Der Aufstand vom 17. Juni 1953 – Spontane Volkserhebung oder Regime Change?

Ein Kommentar von Hermann Ploppa.

Vor nunmehr siebzig Jahren kam es in Ost-Berlin, in der Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik, zu massenhaftem Aufruhr. Der Aufstand wurde blutig niedergeschlagen. Die Bilder gingen um die Welt. Über Jahrzehnte wurde der 17. Juni als Feiertag begangen. Als so genannter Tag der Deutschen Einheit. Am 3. Oktober 1990 erfolgte dann die deutsche Wiedervereinigung. Seitdem wird der 3. Oktober als Tag der Deutschen Einheit gefeiert, und der 17. Juni ist wieder ein ganz normaler Arbeitstag.

Was war passiert an jenem denkwürdigen 17. Juni 1953? 

Der Siebzehnte Juni erscheint vor unserem geistigen Auge in Form von dunklen Schwarz-Weiß-Filmen, gehüllt in finstere Qualmwolken. Gewaltige Menschenmassen rennen durch Ostberlin. Panzer rollen auf den Potsdamer Platz und drehen ab <1>. Wütende Bürger werfen den Panzern Steine hinterher. Am Tag vor dem Siebzehnten Juni, dem 16. Juni 1953, hatten Arbeiter bereits in Berlin gestreikt. Über das amerikanische Radio RIAS Berlin geht die ungeheure Botschaft von den Wilden Streiks durch die gesamte Deutsche Demokratische Republik <2>. In über 250 Städten der DDR kommt es zu spontanen Aktionen. Demonstrationen. Kundgebungen. Aber es kommt auch zur Erstürmung von Gebäuden von Stasi und Polizei. Aktenblätter fliegen zu Schnipseln zerlegt aus den eingeschlagenen Fenstern und verteilen sich chaotisch auf dem Straßenpflaster. In Halle entern die Protestierenden das Gefängnis und lassen die Häftlinge frei. Leute, die als Helferlein des Systems erkannt werden, bekommen eine gehörige Tracht Prügel. Die Wut einiger weniger Demonstranten droht dabei schon in offenes Lynching überzugehen. Parteigebäude gehen in Flammen auf. Dazu unüberhörbar der Ruf: „Spitzbart und Brille sind nicht des Volkes Wille!“

Der Mann, dem diese Rufe gellen, hat sich mit dem gesamten Politbüro in die sicheren Fittiche der sowjetischen Militärverwaltung begeben. Janz weit draußen – außerhalb von Berlin. Niemand von der Volkspolizei oder der Stasi kann die Sicherheit von Walter Ulbricht und den übrigen DDR-Hierarchen garantieren. Das Land ist für einige Stunden tatsächlich herrenlos. Es ist Zeit für die eigentlich bestimmenden Sowjets, das Heft jetzt sofort selber komplett in die Hand zu nehmen. Ab 13 Uhr an diesem 17. Juni 1953 wird der Ausnahmezustand mitsamt Kriegsrecht verhängt. Das heißt: wenn mehr als drei Leute zusammen stehen, ist das schon Bandenbildung und das kann hart bestraft werden. Wer sich jetzt noch offen auflehnt, der kann ganz legal erschossen werden.

Sofort ist Ruhe auf den Straßen und Plätzen. Jetzt kann man unbeobachtet die Leute von zuhause abholen und einsperren. Es sind im Vorgang des 17. Juni und in dessen Nachgang 31 Tote zu beklagen gewesen. Offiziell wurden 458 Verletzte gemeldet. Eine Anzahl von Leuten ist verschollen. Die Polizeiakten sprechen von 6.171 Verhaftungen. Davon werden etwa 1.300 Personen sofort der Stasi überstellt. Und wer ganz großes Pech hatte, wurde direkt an die sowjetische Militärverwaltung weitergereicht. Auf diese Weise verschwanden etwa zweihundertfünfzig DDR-Bürger. Wie auch immer: auf die allermeisten der im Zusammenhang mit dem 17. Juni festgenommenen Personen kam eine harte Zeit zu.

Bilder von diesem Aufstand gingen um die Welt. Diese Szenen wurden früher an Feiertagen immer und immer wieder im Fernsehen rauf- und runter geleiert. Vielleicht wurden sie noch mit schwülstiger Musik unterlegt. Die immer wiederkehrende Botschaft: die Stimme der Freiheit kann sich nur mit Steinwürfen gegen die garstigen Panzer der totalitären Unfreiheit zur Wehr setzen. Der erzböse Kommunismus. Und die lupenreine Weste des Westens.

Die DDR-Propaganda war auch nicht gerade begnadet: da wollen doch diese Schurken aus dem Ami-Land unsere im tiefsten Inneren zufriedenen werktätigen Arbeiter und Bauern unzufrieden machen. Die Ami-Spione erzählen ihnen so genannte „RIAS-Enten“. Soll heißen: der Ami-Sender RIAS erzählt allerlei Zeitungsenten über die Zustände in der DDR. Zudem kommen Provokateure aus Westberlin und stiften unsere Leute zur Konterrevolution an. Und schon 1952 haben diese amerikanischen Agenten von Flugzeugen aus Zigarrenkisten abgeworfen, voll mit Kartoffelkäfern. Daraufhin ist unsere sozialistische Ernte verdorben. Beide Seiten: das westliche Märchen vom Kampf gegen das sowjetische Böse schlechthin; oder das östliche Märchen von der diabolischen Perfektion westlicher Geheimdienste sind meilenweit von der Wirklichkeit entfernt.

