Stoltenberg: Europa muss den Preis bezahlen

Die Losungen, mit denen die westlichen Politiker ihre Bevölkerungen auf Verarmung und Entbehrungen einschwören wollen, werden immer abstruser. Das hat ein Beitrag des russischen Fernsehens mal wieder deutlich gezeigt.

Quelle: anti-spiegel

In seinem wöchentlichen Nachrichtenrückblick zeigt das russische Fernsehen jeden Sonntag auch einen Bericht des Deutschland-Korrespondenten, den ich immer übersetze. Auch diese Woche war er für mich wieder der „Leckerbissen“ der Sendung, denn er zeigte, mit welch abstrusen Parolen die europäischen Politiker ihre Bevölkerungen auf weitere Verarmung und Entbehrungen einstimmen wollen.

Bevor wir zur Übersetzung des Beitrages kommen, will ich noch einmal daran erinnern, dass der Grund für die Eskalation in der Ukraine, an deren selbstverschuldeten Folgen in Form der Russland-Sanktionen Europa heute leidet, nur der war, dass man die Ukraine unbedingt in die NATO holen wollte, was für Russland nun einmal inakzeptabel ist. Das muss einem nicht gefallen, aber man muss sich fragen, ob die NATO-Mitgliedschaft der Ukraine wirklich die Verarmung, die Wirtschaftskrise und die damit verbundenen Entbehrungen in Europa wert ist. Von den inzwischen wohl über einer halben Million toten Ukrainern gar nicht zu reden.

Man muss sich das immer wieder vor Augen führen, weil man es so leicht vergisst: Hätte man im Westen auf die NATO-Mitgliedschaft der Ukraine verzichtet, wäre all das nicht passiert.

Nun aber kommen wir zur Übersetzung des russischen Beitrages über die vergangene politische Woche in Deutschland und der EU.

Beginn der Übersetzung:

Die Reiter der Apokalypse kommen zu den liberalen Eliten Europas

Am Mittwoch ereignete sich in London etwas Außergewöhnliches. Die Gardekavallerie hat sich zerstreut, mehrere Pferde warfen ihre Reiter ab und rannten durch die Stadt, stießen mit Fußgängern und Autos zusammen. Die Analogie zum biblischen Text passt aber nicht ganz. Das fahle Pferd soll hellgrau gewesen sein, aber der Anblick des blutbefleckten weißen Pferdes erinnerte an die Offenbarung des Johannes.

Der Guardian veröffentlichte eine Karikatur, in der ein „halbnackter Verlierer“, wie der britische Premierminister genannt wird, als Reiter dargestellt wird, „dessen Name der Tod ist“.

Sunak hat den Briten gerade eine „Kriegswirtschaft“ versprochen, auch wenn er es vielleicht nicht rechtzeitig schafft, aber noch haben er und seine konservative Partei Zeit bis zu den nächsten Wahlen, bei denen sie hinweggefegt werden. Aber jetzt sitzt er noch im Sattel und am Dienstag ist er nach Polen geritten.

„Wenn wir die Ukraine jetzt nicht unterstützen, werden die Kosten später viel höher sein. Wir werden die britische Verteidigungsindustrie auf Krieg umstellen“, sagte er auf einer Pressekonferenz.

Großbritannien wird 2,5 Prozent des BIP für die Verteidigung ausgeben. Und das in einem Land, in dem die Wirtschaft im vergangenen Jahr um 0,1 Prozent gewachsen ist, während die Preise um 7,5 Prozent gestiegen sind, in dem alte Menschen in ihren Häusern frieren, in dem Menschen weniger essen, um ihre Rechnungen bezahlen zu können, und monatelang auf eine angemessene medizinische Versorgung warten müssen.

Aber der NATO-Generalsekretär ist zufrieden, denn Stoltenberg will, dass es überall so aussieht. „Das ist der Preis dafür, dass wir Russland als Nachbarn haben, und wir müssen ihn zahlen, damit die Ukraine gewinnt. Wir können vor diesen Kosten nicht fliehen. Wir müssen sie bezahlen“, sagte er.

