Wenn Legenden verenden – Das Märchen von der Deflation

von Susanne Kablitz

Neben der Inflation, die sich sprachlich und inhaltlich dauernd missbrauchen lassen muss, hat es die Deflation nicht minder schlimm erwischt. Oftmals sind es gerade diejenigen, die auf der ständigen Suche nach „Schnäppchen“ sind, die sinkende Preise in einer „Deflation“ für unser ganzes Elend verantwortlich machen wollen.

Zunächst einmal ist es notwendig, die Begriffsverwirrung „Deflation“ aufzulösen und nicht länger unwidersprochen hinzunehmen wie die von der Inflationspropaganda profitierenden Zeitgenossen das „Schreckgespenst” – Deflation in seiner eigentlichen Ausprägung für ihre Zwecke und zum Nachteil der arbeitenden Bevölkerung verleumden.

Was ist also Deflation? Die Deflation, die sogar noch im Verhältnis zur Beulenpest grauenerregender zu sein scheint? Die Schädlichkeit, die angeblich von der Deflation ausgeht, ist in unserer heutigen Zeit ein heiliges Dogma, ein kaum aus der Welt zu schaffendes Damoklesschwert, das ständig über unseren Köpfen kreist und großes Unheil ankündigt.

Folgt man jedoch der korrekten Ökonomie, dann folgt auf den großen Schrecken meist nüchterne Sachlichkeit, denn Deflation bedeutet nichts anderes als das Schrumpfen der Geldmenge oder auch das Sinken des Geldangebots. Welche Beschreibung Sie auch bevorzugen, keine der beiden setzt automatisch eine Deflation mit einer Depression gleich, auch wenn die keynesianische Voodoo-Ökonomie – die insbesondere durch den ehemaligen Notenbankchef Alan Greenspan in neuem Glanz erstrahlte und einen enormen Hype auslöste – uns dies glauben machen möchte.

Das, was uns als Deflation verkauft wird – also das dramatische Fallen der Preise auf breiter Front und die damit zwangsläufig eintretende Verarmung der breiten Massen – hat jedoch mit der Realität nichts zu tun. Genau wie bei der Inflation ist die Preisentwicklung, die sich aus beiden Phänomen entwickeln (kann) nicht mehr als eine mögliche Folge, jedoch nie die Ursache für wirtschaftliche Verwerfungen.

Die große Depression in den USA ist der Inbegriff für die katastrophalen Folgen einer „Deflation“. Der amtierende Notenbankchef Ben Bernanke ist geradezu  davon besessen, die desaströsen Folgen der damaligen Zeit in den dunkelsten Farben zu zeichnen und  – genau wie es derzeit geschieht – nicht zu bemerken, dass Ursache und Wirkung in verhängnisvoller Weise (bewusst?) verwechselt werden.

Dem damaligen dramatischen Wirtschaftseinbruch war eine Zeit von unfassbarer Geldmengenausweitung vorangegangen, die durch die im Jahre 1913 von der Regierung legitimierte Federal Reserve organisiert worden war.  Zwischen 1921 und 1929 war das Geldangebot von 37 Milliarden Dollar auf über 55 Milliarden Dollar aufgepumpt worden und provozierte somit einen enormen Aufschwung, der die Welt glauben machte, es würde ewig so weitergehen. Auch damals schon – mit verblüffenden Parallelen zur heutigen Zeit – zeigte sich diese Geldmengenausweitung nicht vornehmlich in steigenden Konsumgüterpreisen, sondern eher im Kapitalgüterbereich und bei den Finanzwerten.

Als die Blase platzte waren es vor allem die „Inflationsanbeter“, die sich überrascht zeigten und dem ganzen Elend noch die Krone aufsetzten. Mit dem „New Deal“, der in den meisten Köpfen als Erlösung von eben diesem Elend herumgeistert, verhinderte zunächst die Hoover-Regierung gefolgt von dem nicht minder interventionistisch-gläubigem Franklin D. Roosevelt die dringend notwendige Bereinigung einer zuvor dicken, fetten Blase.

Der „New Deal“ war eine giftige Mischung aus staatlichen Ausgaben und Kreditvergaben, Regulierungsorgien und Besteuerungen und wurde zudem immer noch von einer expansiven Geldpolitik begleitet. Die große Depression wurde durch den „New Deal“ überhaupt erst möglich; hätte die Regierung es zugelassen, dass sich Preise und Löhne der Rezession anpassen (dürfen) wäre die Krise auch schmerzlich gewesen, hätte sich aber nicht zur großen Depression entwickelt. So wuchsen in den dreißiger Jahren die Schulden nach damaligen Verhältnissen enorm an; der zweite Weltkrieg “beendete” dieses Trauerspiel, was sich sonst in seinem ganzen hässlichen Antlitz der Öffentlichkeit früher oder später hätte präsentieren müssen. Aber es wäre wohl davon auszugehen, dass die wahren Gründe auch in diesem Fall verschwiegen worden wären.

