Russland, die Krim und die Welt

Eine bessere Analyse zur Krise in der Ukraine habe ich bisher nicht gelesen. Die bezahlten Systemschreiberlinge sollten wirklich mal darüber nachdenken, wie weit und wie lange sie sich noch für die System-Medien prostituieren wollen und sollten sich ein Beispiel an der folgenden Analyse von Heinz Sauren nehmen.
Dazu gehört nicht nur eine saubere, sowie objektive Berichterstattung, sondern auch eine exakte Recherche. Der Werbeslogan, „SPIEGEL-Leser wissen mehr“, gilt schon lange nicht mehr. Journalisten wie einst Rudolf Augstein, SPIEGEL-Gründer, sind in Deutschland so selten geworden wie karierte Maiglöckchen!

Vielen Dank, Herr Sauren.

———————————————————————————————

Heinz Sauren (freigeist) 

Russland okkupiert die Krim. Wenn man den Medien glauben schenken möchte, handelt es sich bei dieser territorialen Annexion, nach russischer Lesart um eine humanitäre Hilfsaktion zum Schutz der russisch sprachigen Mehrheit auf der Krim oder nach westlicher Sichtweise um einen völkerrechtswidrigen Angriff auf einen souveränen Staat. Die Geschehnisse im Machtkampf um die Krim fanden zwar ihren Auslöser auf dem Maidan in Kiev, aber nicht ihre Begründung.

Die Zukunft der Krim scheint besiegelt und wer sie in Zukunft zu seinem Machtbereich zählen kann wird nicht in Kiev sondern in Moskau und Washington entschieden. Der Anteil Europas an dieser Entscheidung ist weit geringer als die politischen Protagonisten in den europäischen Hauptstädten, es gerne hätten. Dies dürfte auch dem umtriebigen deutschen Außenminister Steinmeier bewusst geworden sein, der seinen vermeintlichen Verhandlungserfolg zwischen der ukrainischen Regierung unter Janukowitsch und den Oppositionellen, binnen weniger Stunden durch die tatsächlichen Ereignisse konterkariert sah. Europa glaubt sich in einem wesentlich größeren Einfluss als tatsächlich gegeben und setzt bei seinen diplomatischen Überlegungen fälschlicher Weise voraus, dass die Ukraine ein europäischer Staat sei und demnach die etablierten Mittel und Begründungen europäischer Diplomatie und Expansionspolitik greifen werden. Es war wohl der Wunsch der Vater des Gedanken dieser Fehleinschätzung und es wurde schnell offensichtlich das weder in Berlin, noch in Brüssel, sondern in Moskau die Weichen für die Zukunft der Ukraine gestellt werden.

Wer die Geschehnisse in der Ukraine und auf der Krim verstehen möchte, findet die Erklärungen nicht in aktuellen Medienberichten sondern in der jüngeren Geschichte. Alles was bisher in der Ukraine geschah und was in nächster Zukunft auf der Krim geschehen wird fand seine Initialzündung im Untergang des sowjetischen Imperiums und der Politik des Westens gegenüber Russland seit 1990. Entgegen den gebetsmühlenartigen medialen Bekundungen gab es kein Ende des „Kalten Krieges“ sondern eine Fortsetzung mit konspirativen Mitteln. Der kalte Krieg mutierte von einem militärischen Dauerdrohszenario zu einem Wirtschaftskrieg mit Mitteln der Geheimdiplomatie, in dem Russland nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion unterlegen war. Während der Westen beständig mehr Ressourcen in den Kampf um die Erringung der Weltherrschaft pumpte und in einem Tempo seine Machtbereich erweiterte, welches vor 1990 wohl niemand für möglich hielt, sah sich Russland gezwungen, seine Politik, seine Wirtschaft und seine geheimdienstliche Infrastrukturen zu restrukturieren.

