Weltordnung im Umbruch: Chaos oder neues Paradigma?

Von Helga Zepp-LaRouche (bueso)

Es ist nur folgerichtig, daß in einer Welt, die in den vergangenen 25 Jahren systematisch der Globalisierung unterworfen wurde, auch vordergründig verschiedene Prozesse dennoch extrem eng ineinander spielen und sich gegenseitig verstärken – und dies um so mehr, als die transatlantische Welt auf einen neuen Mega-Crash zusteuert und weite Teile der Welt durch geopolitische Manöver in Aufruhr gestürzt worden sind.

Dieser innere Zusammenhang existiert z.B. derzeit zwischen dem weltweiten Siegeszug, den Chinas neues Wirtschaftsmodell der Neuen Seidenstraße und der damit zusammenhängenden Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB) vollzieht, und dem wachsenden Ferment für die Wiedereinführung des Glass-Steagall-Trennbankensystems. Anführer dieser Kampagne in den USA ist derzeit der demokratische Präsidentschaftsanwärter Martin O’Malley.

Kurz vor Ende März – dem Datum, bis zu dem Staaten noch als Gründungsmitglieder bei Chinas AIIB mitmachen können – ist deren Zahl in Asien bereits auf 27 Nationen angewachsen, und außerhalb Asiens kamen jetzt nach Großbritannien noch Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Schweiz, Neuseeland und Australien dazu, auch Südkorea und selbst Japan könnten noch dazu kommen. Die Attraktivität der AIIB liegt darin, daß sie im Unterschied zum transatlantischen Bankensektor, der trotz der Geldschwemme der EZB dem Mittelstand kaum Kredite zur Verfügung stellt, ausschließlich Projekte der Realwirtschaft finanziert und alle kooperierenden Länder in das weite expandierende Feld der chinesischen Perspektive „Ein Gürtel, eine Straße“ mit einbezieht.

Mit krudem Druck hatte die Obama-Administration vergeblich versucht, andere Staaten von einer Beteiligung an der AIIB abzuhalten, und sie bezieht jetzt wüste Kritik von allen Seiten, daß es ein strategischer Fehler erster Güte war, das Thema einer Bank, deren Zweck die regionale Finanzierung von Infrastruktur ist, zu einer Konkurrenz-Konfrontation zwischen den USA und China zu machen und diesen Kampf dann auch noch so offensichtlich zu verlieren.

Der Grund für diese Fehleinschätzung, zu meinen, etwas aufhalten zu können, was ohnehin vorangeht, egal, ob man es unterstützt oder nicht – so formulierte es Paul Haenle, Direktor des Carnegie-Tsinghua-Centers in Beijing -, liegt natürlich im amerikanischen Anspruch, einzige Supermacht der Welt bleiben zu wollen. Die Prämisse der „New American Century“-Doktrin der Neocons, daß Amerika nicht zulassen dürfe, daß ein Staat oder eine Gruppe von Staaten jemals die USA an politischem oder wirtschaftlichem Gewicht überholen würden, war für drei Bush-Administrationen und seit über sechs Jahren auch für die Obama-Administration die Leitlinie. Als China nach der Lehman-Brothers-Krise 2008 verlangte, eine wichtigere Stimme beim IWF und der Weltbank zu erhalten, verweigerte der US-Kongreß dies durch eine Abstimmung.

Als Konsequenz für diese Zurückweisung besann sich China darauf, daß es mit seinen drei Billionen Währungsreserven über genug Liquidität verfügt, um sehr einfach selbst eine neue Finanzinstitution initiieren zu können, die den Bedarf der Schwellen- und Entwicklungsländer an Kredit für die Finanzierung von Infrastruktur und Projekten der Realwirtschaft deckt. Und da die Kooperation mit der AIIB ebenso wie der gemeinsame Ausbau der Neuen Seidenstraße allen Beteiligten gleichermaßen Vorteile bringen soll, also eine „win-win“-Strategie ist, wie Xi Jinping immer wieder betont, erweist sich diese Perspektive als das überlegene Modell.

Das gleiche gilt für die Ankündigung des demokratischen Präsidentschaftsanwärters Martin O’Malley, der als einziger Demokrat seine Absicht, sich an den Vorwahlen im nächsten Jahr zu beteiligen, bereits klar ausgedrückt hat. Mit seiner klaren Kampfansage gegen die kriminelle Politik der Wall Street macht er derzeit Wahlkampf in Iowa und nahm in einem Interview mit der Tageszeitung Des Moines Register kein Blatt vor den Mund: Die offiziellen Statistiken über einen angeblichen Aufschwung der US-Wirtschaft verschleierten nur die Tatsache, daß Millionen Familien immer noch an den Folgen der rücksichtslosen Politik der Wall Street zu leiden hätten, die zum Crash 2008 geführt und einer Studie zufolge jeden US-Haushalt 120.000 Dollar gekostet habe. Wenn das Glass-Steagall-Gesetz, das Amerika 70 Jahre lang vor einer größeren Finanzkrise beschützt habe, nicht 1999 aufgehoben worden wäre, wäre es zu diesem Crash nie gekommen. Deshalb sei die Wiedereinführung von Glass-Steagall die ernsthafteste Strukturreform, die heute nötig sei.

