Der Euro – unser Trojanisches Pferd

von Peter Weber (kritisches-netzwerk)

Wilfried Kahrs hatte vor geraumer Zeit einen Artikel mit der Überschrift „EUPOLY – Betrugssystem Euro“ im Kritischen Netzwerk veröffentlicht. Nach der EU-Wahl 2014 bleibt aufgrund der Mehrheits- und Machtverhältnisse zwar vorerst alles beim Alten, da die konservativen und die (quasi) sozialistischen bzw. sozialdemokratischen Kräfte immer noch über die absolute Mehrheit verfügen. Damit sind nach wie vor die Marionetten der Lobbyisten am Drücker, die den Status quo einer undemokratischen EU unter Inkraftsetzung neuer Handels- und Dienstleistungsabkommen (TTIP – Freihandelsabkommen + PTiSA – Plurilateral Trade in Services Agreement) zu einem wirtschaftsfeudalen System ausbauen wollen.

Aber rechtsradikale Parteien und andere EU-kritische bis –feindliche Gruppierungen haben vermehrt Fuß gefaßt, so daß die EU in den nächsten Jahren mit starkem Gegenwind rechnen muß. Der Euro, der von Beginn an eine Totgeburt war, weil er überhastet und teilweise in für dieses Währungssystem ungeeigneten Ländern eingeführt wurde, wird ebenfalls einer weiteren Zerreißprobe unterzogen werden.

Wer kennt nicht die griechische Sage vom Kampf um Troja und die Kriegslist des Odysseus, die Trojaner mit einem großartigen Geschenk, dem Trojanischen Pferd, zu übertölpeln und sie damit in den Untergang und die Zerstörung zu führen. Im Bauch des Pferdes waren Krieger versteckt, die im Schutz der Nacht die Tore öffneten und Troja zu Fall brachten. Es gibt sogar eine Version der Geschichte, die besagt, daß das hölzerne Pferd derartig überdimensioniert war, daß es nicht durch das Stadttor paßte. Die törichten Trojaner haben daraufhin in ihrer grenzenlosen Naivität sogar noch die Stadtmauern eingerissen, um das todbringende Geschenk zur Geltung zu bringen.

Ich finde, daß dieser antike Vergleich sehr gut auf den Euro anzuwenden ist. Die Bürger Europas waren ebenfalls arglos und leichtgläubig, sich auf das Eurogeschenk einzulassen, das uns von allen Parteien und Politikern wärmstens ans Herz gelegt wurde. Die vorgebrachten Argumente waren auch wirklich verlockend: Wohlstand, Wachstum, europäische Einigung, Stabilität, wirtschaftliche Hegemonie, Friede, Freude, Eierkuchen usw. Wer konnte da noch widerstehen? Die Vorteile, die die D-Mark uns erbracht hatte, wurden im Überschwang der Europa-Euphorie einfach verdrängt. Insbesondere hätte man aus den Fehlern, die bei der übereilten Einführung der D-Mark in den „neuen Bundesländern“ gemacht wurden, bei der Einführung des Euro bezüglich der wirtschaftlich schwächeren Staaten lernen können. Aber nein, auf Biegen und Brechen und gegen jegliche Vernunft wurde aufs falsche Pferd gesetzt.

Der Euro wurde am 1. Januar 2002 als Bargeld  in Deutschland eingeführt. Helmut Kohl war einer der maßgeblichsten Wegbereiter und Befürworter für den Euro, spielte also quasi die Rolle des Odysseus, wobei die anderen staatstragenden Parteien ihm jedoch kaum nachstanden. Wenn damals jemand den Euro mit dem Trojanischen Pferd verglichen hätte, wäre er ausgelacht worden. Auf diese Weise haben wir uns den Euro eingehandelt wie ein Kuckucksei, das uns von innen her aussaugt – oder wie die Termiten, die man sich im eigenen Haus aussetzt. Wilfried Kahrs nennt den Euro ein geplantes und systematisches Betrugssystem, das einer Umverteilung von unten nach oben Vorschub leistet. In seinem o. a. Artikel schreibt er dazu:

„Was heute gerne lapidar als Geburtsfehler oder kleinere noch auszumerzende Schwächen des Euro abgetan wird, sind am Ende fundamentale Eigenschaften und geplante Spielbedingungen, die der Erreichung klar definierter Ziele dienen. Genau diese Ziele münden in einer beabsichtigten massiven Umverteilung von unten nach oben, der weiteren ungerechtfertigten Bereicherung der Spielmacher. Wer in den letzten Jahren nur etwas aufgepasst hat, dem wird dieser Umstand nicht entgangen sein, der wird auch die Anzeichen gesehen haben.“