Russland musste tatenlos zusehen wie es von einer Supermacht zu einem  Entwicklungsschwellenland degradiert wurde. Vor 1990 war es die militärische Macht, die die territorialen Marken setzte, der dann die Einsetzung des Wirtschaftssystems des Überlegenen folgte. Ab 1990 jedoch, änderten sich die Vorzeichen und die Wirtschaft okkupierte die Länder. Das Militär folgte nach. Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn und die baltischen Staaten brachen so aus dem russischen Wirtschafts- und Militärbündnis und wurden kapitalistische Demokratien und NATO Staaten. Ein ähnlicher Mythos wie die Dolchstoßlegende nach dem ersten Weltkrieg in Deutschland entwickelte sich und diesem folgte ebenso, wie in der Weimarer Republik, ein die Politik bestimmender, allgemeiner Volkswille der Wiedergutmachung. Wenn man parallelen zwischen Putin und Hitler ziehen möchte, wie es einige besonders ängstliche Populisten in der letzten Zeit versuchten, dann findet man diese in dem Willen der Völker, die sich in Folge ihrer Traumatisierung einen Wiedergutmacher erwählten. Dieses nicht in der Bewertung, zu allen russischen Aktionen und Reaktion mit zu berücksichtigen, war der Generalfehler des Westens der zwangsläufig irgendwann in einer Eskalation enden musste.

Für alles was in den vergangenen Wochen in der Ukraine geschah und auf der Krim geschehen wird, war und ist auch bestimmend, das die westliche Macht- und Expansionspolitik gegenüber Russland der letzten 20 Jahre, von Betrug und Täuschungen geprägt war, auf die Russland aufgrund seiner unterlegenen Position nicht gemäß des eigenen geopolitischen Anspruchs antworten konnte.

In Deutschland wurde es verschwiegen, doch in Russland wurde nicht vergessen, wie alles begann. Schon der erste Schritt des Rückzuges des russischen Bären war die Folge einer Lüge. Es war der amerikanische Präsident Bush Senior der dem sowjetischen Generalsekretär Gorbatschow versprach, dass nach dem Abzug der russischen Truppen aus dem wiedervereinigten Deutschland, die NATO nicht nach Osten nachrücken würde. Kaum waren jedoch die russischen Kasernen in Ostdeutschland geräumt, rückten  die NATO  bis zur polnischen Grenze vor. Gorbatschow sagte Jahre später, dass er dem Abzug der russischen Truppen nicht zugestimmt hätte, wenn ihm nicht versprochen worden wäre, das die NATO sich nicht weiter nach Osten ausdehnt.

Es folgten zwei Jahrzehnte der westlichen Arroganz gegenüber Russland. Die Amerikaner und die NATO hofierten Russland immer dann, wenn sie das russische Wohlwollen im Sicherheitsrat brauchten und verschoben zeitgleich ihren militärischen Machtbereich jedes Jahr ein Stück näher an die russische Grenze. Heute sichern offiziell amerikanische Luftstreitkräfte, im Auftrag der baltischen Staaten, ihre Grenzen zu Russland. Amerika versprach nicht weniger als die Rettung der Welt als es sich auch von Russland das ok holte, um den Irak anzugreifen und die Weltgemeinschaft vor den drohenden Massenvernichtungswaffen Saddam Husseins zu schützen. Es war eine Lüge und zerstörte für Russland wichtige wirtschaftliche Beziehungen sowie russischen Einfluss in der Region. Der Westen holte sich auch das ok Russlands um eine Flugverbotszone in Libyen zu errichten, einem Land das eine weitaus stärkere politische und wirtschaftliche Bindung zu Russland als zu Amerika hatte. Auch dieser russische geopolitische Einfluss war plötzlich verschwunden, als Moskau schnell feststellen durfte das die installierte Flugverbotszone nur dazu diente, amerikanischen und europäischen Luftstreitkräften zu ermöglichen, das Land in die westliche Gemeinschaft hinein zu bomben. Der amerikanische Versuch vor den Toren Moskaus, in Polen einen Raketenabwehrschirm zu installieren, der vermeintlich der Abwehr iranischer Raketen dienen sollte, machte Moskau endgültig klar, für wie schwach und unfähig zur Gegenwehr die amerikanische Administration Russland hielt.

Zwei Jahrzehnte nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion ist Russland nun wiedererstarkt. Innenpolitisch unterstützter Nationalstolz, eine sich aus den Eskapaden des Oligarchenkapitalismus befreiende Wirtschaft und ein immer noch imposantes Waffenarsenal, bieten neues Potential, zukünftig die Weltpolitik wieder mitbestimmen zu können und die aus Sicht des Präsidenten Putin natürliche Stellung als Großmacht wiederzuerlangen. Innenpolitisch wird die aufkommende alte Stärke und Größe als Wiedergutmachung verstanden und jeder Schritt der im Westen als schroff abweisend und hart verstanden wird, verstärkt den Rückhalt innerhalb der Bevölkerung und kompensiert so nebenbei auch noch unpopuläre Schritte, im Sinne der großen Sache. Aus Putins Sicht, ist ein gleichstarkes militärisches Äquivalent zur NATO zwingend, um das angestrebte russische Gesellschaftsmodell gegen westliche Okupationsversuche wirkungsvoll verteidigen zu können. Putin meint damit ausdrücklich auch den Raubtierkapitalismus, den er in Russland bereits seit geraumer Zeit den Kampf angesagt hat und dem bereits die meisten russischen Oligarchen zum Opfer gefallen sind.

