Wahl in Niedersachsen und Wasser in Europa

von Gert Flegelskamp

Eigentlich wollte ich nichts zur Wahl in Niedersachsen schreiben, weil die Presse ja alles gesagt hatte. Die Wahl war bis zur letzten Minute von ungeheurer Spannung, weil sich die beiden Blöcke Schwarz/Gelb und Rot/Grün ein Kopf an Kopf-Rennen lieferten und schließlich trotz Steinbrück Rot/Grün eine hauchdünne Mehrheit erlangte.

Nun, das waren die Aussagen der Presse. Meine Definition ist leicht anders. Die Wahl erinnerte mich ein wenig an die Bundestagswahl 2002. Da jubelte der Problembär aus Bayern (Stoiber) auch schon, allerdings auch ein wenig verfrüht, denn am Ende hatte Rot/Grün die Nase doch vorn. Die Presse äußerte sich damals so wie nun auch in Niedersachsen, aber ich betrachte das aus der Sicht des Wählers und was den Wählern der zunächst bejubelte Wahlsieg von Rot/Grün gebracht hat, haben dann eine Menge SPD- und Grünen-Wähler bitter am eigenen Leib erfahren. Schröder fuhr die Renten runter und zwar so, dass dieses Absenken der realen Renten anschließend zum alljährlichen politischen Ritual wurde. Doch das war nur eine der Handlungen, mit denen Schröder und seine Mannen (und Weibsen) im Verbund mit den Grünen die Wähler betrog. Diese beiden Parteien brachten auch die Agenda 2010 ein, sehr zum Vergnügen von Schwarz/Gelb, die sich zu solch massiven Einschnitten in das Sozialgefüge bisher nicht getraut hatten. Und die Grünen? Die machten nicht nur alles mit, sondern Steineschmeißer Joschka führte die Friedens- und Anti-Kernkraft-Partei in Richtung Kosovo, damit man auch dort den Frieden mit Hilfe von Bomben, Panzern und Geschützen „nachhaltig“ einführe.

Überhaupt, nachhaltig wurde das neue politische Moderwort, im Verbund mit Eigenverantwortung, ein Muss für jeden Bürger, auch wenn die Politik alles daransetzte, Eigenverantwortung zu unterbinden. Wer kann schon Eigenverantwortung praktizieren, wenn man entweder keine Arbeit findet oder Arbeit so bezahlt wird, dass man davon nicht leben kann? Man senkte die Steuern massiv, zumindest die Spitzensteuersätze, damit Wachstum entstehe. Es entstand! Die Unternehmen fuhren Gewinne wie nie zuvor ein und dank Rot/Grün mussten sie davon nicht mehr diejenigen beteiligen, die diese Gewinne erst wirklich erwirtschafteten. Und es wurde auf Teufel heraus privatisiert und das Tor für die Heuschrecken (Müntefering) durch den Finanzminister Eichel weit aufgesperrt. Staatseigentum wurde zuhauf für Ramschpreise verscherbelt, PPP (Public Private Partnerchip, auch ÖPP = Öffentlich Private Partnerschaft) und CBL (Cross Border Leasing) wurde eingeführt. Ich weiß nicht, warum die Amis solche Angst vor Sozialisten haben. Bei uns zumindest haben sie ganze Arbeit geleistet, Soziales zu demontieren.

Beide Parteien, SPD und Grüne, warfen bedenkenlos alle angeblichen Grundsätze über Bord und praktizierten das Gegenteil von dem, was sie zuvor versprochen hatten. Schröder bekam den Spitznamen der Basta-Kanzler (aus meiner Sich hat man das „rd“ am Ende vergessen). Den Spitznahmen GAZPROM-Gerd hat er sich erst nach seinem Abgang erworben, obwohl er schon die ganze Zeit als Kanzler (seit 1998) darauf hingearbeitet hatte. In Clement, Müller, Müntefering, Steinmeier, Eichel, Schmidt, Zypries, Schily, Riester hatte er gute Mitstreiter in seinem aufopferungsvollen Kampf gegen die Mehrheit der Bevölkerung und auch mit Fischer, Trittin, Künast gute Hilfe seitens der Grünen. Hätte 2002 Stoiber die Wahl gewonnen, hätte es zumindest öfter Grund zum Lachen gegeben und eine schlimmere Politik hätte der auch nicht machen können.