Die tatsächliche Geschichte ist viel verwickelter. Und viel spannender. Sie handelt von real existierenden Menschen. Es geht um ein Zusammenspiel von Planlosigkeit und der Fähigkeit, aus dieser Planlosigkeit Kapital zu schlagen. Und dabei ein durchaus respektables Gesellschaftsexperiment für alle Zeiten an die Wand zu fahren. Und das nur, um die eigene Karriere zu retten. Die Karriere vom Spitzbart und Brille nämlich. Kurz und schlecht: Walter Ulbricht hat den Zustand herbeigeführt, auf den das Volk so zornig reagierte. Und derselbe Ulbricht steigt dann noch zum absoluten Alleinherrscher für anderthalb Jahrzehnte auf.

Es war nämlich für alle unverkennbar der Genosse Parteisekretär Walter Ulbricht, der die Forderung der Sowjets umsetzte, von den Arbeitern bei gleicher Entlohnung aus dem Stand zehn Prozent mehr Leistung abzuverlangen. In der damaligen Sprachregelung: die Arbeitsnorm um zehn Prozent zu erhöhen.

Das Zentralkomitee der Sozialistischen Einheitspartei hatte die Karre in den Sand gefahren.

Spätestens nach dem Desaster vom 17. Juni hätten die Sowjets den Spitzbart mit Brille eigentlich aus dem Verkehr ziehen müssen. Schon aus ureigenstem Überlebensinteresse. Das passierte aber nicht.

Warum?

Um das zu verstehen, müssen wir in die Rückblende gehen. Stalin war im Jahre 1952 schon ziemlich abgeschlafft. Seine potentiellen Nachfolger scharrten bereits mit den Hufen. Die letzte spektakuläre Aktion des Generalissimus Stalin bestand 1952 darin, der Weltgemeinschaft die Preisgabe der DDR anzubieten. Die DDR könnte nach Stalins Vorstellungen in einem wiedervereinigten Gesamtdeutschland aufgehen. Dieses Gesamtdeutschland müsste nicht einmal dauerhaft auf ein eigenes Militär verzichten. Einzige Bedingung: Deutschland sollte politisch neutral sein und keinem Block angehören. Doch der Westen ignorierte das Angebot. Damit war diese eigentlich ganz sympathische Option sang- und klanglos von der Bildfläche verschwunden. Am 5. März 1953 war Väterchen Stalin dann an den Folgen eines Schlaganfalls verstorben.

Der Tod von Stalin hinterließ für mindestens drei Jahre ein gefährliches Machtvakuum in der Sowjetunion. Genau in diesem Machtvakuum ereigneten sich die Aufstände in der DDR.

Um die Nachfolge von Stalin bewarben sich fünf Herrschaften. Einer davon war Laurenti Beria. Ausgerechnet der frühere Geheimdienst- und Folterchef der Sowjetunion, Beria, kam nun mit dem Vorschlag, die Sowjetunion zu demokratisieren, die Beziehungen zum Westen zu entkrampfen, und die DDR entweder in der Bundesrepublik aufgehen zu lassen oder zumindest in eine bürgerliche Fassadendemokratie zurückzuverwandeln. Das konnten seine Rivalen im Politbüro der Kommunistischen Partei nun gar nicht nachvollziehen. Die Herren Bulganin, Molotow, Malenkow und Chruschtschow lauerten auf den richtigen Augenblick, um den verhassten Beria loszuwerden.

Ganz anders war die Stimmung dagegen im Politbüro der SED. Die Mehrheit der Politbüro-Mitglieder sympathisierte mit Beria, und hoffte, mit Berias Hilfe aus der von Ulbricht angerichteten  Zwickmühle herauszukommen. Nach dem Debakel vom 17. Juni wurden die Messer gewetzt.

In der Nacht vom 7. auf den 8. Juli 1953 war es dann so weit: Politbüro-Mitglied Wilhelm Zaisser fackelte nicht lange und forderte die Ablösung Walter Ulbrichts. An Ulbrichts Stelle sollte ein Führungskollektiv treten. Der bisherige Chefredakteur des Neuen Deutschlands, Rudolf Herrnstadt, sollte zukünftig Erster Sekretär der SED sein. Für Zaissers Vorschlag stimmten im Politbüro Friedrich Ebert (der Sohn des früheren Reichspräsidenten gleichen Namens), Heinrich Rau und Elli Schmidt. Für Ulbricht stimmten lediglich Hermann Matern und ein gewisser Erich Honecker.

Nun begab es sich aber zu jener Zeit, dass der Hoffnungsträger Beria mittlerweile bei einer Sitzung des Zentralkomitees am 26. Juni auf offener Bühne verhaftet worden war und von da an im Gefängnis saß. Irgendwann wurde er auch hingerichtet. Das verbliebene Qartett Molotow, Malenkow, Bulganin und Chruschtschow zitierte für den 9. Juli ausgewählte Politbüro-Mitglieder der SED nach Moskau. Zu den Auserwählten zählte auch Walter Ulbricht.