Der Westen bekam die neue Selbstsicherheit des russischen Bären in Syrien zu spüren und die westlichen Regierungschefs zeigten sich überrascht und hilflos. Mit dem russischen Präsidenten Putin steht dem Westen nun ein Machtpolitiker gegenüber, der die geopolitischen Verhältnisse neu ordnen will und weiß, das er um dieses zu erreichen, eines auf keinen Fall tun darf. Nämlich weitere Machtpositionen zu opfern. In Syrien ist die Mittelmeerflotte Russlands stationiert und Putin machte deutlich, das er diese geopolitische Machtbasis nicht aufgeben wird. Für die westliche Diplomatie ist dieser Mann unbequem, da er ein nationaler Idealist ist, der sich wenig anfällig für diplomatischen Pragmatismus zeigt. Putin dürfte sich auch noch an das Bild der westlichen Medien erinnern, das einen heimlich zu belächelnden, kleinen Mann mit zaristischen Machtträumen zeichnete. Heute ist es diese beinahe zaristische Macht, aus der er seine Stärke zieht, mit der er in Syrien allen westlichen Interessen trotzt und auch auf der Krim trotzen wird.

Der kalte Krieg ist nie beendet worden, weder im geostrategischen Machtgezerre der politischen Blöcke Ost gegen West, noch in den Köpfen des russischen Volkes und seines Präsidenten Putin, der den Zusammenbruch der Sowjetunion nach eigenem Bekunden, für die größte geostrategische Katastrophe des 20.ten Jahrhunderts hält. Es ist eine politisch naive Sichtweise der Europäer zu glauben, dass der kalte Krieg verschwand, als seine Mittel und seine Deklaration sich änderten. Auch scheint eine alte Regel des kalten Krieges wieder zu gelten. Wer Russland als erster angreift, stirbt als zweiter, sowohl wirtschaftlich als auch militärisch.

Seitens der westlichen Medien wird Putin vorgeworfen, das er sich ungeschickt in eine politische Lage manövriert hätte, die es ihm nun unmöglich macht, sich von der Krim ohne eigenen Gesichts- und innenpolitischen Machtverlust zurück zu ziehen. Eine Denkweise die nur dann Sinn ergibt, wenn man sich die Denkweise der westlichen Diplomatie zu eigen macht und sich jederzeit eine Hintertür offen lassen muss, da man im Konfliktfall keine Möglichkeiten hätte seine Ansprüche gegen die Interessen anderer durchzusetzen. Putin begibt sich jedoch nicht in diese Gefahr und es ist auch nicht naiv sich diesen Ausweg nicht offen zu halten, wenn der Ausweg generell keine Option ist, als auch die tatsächlichen Möglichkeiten bestehen, die eigenen Interessen gegen jeden anderen durchzusetzen. Putin weiß, dass niemand in Europa oder Amerika, es tatsächlich auf eine Machtprobe mit ihm ankommen lassen würde und schon gar nicht für die wirtschaftlich und militärisch für den Westen unbedeutende Krim. Diese Selbstsicherheit bezieht Putin nicht einmal aus seiner eigenen Stärke, sondern aus der Gewissheit das er sowohl in einem militärischen als auch in einem wirtschaftlichen Schlagabtausch mehr Verluste verkraften könnte, ohne den notwendigen innenpolitischen Rückhalt zu riskieren, als die westlichen Demokratien. 5000 gefallene eigene Soldaten in einem militärischen Konflikt wären in Moskau eine Schlagzeile. In London, Paris, Berlin oder Washington würde die gleiche Meldung einen Sturm der öffentliche Entrüstung auslösen, dem kaum eine  Regierung stand halten könnte.

