Was lehrt die Österreichische Schule? (Teil 2)

von Oliver Janich

Immer wieder hört man im Zusammenhang mit Bitcoin von der Österreichischen Schule der Volkswirtschaft. Doch was lehrt diese eigentlich?

Fortsetzung des Artikels vom 4. April 2013.

Das Papiergeldsystem führt unweigerlich zu Inflation – hier eine Banknote von 1923

Das Papiergeldsystem führt unweigerlich zu Inflation – hier eine Banknote von 1923.

Was wäre die Alternative zum staatlichen Geldmonopol? Ganz einfach: Wie zu Beginn erklärt, wissen die einzelnen Bürger sehr genau, wie ihre finanziellen Möglichkeiten aussehen. Aus ihren kombinierten Handlungen ergibt sich der richtige Zins. Wenn das Monopol der Zentralbanken abgeschafft würde, könnte also nur so viel Geld verliehen werden, wie vorher erarbeitet wurde. Zusätzlich muss der gesetzliche Annahmezwang für ein bestimmtes Geld abgeschafft werden. Denn – so besagt das Gresham’sche Gesetz – wenn der Staat ein bestimmtes Geld vorschreibt, verdrängt das schlechte Geld das gute. So mischten früher die Herrscher den Goldmünzen minderwertige Metalle bei. Als die Händler sich weigerten, diese anzunehmen, erließen sie drastische Gesetze, die sie dazu zwangen. Daraufhin gaben die Kunden nur noch die minderwertigen Münzen aus – das schlechte Geld verdrängte das gute, das gehortet wurde, aus dem Umlauf. In ihrer Not verlangten die Händler mehr von den minderwertigen Münzen, was zur Inflation führte, alles wurde teurer. Als die gesetzliche Vorschrift wegfiel, kehrte sich der Prozess um: Die Händler bestanden auf gutem Geld, und das schlechte wurde verdrängt.

Ähnlich wäre es heute: Wenn die Händler die Wahl hätten und zudem Edelmetalle nicht besteuert würden, würde sie ein Zahlungsmittel bevorzugen, das nicht beliebig vermehrbar ist, etwa Gold, Silber oder Bitcoins. Entscheidend ist: Der Staat muss sich aus der Entscheidung heraushalten. Denn egal welches Geld er vorschreibt, beispielsweise zinsloses oder Schwundgeld, wie von den Freiwirtschaftlern gefordert, setzt es die Marktkräfte aus. Das hat zur Folge, dass die Menschen nicht mehr frei entscheiden können. Sie sind auf Gedeih und Verderb den Entscheidungen von zentraler Stelle, von Politikern oder Bürokraten ausgeliefert, die aufgrund der Informationsasymmetrie niemals wissen können, was die richtige Geldmenge wäre.

Marktwirtschaft schlägt Planwirtschaft

Das Prinzip der Informationsasymmetrie gilt für alle Märkte, auch fürs Gesundheitswesen, von dem die meisten Menschen glauben, es müsse unbedingt in staatliche Hand. Aber wie sieht das staatliche Gesundheitswesen aus? Die Behandlung wird immer teurer, die Versorgung immer schlechter. Ärztemangel, Warteschlangen vor den Praxen, marode Krankenhäuser kennzeichnen das Bild. Eigentlich ist es grotesk. Die Gesundheit ist das wichtigste Gut des Menschen, und ausgerechnet das überlassen wir Politkern, Bürokraten und Lobbyisten, vor allem jenen der Pharmaindustrie, also letztlich einer zentralen Planwirtschaft.

Wie sieht es dagegen beispielsweise auf dem Handymarkt aus, in den nicht eingegriffen wird? Gibt es Warteschlangen vor Handyläden, gibt es zu wenig Handys, werden sie immer teurer? Nein, sie werden immer günstiger und leistungsfähiger. In jedem freien Markt werden alle Waren durch Wettbewerb und technischen Fortschritt billiger und besser. Das ist auch keine gefährliche „Deflation“, wie manche meinen – im Gegenteil: Die Handybranche boomt ebenso wie die Computerbranche.

Abzüglich des Anstiegs der Geldmenge werden alle Waren, selbst Rohstoffe, ständig billiger. Im nicht beliebig vermehrbaren Gold gemessen, sinkt der Rohölpreis seit Jahrzehnten, ungeachtet der angeblichen Verknappung. Der langfristige Anstieg ist nur auf die Vermehrung des Papiergeldes zurückzuführen, das in echte Sachwerte fließt (kurzfristig spielt natürlich der Konjunkturzyklus eine Rolle, der aber auch durch die Notenbanken verstärkt wird). In der Presse werden die jetzt in der Finanzkrise steigenden Nahrungsmittelpreise auf Spekulanten geschoben. Wieso aber sollten diese ausgerechnet in der Krise auf steigende Preise setzen? Nein, das neu gedruckte Geld flüchtet einfach in Sachwerte wie Rohstoffe, Immobilien und Aktien.