Und jetzt kommt’s: die Sowjets diktierten ihren Vasallen, dass zwar die harte politische Repression bleiben müsse. Aber in der Wirtschaftspolitik müsse eine radikale Rolle rückwärts vollzogen werden. Das Ganze nannte sich „Neue Politik“.

Die Normerhöhung um zehn Prozent wurde bereits am 17. Juni zurückgenommen. Jetzt sollte auch noch der Ausbau der Schwerindustrie zurückgefahren werden zugunsten einer Verbesserung der Lebensqualität in der DDR. Die Sowjets beauftragten ausdrücklich den Mann damit, diese Politik umzusetzen, der sich bisher mit Händen und Füßen dagegen gewehrt hatte: Walter Ulbricht nämlich. Und jetzt ist Ulbricht auch wieder der gehorsame Vollstrecker der Politik Moskaus. Ulbricht kehrt nach Berlin zurück, gibt sich als autorisierter Vertreter jener Politik aus, die er eben noch bekämpft hatte – und entmachtet sofort jenes Politbüro-Mitglied, das die ganze Zeit genau diese Neue Politik gefordert hatte: nämlich Wilhelm Zaisser.

Die Motive der Moskauer Führung, mit Ulbricht ausgerechnet jenen Mann zum Krisenmanager zu machen, der diese Krise überhaupt nur auf die Spitze getrieben hat, bleiben ungeklärt. Für Ulbricht hat sich die langjährige Erfahrung im Zentrum der Macht in Moskau gelohnt. Ulbricht hatte die grausigen Schauprozesse erlebt und jede noch so abartige Wendung in Stalins Politik geschmeidig mit vollzogen. Er kannte und überlebte den Moskauer Intrigantenstadl. Er war dabei zum gefühllosen Bio-Roboter mutiert, der menschliche Bindungen nicht mehr einging. Und so hatte Ulbricht wohl auch geahnt, dass Beria scheitern würde. Und hatte Berias Vorgaben großräumig ignoriert. Und Ulbricht wusste schon vor Zaisser und Herrnstadt, von wo der neue Wind wehte. Am 2. Juni 1953 unterzeichnet nämlich Ulbricht zusammen mit dem Ministerpräsidenten der DDR, Otto Grotewohl, die Geheime Verschluss-Sache 210/53. Hier wird bereits vor dem 17. Juni der Beschluss zur Umwandlung der DDR in einen sozialistischen Musterstaat nicht nur zurückgenommen. Sozialismus wird geradezu verboten! Denn in der Verschluss-Sache heißt es:

„Die Herausgabe aller Bücher und Broschüren über die II. Partei-Konferenz und die Verwendung von Zitaten aus dem Referat, der Diskussion und dem Beschluss der II. Parteikonferenz in der Presse, in Zeitschriften, öffentlichen Versammlungen und Lektionen, Broschüren etc. ist ab sofort einzustellen.“

Das ist George Orwells Roman 1984 in Reinkultur. Eben noch hat man den Leuten eingehämmert, dass jetzt alles auf die Einrichtung des Sozialismus auszurichten sei. Und jetzt sagt man: alles Quatsch. Sozialismus ist verboten. Husch zurück zur Fassadendemokratie. Nun, im Endeffekt war jetzt die Suppe durch die vielen Köche total verdorben. Eine halbgare Fassadendemokratie existierte fortan mehr oder minder friedlich neben Ansätzen eines halbgaren Sozialismus. Zusammengehalten wurde dieses eingefrorene Machtpatt durch die harte Hand des Genossen Generalsekretärs Walter Ulbricht <3>. Das Ergebnis: ein Volk in Duldungsstarre und im Zustand innerer Kündigung. Eine permanente Verhinderung des Kollapses durch immer weitere Anlehnung an den kapitalistischen Westen. Und das bei gleichzeitig permanentem Abfluss qualifizierter DDR-Bürger in die Bundesrepublik. Bis auf die permanente Blutarmut dann im Jahre 1989 der Exitus folgte. Das dauerhafte Sterben der DDR begann bereits am 17. Juni 1953 <4>.

Quellen und Anmerkungen

<1> Eine inhaltlich sehr gute Dokumentation wurde 1990 im Auftrag der DDR-Filmgesellschaft DEFA erstellt: https://www.youtube.com/watch?v=NSiQsLaeP7A

<2> https://epublications.marquette.edu/cgi/viewcontent.cgi?article=1711&context=dissertations_mu

<3> „Thus we see how the uprising solidified the power structure in the GDR for decades to come.“

https://marcuse.faculty.history.ucsb.edu/classes/133p/133p99/jim1953.993.htm

<4> Torsten Diedrich/Ilko-Sascha Kowalczuk (Hg.): Staatsgründung auf Raten? Zu den Auswirkungen des Volksaufstandes 1953 und des Mauerbaus 1961 auf Staat, Militär und Gesellschaft in der DDR. Berlin 2005.

