Wenn der Euro crasht…


Michael Winkler

Wenn der Euro crasht…

(23.5.2012)

Ich gebe ja zu, eigentlich müßte er schon tot sein. Aber er wird ja alle paar Wochen endgültig von der Kanzlerin persönlich gerettet, auf Kosten der deutschen Steuerzahler. Die D-Mark mußte niemand retten, zumindest nicht im heutigen Sinn. Aus der heutigen Erfahrung hätte man sie besser gerettet, vor Kohl, Genscher und Waigel. Es wäre uns wesentlich billiger gekommen, diesen drei Herren einen lebenslänglichen Luxusurlaub in Gefängnisressort von Guantanamo Bay zu spendieren, als den Euro einzuführen.

Peseten, Drachmen, Lire – das waren schwache Währungen, einer Rettung bedurften sie jedoch nie. Die Lire hatte mal mit Parität zur Mark angefangen, am Ende gab es für eine harte Mark gleich tausend Italien-Pfunde. Wer wäre denn zur damaligen Zeit auf die idiotische Schnapsidee gekommen, den Südländern Geld zu leihen, damit sie sich deutsche Autos kaufen, die sie sich nicht leisten können? Kredite, die selbst am Sankt-Nimmerleins-Tag nicht zurückgezahlt werden?

Vielleicht hätte man deutschen Bundeskanzlern auferlegen sollen, nach der ominösen „Kanzlerakte“ die Fabel von der Grille und der Ameise des Jean de la Fontaine zu lesen – der nichts mit dem Oskar von der Saar zu tun hat. Die Fabel ist kurz genug, um sie bei einer Tagung der europäischen Finanzminister in der jeweiligen Sprache übersetzt den lieben Fachkollegen zu überreichen, wenn diese wieder Begehrlichkeiten nach deutschem Geld entwickeln.

Aber es hilft ja alles nichts, Kohl hat das Kind in den Brunnen geworfen, Schröder einen Mühlstein hinterhergeschickt und Merkel eine Ladung Felsbrocken darauf kippen lassen. Da lebt nichts mehr und der Brunnen ist mittlerweile vergiftet. Wir haben den Euro, und das ist unser Unglück.

Man will uns immer von interessierter Seite einreden, wir profitierten vom Euro. Ein oft angeführtes Argument ist das Wechselkursrisiko. Als Privatmann kaufen Sie relativ selten in Fremdwährungen ein, mittels EBay geht das allerdings durchaus. Da bezahlen Sie schon mal in US-Dollar. Wer trägt das Wechselkursrisiko? Sie als Käufer, natürlich, der Anbieter wird in seiner gewünschten Währung bezahlt. Der Anbieter auf internationaler Ebene sitzt in Deutschland, wird ein Geschäft in D-Mark abgeschlossen, dann hat der Kunde auch in Mark zu zahlen. Wo, bitte, ist da ein Wechselkursrisiko? Und umgekehrt, wenn der Deutsche einkauft und in Fremdwährung, hat er dabei immer die Chance, von einer Aufwertung der Mark zu profitieren.

Was ist mit den Touristen? Der lästige Geldumtausch entfällt, ja, dafür entfällt auch der Effekt der starken Mark. Die Italiener und andere Urlaubsländer haben Jahr für Jahr die Preise aufgeschlagen und ihre Währung abgewertet, mit dem Ergebnis, daß der Urlaub für Deutsche günstig geblieben ist. Die vertraute Gewohnheit des Aufschlagens haben diese Herrschaften beibehalten, dank des Euros nun auch in deutscher Währung. Damit wird der Urlaub immer teurer, das Ausland unbezahlbar.

Wirklich profitiert haben die Banken. Sie bezahlen in Deutschland niedrige Sparbuchzinsen und kassieren in Portugal, Italien, Griechenland und Spanien hohe Kreditzinsen – ganz ohne jedes Währungsrisiko. Damit konnte sogar der geistig minderbemitteltste Bankvorstand Gewinne scheffeln. Und weil die Banken dies in maßloser Weise praktiziert haben, wird uns nun eine Euro-Krise nach der anderen beschert.

