Gehirnwäsche

von Gert Flegelskamp (flegel-g)

Ich war letzten Freitag in einem Kiosk. Direkt neben der Kasse lag ein Stapel BILD-Zeitungen. Nun halten ja viele die BILD für gefährlich und meinungsbildend, aber das glaube ich nicht. Von 10 Jungs, die ich gefragt habe, warum sie sich dieses nutzlose Blättchen kaufen, antworteten 9: „Nur wegen dem Sportteil“. Ich kaufe dieses Blatt grundsätzlich nicht, weil ich mehr für auf Rollen gewickeltes Klopapier bin (was auch erheblich billiger ist) und natürlich auch Sorge habe, ich könnte mir mit der Druckerschwärze mein Gesäß zu stark einfärben. Und selbst das inzwischen längst als Geschäft ausgeartete System des Sports vermag mich nicht dazu zu verleiten, den Sport als Ausrede zu nutzen, mir dieses Blatt gezielter Desinformation zu kaufen.

Nun weiß, glaube ich, ein jeder, dass die BILD sehr differenziert schreibt. Diese differenzierte Schreibweise fällt schon dann auf, wenn man liest, dass es eine freie und unabhängige Zeitung wäre. Wie unabhängig, kann man dann in den Arbeitsverträgen der Redakteure nachlesen, in denen festgeschrieben ist, dass ihre Beiträge pro-amerikanisch und pro-israelisch zu halten sind.

Ich habe den starken Verdacht, dass das die Vorbedingung für Axel Springer zur Entnazifizierung gewesen ist und dafür Konrad Adenauer ein gutes Wort eingelegt hat. Das wäre ihm (Konrad Adenauer) ein Leichtes gewesen, denn mit dem US-Hochkommissar John Jay McCloy war er über 3 Ecken verschwägert. Nun ist meine Sichtweise zu McCloy nicht sehr differenziert. Der Mann ist aus meiner Sicht nur deshalb nicht in einem Staatsgefängnis gelandet, weil er frühzeitig den Weg eingeschlagen hat, der kriminelle Handlungen grundsätzlich voraussetzt. Er wurde Jurist und Banker und hat damit dann auch den Weg in die Politik gepflastert. Ob die Rockefellers, mit denen er befreundet war, da als Steigbügelhalter dienten, kann ich natürlich nicht sagen, halte es aber für wahrscheinlich, weil er später dann auch die deutschen IG-Farben beriet, mit denen die Rockefellers auch während WK II gute Geschäfte machten und großen Anteil daran hatten, dass die IG-Farben nicht wirklich zerschlagen wurden, sondern leidglich das Kartell aufgelöst wurde.

Allerdings muss ich zugeben, dass das reine Spekulation von mir ist und Spekulationen, das wissen wir inzwischen auch, können 3 Zustände haben. Wenn Banken spekulieren, nennt man das Geschäft. Wenn Wissenschaftler und Statistiker spekulieren, nennt man das Prognose. Wenn der normale Bürger spekuliert, nennt man das Verschwörungstheorie.

Aber ich bin ein wenig vom Thema abgekommen. Ich sah im Kiosk die BILD auf dem Tresen liegen und so war es unvermeidbar, dass mir die wenigen Worte auf der ersten Halbseite ins Auge sprangen (keine Sorge, meinen Augen ist nichts passiert).

„Nie wieder Judenhass“ dass nahm eine halbe Seite in Anspruch. Wenigstens fast. Links oben das Konterfei von Gauck, der darf ja bei so einem Spruch nicht fehlen.

Tja, hier ist Ende der differenzierten Berichterstattung dieser Zeitung mit den großen Buchstaben und dem fehlenden Inhalt und bei mir auch Ende des Humors. Was sie letztendlich geschrieben hat, weiß ich natürlich nicht, außer dass es um die Demonstrationen gegen Israel ging. Aber wenn Menschen auf die Straße gehen, um gegen Israel zu protestieren, haben sie allen Grund dazu. Außerdem eine gehörige Portion Mut, denn sie setzen sich damit dem Vorwurf des Antisemitismus aus.

