VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh setzt sich für härtere Rationalisierungsmaßnahmen ein

Von Ulrich Rippert (wsws)

VW-Betriebsrats Bernd Osterloh, einer der mächtigsten und einflussreichsten Gewerkschafter der Bundesrepublik, sieht seine Aufgabe darin, die Konzernstruktur zu straffen, Synergien zu verbessern und damit die Wirtschaftlichkeit und internationale Wettbewerbsfähigkeit des größten europäischen Autokonzerns zu verbessern.

Das erklärte er am 2. Mai völlig offen und ohne jede Scham in einem ausführlichen Interview dem Handelsblatt. Osterloh brüstete sich sogar damit, dass er von „internationalen Finanzanalysten und Investoren“ gelobt worden sei, die er in London getroffen habe. „Am Ende haben die Experten dort unsere Position gelobt. Wir sind eine integrative Kraft, die immer auch wirtschaftlich denkt.“

„Wirtschaftlich denken“ bedeutet im Sinne jener „Heuschrecken“, für die Finanzmärkte das Letzte aus den Betrieben und den darin beschäftigten Arbeitern herauszuholen. Kein Wunder, dass Osterloh ziemlich gereizt darauf reagierte, dass sein Jahresgehalt kürzlich wegen Ermittlungen gegen den Konzern von 750.000 auf 100.000 Euro gekürzt worden ist.

Auf die Frage, was unter Führung des neuen Vorstandschefs Herbert Diess besser werden solle, antwortete Osterloh: „In dem Konzern mit seinen zwölf Marken müssen wir die Synergien besser heben.“ Diess‘ Vorgänger Matthias Müller sei dafür „nicht der Richtige gewesen“, denn „das Thema Synergien benötigt nicht nur guten Willen, sondern auch Entscheidungen“.

Osterloh erklärte dem Handelsblatt auch, wie er die angestrebten Synergieeffekte erreichen will: durch massiven Arbeitsplatzabbau vor allem in der Entwicklungsabteilung. „Wir entwickeln zu oft dort doppelt und dreifach, wo es nicht nötig ist“, sagte er. „Und am Ende sind manche Ergebnisse noch nicht einmal untereinander kompatibel, obwohl sie es sein sollten.“

Osterloh war als Aufsichtsratsmitglied persönlich an der überraschenden Ablösung von Matthias Müller durch Herbert Diess beteiligt, dem als ehemaliger BMW-Vorstand der Ruf eines knallharten Sanierers und Kostensenkers anhängt. Diess war 2015 nach Wolfsburg gekommen, wo er in den beiden folgenden Jahren die Rendite der Kernmarke VW deutlich steigerte. Bereits damals war Osterloh maßgeblich an der Berufung des Managers beteiligt gewesen, wie er dem Handelsblatt in einem früheren Gespräch berichtet hatte.

Kurz nach seiner Ernennung zum Chef des Gesamtkonzerns gab Diess Mitte April auf einer Pressekonferenz bekannt, wie er sich die künftige Unternehmensstruktur vorstellt. Der Konzern werde in sechs Bereiche aufgeteilt, die unter dem Dach einer Holding stehen sollen. Die zwölf Fahrzeugmarken werden dabei in drei Markengruppen gebündelt.

In einem Brief an die Belegschaft betonte Diess, dass diese Umstrukturierung zu „Synergien“ und einem „schlankeren Konzern“ führen werde. Er ließ keinen Zweifel daran, dass damit Arbeitsplatzabbau und eine deutliche Erhöhung der Arbeitshetze gemeint sind. „Wir müssen Tempo machen und deutliche Akzente setzen“, schreibt er. Die „beschlossene Weiterentwicklung unserer Führungs- und Konzernstruktur“ sei die Voraussetzung, um „schlagkräftiger und effizienter“ zu werden. „Wir nutzen Synergien künftig konsequenter als bisher.“


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Auch der neue VW-Personalchef kommt aus den Reihen von IG Metall und Betriebsrat. Gunnar Kilian war bisher Generalsekretär und Geschäftsführer des Betriebsrats und dabei insbesondere für die Vernetzung mit der Politik zuständig. Gleichzeitig fungierte als rechte Hand Osterlohs.

Der 43-Jährige hatte 2000 in der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit am VW-Stammsitz in Wolfsburg begonnen. Von 2003 bis 2006 war Kilian dann Mitarbeiter des Bundestagsabgeordneten Hans-Jürgen Uhl (SPD), ehe ihn der VW-Konzernbetriebsrat als Pressesprecher zurückholte. Damals war der Skandal um illegale Lustreisen von Betriebsräten auf Firmenkosten noch relativ frisch. Osterloh übernahm zu dieser Zeit den Vorsitz im Betriebsrat, weil sein Vorgänger Klaus Volkert wegen Korruption angeklagt und verurteilt wurde.

Die enge Verflechtung zwischen Betriebsrat, IG Metall und dem VW-Konzern ist seit langem bekannt. Schon in der Vergangenheit sorgten die Gewerkschaftsvertreter dafür, dass jede Krise des Unternehmens im Interesse der Kapitaleigner gelöst wurde. Dabei wurde die Belegschaft immer weiter aufgespalten und neben Tarifbeschäftigten immer mehr Leiharbeiter und Werksverträgler zu immer schlechteren Bedingungen beschäftigt. Angesichts wachsender Märkte konnten die Betriebsräte aber bisher für einen Teil der Stammbelegschaft Zulagen und Boni aushandeln.

Angesichts der verschärften weltweiten Wirtschaftskrise, zunehmendem Handelskrieg, der Verwandlung von großen Absatzmärkten wie China in Konkurrenten und einem tiefgreifendem technischen Umwandlung zur E-Mobilität verändert sich die Situation.

Die Gewerkschaft ergreift nun die Initiative, um den Konzern neu auszurichten und für den globalen Konkurrenzkampf fit zu machen. Dabei nutzt sie ihr Netzwerk von über 300 Betriebsräten und mehreren Tausend Vertrauensleuten, um einen massiven Arbeitsplatzabbau und eine drastische Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen gegen die Beschäftigten durchzusetzen.

Hätte es noch eines Beweises bedurft, dass Arbeitsplätze, Löhne und Sozialleistungen nur in einer Rebellion gegen die Gewerkschaften verteidigt werden können, Osterlohs Interview im Handelsblatt hat ihn erbracht.

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