Was ist ein Euro-Crash?

Eine eindeutige Definition dafür gibt es nicht, selbst wenn der Euro fortbesteht, kann er doch einen „Crash“, einen Zusammenbruch erlitten haben. Im Folgenden möchte ich vier unterschiedliche Crash-Varianten beschreiben:

1. Der Euro zerbröselt. Griechenland tritt als erster Staat aus, nach und nach führen andere Nationen wieder ihre eigenen Währungen ein.

2. Der Euro wird zur neuen Lira, zur typischen Weichwährung.

3. Szenario 1948, eine begrenzte Währungsreform.

4. Szenario 1923, eine völlige Währungsauflösung nach Hyperinflation.

In allen Szenarios gibt es jedoch eine Konstante: Ihre Spareinlagen sind weg! Alles, was bei den Banken liegt, wird sich auflösen, weil die Banken in allen vier Varianten zusammenbrechen werden. Nur im Szenario 3 wird das offensichtlich, in den anderen Szenarien passiert das nebenbei.

1. Der Euro zerbröselt.

Der Euro war nie als Transferunion gedacht gewesen, das war ursprünglich die Aufgabe der EU. Die großartige Europäische Union läßt sich ganz einfach erklären: Alle ihr angehörigen Staaten schicken Geld nach Brüssel. Mit diesem Geld wird ein extrem teurer Beamtenapparat finanziert, das Politbüro der Kommissare füllt sich die Taschen und das völlig überflüssige EU-Parlament kassiert, wo immer es kann. Was nach diesem Raubzug übrig bleibt, wird als Subventionen für unsinnige Projekte an Bedürftige verteilt, die ohne diese Gelder deutlich sinnvollere Aufgaben in Angriff genommen hätten.

Dank des Euros konnten sich die Regierungen vor Ort günstig verschulden, für Vorhaben, die selbst der Wasserkopf in Brüssel nicht akzeptiert hätte. Für ein paar Jahre schöpften die Länder des Südens aus dem Vollen, jetzt packt sie der Katzenjammer nach dem Vollrausch. Der Euro ist eben noch kein Escudo, keine Lira, keine Peseta und keine Drachme, mit Deutschland in der Währungsunion beschränkt sich die Inflation auf etwa zehn Prozent pro Jahr, und diese wird nicht einmal zugegeben. Das heißt, die Inflation erleichtert die Schuldenberge nicht.

Wenn wir einen Bugatti Veyron mit 1.001 PS mit einem Citroën 2 CV („Ente“) und einem Trabant 601 zusammenketten und auf dem Nürburgring Vollgas fahren lassen, geht die Tachonadel bei den beiden Kleineren bis an den Anschlag und irgendwann schleudern sie aus der Kurve, weil ihr Fahrwerk für Geschwindigkeiten weit über 200 km/h nicht ausgelegt ist. Exakt das passiert gerade beim Euro. Die stärkeren Staaten dürfen nicht langsam fahren, sie müssen diese Gemeinschaft mitziehen, die schwächeren Staaten können nicht mithalten und zerlegen sich schließlich.

Die beste Lösung für den Nürburgring ist, die Ketten schleunigst zu kappen. Wenn Griechenland den Euro verläßt, kostet das die Euro-Gruppe eine Menge Geld, weil die Kredite, welche die Banken leichtfertig nach Griechenland vergeben haben, allesamt verloren sind. Sie werden in Drachmen umgewandelt und diese Drachmen verlieren radikal an Wert. Ein Trabant, der bei 280 km/h die Ketten trennt, wird trotz Vollgas schnell langsamer, bis er auf die bauartbedingten 115 bis 120 km/h herunterkommt.

Griechenland hat bereits einen ersten Schuldenschnitt hinter sich, vor allem Kleinanleger sind zu Gunsten der Bankhäuser enteignet worden. Wenn sich Griechenland nun der Restschulden über die Drachme entledigt, haben jene Banken, die noch Griechenland-Anleihen halten, ein Problem: Bestehen sie auf schleunigster Auszahlung, bekommen sie Drachmen, die beim Zuschauen an Wert verliert. Halten sie die Anleihen, werden diese immer wertloser und es gibt keine Garantie, daß überhaupt noch etwas bezahlt wird, allerdings fließen während dieser Zeit Zinsen.

