Es geht um Ihr Sparbuch und um Ihr Leben!

Die virtuelle Welt des Bundestagswahlkampfs oder: Es geht um Ihr Sparbuch und um Ihr Leben!

von Helga Zepp-Larouche (bueso)

Im wirklichen Leben geht es derzeit um zwei Auseinandersetzungen, von deren Ergebnis wahrscheinlich nichts weniger als die Existenz der Menschheit abhängt, nämlich erstens die Frage, ob durch die Wiedereinführung des Glass Steagall-Trennbankensystems in den USA rechtzeitig die Weltfinanzkrise überwunden wird, oder ob die Finanzoligarchie ihre Pläne für einen neuen Faschismus in der transatlantischen Welt durchsetzen kann. Und zweitens, ob die wachsende Gefahr, daß sich die Nahostkrise zu einem globalen thermonuklearen Krieg ausweitet, rechtzeitig gestoppt und durch einen Friedensplan überwunden werden kann.

Gegen diese Realität nimmt sich der Bundestagswahlkampf der bisher dort vertretenen Parteien wie eine Märchenstunde im Wolkenkuckucksheim aus. Die Parteien propagieren ihre ideologischen Positionen, als befände sich Deutschland in einem historischen und strategischen Vakuum, in dem es keinen Unterschied macht, ob sich die Rahmenbedingungen gerade fundamental ändern oder nicht. Während die entscheidenden, von den Finanzinstitutionen und der NATO festgesetzten Parameter akzeptiert werden, unterscheiden sich die Parteiprogramme innerhalb dieses Rahmens bestenfalls um Nuancen.

In völligem Kontrast zu der virtuellen Welt des Bundestagswahlkampfs brach sich die Realität dessen, was sich normalerweise nur hinter der Bühne abspielt, in Atlanta in den USA glasklare Bahn. Auf dem Jahreskongreß der State Legislators, der Landtagsabgeordneten, wurde die Senatorin Catherine Cloutier aus Delaware, die eine Resolution für die Wiedereinführung des Glass Steagall Gesetzes eingebracht und gemeinsam mit zwei weiteren Repräsentanten vor dem Plenum begründet hatte, durch massivsten Druck seitens der Wall-Street-Lobbyisten dazu gebracht, diese Resolution wieder zurückzuziehen.

Nachdem ein Aktivistenteam des LaRouche-Aktionskomitees die Hooligan-Methoden der Lobbyisten gegenüber den Abgeordneten in einem Flugblatt aufgedeckt und dieses allen Kongreßteilnehmern zugänglich gemacht hatten, kam es zu erhitzten Debatten über die Ungeheuerlickeit der Vorkommnisse. Die Empörung über die unverhohlenen Versuche der Wall-Street-Lobbyisten, die Landtagsabgeordneten mit diversen Drohungen davon abzuhalten, sich für das Interesse des Gemeinwohls und ihrer Wähler einzusetzen, schlug hohe Wellen. Nachdem die Banker und ihre Lobbyisten schon sicher geglaubt hatten, daß ihre Mafia-Methoden Erfolg gehabt hätten, erlebten sie eine unangenehme Überraschung, als fünf weitere Abgeordnete die Glass-Steagall-Resolution bei der letzten Plenarsitzung in der Form eines Änderungszusatzes zu einem anderen Antrag erneut einbrachten. Vor 500 Abgeordneten kam es dann doch zu einer Debatte über das Trennbankengesetz Roosevelts, die mit einer Abstimmung von 33 Nein-Stimmen zu 11 Ja-Stimmen bei vier Enthaltungen seitens jener Delegationen, die in der Frage gespalten waren, endete.

Auch wenn der Antrag damit bei der Abstimmung vordergründig eine Niederlage erlitt, so liegt die Bedeutung dieses unglaublichen Vorfalls doch in etwas anderem. Vor dem gesamten Plenum der Landtagsabgeordneten wurde nicht nur das Für und Wieder von Glass-Stegall zur Überwindung der Finanzkrise diskutiert, sondern die noch fundamentalere Frage, ob es der Wall Street gestattet werden kann, gewählte Abgeordnete mit einer Mischung aus Drohungen und Versprechungen so unter Druck zu setzen, daß sie kapitulieren und die Interessenvertretung ihrer Wähler aufgeben. Alles spricht dafür, daß die Banker und Lobbyisten mit ihrer Schlägertaktik einen Pyrrhus-Sieg errungen haben, denn klarer konnte die Arroganz der vermeintlichen Macht nicht zutage treten, und die Nachrichten über die skandalösen Vorkommnisse von Atlanta verbreiten sich in Windeseile durch das ganze Land.

