Wie ein think tank Hartz IV sieht

Tageskommentar 07.03.: Dr. Norbert Leineweber,
Wie ein think tank Hartz IV sieht. Und wie die „wage drift“ den Arbeitsmarkt über Anreize steuert.

Wir hatten just gestern Hartz IV auf der Agenda, da kommt tags darauf der Beitrag von Prof. Klaus F. Zimmermann, dem Direktor des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) in Bonn. In diesem weltweit größten Forschungsnetzwerk der Ökonomen arbeiten mehr als 1.200 Wissenschaftler zusammen. Von geballtem Sachverstand kann man demnach ausgehen.

Das was in den folgenden Erklärungen für die Beschäftigungspolitik in Deutschland gilt, ist in den Krisenländern stiefmütterlich gehandhabt worden, oder sagen wir besser sträflich vernachläsasigt.
Ein wichtiger Erfolgsfaktor in Deutschland waren eine beschäftigungsorientierte maßvolle Lohnpolitik sowie größere Flexibilität bei den Arbeitszeiten und anderen tarifvertraglichen Regelungen wie Öffnungsklauseln. Ein Arbeitgeber stellt auch vorübergehend niemanden ein, den er nicht wieder los wird, wenn die Aufträge wieder zurück gehen. Die Beschäftigungsabbaukosten waren gewaltig und blockierten Neueinstellungen.
Angesichts einer Zahl von rund 5 Millionen lohnsatzbedingter Arbeitsloser (der Rest der 7 Mio. war strukturell bedingt) ging es darum, die Verlierer des Lohnkartells durch Sozialleistungen ruhig zu stellen. Das Stillhalteabkommen musste die Gesellschaft durch immer stärker steigende Arbeits- und Sozialstaatskosten teuer bezahlen. Im Grunde ließen sich die Gewerkschaften das Ergebnis der verfehlten Lohnpolitik vom Staat bezahlen. Und wenn eine Mitte-links Regierung am Ruder ist, kann sie eben ihre Gewerkschaftsbasis nicht angreifen. Das war auch schon unter Helmut Schmidt so. Prof. Sinn und andere kamen einmal auf die Idee auszusprechen, dass eigentlich die Gewerkschaften für die Arbeitslosen aufkommen müssten. Das wäre eine radikale Reform gewesen: Man zahlt statt Arbeitslosenversicherung einen Gewerkschaftsbeitrag, der mit steigender Arbeitslosigkeit angehoben wird.

Hartz IV setzte auf eine neue Qualität bei der Vermittlung und größere Flexibilität (s.o.).
Was zuvor das Mittel zum Zweck war, nämlich durch eine Überkonsumption die Arbeitslosigkeit zu kaschieren, wäre in dem Stil nicht mehr machbar gewesen, wir haben das mehrfach beschrieben.
Immerhin hatten sich die Sozialausgaben in den beiden vorangegangenen Jahrzehnten mehr als verdreifacht; die Grenzen der Finanzierbarkeit bei einer insgesamt stagnierenden Wirtschaftsleistung waren längst erreicht. Unter Schröder war man mit 4% Nettokreditaufnahme des BIP über Masstricht hinausgeschossen.

Und jetzt kommt der Hammer: Der Staat war pleite und hat, statt das offiziell bekannt zu geben, eine heimliche Taktik gefahren: Die Hartz IV-Empfänger mussten ihr Vermögen aufbrauchen. Die Schuldenmacherei des Staates wurde ersetzt durch ein Entsparen in der Mittelschicht.
Und jetzt kommen Ursache und Wirkung zusammen: Die verfehlte Lohnpolitik hat zwar die Löhne derer erhöht, die ihren Arbeitsplatz behielten, wer aber rausfiel wurde finanziell platt gemacht. Das war das Ergebnis der nicht produktivitätsorientierten Lohnpoitik. Der flächendeckende Wohlfahrtsstaat war zum permanenten Ausgleichsmechanismus ausgebaut worden war, und hat sich am Ende dieser Ära sozusagen de-finanziert. Der Sozialstaat saß in der Falle. Er hat sich als nicht mehr finanzierbar herausgestellt.

