Die weltweite Jagd der Satten auf fruchtbares Land

Mirella Wepf / 31. Dez 2012 – Wer heute mit Rendite investieren will, kauft Anteile von Fonds, die in armen Ländern das fruchtbarste Land kaufen oder pachten.

Red. Auf diesen «kolonialisierten» Böden in Afrika, Südostasien und Südamerika werden fast keine Nahrungsmittel für die dortige Bevölkerung produziert, sondern meistens Futtermittel für die Fleischproduktion in den Industriestaaten, oder noch schlimmer: Pflanzen für die Produktion von Agrardiesel, mit dem namentlich Länder der EU ihr Benzin anreichern. Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit Deza hat zum «Land Grabbing» folgenden Bericht von Mirella Wepf veröffentlicht.

DER GROSSE RUN AUF FRUCHTBARES LAND

Der Run auf fruchtbares Land nimmt weltweit zu: Seit 2000 wurden gemäss neusten Berichten 83 Millionen Hektar Landwirtschaftsland von ausländischen Investoren – darunter Staaten, global tätige Unternehmen und private Investoren – erworben oder für fünfzig bis hundert Jahre gepachtet, das meiste davon in Ostafrika und Südostasien.

Publiziert hat diese Zahl im April 2012 Land Matrix, eine Online-Datenbank für Landhandel. Es wurden nur öffentlich bekannte Deals von Landstücken mit mehr als 200 Hektar Grösse erfasst. Manche Deals werden nicht öffentlich gemacht, weshalb die genaue Menge international gehandelten Landes nicht bekannt ist.

Zu den Trägerorganisationen von Land Matrix gehören unter anderem das Centre for Development and Environment (CDE) der Universität Bern und die International Land Coalition (ILC), einer Allianz von zivilgesellschaftlichen und internationalen Organisationen, welche von der Deza unterstützt wird.

Für mehr Transparenz

Bezüglich Land Grabbing ist eine der zentralen Fragen, wie sich dieses auf die Ernährungssicherheit der lokalen Bevölkerung auswirkt. «Solche Investitionen können auch neues Kapital in eine Region bringen, den Bau nützlicher Infrastruktur vorantreiben und gesellschaftlichen Wandel positiv beeinflussen», sagt Alexandre Ghélew vom Globalprogramm Ernährungssicherheit der Deza. Doch grundsätzlich sei Skepsis durchaus angebracht. Kritiker warnen denn auch davor, dass Kleinbauern ohne Landrechte zugunsten von Monokulturen vertrieben werden und Probleme mit der Wassernutzung entstehen, da für die grossflächige Bewässerung die Quellen leer gepumpt werden und die umliegenden Kleinflächen der Lokalbevölkerung vertrocknen.

Ein Schlüsselprojekt für die Deza ist das Land Observatory, welches sie mit einem Beitrag von 800’000 Franken unterstützt. Das Projekt hat zum Ziel, gemeinsam mit lokalen Partnern in fünf Pilotländern Methoden zu entwickeln, welche Landhandel und Ernährungssicherheit in Einklang bringen. Markus Giger vom CDE: «Bis Mitte 2013 werden wir für Laos, Kambodscha,Tansania, Madagaskar und Peru nationale interaktive Plattformen entwickeln.» Diese sollen landesweit mehr Transparenz schaffen. Die Land-Deals und entsprechende Hintergrundinformationen sollen für Interessenvertreter wie Kleinbauernvereinigungen, NGOs oder lokale Behörden abrufbar werden.

Die meisten Böden wurden schon genutzt

Der ergänzende Bericht zur Datenbank macht deutlich, dass der Erwerb von Land oft in Regionen mit hoher Bevölkerungsdichte stattfindet, und dass fast die Hälfte des betroffenen Landes bereits landwirtschaftlich genutzt wurde.

Ausländische Investoren konkurrenzieren also mit Kleinbauern. Die Analyse der über tausend erfassten Transaktionen lässt auch auf eine geografische Konzentration des Handels schliessen. Siebzig Prozent der Fläche, die sich im Besitz internationaler Investoren befindet oder von ihnen genutzt wird, liegen in elf Ländern, die meisten davon in Ostafrika und Südostasien. Die wichtigsten Investoren kommen aus Schwellenländern wie China, Indien oder Brasilien; eine wichtige Rolle spielen aber auch die Golfstaaten, gefolgt von Nordamerika und europäischen Staaten. Gemäss Land Matrix-Mitautor Markus Giger vom CDE gibt es auch Schweizer Firmen,die an solchen Deals beteiligt sind.

Freiwillige Richtlinien

Die Deza war an der Erarbeitung der freiwilligen Richtlinien zur Nutzung von Land, Wald und Fischgründen, die vom Komitee für Welternährungssicherheit im vergangenen Mai in Rom verabschiedet wurden, massgeblich beteiligt.

Auch beteiligte sie sich beratend an der Erarbeitung einer Charta für Investoren im Agrarbereich. Diese ergänzt seit September 2011 die UN-Principles for Responsible Investment (PRI), und wird derzeit von acht internationalen Finanzinstituten (darunter mehrere Pensionskassen) aus Holland, Dänemark, England, Schweden und den USA mitgetragen.

Doch «Richtlinien nützen wenig», so Alexandre Ghélew, «wenn sie nicht umgesetzt werden.» Skepsis sei durchaus angebracht. Kritiker warnen denn auch davor, dass Kleinbauern ohne Landrechte zugunsten von Monokulturen vertrieben werden und Probleme mit der Wassernutzung entstehen, da für die grossflächige Bewässerung die Quellen leer gepumpt werden und die umliegenden Kleinflächen der Lokalbevölkerung vertrocknen.

Neues Bodenrecht in Burundi

In Subsahara-Afrika sind die meisten Menschen in der Landwirtschaft tätig, doch nur wenige Länder haben eine Bodenpolitik, die diesen Namen verdient. Es fehlt an Katastern und Grundbüchern, Millionen von Bauern besitzen keinen offiziellen Eigentumstitel für ihr Land. Es gilt der aus der Kolonialzeit stammende Grundsatz der Domanialité, wonach nicht offiziell registriertes Land dem Staat gehört. Enteignungen und Vertreibungen sind also sehr einfach.

In Burundi hat die Deza einen innovativen Ansatz gewählt und unterstützte die Einrichtung von «Guichets fonciers» auf Gemeindeebene. Diese lokalen Land-Büros können rasch und kostengünstig Landtitel ausstellen. Zu Beginn geschah dies inoffiziell. Im Juni 2011 wurde dieses dezentrale Verwaltungsmodell im Rahmen des neuen burundischen Bodenrechts institutionalisiert und 2400 seit 2010 ausgestellte Titel wurden anerkannt.

Das Weltsozialforum hat das Land-Grabbing scharf kritisiert. Roman Berger hat auf Infosperber darüber berichtet.

Quelle: infosperber

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Es ist schon eine verrückte Welt, in der wir leben. Das Einzige was zählt, ist das Streben nach Profit – oder etwa nicht Herr Steinbrück.

Vielleicht geht es im kommenden Jahr mal weniger um „Die Gier nach Geld und Macht“!

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