The Lost Generation

The Lost Generation

(402. Pranger)

von Michael Winkler

Sie brauchen Ihre Brille nicht nachzuregeln, die Überschrift steht tatsächlich in Englisch da. Natürlich hat das einen Grund, und zwar einen quantenmechanischen. Sie wissen schon, Heisenbergsche Unschärferelation und Schrödingers Katze. Nein? Dann schlagen Sie das bei Gelegenheit nach, für das Verständnis dieses Textes ist das nicht nötig. Das Amerikaans bietet für „lost“ mehrere Übersetzungsmöglichkeiten, deshalb habe ich es verwendet, anstatt des präziseren Deutschen. „Lost“ heißt „verloren“, aber auch „verirrt“. Als Aufforderung „get lost“ heißt es „zieh Leine“, aber wir sind noch nicht bei Merkel.

Die Überschrift lautet also: Die verlorene / verirrte Generation. Da eine Generation 25 Jahre entspricht, spreche ich von meiner Generation, den zwischen 1945 und 1970 Geborenen. Das war die Vor-PISA-Zeit, deshalb gibt es keine Möglichkeit zum Ankreuzen. Die Grenzen der Generation sind fließend, erste Ausläufer beginnen ab 1940, die Nachzügler gehen bis 1975. So, jetzt wissen Sie, um was es geht, und, wie gewohnt, um die Deutschen.

Wir haben den Krieg nicht mehr bewußt erlebt, und wir haben vom Sandkasten aus zugesehen, wie unsere Eltern dieses Land wiederaufgebaut haben. Beim Holocaust konnten wir nicht mitspielen, dafür sind wir eindeutig zu jung. Mauerbau und Kubakrise haben uns nicht interessiert, selbst die Ankunft der Türken 1962 haben wir nur indirekt mitbekommen. Damals ist das Wirtschaftswunder zu Ende gegangen, und in der ersten Rezession 1965 ist Vati arbeitslos geworden und die Weihnachtsgeschenke sind spärlicher ausgefallen als erwartet. Dafür wurde in unseren Schulen noch Deutsch gesprochen und die Lehrpläne haben einen Sinn ergeben. Non scolae sed vitae discimus…

Natürlich waren wir alle brav, fleißig und diszipliniert. Wenn wir uns in der Schule geprügelt haben, war Schluß, wenn der Unterlegene zu Weinen begonnen hat. Wir haben nur so viel Alkohol getrunken, daß wir noch auf eigenen Füßen nach Hause torkeln konnten. In den Urlaub wurden wir per Bus, Bahn oder Auto gekarrt, Fliegen war noch zu teuer und Kreuzfahrten hat sich keiner leisten können. Der Feind stand für uns rechts, aber nur auf der Landkarte, die politische Bedrohung kam eindeutig von links. Den Modellbausätzen lagen noch Hakenkreuzaufkleber bei, und niemand erachtete deswegen den Weltfrieden oder die Demokratie für gefährdet. Und wir hatten Lehrer, die uns nicht die unendlichen Geschichten über das Leiden der Juden, sondern die Wahrheit über das ganz reale Leiden der Deutschen erzählt haben. Wir wurden nicht nach Dachau oder Auschwitz getrieben, sondern allenfalls nach Berlin, um die Mauer anzuschauen.

Wir hatten eine erfüllte Kindheit ohne Internet und Computerspiele, und wir haben es geschafft, uns über Tage, ja Wochen hinweg zu verabreden, ohne laufend über Smartphones miteinander zu kommunizieren. Die meisten von uns sind ohne einen eigenen Fernseher aufgewachsen und nicht alle hatten ein eigenes Zimmer. Natürlich ist so eine Generation lang, die Ältesten haben sich mühsam daran gewöhnt, in einem nun geteilten Land zu leben, während die Jüngsten ihren Wehrdienst bei Bundeswehr und Nationaler Volksarmee mit einem festen Feindbild begonnen und als Kameraden in derselben Truppe beendet haben.

Und heute sind wir an der Macht. Ein paar Fossilien und Museumsstücke wie Helmut Schmidt, Walter Scheel, Helmut Kohl, Hans-Dietrich Genscher und Richard von Weizsäcker leben zwar noch, man rollt sie hin und wieder sogar für einen Auftritt auf Bühnen und in Fernsehstudios, aber ernst gemeint sind die Höflichkeits- und Ergebenheitsadressen schon längst nicht mehr. Die Weisheit des Alters haben wir längst abgeschafft, zu Gunsten von Senilität und Alzheimer.

