Die Sanktionen des Wertewestens schlagen auf die Sanktionierer zurück.
Und damit sind neben den Sanktionen gegen Russland auch solche gegen China und den Iran genannt. Das Modell mittels wirtschaftlicher Strangulierung erfolgreich Machtpolitik zu bestreiten, hat als probates Werkzeug des „Wertewestens“ wohl bald ausgedient. Zumindest ausgedient gegenüber Staaten, die ihm technologisch längst das Wasser reichen können und außerdem noch die Kontrolle über begehrte Ressourcen ausüben.
von Peter Frey (peds-ansichten)
Im Juli des Jahres hat China als Vergeltung für neue westliche Sanktionen gegen seine Halbleiterindustrie Exportbeschränkungen für zwei technologiekritische Elemente angeordnet. Die Beschränkungen, die am 1. August in Kraft traten, gelten für Gallium- und Germaniummetalle und mehrere ihrer Verbindungen, die Schlüsselmaterialien für die Herstellung von Halbleitern und anderer Elektronik sind. Das Handelsministerium erklärte in einer Erklärung, dass die Exportkontrollen für Gallium- und Germanium-bezogene Güter notwendig seien, „um die nationale Sicherheit und Interessen zu schützen“ (1).
Exporteure in China müssen seitdem eine Genehmigung in China beantragen und dabei Informationen über die Endverbraucher und die Verwendung der Materialien liefern. Gallium und Germanium werden in vielen elektronischen Bauteilen verwendet. AESA-Radargeräte (Active Electronically Scanned Array), die auf modernen Kriegsschiffen und Kampfflugzeugen verwendet werden, können ohne diese Metalle nicht hergestellt werden (2).
China ist der größte Förderer und Exporteur dieser Materialien. Allein vier Fünftel des weltweiten Bedarfs an Gallium deckt China. Bei Germanium sind es 60 Prozent. Die Staaten der Europäischen Union beziehen 71 Prozent von Ersterem und 45 Prozent von Letzterem aus China (3). Zwar ließen sich diese Materialien auch anderswo als in China fördern und verarbeiten. Aus ziemlich profanen Gründen legte man darauf aber keinen Wert.
Beide Metalle sind weltweit verbreitet. Doch wie auch Lithium sind sie nur in geringen Konzentrationen auffindbar, sodass ihre Förderung und Verarbeitung aufwändig und umweltbelastend ist. Ja, diese Aufwände sind so hoch, dass man eigene Förderstätten lieber stilllegte und auf chinesisches Germanium und Gallium zurückgriff (4, 5). Und obwohl zum Beispiel der Preis für ein Kilogramm Germanium von 300 US-Dollar im Jahre 2003 auf heute knapp 1.500 US-Dollar angestiegen ist (6), blieb China der Hauptförderer.
Exportbeschränkungen sind keine Sanktionen. China hat Exportbeschränkungen verhängt. Allerdings ist das eine Reaktion auf Sanktionen seitens der USA und der Europäischen Union. Sanktionen die auf den Sektor der Hochtechnologie in China zielen. Die USA haben im Jahre 2022 die Lieferung moderner Halbleiter und integrierter Schaltkreise sowie Komponenten zur Herstellung derselben eingeschränkt (7).
Die EU-Verantwortlichen waren von chinesischen Offiziellen gewarnt worden (8), aber der Hund wedelt mit dem Schwanz, nicht umgekehrt, und die EU ist nun einmal nicht der Hund:
„Dual-Use-Güter sind Waren, die man sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke einsetzen kann, wie etwa Mikrochips oder Nachtsichtgeräte. Anfang der Woche [1. Mai 2023] war bekannt geworden, dass in dem neuen Sanktionspaket auch chinesische Firmen genannt sind. Ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums mahnte, solche Sanktionen würden die Beziehungen der EU zu China belasten.“ (9)
Wir können sehr schön erkennen, wie sich die Vasallen Washingtons systematisch mit in den Krieg gegen China hineinziehen lassen. Ganz so, wie wir es bereits im Ukraine-Konflikt sehen, der in Wirklichkeit einen Krieg der USA und dessen britischen Juniorpartners gegen Russland abbildet. Aus eben diesem Grund hat man ein Sanktionspaket nach dem anderen gegen Russland verabschiedet. Im blinden Eifer des Krieges, den man da führt, beraubt man sich gleichzeitig der Grundlagen erfolgreichen Wirtschaftens. Die Warnungen wurden überhört (10), schließlich meinte man, gehorchen zu müssen.