Der Preis der Nachbarschaft mit Russland. Jahrzehntelang ist es Europa sehr gut gegangen, denn alles war so günstig. Und jetzt stellt sich heraus, dass man die ganze Zeit falsch gelebt hat, jetzt gehen einem die Augen auf und die einzig richtige Ordnung wird wiederhergestellt, in der in Europa alles überteuert ist.

In diesem Sinne bekommt das Lieblingsthema der deutschen Außenministerin Baerbock, das neue US-Hilfspaket für Kiew, einen überraschenden Unterton. „Die Herzen der beiden wichtigsten Unterstützer der Ukraine – der Europäer und der Amerikaner – schlagen wieder im Gleichklang“, sagte sie.

Zur vollständigen Harmonie fehlt allerdings noch ein Punkt, nämlich die Zustimmung Berlins zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine. Scholz zögert immer noch, sie an Kiew zu schicken, weil er eine Eskalation und die öffentliche Meinung fürchtet, und sich auch daran erinnert, wie die Amerikaner ihn mit den Panzern düpiert haben.

Daher häuften sich im Laufe der Woche die Versuche, den Kanzler zu überzeugen. Am Mittwoch reiste Sunak aus Polen nach Deutschland und lobte Scholz für dessen Entscheidung, ein Patriot-Flugabwehrsystem an die Ukraine zu liefern.

Scholz nahm das Lob entgegen, ließ sich aber nicht umstimmen, sondern sagte: „Deutschland ist sowohl finanziell als auch bei den Waffenlieferungen der größte Sponsor der Ukraine. Seit Beginn des Krieges haben wir Waffen im Wert von 28 Milliarden Euro geliefert oder geplant. Was das von Ihnen angesprochene Waffensystem betrifft, werde ich meine Meinung nicht ändern.“

Scholz‘ Worte haben viel Unmut hervorgerufen, denn er hätte zumindest lügen können, dass er bereit sei, diese Möglichkeit im Rahmen der „Strategie der Ungewissheit“ in Betracht zu ziehen. Es gibt jedoch viele, die sich nicht mehr mit Zweideutigkeiten zufrieden geben und bereit sind, Moskau mit Taurus-Raketen mit 500 Kilometer Reichweite zu beschießen, denn keine andere Waffe, die an die Ukraine geliefert wird, kann Moskau wirklich erreichen.

So zum Beispiel der ehemalige Bundeswehr-Oberst Kiesewetter und heutige CDU-Bundestagsabgeordnete, der in einer Talkshow sagte: “Die Ukraine muss in der Lage sein, den Krieg nach Russland zu verlagern, also Nachschublinien, Militäreinrichtungen und zum Beispiel das Verteidigungsministerium anzugreifen.”

Darauf wurde er gefragt: “Aber das ist in Moskau.”

Darauf antwortete Kiesewetter: “Ja, und?”

Die Opposition kritisiert natürlich immer die Regierung für das, was sie tut oder nicht tut, obwohl Kiesewetter in seinem Hass auf Russland absolut ehrlich ist. Die großen Schwierigkeiten für Scholz ergeben sich aus der Unruhe unter seinen Koalitionspartnern und sogar unter seinen engsten Vertrauten, zu denen auch der Verteidigungsminister gehört. So wurde Pistorius einen Tag später dieselbe Frage gestellt: “Wenn die Ukraine heute das Verteidigungsministerium in Moskau beschießen würde, wäre das in Ordnung?”

“Ich bin kein Völkerrechtler, aber soweit ich weiß, sind solche Aktionen im Völkerrecht vorgesehen”; antwortete Pistorius.

Also volle Feuer frei aus allen Rohren auf Moskau und hoffen, dass Moskau nicht gegen Berlin zurückschlägt. Das ist im Völkerrecht ja nicht vorgesehen. Dabei ist es merkwürdig, dass derselbe Pistorius regelmäßig Verständnis für das reale Kräfte- und Fähigkeitsgleichgewicht auf dem ukrainischen Kriegsschauplatz zeigt, denn vor kurzem sagte er, der russische militärisch-industrielle Komplex produziere mehr Waffen, als im Rahmen der Militäroperation verbraucht werden.