Griechenland wird durch den Austritt wieder Herr seiner Währung. Weder Berlin noch Brüssel haben das Recht, sich da noch einzumischen. Griechenland ist jetzt arm, aber frei. Die Griechen müssen die Gürtel enger schnallen, ungefähr so eng, wie es die Kolonialgouverneure aus Brüssel verlangt haben. Jedoch mit dem Unterschied, daß sie nun keine Kolonie des Politbüros sind. Damit fließen die Sparerfolge nicht in den Banken-Moloch, sondern sie verbleiben Griechenland. Ein Problem müssen die Griechen selbst lösen: den Import von Öl. Heizen und vor allem Auto fahren wird zum Luxus. Argentinien hat jedoch gezeigt, daß das Leben weitergeht.

Damit geben die Griechen ein Beispiel. Welches Land wird als nächstes folgen? Portugal? Italien? Belgien? Irland? Kandidaten gäbe es genug. Wie viele Ausstiege kann der Euro verkraften? Die Umverteilungsmaschine der EU läuft weiterhin! Gerade die ausgetretenen Länder benötigen Hilfe, weil sie mit ihrer neuen Währung zuerst verarmen. Jene Länder, die von ihren Warenexporten leben können, werden gleich dreifach bestraft: Von ihren Einnahmen bezahlen die Schuldenländer in der Eurozone ihre Importrechnungen. Mit ihren EU-Beiträgen werden vor allem die Schweinchen subventioniert, die am Euro zugrunde gegangen sind. Und mit ihren Spareinlagen haften deren Bürger für die Eskapaden der Banken, die diese Verschuldung finanziert haben.

Es gibt letztlich nur noch eine Lösung: die Aufgabe des Euros, den harten Schnitt. Jede Nation kehrt zu ihrer eigenen Währung zurück. Dabei brechen die überschuldeten Banken zusammen, die Bankeinlagen verschwinden. Bankschulden werden jedoch gnadenlos eingetrieben, zumindest bei Schuldnern, die über keine eigene Armee verfügen. Die bankrotten Staaten werden sich Gemeinheiten einfallen lassen, um sich zu refinanzieren, denn deren Schulden werden verschwinden.

Das ist jene Variante, die ich für die vernünftigste halte. Sie verlieren Ihre Spareinlagen nicht, wenn es vom Euro in die neue Mark geht, sondern dann, wenn die neue Mark von den alten Politikern an die Wand gefahren wird. Für die Politiker bedeutet diese Variante, daß die meisten von ihnen ihre Dienstwagen behalten, zumindest für ein paar weitere Monate.

Was passiert mit dem Euro-Bargeld, das sich Griechen, Spanier usw. von ihren Banken geholt haben? Solange der Euro noch fortexistiert, wird dessen Wert anwachsen. Die Banken in diesen Ländern müssen Euros annehmen, solange diese noch internationale Währung sind. Erst am Stichtag, wenn der Euro von allen aufgegeben wird, wird es kritisch. Euro-Bargeld dürfte nur in einer begrenzten Zeit eintauschbar sein, womöglich muß der Umtausch über ein vor dem Stichtag bestehendes Bankkonto erfolgen – dann bekommen Ausländer ein Problem. Als Kunde der Volksbank legen Sie 1.000 Euro und ihre EC-Karte auf den Tresen, der Bankbeamte prüft die Karte und händigt Ihnen 1.000 Mark aus. Bei der Sparkasse schüttelt die Dame hinter dem Tresen nur den Kopf und schickt Sie weiter. Wie der Umtausch in Spanien erfolgt, kann heute keiner sagen. Als Ausländer müssen Sie da ziemlich sicher Ihren deutschen Paß vorlegen.

Und die EU? Die dürfte den Euro nur begrenzte Zeit überleben, zumindest nicht in der heutigen Form. Aus dem regelwütigen Beamtenmoloch dürfte bestenfalls eine Freihandelszone werden, so, wie die alte EWG.