Der Westen hat ein wirtschaftliches Interesse die Ukraine nach Europa zu führen und die NATO eines, die ukrainische Armee ihrem Kommando zu unterstellen, aber das geht auch ohne den Osten der Ukraine. Russland sieht den Osten der Ukraine, insbesondere die Krim, historisch und kulturell, als Teil Russlands an und kann aus seinem eigenen geopolitischen Machtanspruch, auf den Stützpunkt seiner Schwarzmeerflotte in Sewastopol nicht verzichten. Die Teilung der Ukraine war besiegelt als Janukowitsch stürzte. Ob der Osten der Ukraine, Russland de jure, also territorial eingegliedert wird oder nur de facto, mittels eines verwässernden Föderationsabkommen, dürfte nichts an der Tatsache ändern, dass die Krim von nun an russischer Machtbereich ist und wird nur davon abhängig sein, welche machtpolitischen Geschenke Putin für ein formelles Einlenken geboten werden.

Die unreflektierte Unterstützung Europas und Amerikas, in Bezug auf die aktuellen Entwicklungen in der Ukraine lässt sich nur mit übergeordneten und wenig durchschaubaren Interessen begründen und auch die öffentlichkeitswirksame Unterstützung eines Volkes, bei seinem Versuch die Freiheit zu erringen, sind politische Lippenbekenntnisse.

Die Ukrainer hatten die Möglichkeit sich für die Zugehörigkeit zu Europa zu entscheiden. Doch sie entschieden sich bei den letzten Wahlen, demokratisch und mehrheitlich für einen Kurs von Europa weg, nach Russland gewandt und wählten Janukowitsch. Unzweifelhaft ein durch und durch korrupter Politiker, aber es ist das Recht einer Demokratie einen Betrüger zu wählen. So was geschieht auch in den besten Demokratien ziemlich regelmäßig.

Als Janukowitsch sein Wahlversprechen einhielt und ein Assoziationsabkommen mit Europa auf Eis legte um die Ukraine wirtschaftlich näher an Russland bringen, entfachte das den Aufstand auf dem Maidan. Im Sinne einer Demokratie wäre es angesagt gewesen, die Proteste aufrecht zu erhalten um die Meinung des ukrainischen Volkes dahin gehend zu beeinflussen, das es bei den nächsten Wahlen einen anderen Kurs bestimmt und Janukowitsch für seine Betrügereien öffentlich zu brandmarken, ohne dabei die Regierung zu stürzen. Das hätte zwar zu keinem Ergebnis im Sinne der Oppositionellen geführt, aber es wäre demokratisch gewesen.

Bei der Betrachtung des Umsturzes sollte nicht vergessen werden, das die jetzige Übergangsregierung, in großen Teilen, ebenso wenig auf demokratischen Überzeugungen beruht, wie die vorherige. Einzig die Vorzeichen haben sich geändert von scharf links nach scharf rechts. Der Anteil ewig  gestriger Steinzeitkommunisten wurde durch einen ebenso großen Anteil von Nationalsozialisten ausgetauscht. Der Anteil der Demokraten dürfte ungefähr gleich geblieben sein.

Europa sieht sich an das Souveränitätsversprechen von 1994 erinnert, das die Ukraine als Gegenleistung für ihren Beitritt zum Atomwaffensperrvertrag erhielt. Alle Beteiligten in diesem Konflikt positionieren und offenbaren ihre strategischen Ausrichtungen für zukünftige Auseinandersetzungen. Bei dieser ist auffällig, das Amerika im Gegensatz zu seiner Stellung während des militärischen kalten Krieges, in die zweite Reihe zurück getreten ist. Für Putin ist nun deutlich, das eine Auseinandersetzung mit Europa nicht zwingend eine Auseinandersetzung mit den USA zur Folge haben muss. Als Folge wird Russlands Umgang mit Europa deutlich weniger feinfühlig und Europas Einfluss auf Russland geringer werden.