Russland ist zum Beispiel bei der Förderung von Titanschwamm die Nummer drei in der Welt, nach China und Japan. Im Sektor Luft- und Raumfahrt war es aber vor dem offenen Ausbruch des Ukraine-Konflikts, aufgrund der dort verlangten, besonderen Qualität des Titans (11), der weltweit größte Lieferant. Die Qualität des russischen, respektive sowjetischen Titans ist legendär. Über Umwege beschaffte sich Lockheed-Martin Anfang der 1960er Jahre ausgerechnet für das legendäre Spionageflugzeug SR-71 Blackbird, das Titan aus jenem Land, das es dann über Jahre hinweg mit eben dieser Maschine ausspionierte, aus der Sowjetunion (12, b1):
So wie bei Gallium und Germanium (2i) haben sich die Bezieher auch bei Titan in den vergangenen Jahren einen Vorrat eingekauft, sodass Lieferengpässe verzögert auftreten werden, möglicherweise ab dem kommenden Jahr (13).
Wenn Airbus dann in die Klemme kommt — schließlich bezog es bislang die Hälfte des Titans aus Russland —, könnte es ja den Einkauf in China versuchen. Ausgerechnet in China, dessen wirtschaftliche und politische Stärke man westlicherseits zu unterminieren versucht. Dann wären noch die USA selbst als Lieferant für Titan möglich. Die USA, in denen der größte Konkurrent von Airbus, nämlich Boeing ansässig ist. Oder Japan liefert, doch hat Boeing sein Titan früher ebenfalls aus Russland bezogen, aber die Zusammenarbeit mit russischen Unternehmen komplett eingestellt, beziehungsweise einstellen müssen — und benötigt nun neue Lieferanten (13i).
Sicher keine Nebensache: Die Ukraine war bis 2020 die Nummer fünf bei der Förderung von Titanschwamm und ebenso beim Abbau von Titanmineralien — Hauptfördergebiet: Saporoschje in der Ostukraine, Hauptbezieher: Russland (13ii). In jener Region, dort in der Ostukraine, lagern übrigens auch vier Fünftel der fossilen, ukrainischen Ressourcen an Naturgas, Öl und Kohle (14, 15).
Warum lagerten westliche Unternehmen die Förderung seltener Metalle (seltener Erden) aus? Sie erfüllten die nationalen Vorgaben für einen verbesserten Umweltschutz, in dem sie einfach das Problem auslagerten.
„Ich bin im Bergbau tätig und Seltene Erden sind überhaupt nicht selten. Nordamerika hat viele Seltene Erden im Boden, eine meiner Firmen hat solche Vorkommen. Der Grund, warum China bei der Herstellung dieser Elemente führend ist, liegt an seinen Raffinationstechniken. China verwendet die Chlorierung (Chlor) zur Raffination von Seltenen Erden. Die Chlorierung ist eine effiziente und billige Raffinerietechnologie.“ (16)
Der Preis ist im Kapitalismus entscheidend, nicht die Kosten, nicht die realen, sicht- und spürbaren Kosten für die Umwelt.
„ABER [die Raffination auf Chlorbasis] sie ist verheerend für die Umwelt. Die Chlorierung tötet Bäche, Flüsse, Seen und Grundwasserspiegel, daher ist diese Raffinationstechnik in allen westlichen Gerichtsbarkeiten verboten. Westliche Unternehmen werden also kein Problem damit haben, Seltene Erden zu finden, aber sie mit umweltfreundlichen Raffinationstechniken zu veredeln, wird die Elemente für den Endverbraucher sehr, sehr kostspielig machen.“ (16i)
Die Kosten für die Umwelt sind auch nicht entscheidend für Jene, die uns derzeit versuchen weiszumachen, dass sie „das Klima“ (eine Fiktion also), retten wollten, ja es überhaupt könnten. Von der Umwelt, um die es doch eigentlich gehen sollte, reden sie wohlweislich nicht.
Diese ganze „grüne Transformation“ ist ein unglaublicher Raubbau an der Natur, ein Energiefresser ohnegleichen. Ob „Dekarbonisierung“, „Industrie 5, 6, 7“, Digitalisierung, Vernetzung, Künstliche Intelligenz. All das klingt virtuell. Aber all das ist mit einem Mehraufwand an Ressourcen verbunden. Dieser Mehraufwand verlangt auch ein Mehr an Ausbeutung. Aber die Ressourcen sind limitiert und die Unendlichkeit der Menge an Geld, die man schöpfen kann, wird vor dieser harten Realität der Endlichkeit irgendwann scheitern.