2. Die neue Lira

Diese Variante ist nur möglich, wenn der Dollar als Weltwährung überlebt. Platzt der Dollar, wird Szenario 1 wahrscheinlich, gefolgt von 3 und schließlich 4.

Der Euro hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich, in den Jahren seit 1998, als er als Verrechnungswährung eingeführt worden ist. Wir haben für einen Euro schon mal 0,80 Dollar bekommen, aber auch mal 1,60 Dollar. Aktuell stehen wir bei 1,30 Dollar. Das Modell der Südschiene, die ständig weicher werdende Währung, hat den Vorteil, daß es keinen sichtbaren Crash gibt. Die italienische Lira ist nicht gecrasht, sie wurde nur zur Witzwährung. Für die Telephonzellen, damals gab es noch keine Handys, wurden besondere Münzen eingeführt, eine stabile Parallelwährung, weil die eigentliche Währung zu schnell verfallen ist.

Mit Inflation läßt es sich leben, nur die Ersparnisse verlieren an Wert. Steigen die Preise um 25%, so wird niemand aufbegehren, dessen Lohn ebenfalls um 25% ansteigt. Deutsche Firmen fakturieren in Euro, sie arbeiten folglich mit dem Weichwährungsvorteil. Was beim Geschäftsabschluß noch unverschämt teuer gewesen war, ist ein halbes Jahr später, wenn tatsächlich gezahlt wird, geradezu ein Schnäppchenpreis. Fünf Euro für einen Dollar? Ja, und? 100 Euro für einen Laib Brot? Ja, und? 10.000-Euro-Scheine, 50.000-Euro-Scheine? Papier ist geduldig. Zur Lira gab es einst Centesimos, unsere Euro-Cent werden ebenso verschwinden.

Natürlich bekommen Sie auf der Bank hohe Zinsen, doch was nützt es Ihnen, wenn aus Ihren Ersparnissen von 5.000 Euro nun 50.000 Euro geworden sind, wenn das, wofür man heute einen Gebrauchtwagen bekommen hätte, dann nur noch für eine Tankfüllung reicht?

Italien ist mit seinen lustigen Lire 50 Jahre zurechtgekommen. Als neue Lira würde der Euro ebenso weiterleben, unsere Damen und Herren Politiker sitzen weiter in ihren Dienstwagen und sorgen dafür, daß ihre Gehälter schneller wachsen, als die Währung verfällt. Das hat in Italien wunderbar funktioniert. Gold und Silber, Grund und Boden, Dollar und Schweizer Franken – die Italiener hatten einige Möglichkeiten, ihre Ersparnisse in inflationsgeschützte Anlagen zu retten. Für Gino Normalitaliener waren diese Anlagen jedoch oft genug Legenden aus einer anderen, ihm unerreichbaren Welt.

Werden sich die Deutschen das gefallen lassen? Vermutlich, weil Leute, die nach sieben Jahren Dauerkrise noch immer glauben, Merkel sei eine gute Kanzlerin, auch das hinnehmen werden. Es geht ja langsam, heute kostet der Dollar einen Euro, in sechs Monaten anderthalb Euro, in einem Jahr zwei Euro… Die Aktuelle Kamera, pardon, die Tagesschau spricht von 3,5% Inflation. Die Altschulden entwerten mit den Bankguthaben, alles läuft wie immer. Nur die Hypothekengläubiger haben nichts von dieser Inflation, denn deren Verträge werden gekündigt. Die Begründung: die wirtschaftlichen Verhältnisse hätten sich geändert. Die 30jährige Zinsfestschreibung, für die Sie bereitwillig seit Jahren mehr bezahlen, ist leider das Papier nicht wert, das Sie damals unterschrieben haben.

Es könnte Jahrzehnte so weitergehen, alle bleiben in der Europäischen Lira, nichts crasht. Dummerweise brennt die Zündschnur am Dollar, am Yen, am Briten-Pfund und an allen Bezugswährungen, gegen die jene Lira abwerten kann. Deshalb halte ich diese Lösung für eher unwahrscheinlich, auch wenn sie durch ihr langsames Ausbluten Vorteile hat. Rentner, Sozialhilfeempfänger und andere, nicht besonders beliebte Bevölkerungsgruppen, stutzt man damit zurecht, indem man die Anpassung an die Inflation eher schleppend vornimmt. Relevante Gruppen, also Politiker und Manager, bekommen ihre Anpassungen ein wenig schneller als die Inflation – und schon sind alle zufrieden, oder?