Also spielte das Ergebnis der Wahl in Niedersachsen auch keine Rolle. Welche Partei man heute wählt (zumindest bei den Etablierten), ist völlig gleichgültig, denn die betriebene Politik unterscheidet sich nur marginal, wenn überhaupt.

Wenn ich nun dennoch das vorläufige Wahlergebnis von Niedersachsen anführe, dann zumindest mit einer leicht veränderten Tabelle, denn ich habe zu den offiziellen Ergebnissen, noch die Prozentzahlen (hinter den offiziellen Angaben, mit einem Stern versehen) gemessen an der Zahl der Wahlberechtigten eingetragen. Denn die Prozentwerte der Parteien sind immer ein Schwindel, weil sie nur von den gültig abgegebenen Stimmen berechnet werden und nicht im Verhältnis zu den Wahlberechtigten. Damit wird Protest in Form von Nicht- oder ungültig wählen einfach ignoriert. Würde man aber das Wahlrecht entsprechend ändern, hätten wir wieder ausschließlich ein Zwei-Parteiensystem und nur gelegentlich würde dann auch noch eine 3. Partei die Hürde von 5% nehmen.

Vorläufige Ergebnisse und Vergleichszahlen
der Wahl in Niedersachsen
Ergebnis
Landtagswahl 2013
%
Landtagswahl 2008
%
Wahlberechtigte
6.100.218
6.087.297
Wählerinnen/Wähler
3.620.994
3.476.112
Wahlbeteiligung
59,4
57,1
Erststimmen
%
Zweitstimmen
%
Erststimmen
%
Zweitstimmen
%
Ungültige Stimmen
51.980
1,4 – 0,9*
45.733
1,2 – 0,7*
61.555
1,2 – 1,0*
50.686
1,5 – 0,8*
Gültige Stimmen
3.569.014
58,5*
3.575.261
58,6*
3.414.517
55,9*
3.425.426
56,3*
CDU
1.519.343
42,6 – 24,9*
1.287.730
36,0 – 21,1*
1.512.779
44,3 – 24.9*
1.456.742
42,5 – 23,9*
SPD
1.342.171
37,6 – 22,0*
1.165.538
32,6 – 19,1*
1.183.758
34,7 – 19,4*
1.036.727
30,3 – 17,0*
FDP
118.556
3,3 – 1,9*
354.971
9,9 – 5,8*
191.840
5,6 – 3,2*
279.826
8,2 – 4,6*
Grüne
373.336
10,5 – 6,1*
489.572
13,7 – 8,0*
239.581
7,0 – 3,9*
274221
8,0 – 4,5*
DIE LINKE.
110.523
3,1 – 1,8*
112.215
3,1 – 1,8*
217.345
6,4 – 3,6*
243.361
7,1 – 4,0*

Kommen wir zu einem wirklich wichtigen Thema. Es gibt sie ja immer noch, die Leute, die glauben, dass diese Europäische Union zu was taugt. Nun ja, für Banken und Konzerne sicherlich, nicht aber für die Bürger der Mitgliedsstaaten.

Die EU ist kein Staat, hat aber als supranationales Gebilde völkerrechtlichen Status und bestimmt dank immer mehr an sie übertragene Hoheitsrechte mehr und mehr unser Leben und hebelt dabei auch noch die Demokratie aus, soweit die überhaupt existiert. Es heißt, das Herz der Demokratie seien die Wahlen, aber sehe ich mir unser „Herz“ an, ist es lediglich eine Pumpe, die immer die gleichen Leute an die Macht spült, die sich sicherlich über das Demokratieverständnis ihrer Bürger amüsieren. Außerhalb der Wahlen spielen die Bürger keine Rolle. Politiker machen, was sie wollen, finden neben ihrer Tätigkeit als Politiker offenbar noch genug Zeit, lukrative Nebenjobs auszuüben und knüpfen vor allem Verbindungen für die Zeiten, in denen sie nicht mehr in der Politik tätig sind, oder sind einfach Mitläufer, die tun, was man ihnen aufträgt, denn im normalen Job hat man für diesen Teil der Abgeordneten keine Jobs mit gleich hoher Vergütung und gleichem Status.