Jörg Asmussen, Mitglied im Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB) hat noch vor kurzem großspurig verkündet: „Der Euro ist das greifbare Zeichen der europäischen Integration.“ Natürlich rastet beim Appell an die Idee der europäischen Vereinigung und Völkerverständigung nach den kriegerischen Auseinandersetzungen der Vergangenheit der Verstand aus, und man gibt sich allzu gerne Träumereien hin. Der Trick hat funktioniert. In Wirklichkeit ist die EU keine Völkergemeinschaft, sondern ein Instrumentarium, wirtschaftliche Interessen und Hegemonien – insbesondere der starken EU-Länder – zu Lasten der eigenen Bevölkerung und ärmerer Drittländer durchzusetzen. Mit anderen Worten: Wirtschaft hat Vorfahrt vor sozialen Belangen.

Diese Tatsache kann man eindeutig am Einfluß der Lobbyisten in Brüssel erkennen. LobbyControl meldet zu diesem Thema:

„Schätzungsweise 20.000 Lobbyisten nehmen in Brüssel Einfluss auf die EU-Institutionen. Etwa 70 Prozent davon arbeiten für Unternehmen und Wirtschaftsverbände. Sie genießen privilegierte Zugänge zu den Kommissaren. Und sie überhäufen die Abgeordneten mit ihren Änderungsanträgen für Gesetzesvorlagen. Die europäische Demokratie läuft Gefahr, endgültig zugunsten eines wirtschaftsdominierten Europas ausgehöhlt zu werden.“

In den letzten Tagen haben wir im Kritischen Netzwerk anläßlich eines ARTE-Themenabends „Brüssel Business“ (Wer steuert die EU? – Die Macht der Lobbyisten) dieses Thema ebenfalls nochmals aufgegriffen. Die in Brüssel angesiedelten ca. 2.500 Lobby-Organisationen leisten ganze Arbeit, um ihren Einfluß ständig auszuweiten. Die deutsche Regierung um Angela Merkel, die sich ebenfalls zu Handlangern des Kapitals und der Lobbyisten hat degradieren lassen, arbeitet mit Vehemenz an der totalen Machtübernahme durch die Wirtschaftsfeudalisten. So warb die CDU noch im letzten Wahlkampf mit dem Slogan „Wachstum braucht Weitblick. Und einen stabilen Euro.“ Hier werden Aussagen getroffen, die nicht stimmig und bar jeder Vernunft sind. Es wird suggeriert, daß

  • Wachstum unerläßlich sei. Dabei pfeifen es die Spatzen schon längst von den Dächern, daß stetiges materielles, Ressourcen ausbeutendes Wachstum im Sinne von CDU, FDP, SPD und Konsorten paradox sowie selbstzerstörerisch ist.
  • Wachstumsphantasien mit Weitblick korrespondieren. Diese Art von „Weitblick“ steuert geradezu auf den Abgrund zu. Die Wachstumspropagandisten selbst sind reif für die Klapsmühle!
  • der Euro stabil sei, es bleibe und er für Wachstum und Wohlstand ein Garant bilde. Auch diese Behauptung entbehrt jeder Grundlage, und es handelt sich um ein Ammenmärchen, an das ein kritischer Erwachsener nicht mehr glauben sollte. Das Eurosystem ist marode und steht kurz oder mittelfristig vor dem Zusammenbruch.

Mit solchen selbstmörderischen Parolen zog das Merkelsche Regime ins Feld, um die Wahlschlacht um die Bundestagswahl zu gewinnen, was ihm auch aufgrund der schier unfassbaren Einfalt der Mehrheit der Bundesbürger gelungen ist. Am Beispiel der EU-Wahl vom Sonntag konnten wir das gleiche Phänomen beobachten: Die Lemminge rennen freiwillig in ihr Verderben. Zum vorherrschenden Geldsystem, von dem ausschließlich die Banken und die Kapitaleigner profitieren schrieb Wilfried Kahrs:

„Jetzt stellen sie sich nur mal vor, der Staat würde Geld schaffen, es in Umlauf bringen und die Zinsen seinem eigenen Haushalt zuführen. Dann brauchte der Staat keine Steuern mehr, allerdings wäre dann auch die Umverteilung von unten nach oben in diesem Spiel beendet, weil nur noch der Staat, also die Gemeinschaft, auf dem Geld sitzen würde. Spätestens hier sollte jedem klar werden, dass das bisherigen Geldsystem – auch unabhängig vom Euro – ein großangelegtes Betrugssystem ist.“

