Der Anti-Terrorismus von Trump

von Thierry Meyssan (voltairenet)

Wenn die neue Anti-Terror-Strategie der USA auch nicht viel an diesem Kampf ändert, ändert sie jedoch grundsätzlich die Arbeitsrichtlinien des Pentagon und des Sekretariats für Homeland Security. Es ist nicht so sehr eine Rationalisierung dessen, was seit 2001 aufgebaut wurde, sondern eine Neudefinition der Aufgaben des Bundesstaates.

Das Weiße Haus hat am 4. Oktober 2018 die neue „nationale Strategie zur Bekämpfung des Terrorismus“ (National Strategy for Counterterrorism) veröffentlicht [1]. Dieses Dokument wird als ein Bruch mit dem dargestellt, was vorher auf diesem Gebiet gemacht wurde; der vorherige Text stammt aus der Obama-Administration, der im Jahr 2011 veröffentlicht wurde. In Wirklichkeit ist es ein Kompromiss zwischen Präsident Trump und dem Pentagon.

Präambel

Der Terrorismus ist eine Kampf-Methode, auf die Zurückzugreifen sich alle Armeen das Recht vorbehalten. Die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats machten während des Kalten Krieges davon alle gezielt Gebrauch.

Zu dieser Zeit konnten Terrorakte beispielsweise zwischenstaatliche Nachrichten sein, oder auch verdeckte Operationen, um einen Mitspieler zu behindern. Heute sind sie geläufig. Sie dienen nicht mehr als geheimer Dialog zwischen Staaten, sondern nur um Staaten zu schwächen.

Als Beispiel für unsere französischen Leser, erinnern wir, dass Präsident François Mitterrand während des Bürgerkriegs im Libanon das Attentat auf das Rekrutierungsbüro von Damaskus bestellte, bei dem 175 Menschen getötet wurden, als Vergeltung für die Ermordung des Botschafters von Frankreich in Beirut, Louis Delamarre. Oder noch einmal im Jahr 1985, als Präsident Mitterrand ein Greenpeace-Schiff, die Rainbow Warrior, im Hafen versenken ließ, was einen Toten forderte, mit der Begründung, dass seine Anwesenheit die Fortsetzung der französischen Atomtests im Pazifik behinderte.

Mehrdeutigkeiten

Drei Unklarheiten verbleiben dauerhaft in der US-Rhetorik seit 2001:

 Der Begriff des „Krieges gegen den Terror“ (GWOT), von George Bush Jr., hatte nie den geringsten Sinn. Das Wort „Terrorismus“ bezeichnet nicht einen Feind, sondern eine Kampfmethode. Der „Krieg gegen den Terrorismus“ hat also nicht mehr Sinn, als der „Krieg gegen den Krieg“. Es ging in der Tat nur darum, zu verkünden, was Donald Rumsfeld den „endlosen Krieg“ nannte: d.h. die Strategie von Admiral Arthur Cebrowski der Zerstörung der staatlichen Strukturen jener Länder, die mit der Weltwirtschaft nicht verbunden sind.

 Die Entwicklung der muslimischen Organisationen, die Terrorismus praktizieren, stützt sich auf eine Ideologie, die des politischen Islams, die von der Muslimbruderschaft verteidigt und propagiert wird. Gleichzeitig wird eine Variante dieser Ideologie durch einige iranische Strömungen verbreitet, selbst wenn sie aber nur selten vom Terrorismus Gebrauch machen. Es nützt absolut nichts, gegen das Symptom (die Vermehrung der Terroranschläge) zu kämpfen, ohne die Krankheit (den politischen Islam) zu bekämpfen.

 Das Wort „Terrorismus“ ist abwertend geworden. Es wird häufig für Organisationen verwendet, die diese Kampfmethode nur in Ausnahmefällen anwenden, und die das Weiße Haus ja nur dämonisieren will (z.B. die Hisbollah).

Die Entwicklung des Anti-Terrorismus

 Von Präsident Bush Jr. nach den Anschlägen vom 11. September 2001 gestartet, hat der globale Krieg gegen den Terrorismus seinen angegebenen Zweck nicht erreicht. Im Gegenteil, die Zahl der Terroranschläge ist enorm angestiegen. Dieses ganze Theater war nur ein Vorwand für die weit verbreitete Überwachung der US-Bürger (Patriot Act und Schaffung des Sekretariats für Homeland Security) und um die Angriffskriege (Afghanistan, Irak) zu rechtfertigen.

 Präsident Obama hat dieses System neu gestaltet. Er hat bestimmten Praktiken (z. B. Anwendung von Folter) ein Ende gesetzt und nicht diese Rhetorik zur Rechtfertigung der Aggressionen gegen Libyen und Syrien verwendet. Er hat die Kontroverse über die Anschläge vom 11. September begraben, hat den Patriot Act beibehalten und die Agenturen zur Überwachung der Bevölkerung weiter entwickelt. Er hat den Krieg gegen den Terrorismus nur erwähnt, um ein umfassendes System hauptsächlich durch Drohnen ausgeführter, gezielter Tötungen zu erstellen. Zur gleichen Zeit hat er den „Tod“ von Osama Bin Laden inszeniert, um dessen Gefährten wieder in den ursprünglichen Apparat der CIA einzugliedern. Er stützte sich daher bei den Boden-Operationen in Libyen und Syrien auf Al-Kaida. Letztlich unterstützte er die Schaffung eines Kalifats beiderseits der Syrien/Irak-Grenze, unter dem Vorwand, Daesch zu bekämpfen.