Aber das soll nicht das Thema sein. Eine Leserin hat mir einen Link geschickt. Monitor berichtet, dass es in der EU-Kommission Bestrebungen gibt, die Wasserversorgung zu privatisieren. Dagegen gibt es eine EU-weite Petition. Ruft man die Petition auf, ist der Text englisch. Aber rechts oben finden Sie die Flaggensymbole der Länder. Klicken Sie auf das deutsche Flaggensymbol oder sonst auf das Flaggensymbol Ihres Landes und der Text wird in der entsprechenden Sprache angezeigt. In der Mitte ist ein blauer Balken mit dem Button „Unterstützen“. Klicken Sie den an und Sie werden auf die nächste Seite geleitet. Dort ist ein Feld, das Sie auffordert, Ihr Land auszuwählen. Wenn Sie ihr Land gewählt haben, erscheinen die Eingabefelder, in welchem Sie Ihre Daten für die Unterstützung der Petition angeben müssen.

Ich halte nicht viel von Petitionen, weil ich sie für nutzlos halte, als eine Alibifunktion für Politiker, mit der sie uns weismachen wollen, wir könnten auf diesem Wege etwas bewirken. Doch diese Petition habe auch ich unterschrieben, in Gedenken an die Worte von Claude Juncker:

Das einzige Mittel, etwas Demokratisches demokratisch zu stoppen, ist Geschrei und Aufstand! Offenbar soll nun die EURO-Krise und damit die Möglichkeit zur Erpressung seitens der Kommission genutzt werden, zunächst die Länder, über welchen der Hammer der Troika (IWF, EZB und EU-Kommission) schwebt, mit dieser Form der Erpressung dazu gebracht werden, entweder zu tun, was die Troika vorschreibt, oder man lässt sie untergehen. Das sind echte Mafia-Methoden und die dürfen wir diesen Gangstern nicht durchgehen lassen!

„Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.“

Deshalb habe ich unterschrieben. Gegen dieses Vorhaben der EU-Kommission muss es ein Riesengeschrei geben und, falls nötig, auch einen Aufstand.

Nun gibt es ja immer noch die Träumer, die glauben, die Privaten machen alles besser, aber die machen nur eines noch besser als die Politiker, nämlich Profite zu erwirtschaften. Es gibt inzwischen mannigfaltige Beweise, dass die Privatisierung das Gegenteil von dem bewirkt hat, was zuvor von den Privaten versprochen wurde. Gas und Strom, Müllentsorgung, Verkehrsbetriebe, Post, Telekom, um nur einige zu nennen, sind teurer und schlechter geworden, wobei man nicht nur die realen Kosten betrachten darf, sondern auch die unsichtbaren Kosten durch massiven Stellenabbau, weitere Wege und, wie z. B. bei der Stromversorgung, wo die Konzerne das Leitungsnetz seit Jahren nicht erweitert haben und nun für die Erweiterung mit erheblichen Preisaufschlägen drohen. Die Bundesbahn steht in der Startlöchern. Zwar ist sie noch voll im Besitz des Bundes, aber wurde bereits zur AG umfunktioniert und wird, sobald das Geschrei nachlässt, verhökert. Die Folgen, die das haben wird, haben die Engländer bereits mit ihrer schon privatisierten Bahn erlebt. Es war und ist ein Fiasko. Bei der Post in Ballungsgebieten muss man heute Schlange stehen, auch wenn man nur eine Briefmarke haben will und der Automat mal wieder defekt ist. Die Müllkosten sind regelrecht explodiert. Von privatisierten Renten und Krankenversicherungen will ich erst gar nicht reden. Private machen nichts besser, aber alles teurer, denn Private wollen nicht die Menschen beglücken, sondern nur sich selbst in Form von Profiten.

Nun fragt man sich ja, warum dann die Staaten privatisieren. Weil sie Geld brauchen? Quatsch! Die Telekom hat z. B. regelmäßig Gewinne erwirtschaftet, die dem Staat zugutekamen, Geld das nun ausbleibt. Gleiches gilt für VW, die VEBA (heute EON). Was das Wasser betrifft, gab es im letzten Jahr (wenn ich mich recht erinnere) in Frankreich erhebliche Proteste gegen bereits privatisierte Wasserwirtschaft mit der Folge, dass eine teure Rückabwicklung eingeleitet wurde. Auch in Berlin hat man ähnliche Erfahrungen gemacht.