Immerhin hat man inzwischen nach 10 Jahren die Hälfte der Strecke bis zur Vollbeschäftigung (definiert als 3% Arbeitslosigkeit) zurückgelegt. Und von diesem eingeschlagenen Weg darf man aber nicht abkommen.
Künftighin ist die noch schwierigere Restaufgabe zu erfüllen. Bis zur Vollbeschäftigung müssen die Löhne weiter unter dem Produktivitätsfortschritt wachsen. Das erzeugt am Markt dann Knappheiten, die besonders entlohnt werden. Der Markt an Akademikern ist mit einer Arbeitslosenquote von 2% faktisch komplett leergefegt. Das gibt den Anreiz für Nachrücker sich Wissen anzueignen und in der Hierarchie aufzusteigen. Es kommt zur qualifikationsbedingten wage drift, so nennt man den automatischen Lohndruck. Wenn der sich durch alle Lohnsegmete frißt, haben wir am Ende auch die Chance die Problemgruppen in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Gemeint sind Ungelernte und Personal über 55. Und man hätte einen gangbaren Weg: Bei zunehmender Vollbeschäftigung steigen die Staatseinnahmen. Und man hat Minderausgaben im sozialen Netz. Hier könnte man einen Teil dafür einsetzen die Löhne besser aufzustocken, wenn denn der, der ein Handykap hat, bereit ist sich zu intergrieren. Alle anderen bleiben dann als Bodensatz. in Hartz IV.
Dass die wage drift funktioniert zeigen Boni an die Beschäftigten bei Porsche, Bayer und VW in Höhe um die 7.000 Euro.

Damit ist aber auch klar gesagt, was passiert, wenn man die Prozesse der wage drift abwürgt. Der Arbeitsmarkt für die am schlechtesten Qualifizierten ist dann dicht, der Bodensatz an Hartz IV steigt und damit die dauerhafte, staatliche Finanzierungslast. Die bisherige Dauerarbeitslosigkeit bleibt Dauerarbeitslosigkeit.

Aus dem Blickwinklel des Artikels heraus braucht dem Leser nicht erklärt werden wie ein Mindestlohn von 8,50 Euro wirkt. Schlägt man die Lohnenebenkosten auf, kommt man bei 15 Euro in der Klakulation längst über die produktive Leistungsfähigkeit am Rande des Arbeitsmarktes hinaus. Wer im Jahr 500 Euro zu teuer ist, fliegt aus dem Arbeitsmarkt und die Gemeinschaft blecht dann 15.000 Euro an Sozialkosten für genau diesen „Herausfaller.“ Dass dies die Sozialpolitilk der SPD und der Grünen ist, wird geschichtlich bis heute determiniert. Man hat eben aus der Wirtschaftsgeschichte nichts gelernt.
Und jetzt kommt der Clou: Von den Unqualifizierten verlangt man eine Weiterbildung, von der man sich selbst abgrenzt.
Und der nächste Clou ist, dass die französische Wirtschaft mit maximaletr Geschwindigkeit schrumpft, weil man an der ENA eben ganau das nie gelernt hat, was in unserem Artikel steht. Insofern ist Frankreich 10 Jahre behind the curve. Welch` ein Jubiläum! Um die Überhöhten Löhne abzubauen, müsste es 10 Jahre Null-Runden geben.

Quellen:

Deutschland und Frankreich driften auseinander (Welt)

Agenda 2010 droht das Schwarze Loch (Handelsblatt)

Quelle: fortunanetz

 

(Visited 17 times, 1 visits today)
Wie ein think tank Hartz IV sieht
0 Stimmen, 0.00 durchschnittliche Bewertung (0% Ergebnis)

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*