Nicht weniger konsequent sind jedoch die Fehleinschätzungen der Potenziale, die ihn und praktisch alle seine westlichen Kollegen zu der falschen Schlussfolgerung verleitet, dass Russland nach der Lösung der Ukraine-Frage auf jeden Fall gegen die NATO vorgehen wird. Diese Befürchtungen und nicht der Wunsch, den Russen zu schmeicheln, sind offenbar der Grund für die Eingeständnisse des norwegischen Armeechefs und des niederländischen Verteidigungsministers, den Feind unterschätzt zu haben, die sie diese Woche gemacht haben.

„Die modernisierten oder umgebauten russischen Streitkräfte sind den unsrigen jetzt viel ähnlicher, als ich vor einem Jahr gesagt hätte – <…> sie haben es praktisch geschafft, die Sanktionen zu umgehen“, so der Befehlshaber der norwegischen Streitkräfte Eirik Johan Kristoffersen.

Und die niederländische Verteidigungsministerin Kajsa Ollongren erklärte: „Die Russen sind auf Kriegswirtschaft umgestiegen, sie haben begonnen, viel mehr Waffen zu produzieren und haben ihre Vorräte viel schneller aufgestockt, als wir erwartet hatten. Das hat die Situation unter Druck gesetzt, denn es besteht die reale Aussicht, dass die Ukraine letztendlich nicht in der Lage sein wird, Russland zu besiegen.“

Die gesunkenen Erwartungen an die Lebensdauer des Kiewer Regimes spiegeln sich auch in der Tatsache wider, dass die Freude über die Freigabe der US-Hilfe innerhalb von nur einer Woche praktisch verflogen ist, denn das ist das letzte Geld und es wird den ukrainischen Streitkräften nicht ermöglichen, die Situation zu wenden. Bestenfalls gelingt es, den Vormarsch der russischen Armee zu verlangsamen.

Außerdem hat der polnische Präsident Duda wieder für Aufsehen gesorgt, indem er aktiv um amerikanische Atomwaffen auf polnischem Gebiet geworben hat, was in Paris, wo man die eigene nukleare Triade als alleinigen Garanten der europäischen Sicherheit sehen möchte, für Irritationen und verfrühte Eifersucht gesorgt hat.

„Wir sind die einzige Atommacht in der EU, aber unsere Besonderheit ist, dass wir nicht der nuklearen Planungsgruppe der NATO angehören. Wir sind in unserem System der Abschreckungs völlig autonom. Eine Stationierung in Polen würde eine Diskussion unter den Verbündeten erfordern, weil sie die NATO-Russland-Gründungsakte außer Kraft setzen würde“, sagte der französische Verteidigungsminister Sébastien Lecornu der FAZ.

Die erwähnte NATO-Russland-Akte schließt die Stationierung von Nuklearstreitkräften auf dem Gebiet der so genannten neuen Mitglieder des Bündnisses, zu denen auch Polen gehört, aus. Es ist klar, dass die Amerikaner dieses strategische Abkommen, wenn sie es für nötig halten, genauso leicht verletzen werden, wie sie es mit vielen anderen getan haben, auch wenn das nicht jedem im „alten“ Europa gefallen wird. Zumindest in Worten.

„Wir müssen ein Europa aufbauen, das zeigen kann, dass es kein Vasall der USA ist und mit allen verhandeln kann“, sagte der französische Präsident Emmanuel Macron.

Diese Woche hat Macron an der Sorbonne versucht, den Erfolg dieser viel beachteten Rede von vor sieben Jahren zu wiederholen. Damals hatte er von europäischer Souveränität gesprochen. Jetzt schwang er sich zu einer fast zweistündigen Rede auf: Wir müssen dies, wir brauchen das.

„Wir müssen uns darüber im Klaren sein: Europa ist sterblich und kann sterben. Alles hängt von unserer Entscheidung ab“, sagte er.

Seit 2017 hatte Europa genug Zeit, sich zu entscheiden, wie es weitergehen soll, denn damals, unter Trump, sprach Merkel von der Notwendigkeit, „das Schicksal selbst in die Hand zu nehmen“. Jetzt gibt es aber nur noch mehr Unterwerfung, mehr Abhängigkeit, mehr Unfreiheit.

