Warum das Weltwirtschaftsforum Greta liebt: Überwachte CO2-Zuteilungen für besitzlose, glückliche Bürger

von Norbert Häring

„Ihr CO2-Limit für den Monat ist erreicht, Fleisch und Südfrüchte können wir Ihnen leider nicht mehr verkaufen. Wie wäre es mit Kartoffeln und Gemüse aus regionalem Anbau?“ Solche Botschaften könnten Sie in naher Zukunft von der Bezahl-App Ihres persönlichen Überwachungsgeräts mit Telefonfunktion übermittelt bekommen, wenn Sie gegen Ende des Monats einen Supermarkt betreten und entweder viel geheizt oder vielleicht einen Grillabend veranstaltet haben – jedenfalls wenn es nach der Großkonzernelobby Weltwirtschaftsforum geht.

Das Weltwirtschaftsforum hat im September einen Beitrag des „Mission Directors“ des Forums für sogenannte Smart Cities veröffentlicht. Kunai Kumar, indischer Bau- und Stadtminister, bricht darin eine Lanze für Zuteilungen von CO2-Emissionsrechten an Verbraucher. Dabei werden alle im Lebenszyklus eines Produkts freigesetzten CO2-Mengen dem Käufer zugerechnet. „‘My Carbon’: An approach for inclusive and sustainable cities“ (mein Kohlenstoff: Ein Ansatz für inklusive und nachhaltige Städte), heißt der Beitrag.

Kumar gibt darin unfreiwillig einen guten Einblick in die Interessenlage der IT- und Finanzkonzerne, die das immer mehr zusammewachsende globale Netz der Finanz- und Datenströme stricken und kontrollieren. Man ahnt nach der Lektüre, warum die internationalen Großkonzerne, insbesondere der USA, Greta Thunberg und die Fridays-for-Future-Bewegung mit solch offenen Armen empfangen und unterstützt haben, obwohl normalen Unternehmen aus den Maßnahmen gegen den Klimawandel vor allem Nachteile blühen.

Die 16-Jährige Greta Thunberg bei der Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums in Davos 2019. Quelle: World Economic Forum

Kumar schreibt, dass persönliche CO2-Budgets bisher wenig erfolgreich waren, wegen politischer Widerstände und weil ein „fairer Mechanismus zur Nachverfolgung der Emissionen“ gefehlt habe. Es wird nicht klar, was fair in diesem Zusammenhang bedeuten soll. Aber es habe in den letzten fünf bis sieben Jahren wichtige soziale, umweltbezogene und technologische Entwicklungen gegeben, die helfen könnten, solche „My-Carbon“-Programme endlich umzusetzen:

1. Covid-19: „Eine riesige Anzahl unvorstellbarer Einschränkungen im Dienste der öffentlichen Gesundheit wurde von Milliarden Bürger auf der ganzen Welt akzeptiert (adopted)“, schreibt der Missionsdirektor des Weltwirtschaftsforums. Sprich: Es wurde bewiesen, dass alles, was als sozial verantwortlich verkauft wird, auch akzeptiert wird.

2. Die vierte industrielle Revolution: „Fortschritte bei neuen Technologien wie Künstliche Intelligenz, Blockchain und Digitalisierung können es ermöglichen, die persönlichen Kohlenstoffemissionen zu verfolgen, das Bewusstsein zu schärfen und individuelle Ratschläge für kohlenstoffärmere, ethische Entscheidungen beim Konsum von Produkten und Dienstleistungen zu geben.“ Aufgezählt werden sogenannte „Smart-Home“-Technologien und „smarte“ Zählgertäte für Strom und Gas, sowie personalisierte Apps, um die persönlichen Emissionen zu messen und Kaufentscheidungen zu verbessern.

Außerdem, getreu der berüchtigten Forums-Verheißung „Du wirst nichts besitzen und du wirst glücklich sein“, angeblich auf vollständige Wiederverwendung aufbauende Geschäftsmodelle wie „Produkte als Dienstleistungen“, bei denen man Geräte nicht mehr besitzt, sondern nach Nutzung bezahlt. Live-Daten und historische Daten aller Produkte und Nutzer könnten heutzutage dafür genutzt werden. Die schwedische App Svalna wird beispielhaft herausgestellt und gelobt. Sie nutzt nach eigener Darstellung finanzielle Transaktionsdaten der Nutzer aus dem elektronischen Zahlungsverkehr, um alle gekauften Produkte zu erfassen und so die indirekten CO2-Emissionen der Nutzer zu ermitteln.

3. Mehr Umweltbewusstsein: 64% der Weltbürger glaubten, der Klimawandel sei eine globale Notsituation. 80% der Bewohner der Industrieländer seien bereit, dafür ihre Art zu leben zu ändern. Junge Erwachsene, die an der Spitze der wichtigsten Klimaproteste stünden, seien besorgter als die Älteren.