Das Papiergeldsystem macht die Armen ärmer

Besonders hinterhältig ist, dass diejenigen am meisten unter dem System leiden, die am wenigsten davon verstehen: die Arbeiter und Angestellten. Die Inflation schadet hauptsächlich ihnen, denn das neu in Umlauf gebrachte Geld kommt dort als Letztes an („Cantillon-Effekt„). Zuerst bekommen es die Banken, der Staat und die Konzerne über das Auflegen von Anleihen. Die Unternehmen, besonders die großen mit Marktmacht, können sehr gut mit Preissteigerungen leben. Denn die Löhne werden erstens im Nachhinein erhöht und zweitens in der Regel an die offizielle Inflationsrate angepasst, die viel niedriger als die tatsächliche ist, was jeder beim Einkaufen merkt.

Beispielsweise werden im statistischen Warenkorb Güter des täglichen Bedarfs untergewichtet und bei Waren wie Computern, die leistungsfähiger werden, einfach die Preise entsprechend der zusätzlichen Leistung nach unten korrigiert. Warum passiert das? Nun, den Warenkorb stellt der Staat zusammen. Und er will nicht, dass der Bürger merkt, wie er durch die Inflation „ausgeraubt“ wird. Denn die Schulden des Staates entwerten sich durch die Inflation. Zusätzlich nimmt der Staat immer mehr Steuern ein, weil der Steuersatz mit dem nominellen Einkommen steigt (kalte Progression).

Alle Räder stehen still?

Eigentlich müssten die Gewerkschaften gegen dieses perfide Enteignungssystem auf die Barrikaden gehen. Es ist ein großes Rätsel, warum sie das nicht tun. Neben Unkenntnis der Zusammenhänge wäre ein weiterer Grund denkbar: Die Gewerkschaftsbosse leben ganz gut mit dem System. Sie sitzen, zumindest in Deutschland, hoch dotiert in den Aufsichtsräten der Unternehmen – man denke nur an den VW-Skandal. Vor ihren Mitgliedern aber können sie sich brüsten, in den Tarifverhandlungen Lohnerhöhungen herausgeschlagen zu haben, die in Wirklichkeit reale Lohnsenkungen sind.

Gäbe es kein Papiergeld und damit keine Inflation, verlören sie ihre Daseinsberechtigung. Die realen Löhne würden durch den technischen Produktivitätsfortschritt automatisch steigen, um etwa drei Prozent pro Jahr. Denn wenn eine erhöhte Produktion auf eine annähend gleichbleibende Geldmenge trifft – wir erinnern uns, Menschen würden automatisch stabiles Geld wählen –, sinken die Preise, und die Menge dessen, was sich die Arbeiter kaufen können, steigt.

Der Staat raubt zwei Drittel

Den Arbeitern und Angestellten ist zudem nicht bewusst, wie viel der Staat ihnen abzieht, denn auf dem Lohnzettel ist der Arbeitgeberanteil nicht ausgewiesen. Der stünde aber im Grunde ihnen zu, schließlich war ihre Arbeit dem Unternehmer das gesamte Bruttogehalt wert, und dem Arbeitgeber ist es egal, wem er das Geld auszahlt. Über alle Steuern und Abgaben inklusive Verbrauchssteuern zieht der Staat dem Arbeitnehmer zwei Drittel ab. Ohne diese Abzüge könnte er also netto das Dreifache verdienen und sich selbst komfortabel privat und wegen des Wettbewerbs auch günstiger absichern. In Wirklichkeit ist die Marktwirtschaft nicht für Unternehmen da, die Wettbewerb eigentlich hassen, sondern für die Kunden, also alle Bürger. Millionen von Unternehmen konkurrieren darum, die Bedürfnisse der Bürger möglichst gut und günstig zu befriedigen. Viele Bürger verstehen das nicht, weil es ihnen staatliche Einrichtungen natürlich nicht erklären.

Zum Glück gibt es heute im Internet zahlreiche Blogs und Websites, bei denen man sich über die Österreichische Schule informieren kann – und mit dem Bitcoin ein vielversprechendes Beispiel für freies Marktgeld im Sinne der „Österreicher“.

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Oliver Janich ist Journalist und Vorsitzender der Partei der Vernunft, deren Wirtschaftsprogramm sich an der Österreichische Schule orientiert. Dieser Artikel erschien zuerst im Zeitgeist-Magazin und ist nun auch hier mit Genehmigung des Autors veröffentlicht worden.

Quelle: freitum

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