Ein erstes unverhohlenes Angebot zum Schlagabtausch machte Russland Europa bereits bevor die Kämpfe auf dem Maidan losbrachen und bot der wirtschaftlich am Boden liegenden Ukraine Kredite und Zahlungserleichterungen von fast 15 Milliarden, als Eintrittsbonus in die russische Föderation. Die europäische Antwort war zu schwach um der ukrainischen Regierung den Schritt Richtung Europa zu ermöglichen, da dieser einen Staatsbankrott zur Folge gehabt hätte. Die europäischen Regierungen vermochten im Gegenzug nicht mehr als eine Milliarde in Aussicht zu stellen, da befürchtet wurde, eine höhere Summe könnte öffentlichen Unmut erregen. So war es nicht verwunderlich das Janukowitsch sich für das russische Angebot entschied. Für diese Richtungsentscheidung, ob Ost oder West, war es auch nicht hilfreich im Sinne der europäischen Interessen, das in Brüssel zeitgleich und öffentlich schon mal darüber diskutiert wurde, welches Spardiktat Kiev zukünftig auferlegt werden müsse. Mediale Vergleiche mit Griechenland haben wohl kaum einen Reiz auf die ukrainische Regierung ausgeübt. Eine realistische Hilfe im Sinne der von Kiev dringend benötigten Gelder, als  Summe von 12 Milliarden bot Europa erst an als feststand, das sich die Ukraine für Russland entschieden hatte. 1:0 für Russland vs. Europa, durch europäische Halbherzigkeit.

Es ist politisch ungewollt aber auch ein Fakt. Das was in der Ukraine geschah, war ein Putsch, der ist zwar nicht durch die Demokratie legitimiert, aber völkerrechtlich legitim. Im Ergebnis ist die Ukraine nun ein gespaltenes Land in dem sich der Teil, der nach Russland tendiert auf die Demokratie und der Teil,der nach Europa will, auf das Völkerrecht berufen kann. In den Medien, sowohl in West als auch in Ost, die sich grundsätzlich nicht die Mühe machen, zwischen Demokratie und Völkerrechtskonformität zu differenzieren, wird alles inhaltlich vermischt als ob diese zum Teil unterschiedlichsten Definitionen das gleiche beschreiben. So entsteht das Zerrbild der gerechten Europa- und den ungerechten Russland Befürworter oder eben umgekehrt. Dieser Unterschied ist innerhalb der Diplomatie jedoch sehr wohl bekannt und der Grund warum Putins auf die Demokratie gestützte Argumentation ebenso wenig widerlegt werden kann, wie die westliche Position, sich auf das Völkerrecht beruft.

Die Ukraine war ein Staat, der zum Schluss zwei unterschiedliche gesellschaftliche Grundrichtungen in sich vereinte und sie zerbrach daran. Wenn nun eine dieser Grundrichtungen alleinig bestimmend für den zukünftigen Staat sein werden, bedeutet das für den anderen Teil die Unterdrückung, unabhängig welche Gruppe bestimmend sein wird. Es ist nachvollziehbar das alle beteiligten Politiker insbesondere im Westen, die sich aus diesem Umstand zwingend ergebende Teilung des Landes vehement ablehnen. Sie fürchten einen Dominoeffekt. Dieser ist nicht hypothetisch sondern eine reale Gefahr für beinahe jedes westliche Land. In Großbritannien sind es die Schotten, in Deutschland die Bayern und in Spanien die Basken. Es sind eine Menge separatistische Bewegungen in Europa zu verzeichnen, für die eine Teilung der Ukraine eine willkommene Unterstützung ihrer eigenen Bestrebungen wäre. Diesem Trend entgegen zu wirken ist das Hauptanliegen der Politiker, bei Ihren Bemühungen die Ukraine zusammen zu halten.

Die scheinbar selbstverständliche Expansion Europas und der NATO nach Osten, der vergangenen Jahrzehnte, hat ihr Ende erreicht. Zukünftig werden kriselnde Staaten am Rande Europas nicht mehr automatisch ihren Weg in das politische Europa finden. Russland wird mit dem gleichen Selbstverständnis Einfluss fordern, wie die NATO, Amerika und Europa es heute schon tun und der kalte Krieg wird wieder in die Köpfe der Menschen in Europa zurück finden. Nicht weil er sich neu entfacht, sondern weil er ins Bewusstsein zurück rückt, aus dem er mit reichlich politischer Naivität verdrängt worden war.