Ja, wir sind an der Macht, und schon bei unseren ersten Vertretern, Schröder und Fischer, haben wir gezeigt, daß wir eine verirrte Generation sind. Natürlich kommen auch wir nicht ohne Traditionen aus. Wer hat Euch verraten? – Sozialdemokraten! Daran hat sich auch Schröder mit den Hartz-Gesetzen und der Rente mit 67 getreulich gehalten. Machen wir uns nichts vor und schieben wir nicht die Schuld auf Kohl und Mitterand – WIR haben die D-Mark abgeschafft und den Euro eingeführt! Wir haben längst die Mehrheit in den Parlamenten gestellt, als es galt, für den größten Unsinn des 20. Jahrhunderts die Pfötchen zu heben.

Wir haben den zweiten Weltkrieg weder angefangen noch geführt. Wir haben zwar den Juden ihre Geschichtenbücher abgekauft, aber wir kommen darin nicht vor, wir haben nichts von dem getan, was darinnen ausgeschmückt und verhäßlicht wird. Das Geburtsdatum in unseren Papieren ist dafür ein eindeutiger, unwiderlegbarer Beweis. Trotzdem tun wir fortwährend so, als seien wir schuld gewesen, als müßten wir für alles büßen, was jemals von Deutschen getan wurde, und über all das schweigen, was immer wieder, seit Jahrhunderten, den Deutschen angetan wurde.

Wir sind die Idioten und Landesverräter, die sich mit allem abfinden, die zahlen, zahlen, zahlen und als Zugabe alles Deutsche verachten, in den Schmutz ziehen und hassen. Wir haben kein Recht, uns über Ausländer zu beklagen, die sich hier aufführen wie eine Besatzungsarmee. Und ja, das meine ich wörtlich, denn es sind unsere Staatsanwälte und Richter, die uns dieses Recht nehmen, es sind unsere Politiker, die uns in jeder Hinsicht schlechter stellen. Es sind Angehörige unserer für Deutschland verlorenen Generation.

Ach, Sie persönlich sind daran nicht schuld? Sie würden das alles ganz anders handhaben? Seien Sie versichert, ich auch! Doch es ist wie auf der Autobahn: Sie und ich sind an dem Stau nicht schuld, wir würden gerne zügig weiterfahren, und doch sind wir mit sieben Metern an dem zehn Kilometer langen Parkplatz beteiligt, der gerade im Radio gemeldet wird.

Wir sind die reichste, wohlhabendste und begütertste Generation, die je in Deutschland gelebt hat. Ein Teil unseres Vermögens mag im Moment noch unseren Eltern gehören, doch wem sollten die es sonst vererben, als uns Billionären? Wir sind die Generation, die weiter und häufiger gereist ist, als alle früheren Deutschen zusammen, und doch haben wir einen engeren Horizont als je zuvor. Wir sind nicht großzügig, sondern kleingeistig, ein Volk von Rechthabern und Prozeßhanseln, ein Volk von Denunzianten, nicht stolz auf die Geschichte von Jahrhunderten, sondern so beschämt über das Gerede, das von einem Dutzend Jahren handelt. Wir glauben lieber jenen, die alles nachplappern, was die Feinde über unser Volk erzählen, anstatt unsere Eltern und Großeltern zu fragen, die alles miterlebt haben und besser wissen, als die Geschichtsverdreher im Fernsehen.

Andere Völker bauen Denkmäler ihrer Ruhmestaten, wir rückgratlosen Dreckskerle bauen Denkmäler unserer Schande – und weihen diese auch noch mit großem Pomp und rhetorischem Feuerwerk ein. Was wir nicht sein wollen, nennen wir braun, und meinen doch deutsch. Statt dessen wollen wir bunt sein, alle Farben zugleich annehmen, jeder Beliebigkeit folgen, anstatt das Beste auswählen und diesem folgen. Wir stehen mit unserer Kultur weltweit einzigartig da, beneidet von allen Völkern, doch statt diese Kultur zu pflegen, pflügen wir sie unter in einem multikulturellen Einheitsbrei, der solche Massen von Kultur enthält, daß vor lauter konturloser Masse nichts mehr an Kultur zu erkennen ist.

Das bezeichnende Wort hat noch mehr Bedeutungen, und keine ist angenehm: lost – ausgestorben, tot, untergegangen, vergeudet. Das finanzielle Erbe unserer Väter haben wir angetreten, doch so, wie wir uns benehmen, ist das geistige Erbe unserer Väter an uns vergeudet. Wir haben am wenigsten aus dem gemacht, was uns übergeben wurde.

