Wie Rheinmetall den Ukraine-Überfall mit vorbereitete

Christof Leisinger (infosperber)

Der Rüstungskonzern gibt sich wegen dem enormen Aufrüstungsboom staatstragend. Jüngst noch wollte er mit Russland geschäften.

Das Geschäft mit Waffen kennt keine Moral. Das zeigt sich nicht nur an den ganzen illegalen Waffenschiebereien, die oft auch noch über die Schweiz abgewickelt werden. Auch der «Ukrainekrieg-getriebene» Kursaufschwung der Aktien von Waffenherstellern an der Börse hinterlässt einen faden Geschmack. Zumal hunderte angeblich «ethisch verantwortlicher» ESG-Fonds und ihre Anleger davon profitieren.

Und was ist vom Verhalten der ganzen Politiker zu halten, die das kriegerische Gefahrenpotenzial im europäischen Osten fahrlässig ignorierten, die die Investitionen in die Fähigkeiten zur Selbstverteidigung in den vergangenen Jahrzehnen vernachlässigten und welche die «Friedensdividende» verfrühstückten? Heute sind viele von ihnen wie umgedreht und plädieren für eine drastische Aufrüstung. Opportunistisch wie sie sind, wollen sie dafür sogar enorme Neuschulden in Kauf nehmen, statt die aufgeblähten Staatsausgaben nach unsinnigen und damit kürzbaren Posten zu durchforsten.

Der Land- und Stellungskrieg ist für Rüstungskonzerne sehr profitabel

«Der archaische Ukraine-Krieg bringt einen Höhenflug», heisst es dagegen in den Medien in Bezug auf die operative Entwicklung der Rüstungskonzerne. Der brutale «Land- und Stellungskrieg in der Ukraine, ein Relikt der Vergangenheit», sei sehr profitabel – derzeit vor allem, wenn sie Munition produzierten. Wie zum Beispiel für die deutsche Firma Rheinmetall, die operativ auch in der Schweiz sehr stark vertreten ist.

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Umsatzsprung – Rheinmetall wird zur Kriegsgewinnlerin. Hier geht es zu einer grösseren Auflösung der Grafik. © Christof Leisinger

Europas Verteidigung brauche eine solide industrielle Grundlage, erklärte der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz, als das Unternehmen vor wenigen Tagen zum Spatenstich für den Bau eines neuen Munitionswerks in Norddeutschland eingeladen hatte. Der Mann, der sich wohl heute noch gerne als Friedenskanzler feiern lassen würde, redete in diesem Zusammenhang von einer «Zeitenwende» in der europäischen Verteidigungspolitik. Opportunismus pur: Heute sorgt er dafür, dass Aufträge für die Erhaltung, den Ausbau und die Modernisierung der europäischen Streitkräfte mittlerweile in Rekordfülle bei der Rüstungsbranche eintrudeln.

Die Aufträge trudeln bei Rheinmetall in Massen ein

Allen voran bei Rheinmetall, dem weltweit grössten Hersteller von Artilleriemunition. Allein das neue Werk soll nach einer Bauzeit von zwölf Monaten mit der jährlichen Lieferung von bis zu 200’000 Grossgeschossen, sowie Sprengstoff und weiteren Komponenten für die Raketenartillerie einen Milliardenumsatz erzielen. Zusammen mit einem lokalen Partner will Rheinmetall auch bald in der Ukraine selbst einen Standort mit ähnlicher Kapazität eröffnen.

In Präsentationen strotzt der Rüstungskonzern nur so vor Zuversicht. «Die Welt befindet sich in Aufruhr und wir übernehmen Verantwortung!», heisst es dort grossspurig mit Verweis auf Rekordaufträge, hohe Gewinne und wohl auch auf entsprechende Boni für das Management. Innerhalb von drei Jahren möchte man den Umsatz verdoppeln auf mehr als 15 Milliarden Euro. Was für ein Glück – und was für ein Opportunismus.

Denn noch vor gut zehn Jahren hatte man ganz andere Pläne. Damals wollte das Unternehmen gemäss Recherchen des Westdeutschen Rundfunks die russische Armee mit einem «hochmodernen Gefechtsübungszentrum» ausrüsten. Der Konzern betrachtete dieses Geschäft als Einstieg in einen riesigen Markt und hoffte darauf, von der Modernisierung der russischen Armee profitieren zu können. Mit der «simulationsgestützten Ausbildung könnten jährlich bis zu 30’000 Soldaten ausgebildet werden», liess er damals verlauten.

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Seit Beginn des Ukraine-Kriegs hebt die Aktie von Rheinmetall ab. Hier gibt es eine grössere Auflösung der Grafik. © Christof Leisinger

Die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung sah in der Förderung von Rüstungsexporten wohl eine Möglichkeit, dem Konzern einen Ausgleich für den Rückgang an Aufträgen von der Bundeswehr zu bieten, für den sie selbst verantwortlich war. Tatsächlich hatte sie die notwendigen Exportgenehmigungen schon erteilt, obwohl die regierungsnahe Stiftung Wissenschaft und Politik schon damals in einer grossen Studie die offensive Ausrichtung der russischen Militärreform hervorgehoben hatte.

Russland probte den Ukraine-Überfall praktisch in einem Übungszentrum von Rheinmetall

Eigentlich hätte das Übungszentrum schon im Jahr 2014 voll einsatzfähig sein sollen. Mit erheblichem Dusel konnte der damalige Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel die Auslieferung der Bauteile aufgrund von in der Branche üblichen Verzögerungen nach der russischen Annexion der Krim noch stoppen. Mit dem Argument «Gefahren gehen davon nicht aus» klagte Rheinmetall vergeblich dagegen. Aus den Prozessunterlagen aber ging hervor, dass es bei den Gesprächen und Verhandlungen mit Russland um bis zu acht Anlagen der projektierten Art mit einem Gesamtvolumen von einer Milliarde Euro gegangen war.

Glaubt man WDR Investigativ, so wurde das Gefechtsübungszentrum nach dem Exportstopp vom russischen Rheinmetallpartner «Oboronservice AG» fertiggestellt. Ohne die fehlenden Bauteile aus Deutschland, aber wohl mit erheblichem Know-how von dort. Im September des Jahres 2021 habe der russische Präsident Wladimir Putin die Anlage in Mulino besucht und das Manöver «Sapad 21» inspiziert. Militärexperten hätten dieses als Generalprobe für den Angriff auf die Ukraine verstanden, heisst es weiter. Fünf Monate später starteten die russischen Streitkräfte den Grossangriff auf die Ukraine.

«An all dem kann man sehen, wie absurd der Vorwurf ist, der Westen habe Russland damals provoziert. Das Gegenteil ist zutreffend», zitiert der WDR den damaligen Heeresinspekteur Bruno Kasdorf. Während über diesen Punkt weiterhin gestritten werden dürfte, haben sich die Opportunisten klar blossgestellt.

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Amerikaner und Russen haben schon immer viel für das Militär ausgegeben. Hier gibt es eine grössere Auflösung der Grafik. © Christof Leisinger
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