Merkel bekommt Gegenwind

Merkels „Meilenstein“ wackelt

Frontalattacke auf den Fiskalpakt – jetzt wird’s ernst

Die frühere Bundesjustizministerin Däubler-Gmelin will den Fiskalpakt und den neuen Euro-Rettungsschirm ESM zu Fall bringen. Sie hat Klage vorm Bundesverfassungsgericht eingereicht, weil das Haushaltsrecht des Parlaments ausgehebelt werde. Damit wird nun auch Deutschland zum Wackelkandidaten für Merkels „europapolitischen Meilenstein“. In Frankreich und Irland warten bereits die nächsten Hürden.

Kritik ja, Klagen nein: So lässt sich die Reaktion der meisten EU-Staaten auf die neuen „Instrumente“ zur Euro-Rettung zusammenfassen. Zwar gibt es in Ländern wie Irland und Frankreich sowie im Europaparlament zum Teil erhebliche Vorbehalte gegen den Fiskalapkt und den neuen Rettungsschirm ESM. Eine gerichtliche Überprüfung wie in Deutschland ist dort bisher jedoch nicht geplant.

Das ist erstaunlich, denn auch EU-Juristen sehen die neuen Reformen durchaus skeptisch. Bevor der Fiskalpakt im Dezember aus der Taufe gehoben wurde, stritten die Brüsseler Experten mit mehreren Rechtsgutachten über den richtigen Weg. Einen Pakt neben der EU zu gründen, hielt zunächst sogar Ratspräsident Van Rompuy für unzulässig.

Doch Bundeskanzlerin Merkel und Frankreichs Staatschef Sarkozy schoben die Bedenken beiseite – und setzten sich durch. In Brüssel wagten es danach nur noch die Grünen im Europaparlament, Zweifel am Fiskalpakt anzumelden. Sie beauftragten den Europarechtler Ingolf Pernice mit einem Gutachten, in dem dieser zu dem Schluss kam, dass Teile des Pakts nicht mit EU-Recht vereinbar seien (der Text steht hier).

Zu einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof konnten sich die Grünen jedoch nicht durchringen. Die Hoffnungen der Kritiker des „deutschen Pakts“ ruhen daher vor allem auf dem französischen Präsidentschaftskandidaten Hollande. Der Sozialist will den Fiskalpakt „nachverhandeln“, um eine Wachstumskomponente hinzuzufügen.

Allerdings ist unklar, ob er im Falle eines Wahlsieges tatsächlich die Konfrontation mit Merkel suchen würde – oder ob er sich mit einem einfachen Zusatzprotokoll zur Wachstumspolitik begnügt. Zum Teil hängt dies wohl auch von den deutschen Sozialdemokraten ab. Nur wenn die SPD sich hinter Hollande stellt und die Raftifizierung des Fiskalpakts im Bundestag aufschiebt, dürfte genug Druck entstehen, um Merkel einen Kompromiss abzuringen (siehe „Hollande und die drei ???“).

Völlig anders ist die Lage in Irland. Dort hat die Regierung am 31. Mai ein Referendum zum Fiskalpakt angesetzt. Sie folgte damit einer Empfehlung des Generalstaatsanwaltes, der in dem Pakt einen Eingriff in die nationale Souveränität sieht – und für solche Fälle fordert die irische Verfassung eine Volksabstimmung. Deren Ausgang ist bisher völlig ungewiß. Zwar liegen derzeit die Befürworter mit 40 Prozent der Stimmen vor den Nein-Sagern (30 Prozent) – doch das kann sich schnell ändern.

Ein Nein aus Dublin würde den Fiskalpakt allerdings nicht zu Fall bringen. Denn es müssen nur zwölf von 17 Euro-Staaten zustimmen, damit er in Kraft tritt. Für Irland hätte die Ablehnung hingegen ernste Konsequenzen: Es könnte keine Hilfe mehr aus dem neuen Rettungsschirm ESM beantragen, da diese Hilfe an die Ratifizierung des Fiskalpakts gebunden ist.

Die Iren würden sich also selbst ins Bein schießen und könnten am Ende sogar in die Staatspleite rutschen. Dies wiederum würde die gesamte Euro-Rettung gefährden. In Brüssel und Berlin hofft man daher auf ein „Yes“ aus Dublin – andernfalls käme das gesamte Reformwerk in Gefahr…

Quelle: Lost in EUrope

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