Dies ist nicht der Beginn der Kriege die während des militärischen kalten Krieges unentwegt prophezeit wurden, sondern die Wiederaufnahme eines Streites um geopolitische Macht, den Russland aus wirtschaftlichen Gründen zwei Jahrzehnte ausgesetzt hatte. Es geht um die weltpolitische Vorherrschaft gesellschaftlicher Ideale, die sich in der Vergangenheit zwar angenähert haben, jedoch nur um zu erkennen das sie im Wesen nicht kompatibel sind. Diese fehlende Kompatibilität ergibt sich aus dem in beiden Systemen bestimmenden Faktor Geld. Während im Westen Geld ein Selbstwert ist, auf den Wirtschaft, Politik und Gesellschaft hin arbeiten, ist Geld in Russland mehr ein Mittel zum Zweck der Macht, auf die alles zuläuft. Die westlichen Gesellschaften sind Besitzgesellschaften bei denen Macht zu Besitz führt, während in den östlichen Machtgesellschaften Besitz zur Macht führt. Die Unterschiedlichkeit Geld als Weg oder als Ziel zu betrachten offenbart die grundsätzliche Unterschiedlichkeit der politischen Kulturen.

Die aktuelle Angstmacherei in einigen osteuropäischen Staaten, als nächstes auf der Liste der russischen Begehrlichkeiten zu erscheinen dürfte unbegründet sein, da sie allesamt der NATO beigetreten sind und damit unter ihrem Schutz stehen. Auch für sie gilt, niemand beschwört einen internationalen militärischen Konflikt für sie herauf, auch nicht Putin. Er kann das in der Ukraine, weil sie eben nicht Mitglied der NATO ist und wird es wohl als nächstes in Weißrussland versuchen, bevor die NATO dort versucht sich zu etablieren.

Die Gefahr einer Konstellation zweier weltpolitischer Machtblöcke, ist im Grunde keine der Macht sondern der Ohnmacht und zwar derer, die sich dadurch als Verlierer sehen.

Zwei Jahrzehnte war Russland der machtpolitische Verlierer und nur durch seine innenpolitischen Probleme als auch seine wirtschaftliche Schwäche hat es darauf verzichtet seinem Machtverlust militärischen entgegen zu wirken. Durch die wiedererlangte Stärke ist diese Gefahr behoben. Nun wird es der Westen sein der seine Interessen nicht mehr ungezügelt durchsetzen kann, was bei einigen Beteiligten dazu führen könnte, dass sie ihre Positionen als geschwächt sehen, sich als Verlierer verstehen. Von Ihnen werden zukünftig die Gefahren ausgehen. Sowohl Amerika als auch Europa haben in der Vergangenheit bewiesen, das ihnen kein Grund zu fadenscheinig und keine Lüge zu dreist ist, wenn sie einen Krieg wollen. Ein Blick zurück in die Vergangenheit offenbart, das seit dem Zusammenbruch des sowjetischen Staatskommunismus wesentlich mehr Kriege im Westen initiiert wurden, als im Osten. Hinzu kommt noch das Russland aufgrund seiner wirtschaftlichen Prognosen als BRIG Staat seinen Einfluss auch ohne militärische Hilfe beständig vergrößern wird, während der Westen darum kämpfen muss, seinen überhaupt zu erhalten.

Das ukrainische Volk kämpft für seine Freiheit. Die einen für die Freiheit die ihnen Europa verspricht und die anderen für die Freiheit der russischen Föderation. Die Menschen beider Lager tun es aus Überzeugung und haben Angst das die jeweils andere Seite gewinnen wird. In einer gemeinsamen Ukraine wird ein Lager der Verlierer sein müssen. In einer geteilten Ukraine bekommen alle Menschen das wonach sie streben, doch dann verliert die westliche Politik. In welchem Land oder Ländern die Ukrainer in Zukunft leben werden, steht nicht mehr in ihrer Macht. Sie sind nur noch die Statisten geopolitischer Machtinteressen und werden das nehmen müssen, dass ihnen die großen Machtblöcke unter dem Gesichtspunkt eigener Interessen zugestehen werden. Der Glaube die ungeteilte Ukraine könne sich zwischen beiden Machtblöcken halten und davon profitieren ist politisches Wunschdenken derer, die jegliche Veränderung ablehnen und beinhaltet die unrealistische Annahme, beide Machtblöcke würden in Zukunft auf die Durchsetzung ihrer Interessen verzichten. Das Ergebnis wäre eine Ukraine als permanenten Zankapfel und die Festlegung auf einen Bürgerkrieg als staatliche Durchführungsverordnung.

Das wäre weder demokratisch noch völkerrechtlich legitim.

Ich empfehle mich in diesem Sinne

Heinz Sauren

 

(Visited 14 times, 1 visits today)
Russland, die Krim und die Welt
0 Stimmen, 0.00 durchschnittliche Bewertung (0% Ergebnis)

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*