Hier geht es genau um die von der Politik immer wieder verteidigte Systemrelevanz der Banken, für die man im Zusammenhang mit den Banken- und Euro-Rettungsschirmen ein Massengrab für  Billionen von Euro gegraben hat. Diese Gelder in Form von eingenommenen Steuern wurden von den Regierungen veruntreut – oder besser ausgedrückt, den Bürgern geraubt und an die Raubtiere verfüttert, ohne daß diese eine Gegenleistung erbracht hätten. Die Vision von einem Staat, der anstelle der Banken agiert und das Geld, das er druckt, selbst als Kredite in Umlauf bringt und die Zinseinnahmen dafür zur Wahrnehmung seiner Pflichten benutzt, ist so einfach und frappierend, daß man sich fragt, warum noch niemand darauf gekommen ist, diesen Plan in die Tat umzusetzen?

Wer sich nur diese simple Frage stellt, dem wird schlagartig klar, welch paranoider Irrsinn uns vermittelt wird, wenn sie uns unser Gesellschafts- und Wirtschaftssystem als das beste aller bekannten verkaufen. Derjenige, der diese Pathologie als gesund erachtet und die demagogischen Kunststücke für bare Münze nimmt, ist selbst nicht mehr zu retten und sollte sich schnellstens einliefern lassen. Welche Fähigkeiten werden eigentlich in unseren Bildungseinrichtungen gelehrt und wozu sind Millionen von Akademikern nutze, wenn diese nicht einmal in der Lage sind, diese einleuchtende Alternative zu erkennen sich für ihre Realisierung stark zu machen? Haben wir es demzufolge fast nur noch mit Fachidioten zu tun, die unfähig sind, die elementarsten Regeln zum Zwecke des Überlebens sowie eines solidarischen Zusammenlebens anzuwenden?

Hat jemals ein einziger Reporter einen Politiker in einem öffentlichen Interview in einem Wahlk(r))ampf auf diese Thematik angesprochen? Hat jemals ein einziger Politiker freiwillig die Systemrelevanz und/oder den Systemwechsel thematisiert? Ich lasse mich gerne korrigieren, aber mir ist ein derart bahnbrechendes Unterfangen noch nicht zu Ohren gekommen.

Ergo: Fangen wir daher selbst damit an, diese subversiven Konsequenzen unter die Leute zu bringen! Allerdings werden wir auf viele taube Ohren stoßen …

MfG Peter A. Weber


Bild- und Grafikquellen:

1. Der Euro geht schweren Zeiten entgegen.  Foto: Günter Hamich. Quelle: Pixelio.de

2.Das Trojanische Pferd war in der griechischen Mythologie ein hölzernes Pferd, in dessen Bauch Soldaten versteckt waren. Die Soldaten öffneten nachts die Stadtmauern Trojas von innen und ließen das Heer der Griechen ein. Mit dieser Kriegslist gewannen die antiken Griechen den Trojanischen Krieg. In der griechischen Tradition wird das Pferd das „Hölzerne Pferd“ genannt.

Metaphorisch versteht man unter einem „trojanischen Pferd“ vordergründig jede List oder Strategem, welche/welches zum Ziel hat, harmlos getarnt in einen sicheren geschützten Bereich eingelassen zu werden. So ist beispielsweise heute in der EDV das Trojanische Pferd ein Begriff für ein derartiges Schadprogramm.

Das im Artikel gezeigte Foto ist ein Gemälde von Giovanni Domenico Tiepolo (1727–1804) mit dem Titel „Procession of the Trojan Horse in Troy“. Web Gallery of Art: /  Image / Info about artworkQuelle: Wikimedia Commons. Diese Bild- oder Mediendatei ist gemeinfrei, weil ihre urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist. Dies gilt für alle Staaten mit einer gesetzlichen Schutzfrist von 100 Jahren oder weniger nach dem Tod des Urhebers

3. Das neue €2020. Grafikkarte: Wilfried Kahrs / QPress

4. EUROPA ist Casino: die Bank gewinnt immer. Grafik: Wilfried Kahrs / QPress

 

(Visited 44 times, 1 visits today)
Der Euro – unser Trojanisches Pferd
0 Stimmen, 0.00 durchschnittliche Bewertung (0% Ergebnis)

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*