Ist die Euro-Krise denn schon vorbei?

Quelle: (Fortunanetz)

Die Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen sind vorüber. Weitere Wahlen stehen in diesem Jahr nicht mehr an. Die etablierten Parteien lecken ihre Wunden. Und nach außen hin wird so getan, als sei nichts geschehen. Jeweils haben „Die Grünen“, „Die Linke“, SPD oder CDU/CSU gewonnen, die AfD aber nicht… Und Merkel geht dazu über die AfD zu bekämpfen, indem sie als Lösung „bessere Regierungsarbeit“ ankündigt.

Es soll aber nicht wie noch bei Johann Gottlieb Fichte, alles „schöner und besser werden“, es soll vielmehr alles so bleiben wie es ist. Änderungen sind nicht angedacht, auch dann nicht, wenn sie dringend nötig sind. Die Politik des „weiter so“ provoziert den Widerspruch und das obwohl alles nach außen hin so aussieht, als wäre die Euro-Krise längstens schon vorbei.

Doch der Eindruck, den sich der Bürger aufgrund der Nachrichtenlage macht, täuscht gewaltig. Vielmehr gelingt es nur mit Hilfsmaßnahmen zum Schaden der Bürger, den von Merkel eingeschlagenen Kurs beizubehalten und diesen soweit klein zu reden und klein zu schreiben, dass sich die Mehrheit der Bundesbürger immer noch nicht daran reibt und rebelliert.

Doch schauen wir uns einmal genau an, was bisher geschehen ist:

Der Euro wurde auf der Basis von Verträgen eingeführt die seine Stabilität sicher stellen sollten. Dazu gehörte eine vertraglich fixierte Abmachung, dass kein Staat der Eurozone für die Schulden eines anderen Staates einstehen dürfe. Damit sollte vermieden werden, dass einzelne Staaten auf Kosten aller anderen Staaten Schulden machen. Darüber hinaus wurden Stabilitätskriterien vereinbart, die einen stabilen Staatshaushalt garantieren sollten, sozusagen Messkriterien, ob ein Staat zu einem stabilen Euro beiträgt oder nicht. Wie wir wissen, ist heute das Verbot, dass Mitgliedsstaaten der Eurozone nicht für die Schulden anderer Mitgliedsstaaten einstehen sollen, durch den ESM und weitere Institutionen außer Kraft gesetzt. Die Stabilitätskriterien werden von der Mehrzahl der Eurostaaten nicht eingehalten, weder was die Staatsschuldenquote von 60 Prozent anbetrifft noch was die erlaubte jährliche Neuverschuldung von 3 Prozent anbetrifft. Alle diese Vertragstexte sind seit Ausbruch der Krise 2008/2009 dauerhaft verletzt!

Der derzeitige Zustand wird dadurch begründet, dass für den Zeitraum bis zur „Normalisierung“ eine Eurorettung betrieben werden soll, die eben diese Vertragsverletzungen zulässt und vor allem eine Transfer- und Haftungsunion etabliert, um den Euro „zu retten“. Dabei stand seit 2009 der Plan im Raum, die Eurostaaten müssten durch einen Stabilitätspakt die Neuverschuldung drücken und am Ende würde wieder die Einhaltung der Stabilitätskriterien und des bail-out Verbotes erreicht sein. Die EU und hier insbesondere Frau Merkel und ihre Regierung, propagieren also eine Transfer- und Haftungsunion, die vor allem mit Hilfe von Sparmaßnahmen den ursprünglichen Zustand wieder herstellen soll. Das ist der Plan!

Nun zur Realität!

Der Stabilitätspakt ist schon jetzt tot! Wie zu erwarten war, halten sich die hochverschuldeten Länder nicht an den Stabilitätspakt. Sparen in der Krise war für die, die überschuldet sind, noch nie ein probates Mittel, weil es dazu führt, dass die letzten Umsätze die man noch hat, auch noch weg gespart werden. Ein hoch verschuldetes Land wie Spanien hat zuerst versucht, durch hohe Steuern eine ausufernde Staatsverschuldung einzudämmen – ganz so wie es im Stabilitätspakt verlangt wird. Der Preis war ein zusammen gebrochener Binnenmarkt mit hoher Arbeitslosigkeit. Das führt natürlich über kurz oder lang zu geringeren Steuereinnahmen weil das Bruttoinlandsprodukt längerfristig zurück geht. Es machte sich die Einsicht in Spanien breit, dass sparen in der Krise die Krise nur verschärft statt verbessert. Und deshalb ging Spanien zur Mitte 2014 dazu über die Lohnsteuer zu senken. Damit nimmt der Staat Steuerausfälle hin. In der Folge soll dadurch der Binnenmarkt angekurbelt, die Arbeitslosigkeit gesenkt und die Not gelindert werden. Anschließend soll der Staat durch ein wachsendes BIP wieder an wachsenden Steuereinnahmen partizipieren und damit die Schuldenstände vermindern.