Die Chancen stünden also gut, die nächsten nötigen Schritte zu gehen. Diese sind für den Missionsdirektor:

  • Höhere Kosten für CO2-intensive Aktivitäten und Güter.
  • Sichtbarmachung der persönlichen CO2-Fußabdrücke.
  • Eine neue Definition des fairen persönlichen Anteils an den Emissionen mit akzeptablen Grenzen für die Emissionen der Einzelnen.

Dass das keine Zukunftsmusik ist, sondern schon sehr nahe, kann man an verschiedenen aktuellen Entwicklungen sehen. in Norwegen nötigt die Statistikbehörde Zahlungsdienstleister und Supermarktketten, ihr die Daten zu geben, mit denen sie erfassen kann, was genau jeder Einzelne kauft, und zwar um herauszufinden, welche Nahrungsmittel und Getränke die Bürger zu sich nehmen. Das sieht man zwar auch daran, was insgesamt gekauft wird, aber man will wissen wer genau was kauft. So will der Staat besser beurteilen können, wie gesund bzw. ungesund seine Bürger sich ernähren, und feststellen, welche Gruppen (oder Menschen?) er besonders bearbeiten muss, wenn er die Ernährungsgewohnheiten verbessern will.

Wenn die Svalna-App tatsächlich so funktioniert, wie das Unternehmen es beschreibt, dann kann man in Schweden bereits an den Zahlungsverkehrsdaten der Abwickler ablesen, welche Produkte gekauft wurden. Und in Bayern, Wien, Rom und Bologna werden Öko-Tokens erprobt, bei denen man sich für umweltbewusstes (und digital-affines) Verhalten Punkte erwerben und gegen Geldwertes eintauschen kann – sofern man sich der umfassenden Überwachung seines Alltagsverhaltens unterwirft.

Dass den Bürgern nebenher die Verantwortung für die Kohlendioxidemissionen der Produkte zugeschoben wird, auf deren Produktionsweise sie keinen Einfluss haben, und die sie oft nur haben wollen, weil mit großen Werbekampagnen ein Bedürfnis geschaffen wurde, ist nur ein Aspekt in dieser Agenda. Der Wichtigere: Für die global dominierenden Megakonzerne der IT- und Finanzbranche gibt es kaum etwas Besseres als der Übergang zu einer zentral gesteuerten Zuteilungsökonomie. Denn sie sind es, die zuteilen und kontrollieren, und damit alle Macht in ihren Tentakeln halten.

Es ist dies der Übergang zum Neofeudalismus, den ich in meinem Buch „Endspiel des Kapitalismus“ beschreibe. Noch können wir ihn verhindern, wenn genug Menschen aufwachen, nicht mehr mit- und stattdessen Druck auf die Politik machen. Immerhin stehen wir damit in Interessenharmonie mit fast allen heimischen Unternehmen, die bei dieser von Silicon Valley und Wall Street dominierten Kampagne unter die Räder kommen. Unter anderem, weil die großen (und meinungsmächtigen) deutschen Konzerne mehrheitlich im maßgeblichen Besitz ausländischer Kapitalanlagegesellschaften wie Blackrock sind, spielen sie trotzdem mit.

Abschließender Hinweis

Dieser Beitrag ist kein Kommentar dazu, ob sich die Erde erwärmt (offenkundig), ob das nur schlimm ist (für viele in vieler Hinsicht) oder katastrophal und vor allem, ob es in unserer Macht steht, das zu beenden. Letzteres finde ich in Anbetracht der wissenschaftlichen Komplexität der Materie  und der mit viel Geld unterlegten Verwirrungs-Kampagnen von interessierten Konzernen und Gruppen auf beiden Seiten der Debatte für einen Laien wie schwer genug zu beurteilen, um mich in dieser Debatte zurückzuhalten.

Mir geht es hier stattdessen nur darum darzulegen, wie groß die Gefahr für Klimabewegte ist, für eine Agenda eingespannt zu werden, die sie kaum gut finden dürften. Dass es den Großkonzernen nicht um die Rettung der (Um-)Welt geht, darf man als gegeben voraussetzen. Sonst würden diejenigen, die diese Agenda vorantreiben, nicht ständig in ihren Megayachten und Privatjets um die halbe Welt schippern und düsen, um an deren schönsten Plätzen ein gutes Leben zu führen und hin und wieder über die besten Wege zur Reduktion der individuellen CO2-Fußabdrücke des einfachen Volkes zu debattieren.

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1 Kommentar

  1. Warum sie Greta lieben?
    Ist doch wohl eindeutig, es sind Kinderfixxx!
    Der Beweis liegt doch jetzt in der Eröffnung eines Kindergartens im Sumpf Berlin. Völlig abartige Gestalten machen sich ans Werk und unsere verdsiffte Justiz und die Polizei halten sich da raus.
    Lasst mal eure Kinder erst von solchen Perversen begrapschen.

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