What a wonderful world!

Von Gert Flegelskamp

Es tut sich was in Sachen Bildung. Wie ich aus der ZEIT erfahren konnte, werden neuerdings in Schulen Geldlehrer eingesetzt. So zumindest bezeichnen sich Finanzberater, die in die Schulen gehen, um den Kindern den Umgang mit Geld beizubringen, sie also zu lehren, wie es im richtigen Leben zugeht.

Endlich werden Kinder durch Bildungsinnnovation auf den rechten Weg gebracht und lernen, wie ein guter Verbraucher zu sein hat. Er wird zum korrekten Verbraucher erzogen, der dauerhaft an das Versicherungs- und Bankwesen gebunden wird. Schließlich lernen Kinder fürs Leben und sollen vor allem später zu Otto Normalverbraucher werden, deren Lebensinhalt sich auf Konsum, Versicherungen und Kredite und natürlich unter Umständen (falls vorhanden) einen Arbeitsplatz beschränken soll. Nicht zu vergessen, dass bereits das Taschengeld der Kinder möglichst früh in die richtigen Hände kommen soll und das sind natürlich Banken und Versicherungen, die das Geld gut und sicher anlegen und vermehren.

Da lese ich, dass die im Artikel angesprochene Geldlehrerin völlig selbstlos einen 3-tägigen Kurs absolviert hat, Kostenpunkt 2.900,- € und auch das erforderliche Equipment aus eigener Tasche zahlt. Oh Herr, endlich gibt es sie wieder, die Menschen, die völlig selbstlos versuchen, Kinder auf den „rechten“ Weg zu bringen. Oh Herr, nehme sie später auf ins Reich der Heiligen, diese modernen St. Martins und St. Martinas(?). Ein Schelm, wer dahinter eine Investition der Geldlehrer sieht, die sich später auszahlen soll.

Wie ich lese, malt sie (diese Frühheilige) einen Zeitstrahl an die Tafel. Gott, wenn ich nur wüsste, was das ist. Hat das was mit der ZEIT, also dem Presseorgan zu tun, oder doch mehr etwas mit dem, was man neudeutsch Future nennt? Wie weit hätte ich es wohl bringen können, hätte es bereits in meiner Schulzeit „Geldlehrer“ gegeben, die mir erklärt hätten, was ein Zeitstrahl ist. Mir hat ehemals ein Mathelehrer abgefordert, eine Zinsrechnung zu lösen, aber ganz ohne Zeitstrahl. Daran kann man ermessen, wie niedrig doch zu meiner Zeit der Bildungsstandard gewesen ist.

Täglich mindestens 10 Std. Arbeit, von denen höchstens 8 Std. bezahlt werden, am besten in einem Zeitarbeitsunternehmen, zwei Wochen möglichst preiswerter Urlaub im Jahr, mit einem Kredit finanziert (was ihn vom Touch des billigen Urlaubs befreit), das ist der perfekte Deutsche und darauf sollte er vorbereitet werden. Diese schwere Aufgabe nehmen nunmehr Geldlehrer völlig uneigennützig in die Hand.

Auch große Konzerne, so lese ich, haben ihr Herz für die Jugend entdeckt und sponsern, was das Zeug hält, an Kindergärten, an Kindertagesstätten und an Schulen und entlasten damit nicht nur das Schulwesen, sondern sorgen für die frühkindliche Bildung, indem sie den Kindern frühzeitig durch stets groß und auffällig aufgebrachte Firmenlogos vermitteln, welche Unternehmen, Banken und Versicherungen es sind, die später, wenn die Kinder erst mal groß sind, ihr Vertrauen besitzen sollten.

In der ZEIT ist zu lesen:

    Seit ein paar Jahren mischen externe Organisationen im Schulunterricht mit. Wirtschaftsverbände sponsern Arbeitsmaterialien, in denen marktwirtschaftliche Grundsätze erklärt werden. Deutsche-Bank-Mitarbeiter referieren über Altersvorsorge. Auch die Initiative My Finance Coach, ein Zusammenschluss von Firmen, darunter Allianz, McKinsey und KPMG, will die ökonomische Bildung von Schülern verbessern.

Man sieht, alles Unternehmen, die bereits in der Vergangenheit durch besonders glaubwürdiges Verhalten und soziales Engagement in Erscheinung getreten sind und natürlich marktwirtschaftliches Verhalten völlig uneigennützig erläutern und begründen. Schließlich können Kinder nicht früh genug lernen, dass Gehaltsforderungen schädlich für die Wirtschaft sind, dass Rente, Gesundheit und Arbeit in die Eigenverantwortung des Einzelnen gehören, weil die Unternehmen schließlich keinen Anteil daran haben, dass Arbeit krank machen kann und Unternehmen die Arbeit auch nur dann anfordern, wenn es nicht anders geht. Auch haben Unternehmen schließlich keinen Anteil daran, dass Menschen altern, warum sollten sie also einen Anteil dafür zahlen, damit ihre Arbeiter und Angestellten später im Alter auch noch leben können. Dafür gibt es schließlich private Versicherungen und wenn man in die einzahlt, hat auch die Wirtschaft was davon.

Man sieht, es ist wichtig, dass Finanzberater in die Schulen gehen und die Kinder lehren, dass sie ihnen das evtl. vorhandene Geld bringen sollen, weil sie (die Finanzberater) wesentlich besser wissen, wie man es versickern lässt und Unternehmen Kinder frühzeitig mit der Ökonomie vertraut machen, damit sie sich später nicht darüber wundern, dass der Geldfluss immer nur in eine Richtung fließt, nämlich von unten nach oben. Sogar der Ochse muss erst auf das Joch vorbereitet werden.

Quelle: flegel

 

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