Weint um Katalonien, weint um den Liberalismus in Europa

von Craig Murray (theblogcat)

https://www.craigmurray.org.uk/archives/2019/10/weep-for-catalonia-weep-for-liberalism-in-europe/

Die brutalen Haftstrafen, die heute von den Faschisten (in benutze dieses Wort mit Bedacht und zu Recht) des Obersten Spanischen Gerichtshofes gegen die katalanischen politischen Gefangenen verhängt wurden, stellen ein krasses Symbol für den Tiefpunkt des Liberalismus in Europa dar. Dass der Versuch, eine demokratische Wahl für das katalanische Volk um das Recht auf Selbstbestimmung (garantiert in der UN-Charta) zu organisieren, zu so heftigen Haftstrafen führen kann, das ist eine völlige Beleidigung der grundlegendsten Menschenrechte.

Ich wurde gezwungen, meine lebenslange persönliche Unterstützung für die EU aufzugeben. Als Antwort auf die gewaltsame Niederschlagung des katalanischen Referendums durch Francoistische Paramilitärs, als die ganze Welt mit ansah, wie Großmütter auf den Kopf geschlagen und bei ihrem Versuch zu wählen Treppen hinunter gestoßen wurden, und alle Institutionen der EU – der Rat, die Kommission und das Parlament – nacheinander auftraten und ihre starke Unterstützung für die paramilitärischen Aktionen Madrids bekundeten, um „Recht und Ordnung“ aufrecht zu halten.

Heute erleben wir dasselbe. Während Katalanen für ihre Bemühungen um Demokratie inhaftiert werden, äußert die EU-Kommission, dass sie „die Haltung der spanischen Justiz respektiert“ und dass dies „eine interne Angelegenheit Spaniens ist und bleibt, die nach den Vorgaben seiner verfassungsmäßigen Ordnung behandelt wird“. Die Kommission ignoriert, dass es sich hierbei ganz offensichtlich um einen fundamentalen Verstoß gegen grundlegende Menschenrechte handelt. Dies ist weitaus schlimmer als das was Polen oder Ungarn in den letzten Jahren getan haben und die Kommission zeigt auch ihre ziemlich offensichtliche Heuchelei im Umgang mit ihren westlichen und östlichen Mitgliedern.

Es gab einmal eine Zeit, als die EU ein leuchtendes Beispiel für wirtschaftliche und ökologische Standards und für die regionale Verteilung des Wohlstands war. Meine Begeisterung für die Institution kommt daher, dass sie eine der wenigen Verteidigungslinien gegen den wirtschaftlichen Thatcherismus war. Aber sie hat sich in etwas völlig anderes verwandelt: Einen gegenseitigen Unterstützer-Klub für neoliberale politische Führer.





Über den Brexit schreibe ich nicht viel, weil ich darüber weniger besorgt bin als die Mehrheit der Bevölkerung. Weder denke ich, dass ein Verbleib essentiell ist, noch denke ich, dass ein Austritt ein politisches Allheilmittel ist. Ich wünsche mir ganz fest, dass die Freizügigkeit (freedom of movement) bleibt, und glaube, dass ein Austritt aus der Zollunion auf breiter Basis wirtschaftlichen Schaden anrichtet. Eine Beziehung, wie sie Norwegen hat, wäre mir Recht, aber im Großen und Ganzen halte ich mich da raus. Ich denke, dass, der demokratischen Legitimität nach, das Referendum von 2016 respektiert werden sollte; England sollte austreten und Schottland und Nordirland sollten bleiben.

Aber ich sage auch Folgendes: Am Samstag wird erwartet, dass eine Million Menschen für die EU demonstrieren. Für jene EU, die aktiv unterstützt, dass Katalanen eingesperrt werden, weil sie eine Wahl abhalten. Sie gesellen sich zu Julian Assange als politische Gefangene, die in der EU wegen gewaltloser Gedankenverbrechen inhaftiert sind.

Ich sage das jedem, der sich an den Märschen am Samstag beteiligen möchte. Es ist zu diesem Zeitpunkt moralisch falsch, seine Unterstützung für die EU zu zeigen, außer man zeigt auch seine Empörung über die faschistische Unterdrückung der Katalanen und die Unterstützung der EU für diese Unterdrückung. Jede einzelne Person, die am Samstag marschiert, hat die moralische Verpflichtung, als Ausgleich eine Botschaft an die EU-Kommission zu senden, dass diese Unterdrückung völlig daneben ist, und man sollte bei dem Marsch eine Flagge oder ein Zeichen tragen, das die katalanischen politischen Gefangenen unterstützt.

Ansonsten ist man nur eine selbstgefällige Person, die aus persönlichem Eigeninteresse marschiert. Neben den Verursachern des Irak-Krieges, die zweifellos wieder die Reden auf den Podien dominieren werden.

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Und das ist noch lange nicht das Ende in Katalonien. Ich kenne die Katalanen gut. Sie sind ein stolzes und gastfreundliches Volk. Im Jahr 1984 bin ich mit einem Rucksack auf dem Buckel alleine dort hingetrampt. Ich könnte so einiges positives aus meinem Tagebuch berichten. wenn man sie ungerechtfertigerweise reizt, können sie sehr unangenehm werden, wie man es derzeit sieht.

Ein Reizwort z.B. ist die Franco-Diktatur. Und jetzt mit dem Urteil aus Madrid gegen die Menschen, die sich für die Unabhängigkeit von Katalonien eingesetzt haben, kochen die Gemüter über. Zu Recht. Spanien ist alles andere als eine Demokratie, wie in vielen anderen EU-Ländern. Nachdem die Regierungsbildung mit Pedro gescheitert ist, finden am 10. November Neuwahlen in Spanien statt. Dies ist bereits die vierte Wahl in vier Jahren. Die Volksparteien PP (vergleichbar mit der CDU in Deutschland) und die PSOE (vergleichbar mit der SPD) werden mit erheblichen Verlusten rechnen müssen. Wen wundert’s, wenn gegen das Volk regiert wird.

Vom Königshaus, dass sich gerne an die konservative, sowie korrupte PP orientiert, haben schon viele Spanier die Schnauze voll. Fragt sich nur, wie lange sich der Nachfolger des Elefantenmörders Juan Carlos, Felipe VI, die königliche Krone von Spanien inne haben wird. Aber das ist eine andere Geschichte.

Es bleibt spannend, wie die spanische Regierung/Justiz auf die Bürgerproteste (in den Schmier-Medien werden die Proteste als Krawalle bezeichnet) in Katalonien reagiert.

 

Wandere aus, solange es noch geht!

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Weint um Katalonien, weint um den Liberalismus in Europa
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1 Kommentar

  1. Was ist schon Liberalismus? Wenn der stirbt …

     Was hier, einmal mehr, zugrunde geht, ist das Recht der Menschen auf eigene Verantwortlichkeit! Losgelöst, von irgendwelchen übergeordneten Interessen!

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