Neuer Rundfunkbeitrag: Nichts für Vulkanier

von Axel B.C. Krauss

Ist die neue Abzwackprämie zeitgemäß?

Kaum hatte der „Focus“ einen deftigen Artikel zum Thema Rundfunkgebühren veröffentlicht – Titel: „So verschleudern ARD und ZDF 7,5 Milliarden Euro“ – antwortete die ARD prompt, indem sie auf ihrer Website eine Erwiderung veröffentlichte. Darin warf man dem „Focus“ vor, unsachlich zu argumentieren und mit falschem Zahlenmaterial hantiert zu haben.

Mag sein, dass der „Focus“-Artikel es sich ein wenig zu einfach machte oder manche Zusammenhänge, wie von der ARD behauptet, stark verkürzt wiedergab. Richtig ist auch, dass die Öffentlich-rechtlichen nun auch nicht so schlecht sind, wie sie regelmäßig geredet werden. Man kann, wie die ARD, sich auch gerne lange und ausgiebig über die richtige Interpretation umfangreichen Zahlenmaterials, über Quoten, Umsätze, Marktanteile oder aus dem Kontext gerissene Aussagen von ARD- oder ZDF-Chefkellnern kabbeln. Das Problem liegt aber woanders: Es gibt auch im Bereich der privat beschwingten Ätherwellen durchaus Qualität und Vielfalt – und das ganz ohne ein Zwangsgebührensystem, das – angeblich – journalistische Unabhängigkeit sowie Überparteilichkeit beziehungsweise politische Freiräume, hohe Standards und ein breitestmögliches Themenspektrum durch eine von Wettbewerbsdruck und Marktmechanismen befreite Finanzierungsgrundlage bereit- und sicherstellen soll. In umgekehrter Fragerichtung: Sind die Anbieter privat betriebener Radio- und Fernsehprogramme denn tatsächlich durchweg so schlecht, wie sie von den Apologeten des GEZwungenenfunks regelmäßig geredet wurden und werden?

Mitnichten. Vor allem im „Allerheiligsten“ des TV-Journalismus, dem Nachrichtensektor, müssen die Öffentlich-rechtlichen erst noch den Nachweis erbringen, die heutige private Konkurrenz sei ihnen unterlegen oder gar um Welten schlechter. Dieses Argument ist eigentlich längst entkräftet. Dasselbe gilt für die Unterhaltung: Der Staatsfunk kann den Privaten ja gerne vorwerfen, Formate wie Big Brother oder das Dschungelcamp verbrochen  zu haben, sollte mit Blick auf Rosamunde-Pilcher-Verfilmungen, den einen oder anderen ideologisch stark gefärbten Tatort oder manches hochnotpeinliche Plagiat von Showformaten der Konkurrenz diesen Vorwurf aber lieber in gedämpftem Tonfall vorbringen. Stellt Galileo wirklich keine Herausforderung für Wissenschaftssendungen des ZDF dar? Waren die lustigen Geschichtsbildchen zum Sammeln und Einkleben von Guido Knoppers, dem Historiker-Frühstückchen, tatsächlich das Maß aller bildungsauftragsgerechten Dinge?  Halten Talkshows bei den Privaten einem Vergleich mit den Quasselstriplokalen der veröffentlicht-meinungshygienischen Konsenskarussellbetreiber wirklich nicht stand? Können eigenproduzierte Spielfilme der Pro7/Sat.1-Gruppe gegen die Konkurrenz der staatlich garantierten Filmförderung niemals anstinken?