+++

Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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Der Aufstand vom 17. Juni 1953 – Spontane Volkserhebung oder Regime Change?
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5 Kommentare

  1. Alfred Diener (Lebensrune.png 1. Februar 1927 in Jena; Todesrune.png 18. Juni 1953 in Weimar) war ein deutscher Arbeiter, Soldat und Freiheitskämpfer des 17. Juni 1953.

    Alfred Diener besuchte die Volksschule und schloß anschließend eine Lehre als Schlosser ab. Nach seinem Arbeitsdienst folgte der Einsatz als Soldat an der Ostfront. Bereits 1945 kehrte er in seine Heimat zurück und ging zur Volkspolizei. 1949 zog er in die westlichen Besatzungszonen. Schon nach kurzer Zeit kehrte er nach Jena zurück und nahm die Arbeit als Schlosser in einer Autowerkstatt auf.

    Diener war mit Margot Strauß liiert. Gemeinsam hatten sie einen Sohn, der um die Jahreswende 1952/53 geboren wurde. Das Paar sah eine Vermählung zum 19. Juni 1953 vor.

    Um 7.30 Uhr des 17. Juni 1953 begann in einer Gießerei des Südwerks des VEB Carl Zeiss Jena der Streik von 3000 Arbeitern, die sich auf dem Werksgelände versammelten. Die Arbeiter der ebenfalls in Jena ansässigen großen Betriebe Schott und Jenapharm wurden dazu angehalten, sich dem Protest anzuschließen. So sammelten sich 20.000 Arbeiter auf dem Holzmarkt in Jenas Zentrum. Die Werkstätigen forderten

    • freie Wahlen
    • Pressefreiheit
    • Versammlungsfreiheit
    • ein einiges Deutschland
    • „weg mit der Volkspolizei“
    • den Sturz der Regierung

    Unter ihnen war auch Alfred Diener. Von hier aus bahnte sich die Menge den Weg zur SED-Kreisleitung. Gegen 10 Uhr war Diener einer von den Männern, die in das Büro eindrangen. Mit ihm zusammen waren auch Walter Scheler und Herbert Bähnisch. Dem ersten Sekretär der Kreisleitung trug Diener hier die Forderungen der Demonstranten vor. Sofern der Vorwurf im späteren Todesurteil zutrifft, forderte er den Funktionär auf, sich am offenen Fenster zu zeigen und vor den versammelten Massen Rechenschaft abzulegen. Walter Scheler beschrieb die Situation so: „Diener hatte gar kein Mandat, er muß aus Neugier einfach mitgegangen sein. Er war einfach da. Zu dritt standen wir dem SED-Mann gegenüber, der nur dümmliche Phrasen von sich gab.“

    In der Zwischenzeit erreichten die ersten sowjetischen LKW den Ort des Geschehens. Die Demonstranten versuchten, den Sowjets den Weg zu versperren. Straßenbahnwagen wurden aus dem Gleisbett gehoben und als Barrikaden verwendet. Nun fielen die ersten Warnschüsse, die die Rote Armee verwendete, um die Bürger zum Flüchten zu bringen. Um 17 Uhr erklärte der sowjetische Militärkommandant Jenas den Ausnahmezustand. Dieser betraf insgesamt 167 von 217 Stadt- und Landkreisen der DDR. Viele Demonstranten wurden festgenommen. Diener und seine zwei Mitstreiter wurden um 14 Uhr festgenommen, von den sowjetischen Besatzern in den Stadtteil Löbstedt gebracht und in einer dortigen Kaserne verhört und mißhandelt.

    Am nächsten Morgen wurden die drei Festgenommenen ins Gerichtsgefängnis nach Weimar gebracht, in dem seit 1945 das NKWD residierte. Während der Fahrt sagte Diener zu Scheler und Bähnisch „Haltet dicht, ich nehme alles auf mich!“. Dort wurde er zum Tode verurteilt und noch am gleichen Tag hingerichtet. Lautsprecherwagen und Plakate verkündeten das Urteil in Dieners Heimatstadt. An ihm wurde ein Exempel statuiert, das die Deutschen einschüchtern sollte.

    Wladimir S. Semjonow, hoher Kommisar der UdSSR für Deutschland, erinnert sich an den 17. Juni 1953: „Um 11.00 Uhr erhielten wir die Weisung aus Moskau, das Feuer auf die Aufrührer zu eröffnen, militärische Standgerichte einzurichten und zwölf Rädelsführer zu erschießen. Die Mitteilung über die Exekutionen sollten in der Stadt ausgehängt werden. (…) Die Plakate an den Litfasssäulen hatten einschüchternde Wirkung. Es gelang uns, die Flamme zu löschen, bevor sie sich ausbreitete. Der »Tag X« fand nicht statt.“

    Auf welche Weise die Hinrichtung erfolgte und was mit dem Leichnam geschah, ist bis heute ungeklärt.

    1993 wurde in Jena eine Straße zu Ehren Dieners benannt. 1995 erklärte der Generalstaatsanwalt der Russischen Föderation das Urteil in allen Teilen für ungültig und Alfred Diener wurde rehabilitiert. Am 18. Juni 1996 enthüllte der Weimarer Oberbürgermeister an der Fassade des Hinrichtungsortes, der heutigen Polizeiinspektion, eine Gedenktafel, die an den Erschossenen erinnert. Eine weitere Gedenktafel befindet sich am Holzmarkt in Jena.

