Wahlrecht wird zum Spielball der Großen Koalition

Wahlrecht wird zum Spielball der Großen KoalitionSchland: Seit Ewigkeiten bastelt die Politik am Wahlrecht der BRD, zumeist mit sehr mäßigem Erfolg. Kaum eine Legislatur, in der das höchste Gericht eben diese Gestalten nicht wieder auf die Plätze verweist, zumindest der Form halber. Dessen ungeachtet spielen wir trotz der erkannten Unzulänglichkeiten einfach weiter “Indirekte Demokratie”. Jetzt geht dieses Spiel in die nächste Runde, da berechtigte Befürchtungen bestanden und bestehen, dass der nächste Bundestag auf bis zu 800 Abgeordnete anwachsen könnte.

Aus Sicht der Politik ist das kein Problem. Dort ist man gar nicht abgeneigt, einige verdiente Parteigänger bequem auf Steuerzahlerkosten parken zu können, solange die Parteidisziplin gewahrt ist. Das ist eine gängige Belohnungspraxis für Wohlverhalten in der Partei. Jetzt muss die Politik allerdings einen Weg finden, zwischen dem Nasenrümpfen von Justiz und Steuerzahler, wie auch dem Eigenbedarf an Korruption, einen gangbaren wie unauffälligen Mittelweg zu finden. Hier nun eine etwas sachlichere Aufarbeitung zu dem jüngsten Angriff auf das Wahlrecht: Reform des Wahlrechts • GroKo-Gesetz gefährdet Bun­des­tags­wahl [LTO]. Der Kommentator, Professor Dr. Matthias Rossi, hat an der Universität Augsburg den Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, Europarecht sowie Gesetzgebungslehre inne.

Warum akkurat arbeiten, wenn der “Schlunz” einträglicher ist?

In dem vorliegenden Fall hat man sich, wie es scheint, nicht einmal mehr die Mühe gemacht das Parlament zu beteiligen. Aus Sicht der großen Koalition ist das eine denkbar einfache Rechnung, schließlich haben sie so oder so eine Mehrheit. Was soll man da noch Zeit mit dem Rest-Parlament verplempern? Folgt man dem Professor Rossi, ist auch der neuerliche (Ent)Wurf zum Wahlrecht einmal mehr mit der heißen Nadel gestrickt und dürfte den Grundstoff für weitere Auseinandersetzungen auf höchster juristischer Ebene liefern.

Grundlegend soll es bei der anstehenden Reform des Wahlrechts darum gehen, den Bundestag ein wenig in Richtung seiner Normgröße von 598 Abgeordneten zu schrumpfen. Dieses Ideal rührt von den 299 Wahlkreisen her, die einerseits mit einem Direktmandat im Bundestag vertreten sind und mit einem weiteren Listenmandat, sodass besagte Anzahl erreicht wird. Das ganze Geplänkel ist über die Jahre ausgeufert, Ausgleichs- und Überhangmandate kamen hinzu, weil es den Parteien so gefiel.





Wenngleich die Listenmandate höchstrichterlichen Segen erhielten, hinterlassen sie dennoch ein Geschmäckle. Letztere entsprechen nämlich so gar nicht der wörtlichen Vorgabe des Grundgesetzes, welche von einer allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahl schwadroniert. Über das ebenda erwähnte Gewissen der Politiker schweigen wir uns an dieser Stelle besser aus. Direkt kommen also nur 299 Abgeordnete in den Bundestag, der Rest ist per Definition “Klüngel”, auch wenn sich die Parteien gerne gegen diesen Ausdeutung wehren.

Wahre Demokratie sieht anders aus

Wahlrecht wird zum Spielball der Großen KoalitionSpötter behaupten, dass die Anzahl der Abgeordneten ein Markenzeichen für Demokratie sei. Demnach ist China, mit seinen 2897 Abgeordneten derzeit das demokratischste Land dieses Planeten. Platz zwei auf der Demokratieskala belegt damit die BRD mit 709 Abgeordneten. Vielleicht wird hieraus (Liste der größten Parlamente der Welt (nach Abgeordneten)[Bedeutung Online]) ersichtlich, warum Deutschland sich unbedingt auf Platz 1 vorarbeiten will. Immerhin gilt es parallel dazu weiter am Status einer Weltmacht zu feilen.

Ob die BRD jemals dem Sumpf der Parteien-Diktatur entsteigen kann, darf bezweifelt werden, wenn die derzeitige Polit-Garde gerade chinesische Verhältnisse anvisiert. Und so ist der neuerliche Versuch der Politkaste, sich alles nach den eigenen Bedürfnissen zurechtzuschustern, mehr als fragwürdig. Den Politikern kommt dabei entgegen, dass Volksbeteiligungen auf Bundesebene nicht erlaubt sind. Dafür haben sie allerdings selbst nachhaltig über die Jahrzehnte gesorgt, um ungestört ihren Lobby-Geschäften nachgehen zu können. Da ist “Volk” immer hinderlich und stellt einen beträchtlichen Störfaktor dar.

Wahlrechtsreform die Nächste

Ein weiterer Ansatz bei der Wahlrechtsreform in der jetzigen Auflage war die Verringerung der Wahlkreise auf 280. Den Joker hat man sich vermutlich für die nächste ungesetzliche Wahlrechtsreform aufgehoben. Da scheint noch mehr Potential zu sein, welches jetzt erst einmal ausgelotet wird. Locker ließen sich die Wahlkreise bundesweit auch auf einen einzigen schrumpfen. Das böte für die Politik den Vorteil, dass sie alle anderen Mandate dann via Liste besetzen können. Irgendwie wird das Grundgesetz das schon noch hergeben, solange es zumindest ein Direktmandat gibt. Unter solchen Voraussetzungen kann man leichten Herzens einige auf Ausgleichs- und Überhangmandate verzichten.

Wahlrecht wird zum Spielball der Großen KoalitionSolange sich also kein Höchstgericht findet, solcherlei Wahlen zu “kassieren”, wird sich an diesem Spielchen auch künftig nichts ändern. Wichtig ist nur, den Souverän maximal aus dem Spiel herauszuhalten, sodass sich die Bananenrepublik nicht versehentlich in eine direkte Demokratie verwandelt und damit die Möglichkeiten des Parteienfilzes ernsthaft in Gefahr bringt. Hierfür bürgt, dass immer eine ausreichende Zahl an Höchstrichtern über ein Parteibuch verfügt. Ohne selbiges kann man kaum in eine solche Position gelangen. Wir reden also über das Ideal der Gewaltenteilung. Nun, wer eine modern(d)e Demokratie betrachten möchte, ist bei der BRD “goldrichtig”.

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