Und da ist wieder der fast automatisch ausgelöste Selbstzweifel, ausgelöst durch diesen Terminus: „Antisemitismus“. Bin ich ein Antisemit? Lese ich im Spiegel: Spanische Hollywoodstars: Bardem und Cruz werfen Israel „Völkermord“ vor, kann ich nur zustimmen und nach den Regeln der seit 70 Jahren andauernden Gehirnwäsche seitens Politik und Presse in Bezug auf Israel bleibt mir nur das Resume, dass ich offenbar wirklich ein Antisemit bin, den ich verurteile das, was Israel immer wieder dort im Gaza-Streifen treibt, aufs schärfste. Dann meldet sich der Logiksektor meines Hirns und kritisiert, dass ich, wenn ich Antisemit bin, nicht nur gegen die Juden, sondern auch gegen die Palästinenser bin, weil auch die zu den Semiten zählen. Bin ich also doch kein Antisemit, weil ich den Palästinensern das Recht auf einen eigenen Staat ebenso zubillige, wie Israel?

Die BILD würde das kaum tangieren, denn das gehört nicht zu ihrer differenzierten Sicht. Ein Antisemit ist ein Judenhasser, basta. Was BILD-Redakteure nicht schreiben dürfen und vermutlich auch nicht sehen wollen, ist der Umstand, dass Israel und Juden zwei Paar Schuhe sind. Israel ist ein Staat, der seit geraumer Zeit besonders dadurch auffällt, dass er Menschenrechte ignoriert, Landraub hingegen perfektioniert und den Gazastreifen in ein Ghetto verwandelt hat. Dass in Israel vorwiegend Juden wohnen, ändert nichts daran, dass dieser Staat permanent gegen alle Regeln verstößt, die als internationale Regeln der UN und der EU für ein menschenwürdiges Miteinander aufgestellt wurden. Aber Regeln der UN und der EU haben viel mit der deutschen Justiz gemeinsam; sie sind interpretativ, werden also immer so ausgelegt, dass sie ins gängige Bild passen. Wie wirkungsvoll UN-Resolutionen sind, beweist Israel stets aufs Neue. Es reicht, sie zu ignorieren, zumindest, wenn man die USA an der Seite weiß.

Und wenn die BILD titelt: „Nie wieder Judenhass“ kommt mir das so vor, als schlage sie einen Wechsel vor, in dem Sinne, unseren „Judenhass“ in einen „Russenhass“ zu wandeln, denn was die Presse in den 30er Jahren in Bezug auf die Juden getrieben hat (durchgängig), versucht sie derzeit mit Russland. Der einzige Unterschied ist, dass heute nicht die Männer in langen Ledermänteln auftauchen, wenn man der von Politik und Presse gewünschten Sichtweise nicht folgt. Oder muss ich sagen: „Noch nicht?“

Dabei frage ich mich natürlich, woran man den so genannten Judenhass eigentlich festmacht? Wie viele Juden haben bisher meinen Weg gekreuzt? Ich habe nicht die geringste Ahnung. Bewusst habe ich bisher nur einen Juden kennengelernt, der einige Zeit in meiner Firma (meine Firma war es natürlich nicht) als Praktikant tätig war und mit dem ich mich bestens verstanden habe. Natürlich kann ich meine Sicht nicht auf alle anderen projizieren, aber für mich spielt es keine Rolle, welche Nationalität, welche Hautfarbe oder welche Religion ein Mensch praktiziert. Für mich zählt lediglich, ob ich sie sympathisch finde und ob ich ihre Handlungsweise, soweit sie mir bekannt ist, akzeptieren kann. Na ja, die religiöse Einstellung der Menschen, mit denen ich zu tun hatte und habe, löst bei mir schon gelegentlich ein Kopfschütteln aus, weil ich jegliche Art religiösen Glaubens als Bestandteil einer Jahrtausende währenden Gehirnwäsche ansehe, egal ob Christentum, Islam oder Judentum. Ich verstehe nicht wirklich, wie man diesen rituellen Vorgängen der jeweiligen Kirchen so unkritisch folgen kann, obwohl jeden Tag aufs neue die Menschen, die gerade noch in einer Kirche auf den Knien herumgerutscht sind, oder sich auf einem Teppich gen Mekka verneigt haben oder an der Klagemauer stehen und mit Ringellöckchen und Melone aus einem Buch immer die gleichen Worte beten, oft direkt im Anschluss auf mannigfaltige Weise die Lehren, die diese Religionen unbestreitbar ebenfalls beinhalten, zur Gänze ignorieren oder nur den Teil leben, der Gewalt gegen andere gutheißt. Und dieser Gott, egal ob man ihn einfach Gott nennt, oder Allah, oder Jehova? Wenn er mehr wäre als eine alte Hirtenlegende, auf der alle heiligen Schriften dieser Religionen, kümmert sich einen Deut um die Ameise Mensch. Warum auch? Hat er den Menschen nicht einen Verstand gegeben, ihre Handlungsweisen selbst zu bestimmen? Und jeden Tag das milliardenfache Gestammel dieser Menschen, auch Gebete genannt, zu hören und mit ihren Taten abzugleichen, würde selbst einen Gott überfordern.