3. 1948

Dieses Szenario steht für eine begrenzte Währungsreform, wie sie 1948 vorgenommen wurde. Der neue Euro wird groß angekündigt, wer immer im Fernsehen zu Wort kommt, lobt die Reform: „Wir haben aus den Fehlern gelernt, ab jetzt machen wir alles richtig!“ Seriöse Professoren, noch seriösere Bankvorstände und anerkannte Wirtschaftspolitiker wie Claudia Roth versichern, daß ab sofort alles besser würde. Nur ein ganz kleines Opfer…

Die Besonderheit von 1948 war die asymmetrische Umstellung. Da wird nicht einfach eine Null gestrichen, Ihre Guthaben werden stärker beeinträchtigt als Ihre Schulden. Die Banken wollen ihre Bücher glattstellen, das geht am besten, indem zahlungsunfähige Schuldner ausgebucht werden. Stellen Sie sich vor, die Umstellung der Guthaben wäre 1:12, jene der Schulden 1:8. Unter der Haube sieht es so aus: Ein Drittel der Schulden werden gestrichen, dafür werden die Guthaben von 12 auf 8 reduziert. Damit sind Guthaben und Schulden wieder identisch. Daß Sie für Pleitegriechen, Pleiteportugiesen, Pleitespanier usw. gerupft worden sind, bleibt ein Bankgeheimnis, Sie sehen nur die 1:12 und die 1:8.

Die Währungsreform ist in Wirklichkeit ein Sonderopfer Banken, bei dem Sie als unmündiger Bürger einer Demokratie natürlich nicht gefragt werden. Diese Reform muß vorbereitet werden, indem die Inflationsrate nach oben geht. Sie hat außerdem den Charme, daß man sie parallel zu einer Währungsreform im Dollar durchführen kann. Wenn der Dollar 1:20 umgerubelt wird, sind Sie mit 1:12 doch noch gut bedient? Es muß leider sein, und vielleicht kann sich sogar die Kanzlerin halten, wenn sie dafür Schäuble opfert. Ein Kopf muß rollen, einen Sündenbock braucht man. Und wie bei Sündenböcken üblich, hat das auserkorene Tierchen mit der wirklichen Schuld nichts zu tun.

Das 1948-Szenario ist keine dauerhafte Lösung, sondern nur ein Verschleppen der Krankheit. Ein paar Fehler werden beseitigt und durch neue ersetzt. Der Reset ist zu gering, um eine dauerhafte Wirkung zu haben. Das Zinseszins-System wird nur für ein paar Jahre zurückgedreht, wuchert aber ungehemmt weiter. Mit einer groben Zehntelung werden zu wenige Schulden und zu wenige Vermögen vernichtet, außerdem schädigt es den Ruf einer Gemeinschaftswährung endgültig, wenn in zehn Jahren auch der Euro 2 am Ende ist. Deshalb gehe ich davon aus, daß diese Lösung unwahrscheinlich ist.

4. 1923

Die Währungsreform von 1923 steckt als eine Art Urtrauma in unseren Köpfen, allerdings ganz hinten, in einer höchst staubigen Ecke. Selbst ansonsten ungebildete Jungakademiker wissen, daß damals ganz große Scheine in ganz kleine umgetauscht worden sind. Was sie eher nicht wissen: 1923 wurde nur der Grundstein gelegt, der wirkliche Zusammenbruch ereignete sich ab 1931.