    Quelle: Metapedia / Alfred Diener

  2. Erna Dorn (Lebensrune.png nach eigenen Angaben 17. Juli 1911 als Erna Kaminsky in Tilsit, Ostpreußen; Todesrune.png 1. Oktober 1953 in Dresden) war eine deutsche Gestapo-Mitarbeiterin. Sie wurde als angebliche „Rädelsführerin“ des Aufstandes in Mitteldeutschland vom 17. Juni 1953 in der DDR am 1. Oktober 1953 hingerichtet.

    Dorn besuchte die höhere Mädchenschule und machte eine Ausbildung in der Industrie- und Handelskammer Königsberg. Ab 1932 arbeitete sie im Polizeipräsidium Königsberg, ob als Stenotypistin oder als Polizeiassistentin, ist ungeklärt. Von Ende 1934 oder Anfang 1935 bis 1941 war sie für die Gestapo tätig, danach wurde sie zur politischen Abteilung in das Konzentrationslager Ravensbrück beordert. 1945 heiratete sie den ehemaligen Spanienkämpfer und Volkspolizeioffizier Max Gewald.

    Im Jahr 1948 wurde sie als Zeugin vorgeladen, um im Prozeß gegen die KL-Aufseherin und Hundeführerin Gertrud Rabestein in Halle auszusagen. Dorn konnte die Aussage aufgrund einer vorgetäuschten Schwangerschaft vermeiden. Erna Dorn wurde ebenfalls vor ein Gericht gestellt. Es wurde behauptet, daß sie im KL Ravensbrück in der „Politischen Abteilung“ gearbeitet habe und für den Tod von achtzig bis neunzig Häftlingen verantwortlich sei. Erna Dorn wurde trotz mangelnder Beweise sowie dem Unglauben des Vernehmers Leutnant Bischoff am 21. Mai 1953 wegen „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. Am 17. Juni wurde sie von Aufständischen aus der Strafvollzugsanstalt befreit; einen Tag später wurde sie wieder gefaßt.

    Erna Dorn wurde für den Aufstand in Mitteldeutschland am 17. Juni 1953 mitverantwortlich gemacht und am 22. Juni 1953 vom Bezirksgericht Halle wegen sogenannter „faschistischer und Kriegshetze gegen die Deutsche Demokratische Republik“ zum Tode verurteilt. Am 1. Oktober 1953 wurde sie durch das Fallbeil in der Zentralen Hinrichtungsstätte in Dresden hingerichtet.

    Das Urteil wurde am 22. März 1994 in der BRD posthum durch die Staatsanwaltschaft Halle (Saale) aufgehoben.

    Quelle: Metapedia / Erna Don

  3. Die Geschichte hat Generationen bewegt. Im Westen Deutschlands fehlte sie in keiner offiziellen Rede. Im Osten wurde sie bis 1989 hinter vorgehaltener Hand erzählt, was ihre Wirkung nur verstärkte. Sie hat in Kindern den Wunsch geweckt, ebenso anständig zu handeln wie jene Soldaten der Roten Armee, die sich am 17. Juni 1953 weigerten, auf unbewaffnete deutsche Arbeiter zu schießen.

    Es klang wie ein Märchen: Acht Jahre nach Kriegsende, in denen Millionen Menschen der Sowjetunion ihr Leben ließen, solidarisieren sich Mitglieder der Besatzungsarmee mit den verhassten Deutschen. Sie führen den Schießbefehl nicht aus und werden deshalb von eigenen Leuten standrechtlich erschossen. Mehr als 40 Soldaten sollen so gestorben sein, darunter 18 in Magdeburg – so lautet die Überlieferung.

    In Berlin lebt die Geschichte noch. In Nikolassee steht ein Gedenkstein für die Helden. Ein kleines Schild auf dem Mittelstreifen der Potsdamer Chaussee weist auf die „Gedenkstätte 17. Juni“ hin. Der Zugang zu dem hinter Büschen verborgenen Areal ist mühselig – Halteverbot. Als der SPD-Arbeitskreis ehemaliger politischer Häftlinge im Juni 1993 einen Kranz niederlegen wollte, war eine Sondererlaubnis nötig. „Ein Streifenwagen der Polizei überwachte unsere Gedenkminute“, erinnert sich Hans-Joachim Helwig-Wilson.

    Das Denkmal ist gepflegt. Ein Holzkreuz überragt beschnittene Hecken. Der Boden ist geharkt, die Blumen sind frisch.

