Wirtschaftsschutz auf unsere Kosten

Von Klaus Wallmann sen (randzone)

Jeder Bürger weiß, daß Geheimdienste im Geheimen arbeiten, und ihre Arbeit darin besteht, anderen ihre Geheimnisse abzulauschen. Politische, militärische, wissenschaftliche oder wirtschaftliche. Derartige Geheimnisse finden sich bei Freund und Feind, so daß Geheimdienste diesbezüglich wohl eher keine Unterschiede machen, wie sie sich bei ihrer Tätigkeit wohl auch kaum um geltendes Recht scheren werden.

Bleiben wir bei den wirtschaftlichen Geheimnissen, also der sogenannten Wirtschaftsspionage. Unser kluger Bundesinnenminister Friedrich (CSU) gab jüngst zu Protokoll, daß Wirtschaftsspionage jährlich einen Schaden von etwa 50 Milliarden Euro verursache. Er sprach von massiven Versuchen, den “Rohstoff Geist” in deutschen Unternehmen zu stehlen. Den mit anderen Kapitalisten konkurrierenden deutschen Kapitalisten kann das natürlich gar nicht gefallen. Und nachdem nun die massiven Spähaktionen der britischen und US-Geheimdienste bekannt geworden waren, hielt es das herrschende Kapital wohl für angebracht, seine politischen Kommis zu einer “Konferenz” einzubestellen.

Der Chef des Bundesamts für “Verfassungsschutz”, der Herr Maaßen, verteidigte dort seine Kollegen. Es lägen keine Hinweise vor, daß die “Freunde” deutsche Firmen ausspioniert hätten. Ob das daran liegt, daß der “Verfassungsschutz” in der NSA-Affäre ähnlich ahnungslos ist wie in der NSU-Affäre, oder die NSA- und GCHQ-Geheimagenten eben nur eine Top-Arbeit machen, das müssen wir an dieser Stelle offenlassen. Laut Herrn Maaßen ist sein Amt “nicht blind und naiv” und gehe jedem Verdacht nach. Deshalb weiß er auch, daß die meisten Angriffe auf die deutsche Wirtschaft und Forschung natürlich von den “Feinden” Rußland und China geführt werden. Einen Grund, die enge Zusammenarbeit mit den Partnern in den USA und Großbritannien in Frage zu stellen, sieht Maaßen nicht.

Der Chef des Kapitalistenvereins BDI, der Herr Grillo, findet das Ausmaß der geheimdienstlichen Tätigkeit befreundeter Staaten jedoch “ganz besonders besorgniserregend”. Er schlug deshalb sogar vor, Wirtschaftsspionage im Völkerrecht zu ächten. “Cyber-Angriffe” seien an der Tagesordnung, doch nur acht von zehn Unternehmen würden derartige Ausspähversuche den Behörden melden. Unter anderem aus Angst vor einem Reputationsverlust, so Grillo. (Doch im Vordergrund dürfte auch hier wohl eher das Konkurrenzmotiv stehen.) Da die “Sicherheitsbehörden” aber auf die Meldung von solchen Vorkommnissen angewiesen seien, appellierte er an seine Klassengenossen, mehr Informationen auszutauschen. Den Bundesinnenminister, der kürzlich eine gesetzliche Meldepflicht für Angriffe auf die besonders verletzliche Infrastruktur vorgeschlagen hatte, wies Grillo zurecht, indem er diesbezüglich die Freiwilligkeit dieses Informationsaustausches betonte. Er machte damit auch klar, wer der Koch, und wer der Kellner ist.

Der Chef des Kapitalistenvereins DIHK, der Herr Schweitzer, scheint gar nicht besorgt zu sein. Verdächtigungen sollten nicht “aufgebauscht” werden, denn die Grundlage kapitalistischen Wachstums auch in Deutschland sei die enge Freundschaft zwischen den USA und Europa. Er glaube nicht, daß die deutsche Wirtschaft von den westlichen Geheimdiensten “komplett ausgespäht” werde. Diese Beschwichtigung ist natürlich ganz offensichtlich dem Interesse des deutschen Kapitals an erfolgreichen Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA geschuldet.

Am Ende des Befehlempfangs quittierte der Bundesinnenminister den Kapitalistenvereinen BDI und DIHK eine “gemeinsame Erklärung”, die die Grundlage einer bis 2015 zu erarbeitenden Strategie gegen Wirtschaftsspionage bilden soll. Dazu will man zunächst eine gemeinsame Steuerungsgruppe von Staat und Wirtschaft, sowie eine Koordinierungsstelle für die “Sicherheits”behörden zu Fragen des Wirtschaftsschutzes(!) im Innenministerium schaffen. Wer die Kosten dafür trägt, wurde nicht gesagt, so daß man also ruhigen Gewissens davon ausgehen kann, daß es der deutsche Michel sein wird.

Nachdem sowohl die Kanzlerin (CDU) als auch der Kanzler werden wollende Herr Steinbrück (SPD) bereits ihre Besorgnis in Sachen Bespitzelung von Regierung und Wirtschaft zum Ausdruck brachten, während sie gleichzeitig auf die Bespitzelung der Bürger keinen Gedanken verschwendeten, macht dieses Treffen von Vertretern der herrschenden Klasse mit ihren politischen Geschäftsführern ein weiteres Mal deutlich, wessen Interessen die bürgerlichen Regierungen zu vertreten und durchzusetzen haben. Der Staat schützt die private Wirtschaft und ihre Profite – den Schutz bezahlen darf die Gesellschaft. Das ist ein wichtiges Grundprinzip der kapitalistischen Gesellschaftsordnung.

Klaus Wallmann sen.

 

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