Wirtschaft: Spionagekrieg

von Franz Krummbein (berlin-athen)

Die kürzlich in der westlichen Presse erschienenen Enthüllungen des ehemaligen US-Geheimdienstlers Edward Snowden werden von Experten als die skandalträchtigsten aller bisher veröffentlichten Daten bezeichnet.

Der öffentlich gekränkte Stolz der politischen Führung einiger westeuropäischer Staaten hat sie dazu bewogen, den USA Verstöße gegen die Menschenrechte vorzuwerfen. Diese Prinzipientreue wird man hoffentlich auch an den Tag legen, wenn die Regierung in Washington erneut beschließt, einen bewaffneten Konflikt im Interesse der USA ohne Rücksicht auf das Völkerrecht zu entfesseln oder eine neue Farbrevolution zu provozieren.

Die National Security Agency(NSA) ist der führende US-Geheimdienst in Bezug auf elektronische Spionage. NSA-Spähprogramme sind Teil eines globalen US-Plans mit dem Ziel, eine Überlegenheit im Cyberspace zu erzielen. Das sei längst bekannt, die Enthüllungen von Edward Snowden hätten nur einen weiteren Beleg für die totale Überwachung vieler Länder geliefert.

Wozu brauchen die USA eigentlich Spähprogramme von diesem Ausmaß? Welche Ziele werden dabei verfolgt? Soll man etwa dem Standpunkt zustimmen, wonach die totale Überwachung in einer Informationsgesellschaft unvermeidlich sei? In einigen Medien wird manchmal die Meinung geäußert, nichts Schreckliches sei passiert, man könne sich entspannen und den Fall Snowden ignorieren. Man sollte aber die bekannten Spionage-Affären mit Blick auf strategische Ziele und Aufgaben der USA betrachten.

Die NSA sei ein Instrument, um die Militärpolitik des Weißen Hauses zu sichern. Diesem Geheimdienst stehe seit einiger Zeit eine maßgebliche Rolle zu, um eine globale Überlegenheit im Cyberspace zu erreichen. Dadurch wolle die politische und Militärführung der USA im 21. Jahrhundert eine Spitzenposition behalten. Dementsprechend korrigiere Amerika auch die Pläne zum weiteren Aufbau seiner Streitkräfte. Die technischen und operativen Möglichkeiten der NSA lägen zum Teil den Aktivitäten des 2009 eingerichteten United States Cyber Command USCYBERCOM zugrunde. Ein Beleg dafür sei die Tatsache, dass das USCYBERCOM vom NSA-Chef Keith Alexander geführt wird.

Die elektronischen Spähprogramme, die ans Licht gekommen sind, seien Teil eines Plans auf höherer Ebene. Dieser Plan verfolge globale Ziele. Die US-Militärpolitik orientiere sich daran, den Vereinigten Staaten eine führende Rolle in der entstehenden neuen Weltordnung zu sichern. Der US-Generalstab habe im September 2012 ein Rahmenkonzept besiegelt, wonach die Streitkräfte zu demoralisierenden und Präventivschlägen mit modernen Methoden fähig sein sollen. Großer Wert werde darauf gelegt, Cyber-Optionen mit bewährten Instrumenten der Kampfführung zu kombinieren.

Die totale elektronische Überwachung sei vor diesem Hintergrund kein geheimdienstlicher Übergriff und keine Nebenwirkung des Anti-Terror-Kampfes. Es gehe eher um ein Fundament künftiger Cyber-Einsätze, das von der NSA und dem USCYBERCOM gelegt werde. Man justiere insbesondre Instrumente, um Soziale Netzwerke und E-Mails zu kontrollieren. Dies ziele darauf ab, die sozialpolitische Situation in der Gesellschaft zu verfolgen und soziale Zusammenhänge aufzudecken, um letztendlich die öffentliche Meinung zu manipulieren und soziale Aktivitäten der Bürger zugunsten der USA zu instrumentalisieren.

Etwas Ähnliches war neulich in Nordafrika während des arabischen Frühlings zu beobachten. Die Protestbewegung und der informationelle Hintergrund (wie die ägyptische Twitter-Revolution) wurden zum großen Teil künstlich geschaffen, darunter durch IT-Methoden und Social Networks..

