Zu Gast bei KenFM: GEZ – Was bekommt der Kunde für die Zwangsabgabe?

Beitrag von Maren Müller (publikumskonferenz)

Am 19.02.2019 hatte ich die Gelegenheit zu Gast im Talk „Zur Sache“ bei KenFM in Berlin zu sein. Noch von der Partie war Sabine Schiffer vom Institut für Medienverantwortung und Olaf Kretschmann, der gerade mit seiner Initiative „rundfunk-frei“ ziemlich für Furore sorgt. Sowohl das professionelle Team von KenFM, als auch die Atmosphäre im Studio mit überaus freundlichem (Zufalls-) Publikum und einem – wie immer – perfekt vorbereiteten Moderator machten das Ganze zu einem echten Erlebnis.

Ich möchte meine Anmerkungen zum Projekt „Rundfunkfrei“ von Olaf Kretschmann noch etwas präzisieren, da ich in der Sendung leider die richtigen Worte nicht gefunden habe.

Das Projekt ist optisch und inhaltlich hochprofessionell, klug durchdacht und sympathisch begründet. Insbesondere die Vielzahl der Protagonisten mit bürgerlichem und intellektuellem Background erstaunt. Hat uns doch der Mainstream jahrelang in Bild und Ton vermittelt (und dabei auch schon mal aktiv nachgeholfen), dass nur Spinner und „Reichsbürger“ die „GEZ“ kritisieren. Die Rundfunk-Volksentscheide werden nicht nur den Beitragszwang aufs Trapez heben, sondern auch dringend benötigte Diskursräume eröffnen, was beim derzeitigen Zustand unserer Gesellschaft durchaus überfällig ist.

Denn, würde der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch nur annähernd seine gesetzlichen Pflichten erfüllen, dann hätten wir keine sinkende Wahlbeteiligung, weniger prekäre Arbeitsverhältnisse, bessere Renten, keine Zustimmung für Kriege und imperiales Gebaren und mehr Solidarität innerhalb unserer Gesellschaft. Generell sehe ich daher die ausschließliche Fokussierung auf den Zwangsbeitrag sehr kritisch. Mit den öffentlich-rechtlichen Anstalten haben die anspruchsberechtigten Bürger ein Pfund in der Hand, welches für den Zusammenhalt der demokratischen Gesellschaft nicht zu unterschätzen ist.

Medien sollen Öffentlichkeit herstellen und der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat diese Aufgabe besonders sorgfältig wahrzunehmen. Wahrhaftige Information ist essentiell für das Funktionieren einer Gesellschaft. Menschen, die nicht korrekt und wahrheitsgemäß informiert werden, treffen in Folge zwangsläufig falsche Entscheidungen. Das gilt für Kaufentscheidungen ebenso wie für die Wahl einer politischen Partei, die Zustimmung für Kriegseinsätze und durch penetrante mediale Hetze geschürte Verachtung, Bekämpfung und Demütigung anderer Völker – so wie wir das gerade in Endlosschleife mit Russland erleben, mit Griechenland erleben mussten und mit Italien erleben werden.

Mir wäre es daher wesentlich lieber, wenn alle demokratischen Kräfte in die Reformierung, Verschlankung und qualitativen Verbesserung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks investieren würden, und zwar sowohl auf struktureller als auch auf inhaltlicher Ebene. Vermutlich kommt man hier auch nur mit Druck von unten (Zahlungsverweigerung, Volksentscheide) weiter, denn die derzeit etablierten Parteien werden „aus Gründen“ kein Interesse an einer Veränderung des IST-Zustandes haben.

Aber worum geht es:
Tagtäglich 24 Stunden lang flächendeckende, aus über zwanzig Fernseh- und 70 Rundfunkkanälen, Berieselung mit teils identischen, banalen, boulevardesken, wahrheitswidrigen, volksverhetzenden, verdummenden, manipulierenden und politisch überkorrekten Inhalten braucht kein Mensch in diesem Land. Unzählige seichte und antiaufklärerische Unterhaltungsformate, Krimiserien, Sportübertragungen und Scripted Reality-Dokus könnten sämtlich den Privaten überlassen werden.