Ich finde es alles andere also lustig, was derzeit in Gaza abläuft und ich denke, gerade die Deutschen sollten die Israelis mahnen, nicht so zu handeln, wie Juden es durch die Nazis erleben mussten. Rechtfertigt das den Juden zugesprochene Recht auf einen eigenen Staat, in dem sie in Freiheit und Würde leben können, dass sie den Nachbarn das gleiche Recht absprechen dürfen? Ich weiß dann kommt das Argument der „tausende von Raketen“, die die Hamas auf Israel abfeuert. Doch wir wissen auch, wie wirkungslos diese Raketen sind und manchmal frage ich mich, ob es nicht der Mossad oder eine anderer israelischer Geheimdienst ist, der der Hamas diese Raketen verkauft, in dem Wissen, dass die kaum Schaden anrichten, aber in der Welt eine Pseudo-Reaktion bewirken, das anschließende Vorgehen Israels wie derzeit im Gazastreifen gegen alle Palästinenser zu rechtfertigen. Ich folge da der Argumentation der spanischen Hollywoodstars. Was Israel im Gazastreifen treibt, ist Völkermord und hat nur einen Hintergrund (aus meiner Sicht), alle angeblichen Friedensbemühungen zu sabotieren, um den fortgesetzten Landraub zu kaschieren. Die Israelis sind inzwischen genau so schlimm, wie das Apartheid-System in Südafrika gewesen ist.

Nein, ich bin kein Antisemit, auch nicht, wenn man mich dazu zu stempeln versucht. Ich hasse keine Juden, ich hasse keine Christen, ich hasse keine Mohammedaner, aber ich hasse Menschen, die um des eigenen Vorteils willen über Leichen gehen und das teilweise sogar wörtlich.
Was die BILD, aber auch alle anderen Presseorgane in Deutschland hier treiben, ist Gehirnwäsche, nichts anderes und zwar eine Gehirnwäsche mit Sagrotan, die alle Bakterien (in diesem Falle Zweifel) zu 99,9 % vernichtet oder zumindest vernichten soll. Doch das ist schwerer geworden, seit sich vor der Türe der schmutzige Tümpel mit der Bezeichnung „Internet“ befindet.

Die Demonstrationen gegen das israelische Vorgehen in Gaza haben nichts mit Antisemitismus zu tun. Sie richten sich gegen den Staat Israel und sein Vorgehen und wie bei jeder Demonstration finden sich dabei immer ein paar Chaoten ein, die mit ihren Sprüchen den eigentlichen Sinn der Demo konterkarieren. und wie schon so oft stellt sich mir dann die Frage, ob diese Schreihälse nicht als „Agent Provokateure“ in die Demo eingeschleust wurden.

Der Journalist Todenhöfer hat einen Brief an Netanjahu geschrieben und er zeigt einmal auf, was die deutsche Presse stets verschweigt. Ein mutiger Brief von jemandem, der aus eigenem Augenschein die Verhältnisse dort bestens kennt. Ich bekam das Schreiben von einem Leser zugeschickt und möchte es Ihnen nicht vorenthalten. Ich gehe dabei davon aus, dass Todenhöfer nichts dagegen hat, dass ich das Schreiben veröffentliche

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Der Brief:

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Netanjahu,

darf ich Ihnen mitten im Krieg ein paar Fragen stellen? Als Deutscher, der weiß, dass die Generation seiner Vorfahren den Juden Unverzeihliches angetan hat, der das Existenzrecht Israels akzeptiert und der Antisemitismus wie jede Form von Rassismus für eine Schande hält.

