt sich geistig in neue Sphären. Unser biologischer Gattungsname lautet Homo sapiens sapiens. Das Homo, was nicht für sexuelle Aberration, sondern für Mensch steht, haben wir bewiesen. Das doppelte sapiens, für klug und weise, sollten wir uns endlich verdienen.

© Michael Winkler

Quelle: http://www.michaelwinkler.de/Pranger/Pranger.html

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Der Wachstums-Pranger
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