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Urs P. Gasche (infosperber)

Vor zwölf Jahren berichtete ich über die «unnötige Angstmacherei», mit der gesunde Frauen zum Röntgen der Brüste motiviert wurden.

Jetzt wird die Irreführung der Frauen von höchster und unabhängiger Stelle bestätigt. Krebsliga, Radiologen und Screening-Befürworter hätten die Frauen «verwirrend und irreführend» über den Nutzen des Mammographie-Screenings informiert und würden dies teilweise noch heute tun. Zu diesem Befund kommen das von Screening-Interessen unabhängige Fachgremium «Swiss Medical Board». Denn die von Krebsliga, Frauenärzten und Radiologen stets wiederholte Aussage, dass die Früherkennung das Risiko für Brustkrebs um 20 bis 25 Prozent verringere, würden nicht nur Frauen, sondern «offensichtlich auch viele Fachpersonen» falsch verstehen. Es handle sich um eine «relative Risikoreduktion», die zum Einschätzen des Nutzens irrelevant sei.

Das «Swiss Medical Board» wird von der FMH, der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften und den Gesundheitsdirektoren getragen. Dessen neusten Befund hat die «NZZ am Sonntag» am 2. Februar 2014 veröffentlicht.

Zusammenarbeit gekündigt

In der gleichen Zeitung hatte ich bereits vor zwölf Jahren über den übertrieben dargestellten Nutzen und die herunter gespielten Nachteile des Brust-Screenings berichtet. Unter dem Titel «Der Nutzen der Mammographie ist medizinisch umstritten» stellte ich fest: «Die Angst wird kräftig geschürt: Statistiken werden so irreführend präsentiert, dass der Nutzen weit übertrieben erscheint» und die Risiken kaum erscheinen.

Nach einem weiteren Artikel, ebenfalls im Jahr 2002, über die fragwürdige Werbung zugunsten der «Hormonersatztherapie» für Frauen zur Vermeidung von Brustkrebs, Herzkreislaufkrankheiten, Osteoporose und vorzeitiger Alterung hat mir die «NZZ am Sonntag» die Zusammenarbeit gekündigt. Heute gilt die «Hormonersatztherapie» als eine Ursache von Brustkrebs.

Krebsbehandlungen ohne Nutzen

Im Jahr 2009 hatte ich im «Tages-Anzeiger» über neue Studien informiert, die auf ein hohes Risiko von «Überbehandlungen» hinwiesen (siehe Attachment). Jetzt kommt der «Swiss Medical Board» zum Schluss, dass auf einen verhinderten Brustkrebs-Todesfall eine bis zehn Frauen kommen, die ohne Nutzen gegen Brustkrebs behandelt werden. Hintergrund: Die früh entdeckten Krebszellen hätten sich im Körper nicht verbreitet oder wären sogar wieder verschwunden. Fälschlicherweise glauben diese operierten Frauen, dass die Früherkennung und die wenig invasive Operation sie vor Schlimmerem bewahrt hat.

Je geringer der Nutzen ist, desto mehr fallen diese Schäden ins Gewicht: Verschiedene Studien haben gezeigt: Bei einem flächendeckenden Screening würden in der Schweiz etwa 400 Frauen (je nach Studie zwischen 60 und 600) ohne Nutzen operiert. Dafür könnte die Frühentdeckung bei einer Teilnahme aller gesunden 600’000 Frauen im Alter zwischen 50 und 69 «jährlich 120 bis 150 Leben retten», wie die Krebsliga heute erklärt. Das wären zehn Prozent der insgesamt 1350 jährlichen Brustkrebs-Todesfälle in der Schweiz.

Keine Lebensverlängerung

Das Vermeiden von Brustkrebs-Todesfällen heisst jedoch nicht, dass die am Screening teilnehmenden Frauen länger leben. Denn es können Frauen an den Folgen des Screenings, namentlich der Überbehandlungen, zusätzlich an andern Todesursachen sterben. Jedenfalls kommt das «Swiss Medical Board» zum Schluss: «Die Gesamtmortalität wird nicht beeinflusst».

Deshalb empfiehlt das Fachgremium den Kantonen, die noch kein Screening-Programm eingeführt haben (ZH, AG, SH, LU, ZG, NW, OW, UR, GL, SZ, AR, AI), auf ein solches zu verzichten. Den andern Kantonen, die ein Programm eingeführt haben oder unmittelbar davor stehen, empfiehlt das Gremium, die Programme «zeitlich zu befristen».

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