Kurz und gut und ohne Leser mit endlosen Listen an sowohl Negativ- als auch Positivbeispielen auf beiden Seiten zu langweilen: Bei der Vorstellung, die von der staatlich erhobenen Abzwackprämie erleuchteten Informations- und Bildungsbeauftragten thronten qualitativ meilenweit über einem dumpf-dusselig vor sich hin vegetierenden Privatsektor, der seinen Verstand im Quotensuff ertränkt habe, handelt es sich doch wohl eher um ein Zerrbild. Die Frage nach der Legitimation einer staatlicherseits erhobenen Rundfunkabgabe stellt sich daher völlig zu Recht immer lauter. Denn wenn es doch keinen deutlichen Qualitätsvorsprung der Erstreihensitzer oder Zweitbesserseher mehr gegenüber den privatwirtschaftlich Betriebenen gibt  – wozu dann noch Zwangsgebühren für Erstere? Für eine „politische Unabhängigkeit“ oder „Neutralität“, die sich bei näherem Hinsehen als Phantom einer komischen Seifenoper entpuppt? Wer, wie Jörg Schönenborn, Chefredakteur Fernsehen des WDR, behauptet, die neue Rundfunksteuer – denn genau darum handelt es sich strenggenommen, es ist eine Steuer, die pro Haushalt erhoben wird, unabhängig von Gerätebesitz und persönlichem Konsum der entsprechenden Programmangebote – sei eine „Demokratie-Abgabe“, muss den Zuschauern dann aber auch erklären können, warum jährlich mehr als 7.000 Millionen Euro zur Sicherung der Demokratie ganz undemokratisch per Zwangseintreibung erhoben werden müssen. Herrje, das sind ja schon Brüsseler Verhältnisse. Hatte Juncker vielleicht doch recht? Müssen Zuschauer zu ihrem Glück etwa GEZwungen werden? Bräche die Republik sofort zusammen, stürbe die Meinungsvielfalt, gäbe es kein ArdzdfIV mehr? Scheitert der Rundfunkbeitrag, scheitert die Demokratie? „Faszinierend“ gähnt Spock und widmet sich wieder ernsthaften Fragestellungen.

Der Fairness halber soll an dieser Stelle nicht verschwiegen werden, dass der neue Beitrag aber auch etwas Gutes hat:  Ab Januar dieses Jahres trägt jeder Haushalt in Deutschland durch seinen Rundfunksoli dazu bei, die erschreckende soziale Not und bittere Armut von Hollywoodstars zu lindern. So können sie sich Flugtickets leisten, um bei Lanz vorzusprechen und unter Tränen um Almosen zu bitten. Dasselbe gilt für Powertalker, die für die Strapazen allwöchentlicher einstündiger, ihre Kräfte bis zur Grenze der totalen Erschöpfung aufzehrender  Hardcore-Diskussionen zehnmal höhere Jahresgehälter beziehen als ein Herzchirurg. Was kann der denn schon.

Igitt, Neidpopulismus? Keineswegs, schließlich soll es doch – Schönenborn zufolge – um gesellschaftliche Solidarität gehen. Da wird man wohl noch Fragen nach der Verhältnismäßigkeit von Gehältern mit Blick auf die erbrachte Leistung stellen dürfen, erst recht, wenn diese sich aus Geldern speisen, die unter Androhung von Strafe bei Nichtbezahlung eingetrieben werden. Man stelle sich zur Verdeutlichung einfach folgendes Beispiel aus der Gastronomie vor: Einem Imbissbudenbetreiber gelingt es, über gute Beziehungen zum Bundeskanzlum (um Streitigkeiten über den richtigen Artikel aus dem Weg zu gehen, sei hiermit die geschlechtergerechtigkeitsgerechte, neutrale Schreibweise dieses hohen Amtes eingeführt ) alle Haushalte in Deutschland zu zwingen, seine Currywürste und Fritten auch dann bezahlen zu müssen, wenn sie die gar nicht fressen wollen. Gerecht? Solidarisch? Demokratisch?

Der – auf gut Deutsch – „Scheißesturm“, der daraufhin auf Herrn Schönenborn herniederregnete, kam also nicht aus dem Nirgendwo. Vor allem, wenn man seine Äußerungen über Kritiker im Internet hinzuzieht: Diese, so der Elitejournalist des WDR, bögen sich die Welt gerade so zurecht, widde widde wie sie ihnen gefällt. Und bei den Veröffentlicht-stromlinienförmigen gibt’s das nicht? Noch nie ein bisschen zurechtgebogen? Nie ein wenig geflunkert? Nix unterschlagen? Sich nie zu Hofberichterstattern der herrschenden politischen Kaste gemacht? Ganz sicher? Ja Moment, sowas passiert den Privaten ja auch hin und wieder. Schon. Aber zu denen wird niemand gezwungen.

Quelle: ef-magazin

 

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