Bewegung für Glass-Steagall gestärkt

Die Bewegung für die Wiedereinführung des Glass-Steagall-Gesetzes hat dadurch während der Sommerpause des Kongresses eher Rückenwind erhalten in einem Amerika, das sich aufgrund der Insolvenz der ehemals viertgrößten Stadt der USA, Detroit, und der mörderischen Abwicklung, bei der Rentnern im Beamtenstatus 95% ihrer Bezüge gestrichen wurde, in Panikstimmung befindet. Das Magazin Time titelte dementsprechend: „Ist Deine Stadt die nächste?“

In Deutschland hingegen werden vielfältige Versuche gemacht, den Wähler an einer klaren Sicht auf die Realität zu hindern. Hurra, die Rezession in der Eurozone ist beendet! Der NSA-Skandal nach Pofallas abgelesener Erklärung auch! Alle Kinder, deren Eltern es wollen, haben einen Kita-Platz, und die Homo-Ehe löst das demographische Problem in Deutschland, es ist also alles bestens! In Deutschland sind natürlich weder die Abgeordneten korrupt, noch beteiligen sich Banken an Libor-Manipulationen oder dem Verkauf von Ramsch-Papieren an düpierte Kunden und auch die Bankenaufsicht drückt niemals beide Augen zu. Es gibt also keinen Grund, nicht Frau Merkel oder die Grünen zu wählen, die gerade alle deutschen Landschaften nachhaltig mit diesen wunderbaren Betontürmen verschönert haben.


Die Hoffnung bleibt, daß der deutsche Michel rechtzeitig vor dem 22. September die Schlafmütze von den Augen hochzieht und anfängt, sich anzuschauen, in welchem Land er eigentlich lebt. In diesem Fall wird er feststellen, daß das gesamte Spektrum neoliberaler, monetaristischer, grüner und diktatorischer Politik, wie es von der rotgrünen und dann der schwarzgelben Koalition verfolgt wurde, gescheitert ist. Dabei sind die „Mainzer Verhältnisse“, bei denen buchstäblich abends die Bahnsteige hochgeklappt werden, nur die Spitze des Eisberges. Die gleiche Politik des Nichtinvestierens hat einen Investitionsstau von mehreren Hundert Milliarden Euro bei der Infrastruktur erzeugt, so daß sich bestimmte Autobahnsegmente beim Befahren bereits anhören wie die der DDR an deren Ende.

Das Scheitern aller grünen Projekte des soeben entlassenen Siemens-Vorsitzenden Peter Löscher ist symptomatisch. Die Praxis, daß der Strom den Kunden desto teurer zu stehen kommt, je mehr Solarenergie eingespeist und um so billiger der Preis an der Leipziger Strombörse wird, demonstriert, daß wir nicht nur wie weiland Don Quijote gegen immer mehr Windräder zu kämpfen haben, sondern daß wir auch noch zu allerlei Schildbürgerstreichen aufgelegt sind. Und da aufgrund unseres schlechten Abschneidens bei den Pisa-Studien sowieso niemand mehr glaubt, daß die Deutschen rechnen können, kann man uns auch erzählen, daß die Inflationsrate bei 1,9% liegt, auch wenn die Kartoffeln 44%, Energie 12%, Speiseöl 15,4%, Butter 30,8% und Mieten bis zu 30% teurer geworden sind. Oh, aber natürlich sind die Yachten billiger geworden, also kommt das mit den 1,9% ja hin!

Da ja das Internet für Frau Merkel „Neuland“ ist, weiß sie offensichtlich auch nicht, daß man mit diesem neuartigen Instrument u.a. die Tagespresse aus der ganzen Welt verfolgen kann, daß man den deutschen Wahlkampf also nicht so hermetisch gegen die Wahrheit abschirmen kann, wie das die Wahlkampfstrategen wohl gerne hätten. Da, wo gerade kein deutscher Wahlkampf herrscht, kann man nämlich erfahren, daß im Gegensatz zu den „deutschen Fantasien“ die Eurozonenkrise „jeden Moment“ neu ausbrechen kann, wie Jeremy Warner im Daily Telegraph schreibt, oder daß das Scheitern auch nur einer „TBTF-Bank“, also einer Bank, die angeblich zu groß ist, um sie pleite gehen zu lassen, das ganze Finanzsystem in Luft auflösen wird, wie z.B. der Vizechef der amerikanischen Einlagensicherungsbehörde, FDIC, Thomas Hoenig warnt.

