von WiKa (qpress)
Big Wonderland: Die NSA verzweifelt an ihren mangelnden technischen Kapazitäten den Telefonverkehr innerhalb der USA vollständig überwachen zu können. Nach einem Bericht der Washington Post ist die NSA derzeit nur in der Lage rund 20 bis 30 Prozent des gesamten Telefonverkehrs innerhalb Amerikas befriedigend aufzeichnen zu können bzw. die damit verbundenen Metadaten zu erfassen. Man ist also immer noch Meilen von der „absoluten Sicherheit“ entfernt, wenngleich sich die Realisierung des totalen Überwachungsstaates auf bestem Wege befindet und auch der aktuelle Präsident Obunny – der Oberlauscher, ein unbedingter Befürworter und Förderer solcher Maßnahmen ist.
Eine der zentralen Ursachen, die das ehrgeizige Projekt der Totalüberwachung ins Stocken geraten lässt, soll die explosionsartige Zunahme von Handytelefonaten sein. Neben der Information, wer mit wem telefoniert, möchte man hier sicherlich auch die Positionsdaten noch aufzeichnen, von wo aus telefoniert wurde … schon braucht es wieder mehr Speicherplatz. Dazu noch ein paar Eckdaten zur Entwicklung der Telefonie in Amerika: Nach Regierungsangaben sank die Zahl der aktiven Festnetzanschlüsse von 141 Millionen in 2008 auf 96 Millionen im Jahr 2012, ein 32-prozentiger Schwund. Im Gegensatz dazu stieg die Zahl der in Gebrauch befindlichen Handys in den Vereinigten Staaten von 255 Millionen in 2007 auf 326 Millionen im Jahr 2012, ein Anstieg von immerhin 28 Prozent. Weitere „Kopfschmerz-Kunden“ der NSA sind die Internet-Telefonierer, die sich nach Angaben der „Federal Communications Commission“ verdoppelte, von 21 Millionen in 2008 auf 42 Millionen im Jahr 2012.
Immerhin war man 2006 schon fast soweit, nahezu alle Telefondaten erfassen zu können, bis sich der böse Bürger überlegte jederzeit von überall telefonieren zu wollen. Ein weiterer entscheidender Grund, der die Kapazitäten der NSA enorm einschränkt, sind die Haushaltskürzungen der letzten Jahre. Es steht insgesamt weniger Geld zur Verfügung und die Wunschliste der NSA musste sich gesundschrumpfen.
Dessen ungeachtet ist man unbedingt bestrebt wenigstens das alte Niveau von 2006 wieder zu erlangen, besser wäre es natürlich, könnte man mehr als 100 Prozent erfassen. Wissen wir doch auch von deutschen Behörden nur zu gut, dass die Wichtigkeit des Amtes mit dem Budget zunimmt, das wird bei der NSA nicht anders sein. Zwar löste das NSA-Programm zur Sammlung von Telefondaten in den USA heftige Debatten aus, nachdem es im vergangenen Sommer öffentlich wurde, aber hier kann man getrost auf die Vergesslichkeit der Menschen setzen. Wie in Deutschland auch, ist die Geschichte schon fast vergessen und niemand scheint sich mehr daran zu stören.
In diesem Fall hat die NSA das Thema selber wieder auf die Tagesordnung gebracht, weil sie jetzt weitere richterliche Anordnungen für die Totalüberwachung erwirken möchte. Die Mobilfunkanbieter stellen sich teilweise quer und wollen die Metadaten und direkte Zugänge zu ihrer eigenen Technik nicht bereitstellen. Den Originalbericht der Washington Post kann man hier einsehen: NSA is collecting less than 30 percent of U.S. call data, officials say.
Vielleicht sollte am Rande noch einmal erwähnt werden, dass durch diese Telefonüberwachung weder irgendetwas verhindert noch aufgeklärt wurde. Macht aber nichts, weil es einfach ein sehr schönes Programm ist und auch viele Leute vollbeschäftigen kann. Im Idealfall, wenn alle Leute munter mitmachen, könnte eine ganze Nation von der (Selbst)Überwachung leben, damit die Herrschaft auch ja auf der „sicheren Seite“ ist. Und weil das Ding mehr oder minder schon vom Selbstzweck lebt, befleißigen sich die Verantwortlichen auch ganz schnell zu betonen, dass auch die Sammlung von nur 20-30 Prozent der Daten schon enorm hilfreich ist. Immerhin sei es erheblich besser als „Null“.
In diesem Zusammenhang wird inzwischen auch „schamlos” eingestanden, dass das tatsächliche Ziel eine 100-prozentige Überwachung ist. Getreu dem Motto: „ist der Ruf erst einmal uriniert, lebt es sich völlig ungeniert”! Diese offensiver Art der Diskussionsführung ist äußerst interessant, wenn man bedenkt, dass die amerikanische Öffentlichkeit bis letztes Jahr von dieser Überwachung gar nichts wusste. Jetzt reden wir nicht mehr über die brisante Tatsache dass, sondern nur noch über die Optimierung der Angelegenheit. So schnell lässt sich öffentliche Akzeptanz herstellen. Ob die NSA diesbezüglich schon ein Dankschreiben an Edward Snowden formuliert hat, ist nicht überliefert.
Noch sind die Probleme beim amerikanischen „Lausch & Horch”-Verein längst nicht überwunden. Nachdem jetzt aber die Akzeptanz dieser Maßnahme offenbar steigt (fehlende Gegenwehr), kann man auch offiziell Vorschläge machen diese unbefriedigende Situation zu beheben. Sicher würden die Amerikaner mitmachen wenn es hieße weniger zu telefonieren und das dadurch Ersparte der NSA zu spenden. Irgendwo auf halben Wege würde sich das System dann ausgleichen. Die Kapazitäten nebst Finanzierung wären ausreichend und die Amerikaner schwätzen nicht mehr ganz so viel. In einem richtig gut funktionierenden Überwachungsstaat ist es übrigens totenstill, man schweigt!
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