Die „Klimarettung“ ist gewissermaßen — und so hoffe ich wenigstens — die letzte Krönung des Kapitalismus-Wahnsinns. Nach dem PLandemie-Wahnsinn und dem Jahrzehnte geführten „Krieg gegen den Terror“ würde ich dafür allerdings nicht meine Hand ins Feuer legen.
Russische Quellen erzählen uns das Folgende, und ich bin schwer geneigt, dem zu glauben:
„Laut den kanadischen Experten des Analysezentrums SecDev kontrolliert Russland derzeit die „ukrainischen“ Gebiete mit Mineralienvorkommen im Wert von 12 Billionen US-Dollar. Neben Kohle (einschließlich Anthrazit) sind sie reich an Seltenerdmetallen sowie an Titan, Uran und Lithium.“ (17)
SecDev rechnet aus, was herauszuholen ist aus der Ukraine. SecDev zählt zu seinen „Partnern“ die USAID (direkt der US-Regierung unterstellt), den WEF (Davos) und die Open Society Foundation (George und Alexander Soros), die Weltbank und die Carnegie-Stiftung, Youtube, die kanadische Regierung, UN-Organisationen und weitere. Und SecDev bietet kein Impressum an, auch nicht in seinen veröffentlichten Analysen… (18, 19).
Nicht, um eine fiktive Demokratie voranzubringen, trat ein früherer CIA-Direktor und der Sohn des aktuellen US-Präsidenten in den Vorstand des größten ukrainischen Energiekonzerns, nämlich Burisma, ein (20, 21). Nein, es ging um „ertragreiche Posten“ (22), vor allem aber um die Filetierung der Ressourcen dieses Landes. Bereits fest gebuchte Ressourcen, die wertewestlichen Unternehmen derzeit wie Sand durch die Finger rinnen.
Was das mit der „grünen Transformation“, dem Wahn hinter dem nichts anderes als eine schnöde Geschäftsidee steckt, zu tun hat? In Russland weiß man, wo Begriffe in Anführungszeichen zu setzen sind. Man weiß, hinter welchen Wortkonstrukten die pure Propaganda vegetiert:
„Die Vorkommen der letztgenannten Metalle (Schätzungen zufolge fast die größten auf dem Kontinent) wirken sich direkt auf Europas Pläne zur Umstellung auf «grüne» Energie aus und sind von entscheidender Bedeutung. Und dabei geht es nicht einmal um die Wirtschaft: Mit seinem Vorgehen in der Ukraine hat Russland den gesamten «europäischen Traum» in Gefahr gebracht.“ (17i)
In diesen Kontext ordnet sich der NATO-Krieg gegen Russland hervorragend ein. Denn es geht um die Ressourcen von zwei der rohstoffreichsten Länder der Erde. Diese Ressourcen werden dringend benötigt, um den Kampf ums Goldene Kalb noch ein paar Jahrzehnte weiterführen zu können. Einer Strategie räuberischer wie intrigierender, imperialer Kolonialpolitik folgend, die sich eng an die Traditionen des britischen Weltreichs und seines US-amerikanischen Nachfolgers anlehnt.
Bitte bleiben Sie schön aufmerksam, liebe Leser.
Anmerkungen und Quellen
(Allgemein) Dieser Artikel von Peds Ansichten ist unter einer Creative Commons-Lizenz (Namensnennung — Nicht kommerziell — Keine Bearbeitungen 4.0 International) lizenziert. Unter Einhaltung der Lizenzbedingungen — insbesondere der deutlich sichtbaren Verlinkung zum Blog des Autors — kann er gern weiterverbreitet und vervielfältigt werden. Bei internen Verlinkungen auf weitere Artikel von Peds Ansichten finden Sie dort auch die externen Quellen, mit denen die Aussagen im aktuellen Text belegt werden.
