Die USA wollen die Erdgas-Politik der EU bestimmen

Die US-Regierung hat kürzlich erklärt, wie die europäische Erdgas-Politik ab 2025 aussehen soll. Dass das in Washington und nicht in Brüssel oder Berlin verkündet wird, lässt tief blicken.

Quelle: anti-spiegel

Die Lieferungen von russischen Öl und Gas nach Europa waren den USA schon immer ein Dorn im Auge. Schon Präsident Reagan hat Anfang der 1980er Jahre versucht, den Bau von Pipelines aus der damaligen Sowjetunion nach Europa zu verhindern. Gleiches ist später mit Nord Stream und dann mit Nord Stream 2 passiert, wobei die USA bei Nord Stream 2 endlich Erfolg hatten, denn die Pipeline wurde zwar gebaut, aber nie in Betrieb genommen.

Die Bemühungen der USA: Erfolg nach 40 Jahren

Das billige russische Gas war jahrzehntelang der Grundstein für den wirtschaftlichen Erfolg und den Wohlstand Westeuropas und vor allem Deutschlands, und Russland hat sein Gas immer zuverlässig geliefert, solange die Empfänger nur ihre Rechnungen bezahlt haben. Russland hat Öl und Gas nie als „Waffe“ eingesetzt, egal welche schweren Krisen die Ost-West-Beziehungen gerade durchlebt haben. Für Russland war und ist der Handel ein Geschäft, keine Politik.

Den USA war das russische Öl und Gas in Europa aus mehreren Gründen ein Dorn im Auge, denn erstens hat das billige russische Gas die europäischen Volkswirtschaften zu starken Konkurrenten der US-Wirtschaft gemacht und zweitens waren gute wirtschaftliche Beziehungen Europas zu Russland eine Gefahr für die Dominanz der USA über Europa.

Mit Beginn der Fracking-Industrie vor etwa 15 Jahren kam noch ein weiterer Grund hinzu, denn die USA wollten ihr durch Fracking gewonnenes Öl und Gas nach Europa verkaufen, wo es aber chancenlos war, weil es aufgrund der teuren Förderung und des aufwändigen Transportes um etwa 30 Prozent teurer ist als das russische Öl und Gas, das in Europa früher in fast unbegrenzten Mengen zur Verfügung stand. Und wer kauft schon freiwillig das gleiche Produkt teurer ein?

Die Wende kam 2022 als die EU als Reaktion auf den im Westen sogenannten „russischen Angriffskrieg“ im Rahmen von Sanktionen auf russisches Öl und Gas verzichtet und auf den eiligen Ausbau von Flüssiggasterminals gesetzt hat. Damit war der lästige Konkurrent Russland praktisch über Nacht fast vollständig vom europäischen Markt verdrängt und der Weg war frei für das teure Öl und Gas aus den USA.

Die Sprengung der Nord Streams, die im Westen niemand ernsthaft aufklären will, hat das dann noch besiegelt. Selbst wenn in Berlin oder Brüssel morgen vernünftige Politiker an die Macht kommen würden, die sich für die Interessen ihres eigenen Kontinentes und ihrer eigenen Länder interessieren, könnten sie das russische Gas nicht wieder fließen lassen, weil die Pipelines zerstört sind.

Das Ergebnis ist bekannt: Deutschland steckt in der Rezession und selbst die Mainstream-Medien verschweigen nicht mehr, dass in Deutschland wegen der hohen Energiepreise eine Deindustrialisierung abläuft. Die Unternehmen gehen entweder pleite oder wandern – vor allem in die USA – ab. Die USA haben ihr Ziel nach 40 Jahren endlich erreicht.

Das Ende des ukrainischen Gastransits

Es gab vier Pipelinesysteme, die russisches Gas nach Europa gebracht haben. Das waren die Nord Streams durch die Ostsee, die Jamal-Pipeline aus Russland über Weißrussland und Polen nach Deutschland, die ukrainische Pipeline durch Ungarn bis Österreich und seit einigen Jahren Turkish Stream, die russisches Gas über die Türkei nach Südosteuropa bis Ungarn pumpt. Die Nord Streams sind inzwischen zerstört und die Jamal-Pipeline wurde von Polen abgeschaltet, sodass heute nur noch die ukrainische und die türkische Route arbeiten.

Zur Erinnerung: Früher war das Argument der USA und ihrer Propagandisten in den europäischen Medien gegen den Bau von Nord Stream 2, dass Russland mit der neuen Pipeline die ukrainische Pipeline umgehen wolle. Die arme und bedauernswerte Ukraine brauche aber die Milliarden, die ihr der Gastransit als Transitgebühr einbringt. Nord Stream 2 sollte verhindert werden, damit die arme Ukraine nicht um ihre Einnahmen gebracht werden kann.

Heute ist alles anders, und das, obwohl die Ukraine heute noch dringender Geld braucht als vor einigen Jahren. Vor einigen Monaten hat die Ukraine angekündigt, den Ende 2024 auslaufenden Transitvertrag nicht zu verlängern. Plötzlich braucht die Ukraine die Milliarden nicht mehr.

