Zeitsprung ans Jahresende 2013

von Heiner (saarbruecker)

Wagen Sie mit mir einen Zeitsprung ans Jahresende 2013. Nach Ende der Handelsgeschäfte vom Tage zuvor könnten wir in einer der größten Zeitungen des Landes etwa folgenden Marktkommentar lesen:

Unglaublich: Zum Jahresschluss hat die Börse nun doch noch für Überraschung gesorgt. Der Dax hat 0,3 Punkte zugelegt und ging mit 4.358 Zählern aus dem Handel. Gewinner waren die Chemiewerte. Größte Verlierer wieder einmal die Banken. Der Euro hat mit 0,87 zum Dollar die Parität noch immer nicht wieder erreichen können. Der Goldpreis in Euro wird mit ca. 2.198/Feinunze angegeben. Ein Fixing gibt es – wie jeder weiß – seit Monaten nicht mehr. Der Preis wird frei am Markt zwischen Angebot und Nachfrage gebildet. Die Aussicht für eine weiter steigende Nachfrage wird aufgrund der fundamentels allgemein nicht bezweifelt.

Was war das für ein aufregendes Jahr!

Im Juni passierte es, nach dem sich die Kurse der Staatsanleihen wochenlang in ihren Top-Positionen seitwärts bewegt hatten: Am Morgen nach dem Crash der japanischen Staatsanleihen brachen die Kurse der europäischen Staatsanleihen ein. Deutsche Anleihen wurden besonders gebeutelt. Vorausblickende Marktteilnehmer hatten das zwar länger schon erwartet, doch auch sie wurden von der Heftigkeit, mit der die Blase platzte, überrumpelt.

Nächster Dominostein in der einsetzenden Kettenreaktion waren Bankaktien. Nicht allein die Kurse dieser Papiere fielen in den Keller, auch viele Sparer fanden ihr Geld in den eigenen vier Wänden sicherer als in den trudelnden Geldhäusern. Griechischen, spanischen, auch französischen und sogar deutschen  Instituten drohte Zahlungsunfähigkeit. Um den beginnenden Zusammenbruch des ganzen europäischen Finanzmarktes (und womöglich auch darüber hinaus) aufzufangen, mussten die Geldhäuser dringend besser kapitalisiert werden. Anleger und Sparer, die seit Anfang Mai des Jahres bereits wussten, dass sie zum Bail-in herangezogen würden, suchten nach Fluchtwegen. Die aber gab es wenige Stunden nach dem Bond-Crash schon nicht mehr.

Konsequente Kapitalverkehrskontrollen sorgten dafür blitzschnell sämtliche Fluchttüren zu verschließen. Schon Wochen zuvor waren die Bankautomaten an den Wochenenden gesperrt. Das Schengenabkommen war auch bereits außer Kraft, Grenzkontrollen wieder die Regel.
Ende Juni dann wurde das Bail-in-Gesetz verkündet, demzufolge jeder Bürger eine Vermögensabgabe zu leisten hatte: Aktienbesitzer, Sparer, Immobilienbesitzer und die Halter anderer Vermögenswerte. Dreißig Prozent des Lebensarbeitslohns wurden vom Staat kassiert und an die Banken verteilt.

Das System war scheinbar gerettet. Vorübergehend.

Der Euro verlor in wenigen Tagen mehr als 38 Prozent seines Wertes gegenüber dem Dollar, erholte sich zwar für kurze Zeit um wenige Prozentpunkte und sackte erneut ab. Ein Fußtritt für den Euro. Aus Furcht vor weiteren Verlusten stießen ausländische Aktienbesitzer massenweise ihre Titel ab. Der Dax fiel um 50 Prozent. Seit dem dümpelt er um 4.300 Zähler seitwärts. Mit einer sehr kurzen Zwischenerholung nach der Bundestagswahl.

Der Wahlausgang brachte keine Überraschung. Wochen vor dem Wahltermin hatten die Märkte auf Große Koalition gesetzt. Ausschlaggebend war der Stimmengewinn bei der AfD von Bernd Lucke. Dass die Alternative für Deutschland bei den Christdemokraten Stimmen abziehen würde, war sonnenklar, nach dem der Bail-in durchgezogen wurde.

Angela Merkel hatte mit tausend Tricks versucht, den Bail-in über den Wahltermin hinaus zu verschieben, die Turbulenzen an den Anleihemärkten machten einen Strich durch ihre Rechnung. Mit knapp über 25 Prozent der Wählerstimmen kam für CDU/CSU nur eine Vierer-Koalition in Betracht. Genauso wie es dem Wunsch der „Grauen Herren“ im Hintergrund entsprach. Die AfD – noch heute überzeugt, ihre Aufgabe sei die Rettung der Republik – war nichts weiter als das trojanische Pferd der Strippenzieher. CDU/CSU mussten mit SPD und Grünen ins Koalitions-Bett steigen. Genau dies entsprach den Zielen der „Grauen Herren“ im Hintergrund.
Erst nach annähernd zwei Monaten stand die Koalition. Das wichtigste Verhandlungsergebnis betraf den Umfang der Bankenrettung. Für die deutschen Sparer gab es nichts zu lachen. Der Euro wurde noch einmal gerettet – zu einem Wahnsinnspreis. Die Marktzinsen der deutschen Staatsanleihen stiegen je nach Laufzeit auf 6 bzw. 7 Prozent.

Finanzminister Jürgen Trittin spricht bereits davon, die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 27 Prozent sei angesichts der Zinsentwicklung alternativlos. „Alternativlos“ gehört zum Standartsprachrepertoire der neuen Regierung. Alternativlos ist die drastische Rentenkürzung, alternativlos der Zuschlag auf die Strompreise, alternativlos die Pkw-Maut, alternativlos der Soli zur Konjunkturbelebung, alternativlos die nochmalige Vermögensabgabe für die Rettung der Bad-Banks.

Alternativlos ist auch die Urne für den Wohlfahrtsstaat. Die Bundeswehr hat 30 Sicherungskompanien gestellt, um den inneren Frieden zu schützen. Dass es dennoch in Stadtvierteln mit sozialen Brennpunkten zu Ausschreitungen, brennenden Autos und berstenden Schaufenstern kommt, liegt an der unzulänglichen Vorbereitung der Truppe auf ihre neue Aufgabe. Trösten wir uns, die Menschen wachsen bekanntlich an ihren Aufgaben, auch die Soldaten der Sicherungskompanie unserer Region.

Die Bundeskanzlerin hält in wenigen Stunden ihre Neujahrsansprache. Sie wird uns Mut machen und Mut abfordern für das Neue Jahr, damit wir gestärkt aus der Krise hervorgehen. Die Aktienmärkte sollen zu neuem Schwung ansetzen, alternativlos – der Euro allzumal und der Goldpreis soll wieder in den Keller, alternativlos – daran sollen wir glauben. Manchmal versetzt der Glaube bekanntlich Berge – wenn die Berge nicht zu groß sind.

Quelle: saarbruecker

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