    Der Stein wurde bereits im Jahr nach dem Aufstand errichtet. Eine Privatinitiative von Berliner Arbeitern, die am Aufstand beteiligt waren und danach in den Westteil der Stadt flohen, hatte Geld dafür gesammelt. Am 29. Juni 1954 berichtete der Tagesspiegel: „An dem Gedenkstein an der Potsdamer Chaussee legten gestern Vertreter der russischen anti-kommunistischen Organisationen in Westberlin Kränze nieder. Der Gedenkstein ist zu Ehren der 18 sowjetischen Soldaten aufgestellt worden, die sich am 17. Juni 1953 weigerten, auf deutsche Arbeiter in der Sowjetzone zu schießen. Ein sowjetisches Militärgericht hatte sie zum Tode verurteilt. Gestern vor einem Jahr war das Urteil durch Erschießen vollstreckt worden.“

    „Gestern vor einem Jahr“ – so genau wurde der Tag der Exekution benannt. Doch inzwischen zweifeln Historiker daran, dass diese Hinrichtung überhaupt stattgefunden hat und dass es eine Befehlsverweigerung gab. „Es gibt keinen Beweis dafür“, sagt Stefan Wolle vom Forschungsverbund SED-Staat. Wie sein Kollege Ilko-Sascha Kowalczuk von der Gauck-Behörde hat er jahrelang in russischen und deutschen Archiven geforscht. Kowalczuk, der gerade ein Buch zum 17. Juni geschrieben hat, sagt: „Es gibt sogar Indizien dafür, dass kein sowjetischer Soldat wegen des 17. Juni 1953 erschossen wurde.“

    Die Forscher haben ermittelt, dass alle Überlieferungen nur einer einzigen Quelle entstammen, einem Flugblatt. Darin informiert eine russische Widerstandsorganisation namens NTS – sie selbst übersetzt das mit „Nationaler Bund des Schaffens“ – die deutschen „Freunde und Brüder“ darüber, dass am 28. Juni 1953 „im Sommerlager des 73. Schützenregiments 18 Soldaten von einem Sonderkommando standrechtlich erschossen“ wurden. Weiter heißt es: „Zu den 18 Toten gehören der Gefreite Alexander Tscherbin, der Sergeant Nikolai Tjuljakow und der Soldat Djatkowski. Die Namen der anderen sind unbekannt.“

    Nach den namentlich bekannten Soldaten wurde seitdem gesucht – ohne Ergebnis. Annegret Stephan von der Magdeburger Gedenkstätte für Opfer politischer Gewalt sagt: „Wir haben die sowjetische Militärstaatsanwaltschaft und den Geheimdienst um Aufklärung gebeten. Doch es wurde nichts gefunden, und es haben sich keine Hinterbliebenen gemeldet.“ Auch die Bundesbeauftragte für Stasi-Unterlagen fragte in Moskau nach. Im Antwortbrief der russischen Regierung heißt es zu den erschossenen Soldaten: „Dafür waren und sind in russischen Archiven keine urkundlichen Hinweise, geschweige denn Beweise, gefunden worden.“

    Solche Aussagen sind umstritten. „In Moskau hat keiner Interesse an der Aufarbeitung dieser Geschichte“, sagt Alexandra Hildebrandt vom Haus am Checkpoint Charlie. Auch Kowalczuk zweifelt am Aufklärungswillen der russischen Armee. „Für die sind Befehlsverweigerer noch Verbrecher.“ Doch Beweise fehlen. Bei den Recherchen tauchten nur Briefe von sowjetischen Soldaten auf, in denen die Geschichte erwähnt wurde. „Aber kein Einziger schreibt, dass er etwas gesehen hat“, sagt Kowalczuk.

    Nur ein Mann hat immer wieder behauptet, Zeuge gewesen zu sein: der sowjetische Major Ronschin. Problem: Ronschin war vor dem 17. Juni 1953 in den Westen geflohen – mit Hilfe seiner Freundin, die ihm falsche Papiere besorgt hatte. Die Freundin wurde ertappt und von einem sowjetischen Militärgericht zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt – für eine Fluchthelferin eine geringe Strafe. Ronschin tauchte ab. Seine Spur verliert sich, wahrscheinlich in Amerika.

    Auch am Ort des Geschehens, in Biederitz bei Magdeburg, blieben Nachforschungen erfolglos. Zwar wurden hier vor Jahren menschliche Knochen gefunden, die können aber auch aus dem vergangenen Jahrhundert stammen. Und das 73. Schützenregiment, dem die hingerichteten Soldaten angeblich angehörten, war nach Recherchen der Forscher nie in Magdeburg stationiert.

    Bleibt noch die Frage des Berliner Denkmals. Kowalczuk sagt: „Man sollte den Stein umwidmen, schließlich gab es bei den sowjetischen Besatzungstruppen viele standrechtliche Erschießungen und Selbstmorde.“ Auch Stefan Wolle plädiert für eine vorsichtige Diskussion. Er sagt: „Viele können sich von der anrührenden Geschichte nicht trennen. Für sie ist das eine Art Glaubensfrage.“

    Nach den namentlich bekannten Soldaten wurde seitdem gesucht – ohne Ergebnis. Annegret Stephan von der Magdeburger Gedenkstätte für Opfer politischer Gewalt sagt: „Wir haben die sowjetische Militärstaatsanwaltschaft und den Geheimdienst um Aufklärung gebeten. Doch es wurde nichts gefunden, und es haben sich keine Hinterbliebenen gemeldet.“ Auch die Bundesbeauftragte für Stasi-Unterlagen fragte in Moskau nach. Im Antwortbrief der russischen Regierung heißt es zu den erschossenen Soldaten: „Dafür waren und sind in russischen Archiven keine urkundlichen Hinweise, geschweige denn Beweise, gefunden worden.“

    Solche Aussagen sind umstritten. „In Moskau hat keiner Interesse an der Aufarbeitung dieser Geschichte“, sagt Alexandra Hildebrandt vom Haus am Checkpoint Charlie. Auch Kowalczuk zweifelt am Aufklärungswillen der russischen Armee. „Für die sind Befehlsverweigerer noch Verbrecher.“ Doch Beweise fehlen. Bei den Recherchen tauchten nur Briefe von sowjetischen Soldaten auf, in denen die Geschichte erwähnt wurde. „Aber kein Einziger schreibt, dass er etwas gesehen hat“, sagt Kowalczuk.