Haben Sie sich schon mal vorgestellt, wie es wäre, wenn Sie nicht in Tel Aviv, sondern in Gaza auf die Welt gekommen wären? Sie hätten dann nicht die besten Schulen und Universitäten der USA besuchen können, sondern wahrscheinlich nur die bescheideneren Schulen und Universitäten von Gaza und im Westjordanland. Auch Ihre Enkel hätten kaum dem Elend von Gaza entfliehen können. Stattdessen hätten sie in den letzten sechs Jahren drei grauenvolle Kriege erlebt und viele Schulfreunde durch israelische Bomben verloren.

Wären Sie auch in Gaza Politiker geworden? Dann säßen Sie jetzt vielleicht wie 23 gewählte palästinensische Abgeordnete in israelischen Gefängnissen. Im Ofer-Gefängnis bei Ramallah oder im Hadarim-Gefängnis im Norden von Israel. Für Palästinenser ist es riskant, sich politisch zu betätigen. Unterstellen wir daher, Sie wären ein angesehener Landwirt geworden und hätten begonnen Blumen zu züchten. Sie hätten harte Zeiten durchlebt. Wegen der von Israel verhängten Blockade könnten Sie nur noch drei Prozent der früheren Blumenmenge exportieren. Die gesamte Wirtschaft Gazas liegt am Boden. Sie hätten fast alle Mitarbeiter entlassen müssen. Die wären jetzt arbeitslos – wie mehr als die Hälfte der arbeitsfähigen Bewohner von Gaza. Und müssten von der UNO durchgefüttert werden. 80 Prozent der Bevölkerung erhalten alle drei Monate Essensrationen wie damals die Iraker unter den vom Westen betriebenen Sanktionen. So erhält eine achtköpfige Familie, um überleben zu können, von der UNO alle drei Monate : 103 Kilo Weizen, 4,70 Liter Speiseöl, fünf Kilo Zucker, 1,5 Kilo Milchpulver sowie etwa Dosenfleisch. Für acht Personen!

Da Sie Ihre Familie von den paar Blumen, die Sie noch verkaufen würden, nicht ernähren könnten, hätten sie sich mit einem Ihrer Brüder, der Fischer ist, zusammen getan. Allerdings wäre dieser auch in großen Schwierigkeiten. Israel hat den palästinensischen Fischern entgegen internationalem Recht verboten, außerhalb einer 3-Seemeilenzone zu fischen. Dadurch gehen den Fischern von Gaza 85 Prozent der Fischgründe verloren. Wer diese Grenze überschreitet, wird von der israelischen Kriegsmarine beschossen. Ein Freund Ihres Bruders hat es gewagt. Er kehrte nie mehr zurück. Wie ein Dutzend anderer palästinensischer Fischer in den letzten 5 Jahren.

Auch sonst wäre Ihr Leben in Gaza beschwerlich. Vor allem wenn Israel wieder einmal – wie seit einigen Tagen – seine Stromlieferungen einstellt und gleich noch das Elektrizitätswerk von Gaza bombardiert. Wie gestern. Und daraufhin auch die Wasserversorgung zusammenbricht, weil die palästinensischen Wasserpumpen mit Strom betrieben werden. Gaza ist zur Zeit ohne Strom und Wasser. Nichts geht mehr. Das Trinkwasser ist verseucht, das Abwassersystem zusammen-gebrochen. Wichtige Medikamente für Ihre Familie gäbe es schon seit längerem nicht mehr. Die Folgen wären auch für Ihre Familie verheerend. Wie für alle palästinensischen Familien.