Heute kontrollierten die fünf größten Banken der USA 15 Billionen Dollar. Diese Banken, die angeblich zu groß seien, um sie untergehen zu lassen, seien in Wirklichkeit zu groß, um Erfolg zu haben, und sie müßten dringend in Geschäfts- und Investmentbanken aufgespaltet werden. Ein fundamentaler Wandel in der Kultur der Wall Street sei notwendig, es müsse wieder Verantwortlichkeit hergestellt werden, kriminelle Banker müßten strafrechtlich verfolgt, aus ihrer Position entfernt und daran gehindert werden, ihre Strafen mit dem Geld der Aktienbesitzer zu bezahlen oder von der Steuer abzuziehen. Im Wiederholungsfall müsse den Banken die Lizenz entzogen werden.

Es sei höchste Zeit, das nationale Interesse über das der Wall Street zu stellen.

O’Malley wird heimlich oder offen von vielen früheren Anhängern Hillary Clintons unterstützt, die von ihren vielen Ausverkäufen gegenüber Obama enttäuscht sind. O’Malley ist schon jetzt die Katze im amerikanischen Wahlkampf, die den Mäusen das Fürchten beibringt.

Die AIIB bedeutet für den Kampf, den Bankensektor wieder zum Diener der Realwirtschaft zu machen, prinzipiell das gleiche wie O’Malleys Kampf gegen die Kasinowirtschaft der Wall Street, um das Gemeinwohl und den Menschen wieder ins Zentrum der Ökonomie zu stellen. In Europa wird die gleiche Auseinandersetzung zwischen der neuen griechischen Regierung und der Troika ausgetragen. Italiens ehemaliger Wirtschaftsminister und jetziger Senator Giulio Tremonti charakterisierte die derzeitige Lage in einer Rede vor dem Plenum des italienischen Senats: Nicht einmal Margret Thatcher hätte es gewagt, die Reformen der heutigen EU durchsetzen zu wollen; das Problem sei nicht, daß Griechenland in Europa, sondern das Europa in Griechenland eingefallen sei. Und er verglich die EU mit dem römischen Kaiser Elagabal, der als einer der degeneriertesten in der langen Reihe der degenerierten römischen Kaiser gilt.

Warum die EZB, Dijsselbloem und Schäuble trotz des offensichtlichen Scheiterns ihrer Politik, die die griechische Bevölkerung ins Elend gestürzt und laut UN eine Menschenrechtsverletzung ist, trotzdem bei ihrer harten Linie bleiben, macht die Meinung des Chefs der sogenannten Wirtschaftsweisen Christoph Schmidt deutlich: Gefährlicher als die ökonomischen Folgen eines Grexit wären die politischen Auswirkungen, wenn es Griechenland erlaubt werde, vertragliche Vereinbarungen seiner Rettungspakete einseitig aufzukündigen. Dann könnten politische Strömungen in Europa Auftrieb und mehr Zulauf erhalten, die vermeintlich leichte Auswege aus der Krise versprächen, sagte Schmidt der Neuen Osnabrücker Zeitung.

Es ist das Charakteristikum von Schreibtischtätern, daß sie sich für die Konsequenzen ihrer Unterschrift nicht verantwortlich fühlen. Daß nicht nur Griechenland, sondern ganz Südeuropa sich im Aufruhr gegen das System der Troika befindet, das als Folge eines gigantischen Schwindels zugunsten der Banken Menschenleben verkürzt und Menschen in die Verzweiflung stürzt, bedeutet den Schäubles, Draghis, Dijsselbloems und C. Schmidts dieser Welt nichts. Und auch die besorgniserregende Lage in Deutschland, die z.B. in einem Bericht im Deutschlandfunk am 18. März mit dem Titel „Das Unbehagen gegenüber Politik und Medien“ beleuchtet wurde, kümmert sie nicht.

Derweil befinden sich drei griechische Minister in China, um den Besuch von Premierminister Tsipras im Mai vorzubereiten, zwei weitere sind in Moskau, für eine Reise von Tsipras im April. Wenn die EU bei ihrer Konfrontationspolitik bleibt, ist es nur eine Frage sehr kurzer Zeit, wann Griechenland sich den BRICS-Staaten anschließen wird.

Auch wenn es für die Opfer der schwarzen Propaganda der Massenmedien nur schwer erkennbar ist: Die BRICS-Staaten sind dabei, einen völlig neuen Standard der Zusammenarbeit zwischen souveränen Nationen zu setzen, bei dem der gegenseitige Vorteil zum Wohle der gesamten Menschheit der Zweck ist, und deshalb sind sie das attraktivere Modell, dem sich mehr und mehr Nationen anschließen wollen.

Wir sind als Menschheit an einen Punkt in der Evolution unserer Gattung gekommen, an dem wir nur überleben werden, wenn wir das zur allgemeinen Identität machen, was uns von allen andern Lebewesen unterscheidet: daß wir immer wieder neue Erkenntnisse über die physische Schöpfungsordnung erlangen und mit Hilfe derer diese Ordnung weiterentwickeln können. Wir sind die einzige Gattung, die eine Vision von der Zukunft der Menschheit machen kann, einer besseren, schöneren Ordnung des Zusammenlebens der Nationen auf diesem Planeten, die in zunehmendem Maße der kosmischen Ordnung entspricht.

In diesem Sinne und gemäß der konfuzianischen Philosophie wiederholte die chinesische Regierung jetzt ihre Einladung an die USA, bei der AIIB und der Verwirklichung der Neuen Seidenstraße mitzumachen. Und die Liste der Unterzeichner der Resolution, die das Schiller-Institut mit dieser Aufforderung weltweit zirkuliert, wächst und wächst. Helfen auch Sie mit, die Menschheit in eine neue, bessere Epoche zu bringen!

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