Macron und seine Art von Rattenfängern auf dem ganzen Kontinent wollen Europa im Hinblick auf die Europawahlen am 9. Juni aus den alten Elementen neu zusammensetzen, in der Hoffnung, etwas qualitativ anderes zu erhalten, vor dem die ganze Welt Respekt haben wird. Aber woher soll dieser Respekt kommen?

„Was mir auffällt und mich beunruhigt, ist die Leere: die Leere der Politik, die Leere des Programms, des Konzepts der Regierung und des Präsidenten, der es gewohnt ist, die Franzosen zu belügen, der es gewohnt ist, ihnen schöne Geschichten und Mythen zu erzählen, anstatt sich der Realität zu stellen“, meint der französische Politiker Pierre de Gaulle.

„Der Westen hat in den vergangenen Jahren eine liberale Ordnung errichtet, die die Welt schlechter gemacht hat. Diese Weltordnung hat Politiker hervorgebracht, die ihrer Aufgabe nicht gewachsen sind und einen Fehler nach dem anderen machen“, erklärte der ungarische Premierminister Viktor Orban.

Ursula von der Leyens Fehler könnten die Chefin der EU-Kommission teuer zu stehen kommen. Ob es sich dabei wirklich um Fehler gehandelt hat, muss das Gericht noch entscheiden. Am 17. Mai werden Ursula von der Leyen und Albert Burla, der Geschäftsführer des Pharmaunternehmens Pfizer, wegen dem Kauf von Impfstoffen im Wert von 35 Milliarden Euro vor Gericht geladen. Der größte Vertrag in der Geschichte der EU wurde per SMS und ohne Ausschreibung abgeschlossen. Wie diese gigantische Summe ausgegeben wurde, lässt sich genauso wenig nachvollziehen, wie sich der Verdacht nicht mehr aus der Welt schaffen lässt.

Da blieb der Sprecherin des EU-Parlaments nur noch, das Mikrofon ausschalten, als eine Abgeordnete das Thema im Parlament angesprochen hat und sagte: “Es ist schlimm genug, dass die Chefin der EU-Kommission in Korruption verwickelt ist. Noch schlimmer ist, dass wir, die Mitglieder des Europäischen Parlaments, diesen Diebstahl noch nicht verurteilt haben.”

Von der Leyen wird wahrscheinlich nicht im Gefängnis landen, aber ihre Chancen auf die Spitzenkandidatur der zentristischen „Europäischen Volkspartei“, die ihre Amtszeit verlängern könnte, sind ernsthaft in Frage gestellt. Das Gleiche gilt auch für die Aussichten der Zentristen selbst, die unter dem Druck der Rechten stehen.

In Frankreich liegt der oppositionelle „Rassemblement National“ von Marine Le Pen eineinhalb Monate vor den Wahlen bei 31,5 Prozent, Macrons „Renaissance“ liegt bei 17 Prozent. Das heißt, Macron hat teilweise Recht – Europa ist sterblich, aber nur das Europa, das von seinen liberalen Eliten vertreten wird.

Sie werden sich zweifellos mit aller Kraft an das Leben klammern und sich vor aller Augen in ihr Gegenteil verkehren. Im Falle der Deutschen geht es um das direkte Verbot der AfD, deren Aktivisten in der Presse jetzt offen als „russische und chinesische Spione“ bezeichnet werden. Einschüchterung ist ein wichtiges Mittel, um sich gegen Veränderungen zu wehren. Und hier können ihnen nur noch die Reiter der Apokalypse helfen.

Ende der Übersetzung

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Stoltenberg: Europa muss den Preis bezahlen
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1 Kommentar

  1. Was Europa betrifft, so wusste bereits Zeus, wie uneins es ist:

    Eva C. Huller: „…da wurde es selbst Zeus ganz klar, wie uneinig Europa war“. Europa in der deutschsprachigen Literatur seit 1957. In: Christian Lohse, Joseph Mittlmeier (Hrsg.): Europas Ursprung. Mythologie und Moderne. Festschrift der Universität Regensburg zum 50-jährigen Jubiläum der Römischen Verträge. Regensburg 2007, ISBN 3-9808020-9-4, S. 119–130 ->

    https://www.mythologie-antike.com/t85-europa-in-der-griechischen-mythologie-ist-die-tochter-von-konig-agenor-und-mutter-von-minos-rhadamanthys-und-sarpedon

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