Für einen die eigene Freiheit liebenden Menschen wie Sie wäre es sicher hart, Ihre winzige Heimat Gaza seit 2007 über den israelischen Grenzübergang Erez nur noch in medizinischen Notfällen und über den ägyptischen Grenzübergang Rafah nur dann verlassen zu können, wenn er ausnahmsweise einmal geöffnet ist. Was in den letzten Jahren selten der Fall war. Ich stand in Rafah auch schon stundenlang vor verschlossenen Toren. Sie würden im größten Freiluftgefängnis der Welt leben. Im Osten eingeschlossen durch militärische Todesstreifen, Stacheldraht und Betonmauern, im Westen zur Seeseite durch die Geschütze der israelischen Kriegsmarine. Die einzige Möglichkeit, alte Freunde in Ägypten wenigstens gelegentlich wieder zu treffen, war in den letzten Jahren, wie ein Maulwurf durch einen der vielen Erdtunnel ins ägyptische Rafah zu krabbeln. Für viel Geld. Für einen stolzen Mann wie Sie wäre das zwar demütigend, aber was macht man nicht alles für die eigene Freiheit? Doch die neue ägyptische Regierung hat auch diesen letzten Fluchtweg in die Freiheit verrammelt. Zur Freude Israels. Ohne Bodentruppen einzusetzen übrigens. Die haben viele der Tunnel einfach geflutet.

So bliebe Ihnen in diesen Tagen nur noch der Blick über das weite Meer, der noch immer wunderbar ist. Wenn man sich die israelischen Kriegsschiffe am Horizont wegdenkt. Und es bliebe der Traum von Freiheit. Vom Frieden, den Sie und Ihre palästinensische Familie lediglich vom Hörensagen kennen würden. Nur die Gedanken wären frei. In Ihren Gedanken und in Ihren Träumen könnten sie noch immer erleben, was Israels Regierung Ihnen als Palästinenser vorenthält.

Was würden Sie als Bürger von Gaza von Israels Ministerpräsident Netanjahu halten, dem Sie einen Großteil Ihres Leids verdanken? Wären Sie in diesen Tagen des israelischen Dauerbombardements Anhänger der gemäßigten Fatah, die seit Jahrzehnten durch Verhandlungen das Schicksal der Palästinenser zu verbessern sucht? Oder der radikalen, streng konservativen Hamas, die mit teilweise selbst gebastelten Raketen dilettantisch und in inakzeptabler Weise versucht, wenigstens ein paar Rechte der Palästinenser durchzusetzen. Oder hätten Sie wie viele Palästinenser von der Politik einfach die Nase voll. Weil der aktuelle israelische Ministerpräsident, der zufällig Ihren Namen trägt, den Palästinensern ohnehin nie gestatten wird, einen eigenen lebensfähigen und gleichberechtigten palästinensischen Staat aufzubauen? Und der nächste auch nicht. Ich befürchte, Sie würden mit der härtesten der sogenannten palästinensischen Terrorbewegungen, dem ‚Islamischen Jihad‘ sympathisieren. Sie lassen sich ja nur selten von jemandem an Härte übertreffen. Doch wer weiß?

Stellen Sie sich vor, die Bomben der israelischen F16 Kampfjets hätten vor einigen Tagen auch Ihr Haus dem Erdboden gleich gemacht. Sie hätten dadurch wie unzählige Bewohner von Gaza zahlreiche Tote und Verletzte in Ihrer Familie zu beklagen und Ihren gesamten Besitz verloren. Eines der überlebenden, schwer verletzten Kinder im Shifa-Krankenhaus von Gaza, die kleine Maria, wäre Ihre Enkelin. Maria, an deren Krankenbett ich letzte Woche lange stand, hätte bei der Zerstörung Ihres Hauses schwere Verletzungen erlitten. Ein israelischer Raketensplitter steckt noch immer in ihrem Kopf. Durch die Schrecken der Bombennacht hat sie die Sprache verloren. Niemand in Gaza kann sie operieren. In den Krankenhäusern fehlt es an allem. Der israelische Ministerpräsident, der Ihren Namen trägt, interessiert sich nicht für die Krankenhäuser der Palästinenser. Er denkt nie an die Kinder von Gaza.

Wie würden Sie reagieren, wenn Sie aus den Nachrichten erfahren würden, dass Israel nun auch noch das Shifa-Krankenhaus bombardieren will, in dem Ihre schwerverletzte Enkelin liegt. Angeblich hat die Hamas in den Kellern dieses größten Krankenhauses Gazas ihr Hauptquartier. Wir alle dachten doch, Israel habe die Hamas-Führung weitgehend ausgeschaltet. Die israelische Luftwaffe hat doch angeblich alle Häuser der Hamas zerstört – neben unzähligen Häusern von Zivilisten. Das war doch die Begründung für die wochenlangen mörderischen Bombardements.

