Das „alte Europa“ wird neu gewählt oder: Der Bock als Gärtner

von Michael Obergfell (fortunanetz)

Heute, am 15.07.2014 soll Jean-Claude Juncker zum EU Kommissionschef gewählt werden. Der Vorgang und die Kritik um diesen Vorgang ist symptomatisch für die Politik der Euroretter. Jean-Claude Juncker ist einer der „Retter“ und er soll der EU-Kommission demnächst vorstehen. Diese Leute haben noch immer die volle Kontrolle über das „Haus Europa“ und zwar unbeschadet der Tatsache, dass sie Sparer und Steuerzahler täglich für die Rettung einer Währung bluten lassen, deren Stabilitätskriterien schon längstens an die Wand geknallt worden sind. Wie wir wissen, wurden aus den an die Wand geknallten Stabilitätskriterien kein „Stabilitätsprinz“, sondern ein Gebilde das uns allen schadet. Es heißt Transfer- und Haftungsunion und kostet unser Geld, schon jetzt und auch in der Zukunft.

Jean-Claude Juncker ist ein Berufspolitiker aus Luxemburg. Als gebürtiger Luxemburger vertritt er nicht unbedingt die Interessen einer der großen europäischen Nationen. Zudem hat er eine sehr konziliante und verbindliche Art, die ihn zum idealen „Kompromisskandidaten“ zwischen den großen Nationen Europas macht. Mit diesen Eigenschaften machte Juncker Karriere über Luxemburg hinaus in der europäischen Bürokratie. Juncker war federführend dabei, als der Vertrag von Maastricht verfasst wurde. Er war ebenso eine Zeit lang EU-Ratspräsident und dann eben auch einer der Autoren des Stabilitäts- und Wachstumspaktes, sowie der Vorsitzende der Euro-Gruppe. Damit war er gleich in mehrfacher Weise mit der Gestaltung der Eurokrise betraut und zwar in führender Position. Wir haben es unter anderem Juncker zu verdanken, dass der Euro hauptsächlich durch die Transfer- und Haftungsunion am Leben erhalten wird.

Und nun soll dieser Mann Vorsitzender der EU-Kommission werden, um natürlich die bisherige alte Politik der Eurorettung weiter führen zu können, die so viele Deutsche mittlerweile nicht nur aufregt, sondern eben auch richtig Geld kostet – auch dann, wenn sie es nicht zur Kenntnis nehmen…

Natürlich wird dies in der Presse durch sinnentstellende Artikel kommentiert wie z. B. den des Spiegel, wonach durch die Wahl Junckers Europa „gewinnt“ und Cameron „verliert“. Man muss sich das einmal vorstellen: Wenn der Mann, der die Haftungsunion als Lösung der Staatsschuldenkrise betreibt, gewählt wird, „gewinnt“ ganz Europa und zwar in der Form, dass nun alle Deutschen für die Schäden haften, die überschuldete Staaten angerichtet haben, indem sie an Banken wertlose und ungedeckte Staatsanleihen verscherbelten, die durch die Überschuldung dieser Staaten faktisch wertlos wurden. Auf diese Weise „gewinnt“ Europa. Sie sehen den Gewinn hoffentlich, denn dieser Gewinn ist ein realer Verlust für die Steuerzahler und Sparer, die entgegen der Nichtbeistandsklausel der EU dann blechen müssen, wenn diese Länder kein Geld mehr am Kapitalmarkt bekommen, wie dies z. B. bei Griechenland schon zeitweilig geschehen ist. Und David Cameron „verliert“ allein deshalb, weil er dagegen war dass Juncker zum Vorsitzenden der Kommission gewählt wird, weil er für den „alten“ um nicht zu sagen kranken Kurs der Eurorettung steht.

Natürlich „verliert“ Cameron bei der Wahl als Einziger, weil er einen Kandidaten für eine Kursänderung wollte. Er wünscht sich einen anderen Kurs gewählt, der nicht zu Lasten von Ihnen als Sparer und Steuerzahler geht. Nun hat wohl Cameron als Einziger „verloren“, wie aus dem Spiegel-Artikel hervorgeht. Natürlich haben SIE deshalb „gewonnen“ – fragt sich nur was sie gewonnen haben…

Auch Bernd Lucke von der AfD will gegen Juncker stimmen, wie auch die anderen Mitglieder der ECR. In der Gruppe der European Conservatives and Reformists finden sich alle jene Parteien wieder, die der Eurorettung skeptisch gegenüber stehen, aber in der EU bleiben wollen und sich vor allem eine andere EU wünschen. Dort ist auch die „Alternative für Deutschland“ (AfD) aufgenommen. Die Eurokritiker haben immerhin 70 Stimmen auf sich vereint. Die Eurokritiker grenzen sich von den EU-Gegnern deutlich ab, denn sie wollen die EU nicht verlassen. Natürlich sind EU-Gegner auch Eurogegner. Dennoch sind beide Gruppen von Eurogegnern nicht in derselben Fraktion. Auch in der Gruppe der Fraktionslosen sitzen Eurogegner bzw. Euroskeptiker. Summiert man alle Euroskeptiker kommt man zwar auf mehr als 120 Abgeordnete im Europaparlament, aber in Fraktionen organisiert sind davon nur 100 und die spalten sich eben auch in zwei Fraktionen auf. Die Euro-Skeptiker sind im Europaparlament zwar stark vertreten, aber sie haben eben nicht die Mehrheit! Und so kommt es, dass Juncker gewählt werden wird. Cameron „verliert“ dann und SIE „gewinnen“, weil der Bock eben zum Gärtner bestellt wird,

meint
Michael Obergfell

 

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