Der konkrete Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten lautet unter anderem, mit Information, Bildung, Beratung, Kultur und Unterhaltung einen Beitrag zur Sicherung der Meinungsvielfalt und somit zur öffentlichen Meinungsbildung“ zu leisten.
Wie aber sieht die Realität aus? Wir haben eine Überversorgung mit fragwürdigen Inhalten und eine Unterversorgung mit qualitativ hochwertigen Inhalten. Wir erleben Machtmissbrauch und Willkür in Talk-Shows, in Nachrichtensendungen, in politischen Magazinen und selbst in Kultursendungen in der Form, dass Moderatoren aktivistisch zu manipulieren versuchen, indem sie selektieren, unlegitimiert in die Politik eingreifen, politisch einseitig agitieren und somit aktiv zur Spaltung der Gesellschaft beitragen. Die öffentliche Meinung wird manipuliert, unliebsame Nachrichten werden unterdrückt und wünschenswerte lanciert.

Die Rundfunkgremien, die sich eigentlich als Anwälte des Publikums verstehen sollten, betätigen sich als verlängerter Arm der Intendanzen und sind zum Großteil Interessenträger. Die Gremien gehören grundsätzlich basis-demokratisiert und von politischen und sonstigen Partikularinteressen befreit. Die vom Verfassungsgericht geforderte Staatsferne der Gremien wurde nie konsequent durchgesetzt.

Starmoderatoren, Nachrichtensprecher und Talkmaster erzielen exorbitante Einkommen, die selbst mittellosen Beitragszahlern von ihrem ohnehin schmalen Einkommen abgepresst werden.

All diese Defizite – und da ist nur ein Bruchteil derer die im ÖR System vorhanden sind benannt – gilt es durch Druck von unten auszuräumen, Wachablösung der aktivistischen und staatstreuen Journalisten, Chefredakteure, Showmaster und Demagogen inklusive.

Das Wichtigste zum Schluss:

Es wäre für den Staat die leichteste Übung, die öffentlich-rechtlichen Anstalten über eine Steuerfinanzierung am Leben zu erhalten. Vorgefühlt wurde bereits im Jahre 2014. (1)

Der „Zwangsbeitrag“ ist jedoch NOCH der Garant dafür, dass die Mehrheit der Beitragszahler das von ihnen finanzierte Angebot auch konsumiert und genau deshalb wird der Gesamtaufwand auch betrieben, exorbitante Aufwendungen für Erinnerungs- und Mahnschreiben und für die Vollstreckung der Gebührenbescheide inklusive.

Ein Großteil der Beitragszahler erfüllt die Quote und damit die dringend benötigte Legitimation für die Angebote schon aus ganz banalen psychologischen Gründen. Dass man nichts kauft was nichts taugt und dass man konsumiert, wofür man bezahlt hat, ist eine natürliche Annahme. Ich vergleiche das Ganze gern mit „all you can eat“, denn die Quote der Tagesschau kommt nicht von ungefähr und schon gar nicht aufgrund der hohen Qualität und des Wahrheitsgehaltes dieser Nachrichten. Der Glaube der Bürger, dass sie mit ihrem Beitrag eine wichtige und richtige Institution unterstützen, macht sie manipulierbar. Der persönliche Abgrund, in welchen sie stürzen würden, wenn lang gehegte Narrative vor ihren Augen zusammenbrächen wie Kartenhäuser und der einst vertrauenswürdige Anchorman zum einfachen Pinoccio mutierte, wäre tief und ließe sie an ein bislang falsch gelebtes Leben glauben. Dagegen wehren sich manch Gläubige bis ans Ende ihrer Tage.

Ja, der Kaiser ist nackt und viele Mitstreiter reiben sich erstaunt die Augen, dass sich die Reihen der Kritiker, die einen anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunk wollen, immer mehr verdichten. Sollte jedoch der Rundfunkbeitrag kippen, dann würde sowohl die gesetzlich bedingte Kontrolle der Anstalten durch die anspruchsberechtigten Bürger, als die Verpflichtungen und Berechtigungen aus den entsprechenden Staatsverträgen obsolet. Das Ganze käme einer Enteignung von Volkseigentum gleich.

Ein wirklich unabhängiger, objektiver, unparteiischer, ausgewogener, die Mächtigen kontrollierender Bürger-Rundfunk, wäre das komplette Gegenteil dessen, was wir heute vorfinden. Wir sollten diese, durch unser Geld selbst geschaffene, Institution nicht ohne Not dem freien Markt vor die Füße werfen, sondern unseren Anspruch als Eigentümer lautstark und wirkmächtig geltend machen.

(1) https://publikumskonferenz.de/wiki/wiki/Öffentlich-rechtliche_Medien/Aufgabe_und_Finanzierung

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