Nein, der unangenehme Teil fängt jetzt erst richtig an, mit dem ausgestorben, tot, untergegangen. Ja, ja, noch leben wir, aber…

Schauen Sie in die Zukunft! Unsere Eltern haben gesagt, daß wir, ihre Kinder, es einmal besser haben sollen. Unsere Eltern haben das geschafft, aber wir? Was hinterlassen wir unseren Kindern? Was haben wir getan, daß sie es einmal besser haben werden als wir? Unsere Bilanz ist niederschmetternd!

Ob der Euro noch drei Tage oder drei Jahre halten mag, kaum jemand wird leugnen, daß diese Währung keinen Bestand haben wird. Euro, Dollar, Yen, Pfund – das sind Währungen maroder, überschuldeter Staaten kurz vor dem finanziellen Zusammenbruch. Oh ja, es sind Goldman Sucks und die anderen Finanzhyänen, die berühmten jüdischen Großbanken mit ihren Spekulationen, die das angestellt haben. Aber wir, unsere Generation, hat das zugelassen!

Wir haben Kohl ins Amt gewählt, ebenso Schröder und Merkel. Selbst, wenn Sie nie ein Kreuz auf einem Wahlzettel hinterlassen haben, Sie haben das nicht verhindert. Sie haben nicht dafür gesorgt, daß sich eine bessere Politik in diesem Land durchgesetzt hat, Sie haben die Volksverräter in den Parlamenten nicht verhindert. Was nützt die geballte Faust in der Tasche, wenn der Rest des Körpers vor der SED-Bezirksleitung paradiert? SED-Bezirksleitungen haben wir heute überall, da steht nur CDU, CSU, SPD, FDP, Grüne oder Linke darauf. Die Volksdemokraten Ost wurden in ihrer Regierung nur einmal gestört, 1953. Die Volldemokraten West kennen solche Störungen überhaupt nicht.

Wir Kinder des Wirtschaftswunders werden ein finanzielles Chaos anrichten. Wir Kinder des Nachkriegsfriedens, des sozialen Konsenses, werden soziale Unruhen hervorrufen und ziemlich sicher Krieg in Europa herbeiführen. Wir hätten die Macht gehabt, seit 15 Jahren, das Ruder herumzureißen, die tickenden Zeitbomben zu entschärfen, aber wir haben es nicht getan. Wenn schon in Zeiten des Wohlstandes Ausländer unsere Straßen unsicher machen und unsere Gefängnisse füllen, welches Unruhepotential bilden diese Ausländer, wenn sich der Wohlstand auflöst? Wenn nicht mehr genug für alle da ist und jeder für sich sorgen muß?

Wir beschimpfen Rußland wegen Menschenrechtsverletzungen, die wir in vergleichbarem Maße selbst begehen. Wir vergießen Krokodilstränen wegen einer weiblichen Krawallmacherbande, die nur dank des umfassenden ausländischen Medienechos überhaupt wahrgenommen wird. Wir veranstalten rechtzeitig zur Fußball-Europameisterschaft eine Kampagne gegen die Ukraine wegen Julia Timoschenko, und wir lassen diese Kampagne sanft entschlafen, nachdem die EM vorüber ist.

Wenn wir uns schon in Friedenszeiten in die Angelegenheiten anderer Staaten einmischen, was passiert, wenn bei uns Unruhen ausbrechen? Griechenland und Spanien stehen am Rande eines Bürgerkriegs, vielleicht eines Militärputsches. Italien und Frankreich werden folgen. Wird das auf uns übergreifen? Und wird Rußland ruhig zusehen, wie die Staaten in seinem Vorfeld im Chaos versinken, anstatt einzugreifen und für Ruhe und Ordnung zu sorgen? Dann stehen die russischen Panzer auf dem Marktplatz… Eine Angela Merkel lebt da längst auf ihren Besitzungen in Paraguay.

Wir haben das Land wiederaufgebaut übergeben bekommen, und wir werden es auf unnachahmliche Weise in Trümmer legen. Obendrein haben wir in unseren Reihen auch noch Idioten, die das als gerechte Strafe für das empfinden, was wir niemals getan haben. Ja, wir sind die hirntote Gutmenschen-Generation, und jedem, der mit „Hinterdeppendorf ist bunt statt braun“ auf die Straße geht, dürften umgehend alle Organe entnommen werden, da es unwahrscheinlich ist, daß er je wieder das Bewußtsein erlangt.