(1) 03.07.2023; South China Morning Post; Liz Zhen; China curbs critical metal exports in retaliation for Western restrictions on chip industry; https://www.scmp.com/news/china/diplomacy/article/3226430/china-curbs-critical-metal-exports-retaliation-western-restrictions-chip-industry
(2, 2i) 17.08.2023; MDR; Ralf Geißler; Gallium und Germanium: Was bedeuten die Exportbeschränkungen?; https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/wirtschaft/gallium-germanium-halbleiter-china-beschraenkungen-100.html
(3) 04.07.2023; ZDF; Sina Mainitz; China beschränkt Export von seltenen Metallen; https://www.zdf.de/nachrichten/wirtschaft/gallium-germanium-china-eu-export-seltene-erden-100.html
(4) Institut für Seltene Erden und Metalle AG (i.W. ISE); Gallium – Gallium Preis, Vorkommen, Gewinnung, Verwendung; https://institut-seltene-erden.de/seltene-erden-und-metalle/strategische-metalle-2/gallium/; abgerufen 28.08.2023
(5) ISE; Germanium Preis, Vorkommen, Gewinnung, Verwendung; https://institut-seltene-erden.de/seltene-erden-und-metalle/strategische-metalle-2/germanium/; abgerufen: 28.08.2023
(6) Ge; Tagesaktueller Germanium-Preis; http://www.germanium-preis.de/
(7) 16.12.2022; ARD-Tagesschau; China beklagt „wirtschaftliche Schikane“; https://www.tagesschau.de/wirtschaft/weltwirtschaft/china-usa-technologie-101.html
(8) 08.05.2023; ARD-Tagesschau; Peking warnt EU vor Sanktionen; https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/china-sanktionen-eu-russland-ukraine-100.html
(9) 12.05.2023; Deutsche Welle; Lucia Schulten; EU: Beziehungen zu China „neu kalibrieren“; https://www.dw.com/de/eu-beziehungen-zu-china-neu-kalibrieren/a-65608706
(10) 23.10.2022; Valius Venckunas; The titanium supply chain crisis: how it began and what it means for aerospace; https://www.aerotime.aero/articles/32464-titanium-supply-crisis-what-does-this-mean-for-aerospace
(11) Kingsbury; Machining Titanium – is it really that hard?; https://kingsburyuk.com/machining-titanium-is-it-really-that-hard/; abgerufen: 28.08.2023
(12) 10.06.2022; RealClear Defense; Andriy Brodskyy; The Dangers of U.S. Reliance on Russian Titanium; https://www.realcleardefense.com/articles/2022/06/10/the_dangers_of_us_reliance_on_russian_titanium_836740.html
(13 bis 13ii) 12.05.2022; Germany Trade & Invest; Gerit Schulze; Westliche Flugzeugindustrie spürt die Kriegsfolgen; https://www.gtai.de/de/trade/russland/branchen/westliche-flugzeugindustrie-spuert-die-kriegsfolgen-833408
(14) 27.05.2023; CBC; Murray Brewster; Natural gas, rare earth minerals: What’s at stake for Ukraine in the territory Russia is trying to conquer; https://www.cbc.ca/news/politics/natural-resources-ukraine-war-1.6467039
(15) September 2021; iea (International Energy Agency); Ukraine energy profile, Energy security; https://www.iea.org/reports/ukraine-energy-profile/energy-security
(16, 16i) 04.07.2023; Moon of Alabama; https://www.moonofalabama.org/2023/07/punishing-sanctions.html?cid=6a00d8341c640e53ef02b751aa11ee200c#comment-6a00d8341c640e53ef02b751aa11ee200c
(17, 17i) 03.09.2023; Slavyangrad; https://t.me/readovkaru/4176
(18) SecDev; https://digital.secdev.com/; abgerufen: 05.09.2023
(19) 14.03.2022; SecDev; About the Chronicles of War; https://www.secdev.com/Whitepapers/Chronicles_of_war_in_Ukraine__Cyber-War.pdf
(20) 15.02.2017; Kyiv Post; Joseph Cofer Black: “I am excited to join Burisma’s Board of Directors and to focus on strategic development and security issues to expand Burisma’s global opportunities”; https://www.kyivpost.com/post/7849
(21) Reuters; Polina Ivanova, Maria Tsvetkova, Klya Zhegulev, Luke Baker; What Hunter Biden did on the board of Ukrainian energy company Burisma; https://www.reuters.com/article/us-hunter-biden-ukraine-idUSKBN1WX1P7
(22) Clinton Foundation on Timeline; November 18, 2014-November 16, 2015: A Biden, Heinz and Archer slush fund courtesy of Burisma Holdings; https://www.clintonfoundationtimeline.com/november-18-2014-november-16-2015-a-biden-heinz-and-archer-slush-fund-courtesy-of-burisma-holdings/; abgerufen: 06.09.2023
(Titelbild) Ball, Tor, Fußball; 19.04.2020; Autor: Chaos Soccer Gear (Unsplash); https://unsplash.com/de/fotos/Cjfl8r_eYxY; Lizenz: Unsplash Lizenz
Hinterlasse jetzt einen Kommentar