Es ist eine gern in die Welt gesetzte Binsenweisheit, dass durch eine Geldmengenverknappung auf breiter Front eine gesamtwirtschaftliche Nachfrage ins Bodenlose fallen kann. Es findet vielmehr eine Verschiebung der Nachfrage statt, die durchaus zu Einbrüchen bei einigen Marktteilnehmern, bei anderen jedoch zu einem Zuwachs führen kann. Vor allem bei hochverschuldeten Marktteilnehmern wirkt eine Deflation „bereinigend“, die „Wohlstandsillusion“ zerplatzt.

Eine Deflation findet in erster Linie dann statt, wenn vorher eine umfassende Inflation „unterwegs“ war; sie enthüllt unprofitable Unternehmungen und einen künstlich aufgeblähten Wohlstand, der nicht mit realen erarbeiteten Werten unterlegt war. Niemals hat eine Deflation (sofern sie denn zugelassen wurde) demjenigen geschadet, der seinen Wohlstand auf echter Arbeit aufgebaut hat. Kein Werkzeug, keine Maschine verschwindet, nur weil die Geldmenge auf ein der Wirtschaftskraft entsprechendes  Maß reduziert wird.

Niedrige Preise als Folge der Deflation erhöhen den Wohlstand, weil sich Menschen für ihr Geld mehr kaufen können. Unsägliche Forderungen nach stetig steigenden Löhnen und Gehältern erübrigen sich, wenn die vorher aufgeblähte Geldmenge wieder auf ein „wertgedecktes“ Maß zurückschrumpft und somit die jeweiligen Einkommen eine stabile Kaufkraft haben.

In unserem Geldsystem birgt eine Deflation in der Tat bedenkliche Gefahren. Das Schrumpfen der Geldmenge führt notwendigerweise zu Kreditausfällen, Banken verbuchen Verlust und gehen bankrott, Sparer verlieren ihre Sichteinlagen, die – übrigens alle – als Darlehen an die Banken verliehen sind. Die Arbeitslosigkeit nimmt zu, die Abwärtsspirale dreht sich unaufhörlich. Unser Geldsystem – das Staatsgeldsystem – implodiert, wenn die Deflation einer Inflation folgt. Durch hohe Schulden werden fallende Preise zu einer gesellschaftlichen Zerreißprobe.

Und so wird uns eingetrichtert, dass gerade in wirtschaftlich krisenhaften Zeiten der Konsum unter gar keinen Umständen einbrechen darf. Also gerade dann, wenn die Unsicherheit in der Bevölkerung in Bezug auf einen ungewisse Zukunft wächst, sollen wir die Kreditausweitung gnadenlos vorantreiben und uns noch abhängiger von Banken und der Politik machen.

Im Hinblick auf unser Geldsystem, das überwiegend Geld aus der Kreditvergabe „aus dem Nichts“ schafft, sind die ausgesprochenen Empfehlungen durchaus nachvollziehbar. Die ganze politische Vernetzung, die ganze „innige Freundschaft“ unter den Mächtigen hilft nichts, wenn Deflation herrscht. Deflation ist kontraproduktiv für das politische Establishment und für die „Eliten“ alles andere als wünschenswert. Regierungen können wesentlich problemloser und vor allem immer höhere Steuern einfordern, wenn das Einkommen der Menschen auf dem Papier wächst, Zentralbanken haben nur dann Macht, wenn sie Inflation erzeugen, Gewerkschaften nur dann eine Daseinsberechtigung, wenn sie „mehr Geld“ einfordern.

„Mehr Geld“ hat die Probleme allerdings noch nie gelöst; wäre dies der Fall, könnten wir uns alle reich drucken. „Mehr Geld“ nutzt gar nichts, wenn die Kaufkraft ständig sinkt, sei es durch eine immer umfangreichere Besteuerung und durch Sozialabgaben oder durch die verdeckte Besteuerung, die Inflation.

Da uns die Medizin allerdings mit dem falschen Beipackzettel eingeflößt wird, erkennen wir die Nebenwirkungen erst, wenn es wahrscheinlich schon zu spät ist. Es sind und waren niemals die engen monetären Zügel, die für Wirtschaftseinbrüche und Depressionen verantwortlich waren. Es war immer und zu jeder Zeit das von einem fiat-money dominierten, in einem Schuldenmorast feststeckende Wirtschaftssystem, das von Banken und Regierungen vorangetrieben und und uns als Wohlstandsindikator verkauft wurde.

Nichts auf der Welt wird daran etwas ändern, es sei denn, wir erkennen die bösen Geister und vertreiben sie für alle Zeiten und auf nimmer Wiedersehen.

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