Warum der Brexit für Brüssel die größte Erfolgsstory der letzten Jahrzehnte ist

von Thomas Röper (anti-spiegel)

Ich habe mehrmals darauf hingewiesen, dass das Brexit-Chaos für die EU ein Glücksfall ist. Am Freitag kam, relativ unbemerkt von den Medien, eine weitere Bestätigung für diese These.

Man muss Politik immer aus der Sicht der Interessen betrachten und nicht aus der Sicht der „schönen Worte“ von Politikern und Medien. Die heucheln ihr Entsetzen über das Brexit-Chaos und die möglichen Folgen. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall und bei jeder neuen Chaos-Meldung auf London dürften in Brüssel, Berlin, Paris etc. die Korken knallen.

Übrigens sind auch die Folgen für die EU ein Witz. Als 2014 die Russlandsanktionen beschlossen wurden, erklärten und Politik und Medien, dass es für Deutschland kein Problem sei, auf 25 Milliarden Außenhandel zu verzichten. Und so unsinnig ich diese Sanktionen finde und obwohl sie in Deutschland über 100.000 Arbeitsplätze gekostet haben, ist die Welt nicht untergegangen.

Jetzt spricht man von einem Schaden für Deutschland durch den Brexit von etwas über 10 Milliarden und das soll ganz schlimm sein. Man sieht an den nackten Zahlen, wie wir in diesen Fragen manipuliert werden (sollen).

Die EU, also Brüssel, nicht unbedingt alle Länder und Regierungen, hat nur ein Ziel: Die EU soll in den Augen der Menschen das Synonym für Wohlstand und Freiheit sein. Innerhalb der EU ist man glücklich, außerhalb der EU nicht. Nun hat das mit der Wahrheit nicht viel zu tun, die wohlhabendsten und nach Umfragen glücklichsten Menschen leben in Europa vor allem in der Schweiz und Norwegen. Das sind aber gar keine Mitglieder der EU.

Auch ist die EU keineswegs demokratisch, im Gegenteil hat das EU-Parlament in Brüssel weniger Rechte, als der Reichstag zu Zeiten von Kaiser Wilhelm und auch die EU-Regierung, die Kommissare, werden von niemandem gewählt. Von Demokratie kann in Brüssel also weiß Gott nicht die Rede sein.

Dass nun ausgerechnet der störrische Partner Großbritannien aus der EU austreten wollte, dürfte dabei in Brüssel nicht viele ernsthaft gestört haben. Wenn schon irgendein Land austreten will, dann am liebsten die Briten. Und es war eine Super-Gelegenheit für Brüssel, denn es gab in vielen Ländern Strömungen, die aus dieser EU austreten wollten. In Griechenland sind die Menschen unglücklich, in Italien rumort es, in Frankreich sowieso und sogar die braven Schweden haben in großer Zahl Parteien gewählt, die einen EU-Austritt im Programm haben.

Da war es ein Gottesgeschenk für Brüssel, dass man nun allen Skeptikern am Beispiel der Briten vor Augen führen konnte, was ein EU-Austritt bedeuten kann. Ich sage „bedeuten kann“, denn er muss das ja nicht bedeuten. Die Beispiele Schweiz und Norwegen zeigen, dass man auch ohne EU-Mitgliedschaft gute Verträge mit Brüssel schließen kann. Aber im Falle Londons war das von vornherein nicht erwünscht.

Brüssel hat sich bei den Verhandlungen kaum bewegt, es hat seine Bedingungen aufgestellt und London hatte die Wahl, diese weitgehend zu akzeptieren oder einen harten Brexit zu erleben, der für einige Monate oder gar Jahre Chaos und wirtschaftliche Probleme bringen wird, bis Großbritannien wieder Vertragsbeziehungen mit der EU und anderen Ländern hat. Denn die EU-Regeln sagen ja, dass London noch keine Verhandlungen mit anderen Ländern führen darf, solange es noch EU-Mitglied ist. Beim harten Brexit muss London anschließend seine Vertragsbeziehungen mit der ganzen Welt unter Zeitdruck neu regeln.





Daher war klar, dass Brüssel an abschreckenden Pressemeldungen interessiert ist. Und es ist Brüssel letztlich egal, ob London den Brexit absagt, ohne Abkommen in das Chaos eines harten Brexit läuft, oder den schlechten Vertrag der EU doch noch akzeptiert. Brüssel kann nur gewinnen und ein EU-Austritt hat nun eine abschreckende Wirkung auch auf die, die eigentlich mit einem Austritt sympathisiert haben.