Der Euro müßte vorher durch hemmungsloses Gelddrucken „gerettet“ werden. Die bisherige Gelddruckerei rechtfertigt eine Abwertung um den Faktor fünf bis zehn, 1923 betrug die Abwertung eine Billion. Um solche Verhältnisse zu erhalten, müssen unsere Zentralbanken noch eine Menge Geld produzieren – und dieses Geld muß im Wirtschaftskreislauf ankommen. Das wiederum geschieht nicht unauffällig. Wenn das halbe Pfund Butter heute 1,19 Euro kostet und morgen 1,39, ist das nur eine normale Preiserhöhung. Erst, wenn sich dieser Effekt fortsetzt, wenn Woche für Woche die Preise um mindestens fünf Prozent ansteigen, dann wäre das ein Anzeichen. Um es in Zahlen auszudrücken: Die Butter zu 1,19 kostet in einem Jahr 15,04 Euro. Nach fünf Jahren mit 5% Inflation pro Woche kostet die Butter übrigens „nur“ 403.602,66 Euro, von Millionen- oder gar Milliarden-Beträgen sind wir also noch weit entfernt.

Dagegen spricht das Unruhepotential der Bevölkerung. Die Butter darf 1,89 kosten, doch bei 4,99 wird es bedenklich, jenseits der 10,00 Euro kritisch. Die Schwelle zur Inflation wird schon mit dem 1.000-Euro-Schein überschritten, nicht erst beim 5.000-Euro-Schein oder der 50-Euro-Münze. Neue Geldscheine mit höherem Nominal erregen immer Verdacht. Den Tausender kann man den Leuten vielleicht noch als Nostalgie an den alten Schein mit den Gebrüdern Grimm unterjubeln, allzu glaubwürdig wirkt man dabei allerdings nicht.

Wenn der Euro gegen die Wand klatscht, verschwindet das Vertrauen in eine Gemeinschaftswährung. Gleichzeitig schwindet das Vertrauen in die Politiker und sonstigen Führer. Dies findet in anderen Ländern bereits statt, eine Regierung nach der anderen purzelt über Währungsprobleme. Nur die Deutschen spielen noch Kälber und wählen ihre Metzger wieder. Mehr Protest, als bei den Piraten anzukreuzen, wagt das Stimmvieh nicht.

Eine Partei, die nationale Interessen vorträgt, wird sofort als „Nazis“ diffamiert. Die wahren Faschisten, die bedenkenlos das Land in die Hände der Banken gewirtschaftet haben, gehören jedoch den sozialistischen Einheitsparteien Deutschlands an, CDU, CSU, SPD, Grüninnen und FDP. Solange sich die Wähler von Nazi-Etiketten und dem Universalkampfbegriff des Antisemitismus den Schneid abkaufen lassen, wird sich in diesem Land nichts ändern. Die Politiker können ungestraft ihren eigenen Interessen frönen und das Land herunterwirtschaften, das dafür noch ihre Pensionen bezahlen soll.

Das Potential jenseits des politischen Einheitsbreis ist durchaus vorhanden, und es wird mit jedem Nichtwähler größer. Deshalb wird die Politik sich diesen Weg nicht trauen. Ein Demokrat hat schließlich zwei Ziele: erstens einen Dienstwagen und zweitens seine Wiederwahl. Die Demokraten wollen folglich jene Lösung, bei der sie am besten dastehen, um den Dienstwagen zu behalten und wiedergewählt zu werden.

Nichts Neues…

Obwohl die Möglichkeiten 2 bis 4 durchaus ihre Berechtigung haben, gehe ich nach wie vor von dem ersten Szenario aus, einem Zerbröseln des Euro. Die Währung wird nicht zu halten sein, wenn die Wähler merken, daß sie dreifach ausgeplündert werden: über die EU, über den Euro und über die Banken. Das, was Sie als Geld bezeichnen, sind Daten im Bankcomputer, Bits und Bytes. Scheine und Münzen sind real greifbar, sie verbriefen jedoch nur einen Anspruch auf die Abspeicherung von Bits und Bytes, sie stellen keinen irgendwie gearteten Wert dar. Die ihnen innewohnende Kaufkraft ist Null, nur die Bits und Bytes verleihen ihnen eine Funktion.