    Nur ein Mann hat immer wieder behauptet, Zeuge gewesen zu sein: der sowjetische Major Ronschin. Problem: Ronschin war vor dem 17. Juni 1953 in den Westen geflohen – mit Hilfe seiner Freundin, die ihm falsche Papiere besorgt hatte. Die Freundin wurde ertappt und von einem sowjetischen Militärgericht zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt – für eine Fluchthelferin eine geringe Strafe. Ronschin tauchte ab. Seine Spur verliert sich, wahrscheinlich in Amerika.

    Auch am Ort des Geschehens, in Biederitz bei Magdeburg, blieben Nachforschungen erfolglos. Zwar wurden hier vor Jahren menschliche Knochen gefunden, die können aber auch aus dem vergangenen Jahrhundert stammen. Und das 73. Schützenregiment, dem die hingerichteten Soldaten angeblich angehörten, war nach Recherchen der Forscher nie in Magdeburg stationiert.

    Bleibt noch die Frage des Berliner Denkmals. Kowalczuk sagt: „Man sollte den Stein umwidmen, schließlich gab es bei den sowjetischen Besatzungstruppen viele standrechtliche Erschießungen und Selbstmorde.“ Auch Stefan Wolle plädiert für eine vorsichtige Diskussion. Er sagt: „Viele können sich von der anrührenden Geschichte nicht trennen. Für sie ist das eine Art Glaubensfrage.“

    Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/18-tote-die-es-nicht-gab-1004230.html

    • Danke für die gute Auflistung und wichtige Nachbetrachtung, @Stahlfront.
      Freiheit fällt nicht von der Decke, sie muß erkämpft und bewahrt werden.
      Was könnten Russen wie Deutsche gemeinsam besser nachvollziehen.
      Die heutige Generation nicht, die klebt lieber irgendwo wo rum oder vögelt ziellos irgendwelchen Kunst-Geschlechtern hinterher, solange noch halbwegs kreditwürdig.
      Schlimm das.

      Wir haben auch eine Schweigeminute am 17.ten abgehalten,
      zum Ersten Mal erlebt. Fand ich sehr gut.
      Ehre diesen einstigen Helden, Salut und ewigen Dank.

      • Walter Ernst Paul Ulbricht (Lebensrune.png 30. Juni 1893 in Leipzig; Todesrune.png 1. August 1973 am Döllnsee nördlich von Berlin) war ein deutscher Politiker. Der gelernte Tischler war Mitglied der KPD und später der SED und Staatsratsvorsitzender der DDR. Er war ein überzeugter Stalinist, als Machthaber der DDR zeigte er während der 1960er Jahre allerdings auch etliche Liberalisierungstendenzen und konnte innerhalb des prosowjetischen Ostblocks eigenständige Positionen behaupten, was schließlich zu seiner Ablösung durch den des Russischen nicht mächtigen, aber kritiklos moskauhörigen Erich Honecker führte.

        Walter Ulbricht wurde am 30. Juni 1893 in Leipzig geboren. Sein Vater war Schneider und Vertrauensmann der in Leipzig besonders radikalen SPD. Während seiner Tischlerlehre trat der junge Ulbricht 1906 der Sozialistischen Arbeiterjugend bei und beschäftigte sich im Arbeiterjugend-Bildungsverein besonders mit Geschichte und Politik. 1912 trat er der SPD bei. Er gehörte zum antirevisionistischen Flügel um Karl Liebknecht und war 1914 gegen die Kriegsunterstützung der SPD.

        Nachdem er 1918 zweimal wegen Zersetzungspropaganda und Desertion (Fahnenflucht) verhaftet worden war, trat er dem Spartakusbund bei und beteiligte sich 1919 an der Gründung der KPD in Leipzig. Er arbeitete zunächst als Redakteur bei lokalen KP-Zeitungen. Von 1921 bis 1923 war er Sekretär der Bezirksleitung Großthüringen in Jena.

        Schon 1923 saß Walter Ulbricht im Zentralkomitee (ZK) der KPD, dem er ab 1927 ständig angehörte. Außerdem war er ab 1926 Mitglied des sächsischen Landtages. Mitte der zwanziger Jahre erhielt er in Moskau eine gründliche Ausbildung als Spitzenfunktionär. Zeitweise war er als Instrukteur in Prag und Wien tätig. Er bekleidete hohe Funktionen im Militärapparat der Bolschewisten und wurde zur Weimarer Zeit vorübergehend steckbrieflich gesucht. Ab 1928 saß er im Deutschen Reichstag. Er half 1931 Erich Mielke bei der Ermordung zweier beliebter Berliner Hauptleute der Schutzpolizei. Die Immunität als Mitglied des Reichstages rettete ihn vor zweijähriger Festungshaft, die gegen ihn 1931 wegen Hochverrats verhängt worden war. 1932 erfolgte die Amnestie.

