Putins Schachmatt: Rückkehr zum Goldrubel

André F. Lichtschlag (ef-magazin)

Was, wenn auch die Chinesen mitmachen?

Die Rhetorik der führenden westlichen Politiker und ihrer medialen Helferkaste gegenüber Russland und seinen Präsidenten ist brachial in diesen Tagen. Ist es die Trotzreaktion von Kindsköpfen, die sich kurz vor dem Sieg im Frontstaat Ukraine wähnten und dann plötzlich feststellen mussten, dass sie gerade eine Partie verloren hatten? Sicherlich auch.

Aber galt nicht Wladimir Putin bereits vor den Demonstrationen auf dem Maidan in der hiesigen Presse als personifizierter Beelzebub? Wurde nicht bereits vor der Olympiade von Sotschi die westliche Propaganda auf Pussy-Riot-Modus hochgeschaltet?

So oder so – die Mischung aus Brachialrhetorik, gekränkter Eitelkeit und wilden Drohungen kann sich verselbständigen und wechselseitig hochschrauben. Schon möchte „der Westen“ Russland „durch Wirtschaftssanktionen in die Knie zwingen“. Ein jetzt eben notwendiger Feldzug könnte das werden, mit anderen Mitteln geführt, ein „Wirtschaftskrieg“ eben. Und den könne „Russland sich nicht leisten“, da „Putins Reich“ ökonomisch vom „westlichen Bündnis“ stärker abhängig sei als umgekehrt, glauben deutsche Journalisten zu wissen. Wobei auch das eigene Volk längst auf Opfer eingestimmt wird: Kostspielig könnte es nämlich auch für uns alle werden, wenn Exporte nach Russland einbrechen und Rohstoffe aus dem Osten sich verteuerten. Aber die marode russische Wirtschaft werde zuerst zusammenbrechen – Prösterchen Brüderchen.

Das riecht nach verbrannter Erde, zumindest nach Blut, Schweiß und Tränen – und das nur, weil die große Mehrheit der Bewohner einer Halbinsel im Schwarzen Meer wieder zu ihrem Mutterland gehören will? Ist das der Grund?

Oder muss ein äußerer Widersacher und ein neuer Krieg (mit anderen Mitteln) den ohnehin drohenden Zusammenbruch des Weltfinanzsystems nur verklären helfen? Würde das neue, alte Feindbild deshalb jahrelang so sorgsam aufgebaut? Es wäre nicht der erste Krieg in der Geschichte, der aus dem Grund der Ablenkung von irgendwann unvermeintlichen wirtschaftlichen Korrekturen geführt wurde.

Was, wenn es nicht bei der Rhetorik und ein paar Einreiseverboten bleibt? Und auch nicht bei gesperrten Konten, die ohnehin nur einmal mehr verraten, was „westliche Politiker“ über Eigentumsrechte Dritter denken. Die zunehmende Interventionsspirale nach innen und außen ist eigentlich kein Wirtschaftskrieg, sondern wie jeder Krieg vielmehr ein Krieg gegen die freie Wirtschaft. Was, wenn all das sich weiter verselbständigt und nicht mehr zu stoppen ist?

Weil alle – und vorneweg die deutschen Journalisten mit ihrem Kriegsgeschrei und Russenhass – irre geworden sind oder so tun (siehe oben, es ginge ja um gezielte Ablenkung)? Dann stellt sich dringend die Frage, wie der somit mehr und mehr in die Enge getriebene Wladimir Putin sich noch wehren könnte. Was kann er tun, wenn die europäischen Abnehmer der russischen Rohstoffe plötzlich ausbleiben, wenn westliche Investoren sich aus Russland zurückziehen und der Rubel weiter an Wert verliert?

Viel kommt auf die Chinesen an. Werden sie die Verluste teilweise ersetzen, indem sie mehr Öl und Gas aus Russland beziehen, den Rubel stützen und dort investieren? Einiges deutet genau darauf hin. Geopolitisch und historisch sind Russland und China natürliche Gegner. Werden sie jetzt durch die aggressiven Weltmacht im Westen zur östlichen Partnerschaft veranlasst? Ein chinesisches Abfedern der russischen „Kriegsverluste“ wäre das gemütlichere Szenario, solange Obama, Hollande, Merkel und Co. nicht China auch noch mit Sanktionen drohen.

