Die Programmierung und Verwaltung des KulturPass kostet 6,9 Mio. Euro

von Norbert Häring

Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien hat auf meine Informationsfreiheitsanfrage zu den Kosten des KulturPass für 18-Jährige geantwortet, die ich nach einer erfolglosen Presseanfrage gestellt hatte. Für die Programmierung der App bekommt SAP 5,6 Mio. Euro. Die Stiftung Digitale Chancen bekommt für die Umsetzung des Programms ca. 1,3 Mio. Euro. Es wäre für Anbieter, Jugendliche und Staat viel einfacher und billiger gegangen.

Wie berichtet scheint der Hauptzweck des Kulturguthabens von 200 Euro für Menschen des Jahrgangs 2005 zu sein, diese zur Nutzung der fast brachliegenden Online-Ausweisfunktion zu nötigen. Es handelt sich um kein Kulturprojekt, sondern um ein Digitalisierungsprojekt, weshalb auch der Finanzminister von der digitalisierungswütigen FDP dabei ist.

Deshalb musste das Programm, das nicht-digitale Kulturangebote fördern soll, rein digital aufgesetzt werden, wofür man stolze knapp sieben Millionen Euro an SAP und die Stiftung Digitale Chancen zahlt, wie mir als Antwort auf meine Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz vom Büro der Bundeskulturbeauftragten Claudia Roth mitgeteilt wurde. Hinzu kommen unzählige Stunden Zeitaufwand für die Begünstigten und erst recht für die Anbieter der Kulturleistungen.

Die Bundesregierung berichtet auf der Netzseite zum KulturPass von der nicht gerade stolzen Zahl von 7.000 Anbietern bundesweit, die Angebote eingestellt haben, und zwar eindrucksvolle 1,8 Mio. Produkte (Stand 7.7.). Die hohe Zahl kommt daher, das die Buchhändler, die einen großen Anteil der Anbieter ausmachen dürften, einfach Kataloge der verfügbaren Bücher hochladen können. Zu einem sehr beträchtlichen Teil dürfte das Programm nicht den in der Begründung genannten Kulturschaffenden zugutekommen, die besonders unter Corona zu leiden hatten, sondern der Verlagsbranche.

Zu den Angeboten der Buchhändler und wohl auch anderer gehören auch Gutscheine, mit denen man sich im Laden Bücher aussuchen kann.

Wenn wir schon bei Gutscheinen sind: Wie viel billiger und einfacher für alle Beteiligten wäre es gewesen, die Einwohnermeldeämter hätten einen Formbrief mit Gutscheinen an alle Bürger des fraglichen Jahrgangs geschickt. Die Kulturanbietenden hätten nichts tun müssen, als auf ihrer Netzseite und an der Kasse mitzuteilen, dass sie die Gutscheine akzeptieren und diese irgendwann gesammelt bei der Kommune zur Erstattung einzureichen, die ihre Auslagen wiederum vom Bund erstattet bekäme. Dann hätte man auch leicht dafür sorgen können, dass nicht das ganze Guthaben für ohnehin konsumierte Bücher und Tonträger und Kino ausgegeben wird, sondern mindestens auch ein Teil für Angebote, die sich die jungen Leute vielleicht sonst nicht angeschaut hätten. Denn angeblich soll das Programm ja der kulturellen Horizonterweiterung der jungen Leute dienen.

Digitale Angebote der öffentlichen Verwaltung sind schön und gut, aber nur wenn sie wirklich eine Erleichterung bringen. Aber nicht wenn 100 Mio. Euro Steuergeld dafür ausgegeben werden, Anreize zu schaffen, trotz hoher und unnötiger Zeitkosten ein digitales Angebot zu nutzen, das analog viel einfacher umzusetzen wäre.

Das Schlimmste daran ist die Absicht, die Menschen dazu zu bringen, ihre digitale Identität für möglichst viele Aktivitäten zu nutzen, was unter dem Aspekt des Schutzes der Privatsphäre äußerst umstritten und problematisch ist. Auf gleiche Weise wurde schon bei der Einmalzahlung für Studenten für Energiekosten ein großer Kosten- und Zeitaufwand betrieben, um die Begünstigten zur Nutzung ihrer digitalen Bundesidentität zu nutzen.

Wie viele der in Frage kommenden rund 750.000 Jugendlichen sich trotz des digital-administrativen Aufwands das KulturPass-Guthaben bisher geholt haben, teilt die Stiftung Digitale Chancen auf der Netzseite nicht mit. Vielleicht waren es ja nicht so viele wie erhofft. Wären es z.B. 140.000  würden auf jeden Begünstigten fast 50 Euro Programmier- und Verwaltungskosten kommen, bei 270.000 immer noch etwa 25 Euro.

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