Was würden Sie als ausgebombter Bürger von Gaza von diesem israelischen Ministerpräsidenten denken, der unablässig von den Raketen der Hamas und des ‚Islamischen Jihad‘ redet, die in zwei Kriegswochen zwei israelische Zivilisten getötet und 10 verletzt haben? Was auch ich schrecklich finde. Mord bleibt Mord, egal wer ihn begeht. Leider sieht das der israelische Ministerpräsident anders. Ihm sind die 600 ermordeten und 4000 verletzten palästinensischen Zivilisten völlig gleichgültig. Selbst die vier palästinensischen Kinder, die beim Fußballspielen am Strand von israelischen Kriegsschiffen erschossen wurden, die Kinder, die beim Hühnerfüttern vom Dach ihres Hauses geschossen wurden oder die 9 jungen Fußballfans, die in einem Strandcafé beim WM-Spiel Argentinien : Holland von israelischen Raketen getötet wurden. Auch das Beschießen von Behindertenheimen, Krankenhäusern, Ambulanzen, Schulen, all das stört ihn nicht. Noch nie hat dieser israelische Ministerpräsident über ein getötetes palästinensisches Kind geweint. Stattdessen höhnt sein Botschafter in den USA, eigentlich verdienten die israelischen Truppen wegen ihrer ‚unvorstellbaren Zurückhaltung‘ den Friedensnobelpreis. Seine Regierung begeht Kriegsverbrechen und er fordert den Friedensnobelpreis. Unglaublich, würden wahrscheinlich auch Sie denken.

Sehr geehrter Herr Netanjahu, was würden Sie als Palästinenser von diesem israelischen Ministerpräsidenten und seiner Politik halten, wenn Sie Bürger von Gaza wären? Von einem Politiker, dessen Volk vor allem in Europa Jahrtausende lang barbarisch behandelt wurde. Fast immer als Menschen zweiter Klasse. Wie ist es möglich, dass ein Politiker mit dieser tragischen Vorgeschichte seines Volkes nun die Bevölkerung von Gaza als Menschen dritter Klasse behandelt? Hatte der Vater des Staates Israel, Theodor Herzl, nicht einen Musterstaat der Toleranz versprochen? Und geschrieben: „Und fügt es sich, dass Andersgläubige, Andersnationale unter uns wohnen, so werden wir ihnen einen ehrenvollen Schutz und Rechtsgleichheit gewähren“. Wo in Palästina gibt es ehrenvollen Schutz und Rechtsgleichheit für die Palästinenser?

Sehr geehrter Herr Netanjahu, stellen Sie sich bitte wirklich einmal vor, Sie wären nicht in Tel Aviv, sondern in Gaza geboren! Nur einen Augenblick! Vielleicht würden Sie dann erkennen, dass in Gaza und im Westjordanland Menschen leben, die dieselben Träume haben wie die Bürger Israels. Sie, Herr Netanjahu, könnten mit einer Handvoll Menschlichkeit und Weitsicht wie Jitzchak Rabin ein echter Staatsmann werden. Läge das nicht auch im Interesse Ihres Landes? Israel wird in einer Welt von Feinden nicht überleben. Sondern nur in einer Welt von Freunden. Stellen Sie sich wenigstens einmal am Tag vor, sie seien in Gaza geboren und nicht in Tel Aviv!

Ihr Jürgen Todenhöfer

Diesen Brief sollte man verinnerlichen und die permanent als Opfer dargestellten Israelis endlich wie jeden anderen Staat ansehen und an seinen Handlungen messen. Das ist meine Meinung, obwohl ich weiß, dass auch andere Staaten nicht an ihren Taten gemessen werden, sondern fast immer nur daran, was man uns durch ständige Wiederholung in die Hirne als Wahrheiten zu verkaufen sucht, oft mit geradezu haarsträubenden Lügen.

Das beweist die derzeitige Berichterstattung im Falle Ukraine und Russland, aber das ist ein anderes Thema, trotz möglicher Parallelen.

 

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