Hat Putin noch einen anderen Trumpf in der Hand? Russland ist dank der im letzten Jahrzehnt stark gestiegenen Rohstoffpreise eines der wenigen Länder, das keine nennenswerten Staatsschulden hat. 2013 betrugen die russischen Schulden nur noch zehn Prozent vom Bruttosozialprodukt, im Jahr 2000 waren es noch 60 Prozent. Die USA dagegen hatten 2000 noch eine Staatsschuldenquote von 55 Prozent, 2013 dagegen bereits von 112 Prozent. In Griechenland liegt dieser Wert bei 182 Prozent, in Japan sogar bei 245 Prozent. Während „der Westen“ Schulden anhäufte, baute die russische Zentralbank wie die chinesische in den letzten Jahren riesige Goldreserven auf. Der „Spiegel“ und die Nachrichtenagentur Bloomberg verkündeten im Februar 2013, dass die Bank Rossii alleine im vergangenen Jahrzehnt 570 Tonnen Gold im Ausland orderte. Damit war Russland unabhängig von den zusätzlichen eigenen Fördermengen der größte Goldimporteur der Welt. Nun raten Sie mal beim Knabbern an einem chinesischen Glückskeks, wer der zweitgrößte Goldimporteur war und ist…

Putin und die chinesische Führung hätten, erklärt Bloomberg, systematisch eine klare Goldstrategie verfolgt, um sich gegenüber den stark inflationierten Währungen Dollar und Euro abzusichern. Aber was, wenn mehr dahintersteckt?

Was, wenn Russland und vielleicht auch die Chinesen ihre Währungen wieder mit Gold decken? Wenn der Goldrubel tatsächlich zurückkehrt, der seit Jahren als „Gespenst“ in Insiderdebatten auftaucht? Bereits 2009 sagte Arkadi Djorkewitsch als Chefberater des Kremls, dass Russland eine neue durch Gold gedeckte Reservewährung begrüßen würde: „Wir könnten uns bei diesem System auch eine effektivere Verwendung von Gold vorstellen.“

Haben Russland und China lange schon erkannt, dass das Fiat-Money-System des ungedeckten Papiergeldes keine tragfähige Zukunft mehr hat? Haben sie sich über lange Jahre intensiv vorbereitet auf das längst überfällige Scheitern eines brüchigen westlichen Systems aus immer nur noch mehr Schulden und billigem Geld (auch die Milliarden-Summen zum Kauf der Ukraine sind tatsächlich nur als Luftbuchungen vorhanden)? Haben sich die Chinesen und Russen gülden gerüstet für die jetzt offenbar beginnenden unruhigen Zeiten und plötzlich angezettelte „Wirtschaftskriege“?

Stellen wir uns vor, eines schönen Tages, vielleicht schon in diesem Sommer, verkündet Wladimir Putin, dass der Rubel von nun an durch Gold in der Menge x gedeckt sei, was jederzeit von jedermann bei der Zentralbank eingelöst werden könne. Sitzt der chinesische Staatspräsident Xi Jinping neben ihm und verkündet zeitgleich auch den an Gold gebundenen Renminbi? Was geschieht am nächsten Tag? Flüchteten die Menschen panikartig zu Millionen aus Dollar und Euro? Würden sie Schlange stehen vor den Banken in den USA und in der EU? Zerbräche in kürzester Zeit das westliche Finanzsystem zu Staub?

Natürlich würde all das auch der russischen Wirtschaft (und den Chinesen) sehr schaden. Weshalb man auch so lange gewartet hat. Aber schädigte es Russland (und die Chinesen) in den Wirren eines erbittert geführten „Wirtschaftskrieges“ mehr als den Westen? Wirklich?

Es wäre nicht das erste Mal, dass „der gute Schachspieler Putin“ seinen überraschten Gegnern einen Zug voraus ist.

 

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