Die amerikanischen Ausgaben „New York Times“ und „ProPublica“, sowie die britische Zeitung „Guardian“ berichteten unter Verweis auf die von Snowden zur Verfügung gestellten Daten, dass die CIA und die nationale Sicherheitsagentur NSA in der Lage seien, selbst die kompliziertesten kryptographischen Verschlüsselungsverfahren im Internet zu umgehen.

Das Internetportal „Euronews“ berichtete auch von den Anhörungen im Europaparlament über den Schutz von Freiheiten der Bürger und Journalisten auf dem Boden des geeintes Europas. Im Mittelpunkt standen in Bezug auf Demokratie fragliche Arbeitsmethoden der amerikanischen und europäischen Geheimdienste. Es handelt sich unter anderem um massenhafte elektronische Überwachung sowie um „entrüstende“ Fakten der Unterdrückung von sozial bedeutenden Informationen. Vor dem Hintergrund der anhaltenden Skandale um die Tätigkeit der amerikanischen Aufklärungsdienste weltweit sind es Geschäftsleute, die am meisten beunruhigt sind. Zumindest in Deutschland steht dieses Thema ständig auf der politischen Agenda.

Vor kurzem unterzeichnete die Bundesregierung mit den führenden Handels- und Industrieverbänden eine gemeinsame Erklärung, auf deren Grundlage bis zum Jahr 2015 eine Strategie gegen wirtschaftliche Spionage erarbeitet werden soll. Die Verhandlungen über dieses Thema hatten laut Medienberichten bereits im vergangenen Jahr begonnen. Doch nach dem Skandal um die enthüllten CIA- und NSA-Daten wurde die Einigung viel schneller erreicht. Beim Treffen mit Unternehmern schätzte der Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich den wirtschaftlichen Schaden Deutschlands durch ausländische Aufklärungsdienste auf ungefähr 50 Milliarden Euro pro Jahr. Das ist allerdings die Spitze des Eisbergs, denn in Wirklichkeit ist der Schaden nach einigen Angaben um das Zehnfache höher.

Ende der 90er Jahre wurden zwischen 25 und 30 Milliarden US-Dollar für die US-Geheimdienste ausgegeben. In diesem Jahr sind diese Ausgaben um fast das Dreifache auf 78 Milliarden Dollar gestiegen.

Die Industriespionage ist natürlich keine Sensation. Was zum Beispiel den enthüllten Hackerangriff durch die Amerikaner betrifft, konnten die USA, sprich die CIA, nach einigen Angaben bereits im Jahr 2000 das Verschlüsselungsverfahren AES als internationale Verschlüsselungstechnologie lobbyieren. Dieses Verfahren enthielt aber mathematische „Lücken“, die den Geheimdiensten erlaubten, beliebige Verbindungen blitzschnell zu entschlüsseln. Es liegt aber durchaus nicht an der Genialität amerikanischer Programmierer und Hacker.

Snowdens Enthüllungen zufolge gibt die nationale Sicherheitsagentur NSA jährlich bis zu 250 Millionen US-Dollar aus, um die Entwickler der Schutzverfahren zu bestechen, damit die neugierigen Mitarbeiter dieser Organisation die „Lücken“ in den Verschlüsselungstechnologien nutzen könnten.

Offiziell bestreitet Deutschland zwar einen „bösen Plan“ der USA. Doch wie das Magazin „Spiegel“ berichtet, wurde bereits im April 2002 ein „Memorandum of Agreement“ zwischen dem BND und der NSA geschlossen, wonach der Bundesnachrichtendienst die sogenannten Metadaten über Internetbenutzer an den amerikanischen Geheimdienst NSA in großem Umfang übermittele. Bernd Oliver Bühler, Geschäftsführer der Firma „JANUS Consulting“, einem Unternehmen, das sich mit Risikomanagement und Sicherheitsberatung beschäftigt, zitierte kürzlich in einem Interview für den Radiosender „Deutschlandfunk“ den ehemaligen Chef des französischen Auslandsnachrichtendienstes DGSE: „Politisch kooperieren wir. Wirtschaftlich sind wir Konkurrenten.“

Wirtschaftsspionage ist allerdings eine Traditionsbranche in den USA. James Woolsey, Ex-CIA-Chef, sagte im März 2000, es wäre ein Missbrauch von Ressourcen der Nachrichtendienste, wenn man wirtschaftlich wertvolle Erkenntnisse in der Schublade liegen lassen würde.