Aber warum soll ich das alles neu aufzählen, habe ich das doch in meinem Beitrag „Privatisierung“ bereits 2004 getan. Reden wir lieber von dem Zwang, der hinter all dem steckt. Wir wurden 1945 von den Amerikanern befreit und mit dem Marshallplan wurde der Wiederaufbau unterstützt, so die Legende vom Ende des zweiten Weltkriegs. Aber das ist eine Legende, denn so selbstlos, wie das klingt, war noch nie eine Regierung und am wenigsten die amerikanische Regierung. Wer Gelder aus dem Marshallplan haben wollte, musste dafür das amerikanische Wirtschaftssystem übernehmen und Mitglied in den teils bereits während des Krieges, teils unmittelbar danach gegründeten supranationalen Konstruktionen wie UN, IWF, WHO, Weltbank und etwas später der GATT werden. Wer nicht wollte? Ohne Moos nix los! All diese supranationalen Gebilde sind so aufgebaut, dass sie scheinbar international aufgestellt sind, aber ohne die USA nichts geht.

1995 wurde dann die WTO gegründet und nennt sich nun Welthandelsorganisation. Wirklich geschickt, denn die Vorarbeit hatte fast 50 Jahre lang GATT geleistet, indem es die Zollgrenzen aufweichte oder gänzlich aufhob (Freihandelszonen). Die EU, ebenfalls eine supranationale Organisation, war zwar noch nicht so richtig gefestigt, aber bereits mit der Kommission und einem Scheinparlament ausgestattet, womit sie eine demokratische Fassade hat und bereits Herr über etliche Hoheitsrechte der Mitgliedsländer ist. Mit den völkerrechtlichen Verträgen EGKS (Paris), EWG (Pariser Verträge, von den Bilderbergern ausgearbeitet), den römischen Verträgen, dem Fusionsvertrag (der die EGKS, EWG und Euratom zusammenlegte und nun daraus die EG wurde), daraus wurde die Einheitliche Europäische Akte und mit den Verträgen von Maastricht, Amsterdam, Nizza und schließlich dem Lissabonvertrag die heutige EU geschmiedet, immer noch kein Staat, aber mit erheblichen Kompetenzen über die Mitgliedsländer ausgestattet. Zwischenzeitlich gelang mit der Euro-Einführung ein weiterer Coup, dessen Auswirkungen wir nun, da der Lissabonvertrag unter Dach und Fach ist und der Gegner im kalten Krieg, die UDSSR aufgehört hat, zu existieren, schmerzlichst zu spüren bekommen.

Wem die rechtlichen Grundlagen von GATS auf meiner Seite zu unverständlich oder zu lang erscheinen, sollte sich zumindest auf WIKIPEDIA den Artikel über GATS ansehen, um zu begreifen, dass alle Bestrebungen zur Privatisierung in diesem Handelsabkommen und ohne Einbindung der nationalen Parlamente beschlossen werden. Deshalb fahren die Minister und die Kanzlerin so gerne nach Brüssel, um dort am Parlament vorbei neue Privatisierungen auszuhecken und zu beschließen. Aber darüber schweigen Presse und Fernsehen, vermutlich deshalb, weil alle die Medienmogule Teil dieses Komplotts sind, vor allem Bertelsmann und Springer und ihnen Privatisierungen weiterhin Riesengewinne bescheren und gleichzeitig ihr Machtgefüge erweitern.

Und der seit dem 2. Weltkrieg mit dauerhaftem Büßergewand ausgestattete Deutsche Michel senkt demütig den Kopf und schweigt. Dabei gibt es keinen westlichen Staat, der nicht ebenso viel Dreck am Stecken hat, wie wir Deutschen. Nur wir waren die letzten und weil deshalb alle mit dem Finger auf uns zeigen, verkriechen wir uns. Doch genau das ist falsch, denn wahre Reue äußert sich nicht in nutzlosen Gebeten und auch nicht in betretenem Schweigen, sondern in der aktiven Verhinderung weiterer Gräuel. Staatdessen lassen wir uns wieder militärisch einspannen uns schicken Soldaten in die ganze Welt. Wir sind im Grunde die Fremdenlegion der Briten und Amerikaner. Und geht was schief, werden wir erneut die Bösen sein, weil uns die Büßerrolle ja bereits zum Lebensinhalt geworden ist. Nur die, die diesen ganzen Scheiß wirklich aushecken, bleiben wie immer unbehelligt.

Quelle: flegel

 

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