In der Tat gehen die Topetagen der Finanz-„Industrie“ davon aus, daß das globale Finanzsystem aller Voraussicht nach das Ende des fiskalischen Jahres, also die September-Oktober-Periode, nicht überstehen wird. Deshalb arbeiten der Finanzstabilitätsrat, die EU-Kommission, EZB, IWF, die City of London, die Fed und die Wall Street derzeit auf Hochtouren daran, überall die sogenannten Bail-In-Mechanismen in Position zu bringen. Die sogenannte Zypern-Blaupause, die kürzlich auch in Detroit angewandt wurde, soll also auch in der gesamten transatlantischen Region das Mittel der Schuldenabwicklung sein.

Praktisch bedeutet dies, daß nach der gleichen Gläubigerhierarchie, wie wir dies gerade in Detroit erlebt haben, alle Konteninhaber mittels eines „Haarschnitts“ an den Zockerschulden der Banken beteiligt werden. In Detroit verloren die beamteten Rentner 95% ihrer Ansprüche!

Da es allen Bankern klar ist, daß die Gesamtverschuldung des Systems niemals finanziert werden kann, soll mit Hilfe des sogenannten „Bail-in-Instruments“ ein Großteil dieser Schulden abgeschrieben bzw. auf die Konteninhaber abgewälzt werden. Erklärtermaßen soll dabei der virtuelle Bereich, also die Derivatkontrakte, Swap-Versicherungen und ähnliches honoriert werden, während Ansprüche aus Sparguthaben, Geschäftskonten und Renten gehörig zur Ader gelassen werden sollen.

Der „Bail-in“ hat mörderische Konsequenzen

Die sofortige Auswirkung auf die Versorgung mit Nahrungsmittel, Medikamenten und medizinischer Versorgung allgemein, Verkehr und Kommunikation würde bedeuten, daß für viele Menschen die lebensnotwendige Mindestversorgung nicht mehr gewährleistet wäre, daß sich die Sterberate also schlagartig erhöhen würde. Auch das ist schon eingeplant, denn hinter der ganzen Debatte um die demographische Entwicklung in Deutschland und den meisten Staaten in Europa verbirgt sich in Wirklichkeit die eiskalte Kalkulation, daß die Renten ohnehin nicht mehr zu finanzieren sind und eine „durch natürliche Ursachen“ verursachte Lebenszeitbegrenzung deshalb eine willkommene, weil notwendige Angelegenheit sei. Hier sind wir also wieder angekommen, an der schiefen Ebene, bei der es, wenn sie einmal betreten ist, kein Halten mehr gibt, wie Dr. Leo Alexander bei den Nürnberger Prozessen thematisierte.

Laut einer Umfrage glauben nur 17% der Bundesbürger, daß das Schlimmste bei der Euro-Krise schon vorbei ist, 91% glauben, daß uns die Euro-Krise noch lange beschäftigen wird. Nur 10% glauben, daß uns die Politiker diesbezüglich reinen Wein einschenken. Man kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, daß der größte Teil dieser Menschen heilfroh wäre, wenn sie von der realen Alternative wüßten, die mit der Einführung des Glass Steagall-Trennbankengesetzes und dem nachfolgenden Wiederaufbau der Realwirtschaft existiert. Niemand brauchte dann Angst zu haben vor Massenjugendarbeitslosigkeit, sozialer Explosion und Altersarmut.

Das beste, was jeder Bundesbürger deshalb tun kann, um sein Sparbuch und sein eigenes Leben zu retten, ist, die Nachricht vom Nahkampf zwischen der Wall Street und den Volksvertretern in Atlanta weiterzuverbreiten, denn das ist genau der Kampf, der auch zwischen London und Frankfurt und den Abgeordneten in Deutschland tobt – nur eben bisher hinter den Kulissen.

Wenn wir diese Vorgänge noch vor dem 22. September ans Licht der Öffentlichkeit bringen können, gibt es die Hoffnung, daß die vorhandene Alternative verwirklicht werden kann.

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