So traf Industriespionage möglicherweise auch den deutschen Windradhersteller Enercon. Das Unternehmen war sicher, durch eigene Forschung und Entwicklung einen großen Wettbewerbsvorteil errungen zu haben. Beim Markteintritt in den USA hatte ein Konkurrent die gleiche Technologie. Ein NSA-Mitarbeiter gab zu, er habe bei der NSA auf den Festplatten des deutschen Unternehmens spioniert.

Neben offensiver politischer Spionage und großflächiger Wirtschaftsspionage gegen Europa und insbesondere Deutschland durch Geheimdienste der USA, Großbritanniens und weiterer Staaten wurde ein Netz der Massenüberwachung offenbart, dessen Ausmaß für die meisten Menschen völlig unfassbar ist.

Da erst relativ wenige von Snowdens Dokumenten analysiert wurden, ist das sicher erst die Spitze des Eisberges. Dass Wirtschaftsspionage einen nicht unbedeutenden Teil der tagtäglichen Arbeit zumindest der US amerikanischen Geheimdienste ausmacht, lässt sich allein aufgrund der Tatsache schließen, dass die CIA seit 2009 auch einen separaten “Global Economic Report” für Präsident Obama anfertigt. Allein die bisherigen Enthüllungen legen nahe, dass Wirtschaftsspionage im Vergleich zu Terrorabwehr vielleicht sogar weitaus größeren Stellenwert hat. So gab Keith Alexander erst vor kurzem zu, dass die ominöse Zahl von 54 vereitelten Terror-Angriffen nicht stimme und es sich eher um 13 handele.

Frontal 21 hat doch schon vor einiger Zeit darüber berichtet, dass Steinmeier, Schröder und andere selbst Geheimverträge mit US-Firmen geschlossen haben. Das schließt scheinlegalisierte Wirtschaftsspionage ein. Oder anders gesagt: wenn wir in einem Rechtsstaat leben würden, gehörten diese Politiker samt und sonders hinter Gittern wegen Beihilfe zu kriminellen Straftaten, Hochverrat usw. Aber sie missbrauchen ja den Staatsapparat.

Alexander Lau, stellvertretender Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Bayern, hält die Industriespionage für durchaus gefährlich:

„Eine solche Spionage ist natürlich sehr gefährlich, weil es um die Konkurrenz-Ausspähung geht und sich ein Anderer einen wirtschaftlichen Vorteil davon verschafft. Es geht im Grunde um den Wert der ganzen Produkte, die ein Unternehmer herstellt, und an ihre Bedeutung am Markt. Und damit ist nicht zu spaßen.“

Die Politik ist eine reine Bänkster-Lobby geworden, die ihre Raubzüge gegen die eigenen Bevölkerungen und gegen den Rest der Welt gewendet hat. Sie morden weltweit, demontieren die Rechsstaatlichkeit und die Demokratien. Der Staat hat sich gegen seine Bürger gewandt. An der Macht ist die blanke Korruption. Die Demontage des Rechtsstaates ist nicht erst im Aufbau, nein, sie ist im Grunde bereits vollendet.

 

P.S. Ein Untersuchungsausschuss des EU-Parlaments muss folgende Fragen klären:

Welches sind die vollständigen Möglichkeiten von großangelegten Überwachungsprogrammen wie PRISM und Tempora? (PRISM ist ein streng geheimes Überwachungsprogramm der USA, das seit 2005 existiert. TEMPORA ist das Spionageprojekt Großbritanniens).

Welche Datenströme und Datenquellen nutzen diese?

Welche Verwaltungseinrichtungen der EU und ihrer Mitgliedsstaaten hatten Informationen über oder Zugang zu PRISM und vergleichbar weitreichenden Programmen oder zu Daten aus diesen?

Inwiefern wurden die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, die Datenschutzrichtlinie oder andere völkerrechtliche Abkommen verletzt?

Zum Thema:                                

http://www.stop-watching-hamburg.de 


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