Aber wir sind doch noch „jung, rüstig, arbeitsfähig“? Keine Sorge, wenn wir das Chaos überleben, das wir angerichtet haben, dürfen wir beim Wiederaufbau zupacken. Wenn wir Glück haben, unter der Aufsicht der nachfolgenden Generation, der jüngeren Deutschen, wenn wir weniger Glück haben, unter der Knute derjenigen, die von uns hirntoten Gutmenschen ins Land gelassen worden sind. Wenn es schnell geht, sind die Jüngsten der „lost Generation“ dann 50, haben sogar noch ein paar gute Jahre vor sich. Die Ältesten sind 75 geworden, ausgelaugt und gebrechlich.

Glauben Sie etwa, nach dem Wiederaufbau kommen die 70er und 80er Jahre zurück, in denen wir im Westen aus dem Vollen geschöpft haben? Oh nein, wir gelangen bestenfalls ins Jahr 1950, die Tische drohen nicht unter den aufgetürmten Delikatessen zusammenzubrechen, wir träumen da eher von Würstchen mit Salat. Sie sollten auch nicht glauben, mit ein paar Unzen Gold wie Gott in Frankreich leben zu können. Sicher, mit Gold geht es Ihnen besser als ohne, doch erstens müssen Sie Ihr Gold und Silber durch die schlechte Zeit gebracht haben, zweitens können Sie mit allem Gold der Welt nicht das kaufen, was es nicht gibt. Um es so auszudrücken: Sie schwelgen dann in der Schnitzel-Klasse, doch die Kobe-Rinder bleiben in Japan, die Kiwis in Neuseeland und Bananen gibt es so häufig wie zu Honeckers Zeiten.

Ich rede hier nicht von einer kleinen Konjunkturdelle wie 1965, auch nicht von Ölembargos wie 1973 oder 1979. Damals war nach ein paar Wochen, ein paar Monaten wieder alles wie zuvor, und selbst auf dem Höhepunkt dieser Krisen haben wir uns nicht wirklich einschränken müssen. Aber was ist, wenn der Dollar wirklich zusammenbricht? Haben Sie schon mal überlegt, was das Wort „Weltreservewährung“ wirklich bedeutet? Wenn das einstige Versandhaus Quelle Hemden in Vietnam gekauft hat, konnte es, wenn die Vietnamesen keine Euro haben wollten, in der Reservewährung der Welt bezahlen, in Dollar.

Nach dem bevorstehenden Zusammenbruch liegt der Welthandel darnieder. Man kann sich nicht eben mal ins Flugzeug setzen, um nach Hanoi zu fliegen. Internet, Telephon, selbst Telegramme setzen voraus, daß es in Deutschland, in Vietnam und auf irgendeinem Weg dazwischen Strom und Signalverbindungen gibt. Sollten die Vietnamesen wirklich nähen können, was haben Sie denen zu bieten? Dollar, Euro, was auch immer, gibt es nicht mehr. Mit den Neuen National-Mark können die Vietnamesen nichts kaufen, also müssen Sie ausweichen. Gold und Silber mögen gehen, vielleicht auch Ersatzteile von Mercedes oder Siemens, doch das müssen Sie erst aushandeln. Und dann müssen Sie einen Weg finden, wie das Geschäft abgewickelt wird, wenn kaum noch Schiffe fahren.

Wir werden von dem leben müssen, was wir in unserem Land haben. Im Ruhrgebiet wird wieder Kohle gefördert und Stahl gekocht. Dampflokomotiven ziehen Güter und Passagiere durch das Land, Benzin für Autos kann sich kaum jemand leisten. Urlaub, das sind drei Tage, bestenfalls eine Woche im Schwarzwald, mit der Eisenbahn. Erzählen Sie den jungen Leuten, die Sie, den alt Gewordenen, mit durchfüttern, von Ihren Ferien auf den Seychellen? Von Taiwan und Brasilien? Ob Sie dann zur Get-lost-Generation werden?

Nicht alles ist negativ an der neuen Zeit. Kampfemanzen, Gender-Beauftragte und „Ich bin schwul und das ist gut so“-Party-Bürgermeister erfahren eine Lektion im Darwinismus. Der Satz mit dem „Survival of the fittest“ gilt da natürlich, primär wird jedoch seine deutsche Ableitung aus der unerwünschten Geschichtsperiode zum Tragen kommen, das Ausmerzen des Lebensuntüchtigen. „Lost“ kann schließlich auch ausgestorben bedeuten. Und relativ wenig aus unserer Zeit ist es wert, vor dem Untergang gerettet zu werden. Die Errungenschaften der Reeducation, der Frankfurter Schule, der 68er, die unserer Generation eingepflanzt worden sind, dürfen getrost mit der „lost Generation“, mit der untergegangenen Generation begraben werden.