Ihr Guthaben bei der Bank, ob nun Sparbuch, Anleihe oder Aktie, ist virtuell. Für das Sparbuch garantiert die ausgebende Bank, die jederzeit untergehen kann. Wenn eine einzelne Bank untergeht, hilft der Einlagensicherungsfonds, doch sobald es mehrere Banken sind, ist dieser Fonds ausgeschöpft. Eine Anleihe ist ein Rückzahlungsversprechen eines anderen Schuldners, der ebenfalls untergehen kann. Eine Aktie ist ein Unternehmensanteil, doch deren Wert schwankt beträchtlich. Wenn die Firma nichts verkauft, weil die Wirtschaft zusammengebrochen ist, ist der Wert der Aktie gering, selbst wenn das Unternehmen gesund ist. Hat das Unternehmen bereits hohe Schulden, ist die Aktie wertlos.

Gold und Silber unter Ihrer Matratze sind seit über 5.000 Jahren Geld, sie mögen mal mehr, mal weniger wert gewesen sein, aber niemals völlig wertlos. Grund und Boden, Ackerland und Wälder, sind weitere Sachwerte. US-Dollar, Schweizer Franken, Norwegische Kronen usw. sind trotz allem Papierwährungen. 1923 und 1948 waren diese Papierschnipsel hilfreich, in der bevorstehenden Währungsreform werden sie ebenfalls untergehen oder zumindest schwer beeinträchtigt. Für Norwegische Kronen werden Sie beim Bäcker kein Brot kaufen können, für eine Silbermünze schon.

Der Weg, der die Demokraten am längsten in den Dienstwagen beläßt, führt über das langsame Zerbröseln des Euro und der letztendlichen Rückkehr zu nationalen Währungen. Man opfert den Euro, um die Transferunion EU zu erhalten. Die Ausplünderung der Bürger wird in den nationalen Währungen erfolgen und sie wird in einem neuen 1923 enden. Als Heilmittel wird uns ein neuer Euro angeboten, womöglich auch ein Globo, jedenfalls eine neue Gemeinschaftswährung. Aus dem Euro gehen wir 1:1, die neuen Währungen schmelzen jede für sich. In den zweiten Euro gehen wir aus der Mark mit 1:1.000.000, aus der neuen Drachme mit 1:250.000.000 – um ein Beispiel zu nennen.

Wie paßt der ESM in diese Umstellung? Das Ding heißt „Europäischer Stabilitäts-Mechanismus“, nicht „Euro Stabilitäts-Mechanismus“. Das heißt, der ESM bleibt, mit allen seinen Privilegien und Immunitäten, auch nach dem Ende des Euro bestehen. Der ESM wird weiter Milliardenbeträge anfordern, die binnen sieben Tagen gezahlt werden müssen, ob in Euro oder Mark. Der ESM wird die Transferunion fortsetzen und intensivieren, über jedes Maß hinaus, das in der EU der Ausplünderung noch Grenzen setzt. Die Demokraten werden diesen ESM als den große Stabilitätsgaranten feiern, bis schließlich alles zerbricht.

Ich muß es noch einmal wiederholen: die Demokraten interessiert nur ihr Dienstwagen und ihre Wiederwahl. Ihnen ist es egal, ob Millionen Menschen ins Elend gestürzt werden. Die Mentalität der Demokraten wird in Orwells 1984 sehr gut beschrieben: Die dortigen Parteifunktionäre leben deutlich schlechter als ein durchschnittlicher Deutscher des Jahres 1984, aber sie leben besser als die von ihnen Beherrschten – und sie haben die MACHT.

Ein Zusammenbruch des Euro wird an den Verhältnissen nichts ändern. Er ist nur der Auftakt für einen größeren, viel umfassenderen Zusammenbruch, der deshalb eintritt, weil alle Versuche, den Euro und das bestehende Ausbeutungssystem Deutschlands solange wie nur möglich zu verlängern, letztlich scheitern werden. Betrachten Sie ruhig meine Fahne – wir kommen aus der schwarzen Gegenwart nur über das blutige Rot zum erlösenden Gold. Wenn der Euro zusammenbricht, stehen wir noch im Schwarz, allerdings an der Kante zum Rot.

Deshalb, wenn der Euro crasht, ist das der erste Schritt zu besseren Zeiten.

©Michael Winkler

Quelle: Michael Winkler

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