        Im Oktober 1933 verschwand er aus dem Deutschen Reich.

        Zunächst hielt er sich in Prag, dann in Paris auf. 1936 wirkte er als Kommissar der Roten Brigaden im Spanischen Bürgerkrieg. 1937 war er als Nachfolger Münzenbergs KP-Hauptsprecher im Pariser Volksfrontausschuß. 1938 tauchte Ulbricht in der Sowjetunion auf. 1939/40 verteidigte er den Hitler-Stalin-Pakt heftig gegen Kritik aus den eigenen Reihen. Das Abkommen biete Gewähr, daß die reaktionärsten Vertreter des Kapitalismus, die Herrschenden in London, nicht den Endsieg davontrügen und sei Grundlage einer Friedenspolitik. Nach Ausbruch des deutsch-sowjetischen Krieges betrieb er Propaganda im Sowjetrundfunk und forderte Landser mit Lautsprechern zu Fahnenflucht und Sabotage auf. Außerdem half er beim Aufbau des Spitzelsystems in Kriegsgefangenenlagern für deutsche Soldaten. Er zählte zu den Gründern des „Nationalkomitees Freies Deutschland“ und übernahm dort eine Führungsposition.

        Ende April 1945 kehrte er im Troß der Roten Armee nach Deutschland zurück. Zunächst fungierte er als stellvertretender SED-Chef. 1950 rückte er zum Generalsekretär auf. Nach dem Tode Wilhelm Piecks war er auch Staatsratsvorsitzender. Als Diktator schaltete er parteiinterne Opposition (Zaisser-Herrnstadt/Wollweber-Schirdewan) ebenso aus, wie er brutal-stalinistisch jeden Widerstand in der Bevölkerung unterdrücken ließ. In seine Amtszeit fällt die mit Hilfe der Sowjets vollzogene Niederwerfung des 17. Juni-Volksaufstandes.

        Einen Höhepunkt des Kalten Krieges bedeutete der Berliner Mauerbau im Jahre 1961. Wenige Wochen zuvor hatte Ulbricht anläßlich einer internationalen Pressekonferenz noch verkündet: „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.“

        Ulbricht war der Jugend und technischen Entwicklungen immer zugetan und verabscheute wirtschaftliche Abhängigkeiten. Daß sich die DDR zum führenden Industriestaat des Ostblocks entwickelte, lag auf der ausführenden Seite am Fleiß der Mitteldeutschen, die unter kommunistischen Bedingungen Außerordentliches vollbrachten. In den 1950er und 1960er Jahren betonte Ulbricht den Wunsch nach Wiedervereinigung. Dann jedoch ging er auf separatistischen Kurs. Ab 1971 erfolgte schrittweise die Entmachtung Ulbrichts, die dann in seinem Sturz durch seinen früheren Ziehsohn Erich Honecker endete. Vor seinem Sturz hatte er nur noch das rein repräsentative Amt des Staatsratsvorsitzenden inne. Ulbricht erhielt sämtliche hohen Orden der DDR und viele Auszeichnungen der anderen „sozialistischen Bruderländer“. Die Genossen erklärten ihn zum Ehrenbürger der Stadt Leipzig.

        Die Aufbauleistungen, welche unter Ulbricht erreicht worden sind, wurden von Honecker durch abenteuerliche Wirtschaftsprojekte, wie z. B. das zu ehrgeizige Wohnungsbauprogramm und die große Umstellung der Industrie auf die Konsumgüterproduktion, zunichte gemacht.

        Walter Ulbricht war zweimal verheiratet: ab 1920 mit Martha Schmellinsky und ab 1953 mit der Parteifunktionärin der SED Lotte Kühn. Das Paar hatte 1946 ein Waisenkind namens Beate (Lebensrune.png 1944; Todesrune.png 1991), Tochter einer bei einem Luftangriff auf Leipzig ums Leben gekommenen ukrainischen Zwangsarbeiterin, adoptiert, die nach der Wende als verwahrloste Frau in Berlin verstarb. Der Spitzname von Walter Ulbricht war „Spitzbart“ und sein „Nu Nu“ (sächsische Zustimmungsfloskel) sowie sein Leipziger Dialekt wurden oft nachgeahmt. Ulbricht war auch bekannt dafür, in seinen Reden das Bindewort ja an allen möglichen und unmöglichen Stellen einzufügen.

        Noch zu Lebzeiten Walter Ulbrichts, besonders in den 1950er Jahren, wurden in der DDR Betriebe, Einrichtungen und Sportstätten nach ihm benannt, so die Leuna-Werke und das Synthesewerk Schwarzheide, die Deutsche Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft und das spätere Stadion der Weltjugend. Ebenso gab es eine Briefmarkenserie.

        Zitate: „Es muß demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand behalten.“ **

        Quelle: Metapedia / Walter Ulbricht

        ** denken ein Scholz, Habeck & Co. mit Sicherheit auch …

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