Keiner anderen Generation wurden zugleich so viele Chancen geboten und vorenthalten wie der unseren. Wir durften reich werden, uns mästen, traumhafte äußere Freiheiten genießen. Aber wir durften nie wirklich entscheiden, haben nie die innere Freiheit genossen. Was wir zu denken hatten, wurde uns vorgegeben. Wir wurden frei erzogen und in die Knechtschaft verbildet. Die Schlimmsten von uns haben im Namen von Freiheit und Demokratie die nachfolgende Jugend in den Schulen verdorben. Wir waren an der Quelle gesessen, wir hatten alle Möglichkeit, uns umfassend zu informieren, doch anstatt aus dem reinen Brunnen der Natur zu trinken, haben wir zu Plastikflaschen gegriffen und die Quelle zugemüllt.

Wir sind inzwischen soweit, daß ein Modellbauer, der seine Basteleien mit der Original-Bemalung, also dem Hakenkreuz als Hoheitszeichen, ins Internet stellt, aus Modellbauforen gemobbt wird und eine Anzeige wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen riskiert. Wir werden als Hunde mit Würgehalsband und Maulkorb herumgeführt, wir sind es obendrein selbst, die uns diese Folterinstrumente anlegen. Wir haben es zugelassen, wir haben es vergeigt. Deshalb sind wir „the lost Generation“.

Wir haben die Büchse der Pandora über unser Land ausgeschüttet, wir, denen es so gut gegangen ist. Ganz unten in dieser Büchse liegt jedoch die Hoffnung, und auch die ist hinausgerutscht, wurde ins Land gelassen. Hinter dem „wir“ steckt immer ein „ich“. Eines? Viele! Dieses „Ich“ kann dem „Wir sind bunt!“ jederzeit ein „Ich bin deutsch!“ entgegensetzen. Wenn die anderen Lemminge alle von der Brücke springen wollen, kann man ihnen nur aus dem Weg gehen und ihnen ihren Willen lassen. Genau das ist auch die Verteidigung, wenn die nächste Generation fragt, warum „wir“ das zugelassen haben. „Ich nicht!“

Millionen Lemminge, die alle überzeugt sind, das Richtige zu tun, hören nicht auf einzelne Lemminge, die vor dem Tod durch Ertrinken warnen. Diese Einzelnen sind die Spinner, die sich dem Zeitgeist entgegenstellen, die Zurückgebliebenen, die nicht die großartige Chance erkennen. Und wenn die Millionen am Ziel sind und in den Wellen ertrinken, sind es diese Zurückgebliebenen, die ihre Heimat neu bevölkern. Das unterscheidet das „Ich“ vom gesichtslosen „wir“.

Sie sind in „the lost Generation“ hineingeboren, daran können Sie nichts ändern. Sie gehören zum „wir“, zu denen, die alles zugelassen haben. Sie haben jedoch die Möglichkeit, sich als „ich“ herauszulösen. Träumen Sie dabei nicht von künftiger Macht, für das, was Sie tun, ernten Sie allenfalls begrenzten Dank. es geht um etwas, das nur WIR tun können, die Angehörigen der lost Generation: Wir können die Flamme retten und weitergeben, indem wir die Glut bewahren, wenn alles um uns herum zu Asche zerfällt. Wir können eine Brücke in eine bessere Zukunft bauen, wir können säen. Wir müssen das jedoch in der Gewißheit tun, daß wir nicht ernten werden.

In seinen Taten ist Konrad Adenauer nicht gerade das Vorbild für die Zukunft, in seinen Daten allerdings schon. Er hat Macht und Führung über die 16 Jahre hinweggerettet, in denen seine Art der Macht und Führung nicht gefragt gewesen war. Er hat beim Wiederaufbau die Zügel in die Hand genommen. Dies mag auch dem Einen oder Anderen aus der lost Generation beschieden sein, doch anders als Adenauer dürfen wir die neue Zeit nicht prägen wollen. Dafür haben wir, unseresgleichen, zu viel falsch gemacht und zu viel zugelassen.

Wenn Sie sich darauf einlassen, die Glut weiterzugeben, werden Sie nur eines bekommen: Gotteslohn. Gott ist bekanntermaßen sehr knausrig, wenn es um Reichtümer geht. Mehr als ein gutes Gewissen ist nicht drin. Aber damit würden Sie bereits mehr erhalten als Helmut Schmidt, Walter Scheel, Helmut Kohl, Hans-Dietrich Genscher und Richard von Weizsäcker.

©Michael Winkler

Quelle: michaelwinkler

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