Allerdings will der spanische Staat aber doch nicht auf Einnahmen verzichten und da er nicht sparen kann oder will (oder beides), vergreift er sich lieber am angesparten Vermögen seiner Bürger mit Hilfe einer Sparersteuer, die auch noch rückwirkend in Kraft tritt. Unterm Strich strebt Spanien an, die Stabilitätskriterien zu erreichen indem sich das Land an den Sparguthaben vergreift und für den Konsum Steuern erlässt.

Dass das keine „Stabilitätskultur“ ist oder sein kann ist klar. Denn nun sind die Sparer verunsichert und wollen nicht mehr sparen. Das wiederum zerstört jeden Anreiz zu Leistung. Heraus kommt am Ende womöglich der Wunsch zu konsumieren ohne Leistung erbringen zu wollen, weil Letzteres ja bestraft wird.

Auch in Griechenland sieht man dieses Verhalten. Auch dieses Land ist – mehr als jedes andere Land – hoch verschuldet. Noch vor kurzem hatte es einen Schuldenschnitt zum Nachteil der Gläubiger des griechischen Staates. Es verzeichnete bis Ende 2013 ein Primärdefizit. Der griechische Staat hatte weniger laufende Einnahmen wie laufende Staatsausgaben. Laufende Ausgaben des Staates wurden mit EU-Hilfsgeldern bezahlt. Und doch denkt es schon jetzt, kaum dass es einmal sein Primärdefizit überwunden hat, über Steuererleichterungen nach, weil die sehr harte Sparpolitik der vergangenen Jahre den Staat als einen der wichtigsten Nachfrager wirtschaftlicher Leistungen ausfallen ließ.

In Portugal zeigte sich wieder einmal, wie schwach das europäische Finanzsystem da steht. Aus den EU-Rettungsschirmen floss Geld an eine portugiesische Bank. Dabei wurde wie 2009 und 2010 das gesamte „Set“ an Maßnahmen eingeleitet um die Bank zu „retten“. Eine sogenannte Bad Bank wurde gegründet (Commerzbank und Hypo-Vereinsbank lassen grüßen!) und die ursprüngliche Bank, befreit von den schlechten Papieren die ihre Bilanz so sehr belasteten, dann mit öffentlichen Geldern „gerettet“. Alle rufen Hurra! Es darf weiter gehen wie gehabt!

Auch in Frankreich knirscht es im Gebälk. Präsident Hollande versuchte eine Sparpolitik durchzudrücken – ganz im Sinne des Stabilitätspaktes. Das Ergebnis ist ein gescheiterte Regierung, die nicht mehr „wollte“.

Und welches „bessere Regierungshandeln“ praktizierte Frau Merkel zu dieser Zeit? Sie pochte auf der Einhaltung des Stabilitätspaktes und beeilte sich gleichzeitig zu versichern, dass natürlich Staaten mit hohen Defiziten mehr Zeit zum Abbau desselben gegeben werden könnten. Dabei berücksichtigt Frau Merkel offensichtlich nicht, dass bisher gar nichts abgebaut wurde – im Gegenteil: Die Schuldenberge der Staaten sind gewachsen! Aber das ficht Frau Merkel ja nicht an. Sie lebt offensichtlich nach dem alten Spruch aus der Studentenbewegung: Wenn die Theorie und die Realität nicht zueinander passen, um so schlimmer für die Realität. Auf jeden Fall besteht sie, ganz dieser Tradition verhaftet, auf der Aufrechterhaltung der Theorie!

Auch Siggi „Pop“ Gabriel assistiert ihr da fleißig und pocht auf eine flexiblere Auslegung der Stabilitätskriterien….

Man kann also angesichts der Faktenlage wirklich sagen, dass von einer „Stabilitätskultur“ in der Eurozone nicht wirklich die Rede sein kann. Wir haben mittlerweile eine voll etablierte Transferunion plus einer gut etablierten Haftungsunion, bei der Bevölkerung, Steuerzahler und Sparer für die Schulden aller haften werden, und im Gegenzug dazu wird der Stabilitätspakt entweder nicht eingehalten oder so flexibel ausgelegt, dass nicht gespart werden wird.

Man kann zu der Idee, dass gespart werden muss, stehen wie man will. Aber sicher ist: Frau Merkel ist mit der von ihr propagierten Politik schon jetzt gescheitert. Eine „Alternative“ zur „alternativlosen Politik“ hat sie aber noch nicht formuliert und ein konkreter Politikwechsel ist weder angedeutet noch sichtbar. Wir warten also gespannt darauf, welches „bessere Regierungshandeln“ Frau Merkel uns präsentieren wird, um den Kritikern von der AfD contra zu geben. Die haben nämlich schon eine „Alternative“ zur Transfer- und Haftungsunion formuliert, hatten aber noch keine Gelegenheit diese auch umzusetzen. Frau Merkel aber hat noch keine Alternative zur Alternative ihrer gescheiterten Politik,

meint

Michael Obergfell

(Visited 9 times, 1 visits today)
Ist die Euro-Krise denn schon vorbei?
6 Stimmen, 5.00 durchschnittliche Bewertung (99% Ergebnis)

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*