Wer ist der Versagerstaat: Griechenland oder die Europäische Union?

Institute for Public Accuracy (antikrieg)

James Henry ist ehemaliger leitender Wirtschaftswissenschaftler in der internationalen Beratungsfirma McKinsey & Co. Er ist jetzt Senior Fellow im Center for Sustainable International Investment der Columbia University.

Er sagte heute: „Mehrere anerkannte Wirtsschaftswissenschaftler – darunter Joseph Stiglitz und Paul Krugman – haben gesagt, dass das, was die EU Griechenland antut, von einem wirtschaftlichen Standpunkt her gesehen keinen Sinn macht. Und sie haben recht, es macht keinen von einem wirtschaftlichen Standpunkt – aber es macht vielleicht einen von einem politischen Standpunkt aus gesehen.

„Das war absurd aufwendig und hätte mit weniger als $20 Milliarden abgewendet werden können, viel weniger als die Rettungsaktion für Detroit ausmachte. Deutschland hat nur nicht gesagt, dass es den Sturz des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras will, der diesen Sauhaufen nicht geschaffen hat. Er stimmt jetzt sogar einer Mehrwertsteuer von 23% zu.

„Bedenken Sie nur, dass während sie die Schrauben bei der linksgerichteten Regierung in Griechenland anziehen, ein großer Teil des Establishments der Vereinigten Staaten von Amerika und Europas daran arbeitet, der rechtsgerichteten Regierung in der Ukraine zu helfen, welche versucht, ihre $125 Milliarden an Schulden umzustrukturieren und deren Wirtschaft auseinanderfällt. Hier gibt es keine Moralpredigten.

„Das ist eine Bestrafungspolitik, und es geht darum, in Griechenland ein Beispiel zu setzen. Eindeutig gehört zu den Triebkräften, dass die EU besorgt ist über das Anwachsen der Linken in Spanien und in anderen Ländern. Mittlerweile feiern Le Pens Partei in Frankreich und andere rechtsgerichtete Parteien das alles.

„Um aus der Situation herauszukommen, hat der griechische Premierminister Alexis Tsipras gesagt, dass er die Reichen effektiver besteuern möchte und ersuchte die Schweiz um Hilfe bei der Suche nach annähernd $100 Milliarden an Steuergeldern in ausländischen Steuerparadiesen. Die Schweizer jedoch weigerten sich, Informationen über reiche griechische Steuerbetrüger herauszurücken.“ Henry ist auch leitender Berater bei dem Tax Justice Network (Netzwerk für Steuergerechtigkeit) und war führender Verfasser des Berichts über Steuerhinterziehung im Ausland, in dem das weltweite Gesamtausmaß des Reichtums in Steuerparadiesen auf $21 bis $32 Billionen geschätzt wird.

Er fuhr fort: „Das Leiden in Griechenland ist augenscheinlich; die Menschen sind starr vor Angst. Die Arbeitslosigkeit dort beträgt 25 Prozent und die Jugendarbeitslosigkeit 60 Prozent. Es ist ein schwererer Absturz als der in den Vereinigten Staaten von Amerika während der Großen Depression, jetzt wo sie kein Geld mehr aus ihren Bankomaten bekommen können. Und die EU blockiert Griechenland tatkräftig von einer Stimulierung seiner Wirtschaft, damit diese wieder auf die Füße kommt.

„Die Schulden Griechenlands sind unbegleichbare Schulden. Sie wurden nicht in nützliche Anlagen investiert. Ein großer Teil der Schulden fielen in der Tat an, nachdem Griechenland dem Euro beitrat – was seinerseits unter dubiosen Umständen betrieben wurde – wobei deutsche und französische Banken der griechischen Regierung Geld für die Beschaffung von Waffen liehen. Als dann die Finanzkrise – an der Griechenland nicht schuld war – zuschlug, wurden diese privaten Banken ausbezahlt, und Institutionen wie der IWF übernahmen einen Großteil der Schulden Griechenlands. Mit diesen Institutionen zu verhandeln ist viel schwerer als mit privaten Gläubigern.

„Anstatt das wie einen Bankrott zu behandeln und einen Schnitt bei den Schulden zu machen, predigt die EU jetzt mehr und mehr Sparen – was elendiglich schiefgegangen ist. Hier ist die Europäische Union der wirkliche Versagerstaat. Sie wirft Griechenland praktisch in das Schuldverlies. Es braucht ein Gericht zur Abwicklung von Pleiten, um mit Staatsschulden umzugehen.

„Teil des Problems ist das Kräftspiel in der EU, besonders mit diesen nördlichen Ländern mit relativ wohlhabenden Bevölkerungen und einer calvinistischen Einstellung. [John Maynard] Keynes schrieb 1921, warum die deutschen Kriegsschulden vergeben worden waren. Ironischerweise ist es Deutschland, das in der Geschichte einer der großen Nutznießer von Schuldennachlass war – und jetzt heulen sie herum, dass Griechenland zahlen muss.“

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