Und nun kam am Freitag ganz unauffällig eine Erfolgsmeldung für Brüssel. In Schweden haben die bisherigen EU-kritischen Parteien den Swexit still und heimlich aus ihren Parteiprogrammen entfernt. Im Spiegel konnte man dazu lesen:

„Es war ziemlich knapp: 52,3 Prozent der schwedischen Wähler hatten sich in einem Referendum im November 1994 für den Beitritt zur Europäischen Union ausgesprochen. Nur wenige Wochen später, am 1. Januar 1995, wurde Schweden dann Mitglied. Schon damals sperrte sich die Linkspartei dagegen – und forderte noch im Wahlkampf 2018, dass Schweden die EU wieder verlässt. Eine ähnliche Position vertraten auch die rechten Schwedendemokraten (SD). (…) Das Brexit-Chaos scheint nun bei beiden Parteien aber zu einem Umdenken geführt zu haben. Während die Briten sich noch immer uneinig darüber sind, wie sie die EU verlassen wollen, ist Schwedens Linkspartei von ihrer Austrittsforderung abgerückt. (…) Die rechten SD haben in den vergangenen Monaten ebenfalls eine Kehrtwende gemacht. (…) Mittlerweile ist ein EU-Austritt Schwedens auch bei den Rechten kein Thema mehr.“

Herzlichen Glückwunsch! Brüssel hat sein Ziel erreicht. Auch in anderen Ländern dürften die Stimmen für EU-Austritte leiser werden, denn nach all den negativen Schlagzeilen aus und über Großbritannien in den letzten zwei Jahren haben viele Menschen nun Angst davor, die EU zu verlassen.

Das lässt allerdings tief blicken und wenig Gutes für die Zukunft erwarten, denn Brüssel hat diesen Erfolg mit einer Politik der Angst erreicht, anstatt sich zu überlegen, wie es für EU-Skeptiker attraktiver werden könne. Von einer Demokratisierung der Strukturen in Brüssel ist derweil nicht die Rede gewesen, man setzt jetzt ganz auf die Politik der Angst: Wer raus will, kann gehen, aber zu den Bedingungen, die Brüssel vorgibt. Und die kann man treffend mit „Nimm Dir den Strick!“ beschreiben.

Rücksicht und Kommpromissfähigkeit können Gegner von Brüssel innerhalb der EU jedenfalls nicht mehr erwarten.

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3 Kommentare

  1. Ich gebe der EU-Diktatur noch 5 Jahre. Höchstens. Die Menschen haben gemerkt, daß die Diktatur der EU keinen Wohlstand und Frieden für den normalen Bürger bringt.

  2. Also für mich ist dieses ganze Brexit-Theater eine Vollinszenierung, indem May und Brüssel zusammenspielen. Alles wird rausgezögert, um für irgendwas Zeit zu gewinnen, dass im Hintergrund läuft, von dem wir noch keine Ahnung haben. Am Ende wird es zu einem zweiten Referendum kommen, in dem sich oh Wunder herausstellen wird, dass es den Brexit nicht geben wird. Das habe ich schon vor langer Zeit einmal geäußert. Was hat eigentlich Merkel damit zu tun, dass sie in Irland war, um über die Grenze zu Nordirland zu reden, was vor einigen Tagen irgendwo zu lesen war? Ist das ihre Aufgabe als deutsche Bundeskanzlerin? Diese ganze Verzögerung hat irgendwas mit den EU-Wahlen zu tun. Zuerst dachte ich auch, es hätte etwas mit Abschreckung für evtl. andere Austrittswillige Länder zu tun. Aber je länger sich das hinzieht, umso mehr können sich doch andere "Kandidaten" auf solch einen Fall  vorbereiten, indem sie am Beispiel GB die gelegten Steine umgehen oder ausräumen könnten. Auf jeden Fall finde ich dieses ganze Szenario sehr merkwürdig.
    Dazu fällt mir auch noch ein, dass May vor einiger Zeit ja auch bei Trump war. Da war das Bild, als sie händchenhaltend den Gang vorm WH entlang gingen. Dann die merkwürdige Szene zwischen Trump und der Queen, als Trump und Melania bei ihrem Besuch sich nicht vor der Queen verbeugten, sondern ihr einfach nur die Hand gaben. Anschließend ließ Trump die Queen hinter sich "herdackeln". Für ein normales Protokoll eigentlich undenkbar.
    Was läuft da wirklich?
     

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