 Präsident Trump, der geplant hatte, der Verwendung des Terrorismus durch die Alliierten ein Ende zu setzen, war gezwungen, seine Ziele nach dem erzwungenen Rücktritt seines nationalen Sicherheitsberaters, General Michael T. Flynn, zu ändern. Schließlich hat er die Golfstaaten gezwungen, die Finanzierung der terroristischen Armeen einzustellen, hat dem Kalifat als Staat ein Ende gesetzt und hat den Kampf gegen den Terrorismus zu NATO-Aufgaben gemacht.





Die neue US-Anti-Terror-Strategie

Die neue US-Doktrin versucht das Ziel des America first! mit den Werkzeugen des Bundesstaates in Einklang zu bringen. Sie sieht daher vor, dass Washington von nun an nur Terrororganisationen bekämpfen wird, die seine Interessenssphären bedrohen. Sie umfasst aber „seine“ Interessen im weitesten Sinne, einschließlich Israels.

Um diese strategische Ausweitung zu rechtfertigen, erneuert die US-Doktrin die Rhetorik von Bush Jr. mit der Vorgabe der Notwendigkeit, die Vereinigten Staaten zu verteidigen, weil sie „die Avantgarde der Freiheit, Demokratie und der konstitutionellen Governance“ (SIC!) sind.

Präsident Trump bezeichnet daher als die zu bekämpfenden Organisationen:
 die Gruppen wie Al-Kaida, Daesch, Boko Haram, Tehrik-e-Taliban, Lashkar-e-Tayyiba, soweit sie weiterhin ihre Soldaten ermutigen, US-Interessen zu bedrohen;
 die Gruppen, die Israel widerstehen, (Iran, Hisbollah, Hamas);
 andere Extremisten (Neonazis der Bewegung des nordischen Widerstands) und der National Action Group, Sikhs von Babbar Khalsa, ja sogar Anhänger des Speziesismus.

Es ist niemandem entgangen, dass die Bereitstellung von Muslim- und Sikh-Gruppen in Pakistan wahrscheinlich zur Vorbereitung einer Operation gehört, um dieses Land zu destabilisieren. Nach Daesch in Palmyra, den Nazis in der Ukraine und der „Revolution“ in Nicaragua, könnte Pakistan der vierte Ort der Störung des chinesischen Projektes der „Neuen Seidenstraße“ sein.

Die Prioritäten

Der Rest der neuen Strategie ist die Erklärung der zu treffenden Maßnahmen. Präsident Trump gibt unumwunden zu, dass die Vereinigten Staaten nicht alles auf einmal machen können und definiert daher seine „Prioritäten“; eine elegante Art und Weise zu erklären, was man nicht mehr machen soll.

Es sei darauf hingewiesen, dass Präsident Trump die Inhaftierung von Dschihadisten im Namen des Kriegsrechts gutheißt; eine Festnahme, die lebenslänglich sein könnte, angesichts der Unmöglichkeit, diesen Krieg innerhalb einer angemessenen Frist zu beenden.

Die drei großen Neuerungen sind:

 Der intern in den Vereinigten Staaten konzipierte Apparat der Überwachung der Einreise und das Auflisten von Verdächtigen, sollte auf alle alliierten Länder ausgedehnt werden. Das „America first!“ bedeutet nicht „die USA allein“ Ob es dem Weißen Haus gefällt oder nicht, das Pentagon versucht, das „Amerikanische Empire“ wiederherzustellen, indem es vorgibt, den Kampf gegen den Terrorismus zu koordinieren.

 Wenn es auch bis heute eine Propaganda gegeben hat, um gegen die Rekrutierung von neuen Dschihadisten zu kämpfen, dürfen das Pentagon und das Homeland Security Sekretariat daraus eine Staatsideologie machen, um die gesamte Gesellschaft zu mobilisieren. Der Anti-Terrorismus wird voraussichtlich das werden, was der Anti-Kommunismus zur Zeit des Senators Joseph McCarthy war.

 Während das Pentagon die als „Terroristen“ beschriebenen Gruppen bekämpfte, wird es jetzt erwägen, dass es nicht alle Attentate auf seinem Boden verhindern kann. Es wird daher ein Programm zur Behebung der Schäden entwickeln. Das ist ein kompletter Gesinnungswandel. Bis jetzt hat kein Feind jemals den US-Boden betreten und die US-Armeen sind in der ganzen Welt stationiert, das Gesetz von Washington zu verhängen. Das Pentagon beginnt sich selbst als eine Kraft zu sehen, die das Hoheitsgebiet verteidigt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass diese neue nationale Strategie gegen den Terrorismus weit von den von Donald Trump und Michael T. Flynn während des Wahlkampfes gemachten Analysen entfernt ist. Sie wird nur wenig Einfluss auf diesem Gebiet haben. Ihre Nützlichkeit wird man woanders erkennen müssen: der Präsident richtet Schritt für Schritt den staatlichen Sicherheitsapparat der USA neu aus. Wenn er angewandt wird, wird dieser Text tief greifende Auswirkungen auf lange Sicht haben. Er ist Teil des Willens, die imperialistischen Kräfte in Organe der Landesverteidigung zu verwandeln.

Thierry Meyssan

Übersetzung
Horst Frohlich
Korrekturlesen : Werner Leuthäusser

[1] National Strategy for Counterterrorism, The White House, October 2018.

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