Keine Lust auf Nachrichten?

Medienkonzerne schlagen laut Alarm

Autor: Uli Gellermann (rationalgalerie)

Der „Reuters Institute Digital News Report“ ist eine hochmögende Einrichtung der Medienkonzerne. Seine Analyse ist weniger Teil der allgemeinen Dauermanipulation, sondern dient eher der nüchterneren Selbsteinschätzung zur Verbesserung der täglichen Bearbeitung des Massen-Bewusstseins. Insofern ist der Report von seltener Ehrlichkeit geprägt. Zwar legt auch diese Arbeit ihre Fragen nicht offen – nur wer die Fragen kennt, kann das Ziel der Befragung genau erkennen – aber weil der Report ein Arbeitsinstrument ist, ist in ihm die Lage der Medien in Deutschland deutlich zu begreifen: Das Vertrauen der Medien-Nutzer in ihre Medienkost ist weiter gesunken. Jeder Zehnte versucht sogar, den Nachrichtenkonsum aktiv zu vermeiden. Noch schlimmer ist dieser Satz des Reports für die Selbsterkenntnis der Manipulationsapparate: „Die Bedeutung Video-getriebener sozialer Netzwerke als Informationsquelle nimmt unterdessen weiter zu“.

Kein Vertrauen in Nachrichten

Nur noch 52 Prozent der erwachsenen Internetnutzer in Deutschland geben an, sehr an Nachrichten interessiert zu sein. Im Vorjahr waren es noch 57 Prozent. Die Frage nach dem WARUM der Nachrichten-Müdigkeit wird von jenem Teil der Studie der öffentlich zugänglich ist nicht beantwortet. Und doch findet sich ein klarer Hinweis in der Arbeit: „Mur 43 Prozent sind der Ansicht, man könne dem Großteil der Nachrichten in der Regel vertrauen. Das sind sieben Prozentpunkte weniger und gleichzeitig der niedrigste Wert, seitdem die Frage 2015 erstmals gestellt wurde“. Nur wer dem Wahrheitsgehalt der Nachrichten vertraut, kann auf Dauer ein Interesse an den Nachrichten haben. Dieses Interesse aber ist die Basis der Steuerungsmöglichkeit des Massen-Bewusstseins.

Alternative Medien ausgeblendet

Während die vorliegende Reuters-Studie die Wirkung der traditionellen Medien relativ kritisch reflektiert, werden die alternativen Medien ausgeblendet. Dass Informationsplattformen wie die „Nachdenkseiten“ oder „apolut“ die wesentlichen Voraussetzungen für die wachsende Distanz zu den üblichen Medien geschaffen haben, will die Reuters-Studie nicht erwähnen und verlegt sich so selbst den Weg zur Erkenntnis der eigenen Lage. Im Handbuch für Ausbildung und Praxis im Hörfunk des Springer-Verlags wird die Nachricht so definiert: „Die Nachricht ist eine direkte, auf das Wesentliche konzentrierte und möglichst objektive Mitteilung über ein neues Ereignis, das für die Öffentlichkeit wichtig und/oder interessant ist. „Neutral, nüchtern, parteilos“, wie das Synonym-Lexikon den Begriff „objektiv“ übersetzt, ist die Mehrheit der Nachrichten nicht.

Keine Rede von Objektivität

Spätestens während der Zeit des Corona-Regimes, als die deutschen Medien Gegenstimmen zum Kurs der Regierung komplett ausblendeten oder diffamierten, kann von Objektivität keine Rede mehr sein. Seit Beginn des Ukrainekriegs wurde diese Gleichschaltung der Mehrheits-Medien fortgesetzt. Von einer offenen, demokratischen Berichterstattung konnte und kann nicht mehr die Rede sein. So muß das das „gesunkene Vertrauen der Medien-Nutzer“ als verständliche Reaktion gewertet werden. Allerdings betreibt die Reuters-Untersuchung keine Ursachen-Forschung. Von den Gründen für das gesunkene Interesse an den Nachrichten ist nicht die Rede. Im Ergebnis dieses offensichtlichen Analyse-Mangels ist eine Änderung der Lage nicht zu erwarten. Man kann und muß sogar unterstellen, dass diese Verweigerung einer Ursachenforschung den Kurs der deutschen Medien eher weiter betoniert.

Gleichtakt von Mehrheitsmedien, Regierung und „YouTube“

An keiner Stelle schreibt die Reuters-Studie über die Löschungen bei „YouTube“. Obwohl die „Bedeutung Video-getriebener sozialer Netzwerke als Informationsquelle“ bei Reuters hervorgehoben wurde, findet die gezielte Zensur bei „YouTube“ nirgends eine Erwähnung. Aber gelöscht wurden genau jene Informationen, die dem Einheitskurs der Medien widersprachen. Zwar fehlt bisher jeder Beweis einer organisierten Zusammenarbeit zwischen Regierung und „YouTube“, aber dieser verschwiegene und verschweigende Gleichtakt von Mehrheitsmedien, Regierung und „YouTube“ kann kein Zufall sein. Gar keine Erwähnung findet die russisch inspirierte Plattform „RT Deutsch“. Die Plattform wird als Feindsender behandelt, so als sei Deutschland bereits offiziell in den Ukraine-Krieg verwickelt. Den Fall „RT Deutsch“ einfach nicht zu erwähnen, ist eine Verweigerung, die Wirklichkeit wahrzunehmen, die vor allem bei einer Medienanalyse mehr als befremdlich ist. Diese Weigerung ist geradezu eine stillschweigende Anerkennung der zentralen Steuerung von Zensur und stellt der Reuters-Studie ein erbärmliches Zeugnis aus.

Kampagne für Medienfreiheit?

Für die alternativen Medien ist die Lage nach der Reuters-Studie eindeutig: Sie wären die Rettung für den verbliebenen Rest von Presse- und Meinungsfreiheit. Wenn sie denn die zunehmend unzufriedeneren Medienkunden erreichen würden. Dem steht ihr mangelnder Bekanntheitsgrad im Wege: Selbst kritische Medienkonsumenten wissen häufig nicht, dass es Alternativen gibt und wo man sie erreichen kann. Es ist an der Zeit für eine gemeinsame Kraftanstrengung aller alternativer Medien, um deren Bekanntheitsgrad zu erhöhen. Es ist an der Zeit für eine Kampagne für Medienfreiheit, die sich nicht im Appell erschöpft.

Die Original Reuters-Studie:
https://leibniz-hbi.de/de/publikationen/reuters-institute-digital-news-report-2022-ergebnisse-fuer-deutschland

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