Das hat vor allem in Österreich, das sein Gas zum größten Teil über die Ukraine bezieht, einige Sorgen ausgelöst, denn Österreich kann keine eigenen Flüssiggasterminals bauen, sondern ist ab 2025 darauf angewiesen, sein Gas irgendwie auf dem europäischen Markt zu kaufen, was erheblich teurer wird als das russische Gas, das Österreich bisher bezogen hat.

Der Kampf der USA gegen die Reste des russischen Gases in Europa

Kiew ist voll und ganz vom Westen abhängig und würde diese Entscheidung nicht ohne grünes Licht aus Brüssel – und vor allem aus Washington – treffen. Die Ukraine ist nicht einmal mehr in der Lage, ihren eigenen zivilen Staatshaushalt (also ohne die Kosten für das Militär) zu finanzieren, weshalb die Ukraine die Milliarden aus dem Gastransit wirklich dringend braucht. Die fehlenden Gelder wird der Westen – also vor allem die EU – in Zukunft ebenfalls an die Ukraine überweisen müssen, während die EU-Staaten gleichzeitig mehr für ihr Gas bezahlen werden müssen.

Man sieht also, dass diese Entscheidung vor allem in Interesse der USA ist, denn der ukrainische Verzicht auf die Transitgebühren wird die EU Milliarden kosten, wobei Brüssel gleichzeitig auch noch die Einnahmeausfälle Kiews kompensieren muss.

Damit bleibt noch Turkish Stream. Und auch gegen diese Pipeline wollen die USA vorgehen, wie der stellvertretende US-Außenminister für Energie, Jeffrey Pyatt, bei einer Pressekonferenz für ausländische Journalisten, bei der es um die Rolle der Türkei bei der Energieversorgung in Europa ging, am 27. März angekündigt hat. Übrigens ist das derselbe Jeffrey Pyatt, der während des Maidan US-Botschafter in Kiew war und der das berühmte „Fuck-the-EU-Telefonat“ mit Victoria Nuland geführt hat.

„Fuck the EU“ scheint eine Konstante in Pyatts politischer Richtung zu sein, denn er sagte am 27. März, dass die US-Regierung davon ausgeht, dass der Transitvertrag der Ukraine, der Ende 2024 ausläuft, nicht verlängert wird:

„Das ist besonders wichtig im Zusammenhang mit dem erwarteten Ende des Transits durch die Ukraine Ende dieses Jahres, wenn der Transitvertrag ausläuft. Es gibt Unterstützung für den ‚vertikalen Korridor‘, um Gas nicht-russischer Herkunft nach Mitteleuropa zu bringen, einschließlich zu Märkten wie Ungarn, Österreich und der Slowakei, die weiterhin von russischem Gas abhängig sind. Die Türkei kann hier also eine wichtige Rolle als Eintrittspunkt für Gas nicht-russischer Herkunft in diesen ‚vertikalen Korridor‘ spielen, der durch Bulgarien, Rumänien, Moldawien und die Ukraine führen würde, wobei die im westlichen Teil des Landes verfügbare Gasspeicherkapazität der Ukraine nutzen würde.“

Damit hat Jeffrey Pyatt offen gesagt, dass er das russische Gas aus Turkish Stream ebenfalls durch „Gas nicht-russischer Herkunft“ ersetzen will, das die Türkei in die Leitung nach Europa einspeisen soll. Das dürfte vor allem Ungarn, das in allen Russland-Sanktionen der EU die Ausnahme durchgesetzt hat, weiterhin russisches Öl und Gas über Pipelines beziehen zu dürfen, gar nicht gefallen, denn Ungarn wird kaum freiwillig auf das billige russische Gas verzichten und es durch teureres Flüssiggas ersetzen.

Es sollte also niemanden verwundern, wenn auch Turkish Stream eines Tages in die Luft gejagt wird, wobei die westlichen Medien – wie schon bei den Nord Streams – natürlich wieder keinerlei Fragen an die USA haben werden, die die Hauptprofiteure dieser Geschichte sind.

Die Marionetten in der EU

Man kann Russland ja für die Wurzel allen Übels halten, aber dass die Führung der EU und ihrer Mitgliedsstaaten Russland schaden will, indem sie sich selbst viel mehr schadet, ist totaler Irrsinn. Aber genau das erleben wir seit Jahren in der Erdgaspolitik der EU.

Und wenn man nun sieht, dass die Pläne für die Zukunft des europäischen Gasmarktes nicht in Brüssel, sondern in den USA verkündet werden, dann ist es ein weiteres Mal offensichtlich, dass die Führung der EU nicht im Interesse der eigenen Bürger handelt, sondern ausschließlich im Interesse und auf Anweisung der USA. Und ich bin bereit, darauf zu wetten, dass Brüssel den von Pyatt skizzierten Plan in den nächsten Wochen oder Monaten als eigene Idee vorstellen wird.

Aber wer behauptet, dass die EU nur ein Vasall der USA ist, der brav alle Anweisungen aus Washington umsetzt, der ist laut den westlichen Medien und Politikern wahlweise ein „russischer Propagandist“ oder ein „Verschwörungstheoretiker“. Oder beides.

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