ESM – ein «Ermächtigungsgesetz»

ESM – ein «Ermächtigungsgesetz»

Von Werner Furrer, dipl. Mathematiker und Sachbuch-Autor, Basel

Die Transfer-Zahlungen der EU aus dem «Struktur-», dem «Kohäsions-» und dem «Sozial-Fonds» an die südeuropäischen Länder wirkten wie Drogen, welche die Ausgabensucht solcher Staaten ins Unermessliche steigerten.

Ermuntert durch unselige EU-Gesetze, gewährten die Banken unbesehen Kredite an Staaten, die nach allen Regeln einer seriösen Buchhaltung längst pleite waren.

Nachdem die Banken sich vor einigen Jahren mit gigantischen Abenteuern auf anderen Märkten verspekuliert hatten und selber an den Rand des Abgrunds geraten waren, sollten die Staaten nun direkt neue Kredite beschaffen oder mindestens für diese haften. Streng genommen nur ein Staat – Deutschland.

Konzept ESM

Das Konzept nennt sich ESM, «Europäischer Stabilitäts-Mechanismus», und ist die vergleichsweise gemässigte Variante noch weiter führender Zumutungen, welche die deutsche Kanzlerin Angela Merkel vorläufig abgewehrt hat.

Der Polit-Jargon verschleiert in bekannter Weise die Tatsachen, denn beim ESM handelt es sich um eine Bank mit absoluten Vollmachten, die den Konkurs maroder Staaten durch neues Geld hinauszögert.

Deutschland soll diese Bank finanzieren. Weil der deutsche Staat dieses Geld jedoch auch nicht hat, muss das Land selber Kredite aufnehmen, für die es dann beim dereinst unvermeidlichen Konkurs der extrem verschuldeten Staaten haftet.

Hinter der vom verschleiernden Polit-Jargon manchmal «Rettungs-Schirm» genannten Bezeichnung steckt ein unfreiwillig ironisches Bekenntnis zur Wahrheit. Die Politiker möchten sich damit selber retten; vor der unvermeidlichen Wut des Volkes, welche aufbrechen wird, wenn die Steuerzahler erst einmal herausgefunden haben, wem sie den ganzen Schlamassel zu verdanken haben.

Von solchen «Schirmen» gibt es inzwischen eine unübersichtliche Anzahl, u.a. einen für spanische Banken, die sich mit Spekulationen verzockt haben.

Überfordertes Deutschland

Begründet werden die durch einen Chor dienstbeflissener Politiker im eigenen Land unterstützten Forderungen an Deutschland damit, die deutsche Wirtschaft habe am meisten vom Euro «profitiert». Die Wahrheit ist: Deutschland hätte sich – genauso wie andere Länder –in einem nicht durch den Euro und durch die EU-Gesetzgebung verzerrten Wettbewerb nachhaltiger entwickeln können.

Mit der Einführung des Euro musste der deutsche Staat und die Wirtschaft höhere Zinsen zahlen, aber vor allem ist auch Deutschland mit den ihm abverlangten Leistungen überfordert.

In der Euro-Zone finanzieren Länder mit einem maroden Staatshaushalt inzwischen einen Teil der laufenden Ausgaben über Kredite, während solche in einem seriösen System nur für Investitionen verwendet werden dürften. Indirekt begleicht Deutschland laufend solche Ausgaben, insbesondere in Griechenland, und macht sich bei den Empfängern obendrein verhasst, weil das Land nicht noch mehr zahlt.

Dabei wird die Katastrophe um so heftiger sein, je länger der überfällige Konkurs verschleppt wird. Für Privatpersonen in der Wirtschaft wäre analoges Verhalten eine schwere Straftat.

Ende Juni hat das deutsche Parlament mit einer Mehrheit von zwei Dritteln dem «Gesetzespaket zur Schaffung einer Stabilitätsunion» mit dem üblichen Pathos selbsternannter Weltretter zugestimmt und dabei in skandalöser Weise seine Pflichten verletzt. Mit seinem Entscheid hat die gesetzgebende Behörde massgebende Kompetenzen und Pflichten über den Bundeshausalt an eine aussenstehende Instanz übertragen. Die Solidaritätsvereinbarungen des Maastrichter Vertrags wurden hinterher als blosses Täuschungsmanöver entlarvt.

Die deutsche Staats-Verschuldung ist inzwischen auf über 80 Prozent des Bruttoinlandprodukts angestiegen, statt der erlaubten 60 Prozent.

Ermächtigungsgesetz

Politiker und Medien haben es bis jetzt vermieden, das Kind beim Namen zu nennen. Es handelt sich bei diesem Beschluss um ein «Ermächtigungsgesetz»unseligsten Angedenkens, mit einer Ermächtigung nicht für alle Belange des Landes, jedoch für die zentralen.

Das Handeln jener Politiker, die den antidemokratischen Ukas erzwungen haben und dabei in gewohnter Manier Andersdenkende verunglimpften, gleicht dem Handeln der Zentrumspartei anlässlich der Machtergreifung Hitlers beim Untergang der Weimarer Republik. Aussenstehende beobachten entsetzt, wie leichtfertig die Granden der deutschen Politik die Mahnungen ihrer Geschichte missachten.

Wenigstens sind uns vom Volk der Dichter und Denker genügend Sentenzen überliefert, mittels welcher sich die Ereignisse treffend kommentieren lassen. So etwa jene von Heinrich Heine, die da lautet:

«Denk ich an Deutschland in der Nacht, werd ich um den Schlaf gebracht.»

Oder von Goethes Mephisto:

«Den Teufel spürt das Völkchen nie und wenn er sie beim Kragen hätte».

Partei klarer Ansagen gesucht

Nur ein paar aufrechte Demokraten haben sich gegen das neue Ermächtigungsgesetz gewehrt und als letztes Mittel eine Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht eingereicht.

Das politische Establishment antwortete umgehend mit einer Kampagne von Drohungen und Nötigungs-Versuchen gegen das von Gesetzes wegen unabhängige Gericht.

Man vermisst in Deutschland schmerzhaft eine ehrlich demokratisch gesinnte, liberal-nationale Partei, die sich traut, die legitimen Interessen des eigenen Landes zu vertreten und dabei letztlich die ausgewogenen Interessen aller beteiligten Staaten. Das wäre die Partei der klaren Ansagen. Die EU hätte die Aufgaben einer Dienstleistungs-Agentur und nicht die einer supranationalen Herrschaft. Andernfalls geht es auch ohne sie.

Werner Furrer

Quelle: schweizerzeit

 

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