Fernsehen

von Gert Flegelskamp (flegel-g)

Wenn Sie mich fragen, ist das Fernsehen die Verblödungsmaschine schlechthin. Natürlich fragt mich keiner, ist doch das Fernsehen inzwischen längst zu einer der Gewohnheiten geworden, die man ähnlich wie die Nahrungsaufnahme oder das Handy als unverzichtbar und unbedingt erforderlich für einen Tagesablauf betrachtet. Man kann doch eher auf eine Mahlzeit verzichten, als auf das Fernsehen.

Die Privaten sind dabei die Sender für die Fortgeschrittenen und mit etlichen Sendungen sogar für die, deren Wahrnehmung über den Verzehr von Chips und Erdnüssen kaum noch hinausgeht, weil sie inzwischen völlig dem Konsumzwang unterliegen, gestützt auf die Empfehlungen der Werbung, die einen breiten und unverzichtbaren Raum in diesem als Glotzomanie zu bezeichnendem Leben einnimmt.

Zum Glück sind bei diesen Leuten die Hirnstrukturen bereits so aufgeweicht, dass eine kritische Betrachtung der Werbeblocks ausgeschlossen ist. Sie haben immer eine Packung Ferrero Küsschen vorrätig, die sie Besuchern anbieten, weil Freunden gibt man ja ein Küsschen. Aber wenn man gar nicht mehr so recht weiß, was Freunde sind, gibt man sie eben jedem, der sich zu einem verirrt. Sie erfreuen sich am Bild der im Ofen aufgehenden Pizza, die wie vom Italiener schmeckt, obwohl man nicht weiß, welcher Italiener da wohl gemeint ist, denn dort zählt man ja sogar die Mafia zur ehrenwerten Gesellschaft. Sie freuen sich über die Schleimmonster, die auf der Stahlplatte der Küche einen Schrecken vor Muckosolvan bekommen und Reißaus nehmen, sind fasziniert von der doppelten Pflanzenkraft von Prostagut-Forte und kämen nie auf die Idee, zu hinterfragen, wie eine doppelte Pflanzenkraft wohl beschaffen sein mag. Und natürlich sind sie bereit, ihr Immunsystem zu schützen mit Aronia+, eine neue Erfahrung für mich, weil ich bisher dachte, das Immunsystem schütze mich. Es ist wirklich erstaunlich, welche Fantastereien Werbeleute entwickeln, um ein Produkt zu vermarkten. Wirklichkeit spielt dabei nicht die geringste Rolle, Hauptsache, die Schlagworte stimmen, womit sich die Werbung nahtlos in das übrige Fernsehgeschehen integriert.

Fällt es da noch wenigstens Einzelnen auf, dass die meisten dieser „Abendprogramme“ der Privaten sich auf Mobbing und Erniedrigung spezialisiert haben? Ob man noch bemerkt, dass man diese widerlichen Eigenschaften regelrecht eingeimpft bekommt, um entweder Minderwertigkeitskomplexe zu bekommen, weil man selbst über die eine oder andere Eigenschaft der Erniedrigten verfügt, oder um das Gebaren der Protagonisten selbst zu übernehmen und sich z. B. als Forentrolle zu gebärden? Ob man noch merkt, dass man damit verlernt, selbst zu denken und nicht mehr zwischen Wirklichkeit und Propaganda unterscheiden kann?

Aber zum Glück gibt es ja noch die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten, die ein Fernsehprogramm senden, das den Bürger informiert und bildet. Schaut man z. B. jeden Abend die Tagesschau, die einem in wenigen Minuten die Welt erklärt, dann ist man informiert. Nicht darüber, wie die Welt ist, sondern wie wir glauben sollen, dass sie ist. Und wenn man sich die Talkshows anschaut, in denen zwielichtige Machenschaften innerhalb der Gesellschaft unter die Lupe genommen werden sollen, dann sind zumeist Gäste geladen, die in diese zwielichtigen Machenschaften oft noch stärker verwoben sind, als die Leute, über die diskutiert werden soll.

Allerdings scheint sich die Kultur bei den öffentlich Rechtlichen inzwischen auf Morde beschränkt zu haben. Nirgends wird so viel gemordet, wie bei den ARD und ZDF Sendern, mit Sokos, Tatorten und seit einiger Zeit auch noch die Morde in nordischen Ländern. Schaut man ein wenig genauer hin, dann sind all diese Krimis aber nach dem gleichen Strickmuster aufgebaut und lassen jegliche Raffinesse beim Tathergang ebenso vermissen, wie die Aufklärungsarbeit der „Guten“ in den Amtsräumen. Telefonlisten, DNA-Spuren und das Internet und nullkommanichts hat man die Täter. Wem fällt da noch auf, dass Persönlichkeitsrechte der meist willkürlich Verdächtigten scheinbar keine Rolle mehr spielen. Aber vielleicht kann man das auch anders interpretieren. Vielleicht sollen uns damit auch Botschaften übermittelt werden, dass Rechte verfallen, wenn man in den Dunstkreis staatlicher Ermittlungen gerät. Manche im Vorabend gezeigten Filmchen scheinen auf bestimmte Darsteller zugeschnitten zu sein, wie bei „Alles Klara“, die eher auf die (zugegeben) hübschen Beinchen von Klara als auf Handlung ausgerichtet zu sein scheint und was man sich bei der Serie „Hubert und Staller“ gedacht hat, die, wenn es den Strafbestand geistiger Körperverletzung gäbe, sicher längst gesetzlich verboten wäre, obwohl dazu eigentlich schon die permanente Anleitung zum Mobbing für eine Abschaltung reichen müsste.

Kaum zu glauben, aber ausgerechnet beim ZDF gibt es dann alle paar Wochen mal eine Sendung, die aufzeigt, wie Fernsehen sein sollte und damit völlig aus dem Rahmen dessen fällt, wie Fernsehen ist. So gab es am 11.03.2014 die zweite (glaube ich) Sendung „Die Anstalt“ und bot Kabarett vom Feinsten. Hier wurde gezeigt, wie man Leichtigkeit und Intensität zu einem harmonischen Ganzen verbindet und dabei eine Fülle von Details für jedermann verständlich aufbereitet. Vor allem mich hat es gefreut, dass eines meiner Lieblingsthemen, die Rente und deren Zerstörung so faktenreich dargestellt wurden.

Es brauchte auch nicht viele Worte, um die verlogenen Presse- und Fernseh-Aussagen zum Thema Ukraine auf den Punkt zu bringen. Busse als Timoschenko war dabei für mich der Hammer. Auch der erste „liberale Kabarettist“, der sich per Arbeitgeberkuchen in die Sendung geschmuggelt hat, war einer der absoluten Höhepunkte der 45-minütigen Show, mit der es gelang, trotz deprimierender Inhalte das Lachen durch Wortspiel und Handlung am Leben zu halten. Das ist Fernsehen, bei dem Wiederholung nicht langweilt, sondern im Gegenteil Feinheiten erkennen lässt, die einem beim ersten Mal noch entgangen sind.

 

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