von Gert Flegelskamp (flegel-g)
Franz Müntefering brachte es gegenüber der FAZ auf den Punkt: „Ich bleibe dabei: Dass wir oft an Wahlkampfaussagen gemessen werden, ist nicht gerecht.“ – FAZ 5. September 2006
Nun, Müntefering ist politische Geschichte (hoffe ich), aber mit diesem Zitat hat er im Prinzip die Grundhaltung der SPD zum Ausdruck gebracht. Adenauer soll sinngemäß das Gleiche zum Ausdruck gebracht haben mit den Worten: „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?“
Andere Politiker sagen es nicht so deutlich, aber fast alle Politiker handeln danach und wenn es um den Verrat der Prinzipien geht, ist die SPD absolute Spitze, dicht gefolgt von den Grünen.
Da gibt es diesen Politiker Heiko Maas, ein SPD-Politiker, der gegen die Vorratsdatenspeicherung wetterte, als er noch Oppositioneller im SPD-Landesparlament des Saarlandes war. Dann ist er in die Bundespolitik gewechselt und dank GroKo (wohl die Kurzfassung von großes Kotzen) zum Justizminister avanciert. Und die Vorratsdatenspeicherung, früher für ihn lt. seiner Partei-Reden ein Angriff auf die Rechte der gesamten Bevölkerung, ist nun für ihn Gegenstand der gesetzlichen Ausarbeitung. Natürlich hat er seine geänderte Haltung auch begründet und nun ist in seiner Begründung zu lesen, dass diese Vorratsdatenspeicherung dem Schutz der Bürger diene, weil ja Terroristen diesen Planeten und damit auch Deutschland bedrohen und damit die Polizei es viel leichter habe, Verbrechen aufzuklären.
Nun will Heiko Maas den Schutz der Bürger noch erheblich ausweiten. Er will sie vor Informationen schützen, die den Bürger beunruhigen könnten und im Strafgesetzbuch einen Paragraphen 202d einführen, der Datenhehlerei unter Strafe stellt.
Was bedeutet das? Datenhehlerei wäre beispielsweise, wenn man Daten von Edward Snowden weiterverbreitet oder wenn das, was deutsche Geheimdienste so treiben (ich weiß nicht, ob es die überhaupt gibt, denn mein Eindruck ist seit geraumer Zeit, dass BfV, BND und MAD eigentlich US-Geheimdienste sind, die gelegentlich auch mal für die Deutschen arbeiten, wenn das die US-Interessen nicht tangiert) oder ansonsten andere Schweinereien, die deutsche Behörden jeglicher Art begehen, die aber unter den Teppich gekehrt werden sollen, von Netzaktivisten öffentlich gemacht werden.
Diese „Datenhehlerei ist sozusagen ein Nebenprodukt der vom gleichen Politiker neu ausgearbeiteten Gesetze zur Vorratsdatenspeicherung (1), die am Freitag (16.10.2015) vom Bundestag verabschiedet wurde. Bei GOOGLE-News ist das Thema schnell wieder aus den Schlagzeilen verschwunden. Das verstehe ich natürlich, denn diese Abstimmung war ja gestern und den Deutschen interessiert (aus Sicht der Presse) wohl wesentlich mehr, dass die Weltmeisterschaft 2006 gekauft wurde oder das Pro und Kontra bzgl. der Flüchtlinge oder der VW-Abgasskandal. Nicht zu vergessen, gibt der Durchschnittsdeutsche ja ohnehin per Handy, E-Mail, Navigationssystem, Kreditkarte oder so genannte Bonus-Systeme schon mehr als die Hälfte seiner üblichen Gepflogenheiten weiter, wenn auch unbewusst (glaube ich zumindest). Da stört es doch kaum noch, wenn staatliche Stellen noch ein paar zusätzliche Informationen abgreifen oder seine SMS lesen, wenn „uns“ das vor den Terroristen schützt!???
Liebe ex-Ossis, macht Euch jetzt keine Selbstvorwürfe, dass Ihr mit den Rufen: „Wir sind das Volk!“ zwar einer Diktatur entronnen seid, nicht ahnend, dass Ihr damit in eine verschleierte Diktatur gelangt seid. Jetzt hat jeder seinen IM, einen elektronischen, statt den früheren DDR-Schergen. Der Witz dabei ist, Ihr sei euer ureigenster IM und macht Euch das nicht einmal selbst bewusst.
Erinnert man sich noch an die vor wenigen Wochen erschienenen Schlagzeilen, als der Generalbundesanwalt Harald Range gegen netzpolitik.org Klage wegen Landesverrat einreichen wollte? SPD-Umfaller Maas hat ihm (Range) damals, wenn auch widerwillig nahegelegt, in den Ruhestand zu gehen. Aber Pressefreiheit hin oder her, hat er dann flugs ein Gesetz gezimmert, eben diesen StGB-Artikel 202d, damit solche subversiven Elemente wie die von netzpolitik.org nicht noch einmal davonkommen, wenn sie Behörden-Schweinereien, Geheimnisse der Geheimdienste oder politischen Machenschaften öffentlich machen wollen. Dazu noch die Vorratsdatenspeicherung, damit kriegt man alle kirre und das viel besser, als das alte DDR-System.
Ich finde, es wäre Zeit, wieder Mauern zu bauen, sehr hoch und unüberwindbar und zwar um das gesamte Regierungsviertel, die BND- und BfV-Zentralen. Ja, da gibt es auch die eine oder andere Behörde, die man gleich mit einmauern sollte.
Ich habe die FAZ, sicherlich ein führendes Pressorgan, heute, am Samstag nach der Verabschiedung der Gesetze zur Vorratsdatenspeicherung, mal durchgeschaut, ob zur Vorratsdatenspeicherung noch was gesagt wurde. Gefunden habe ich nichts, außer einem Artikel, den ich ausgerechnet in der FAZ am wenigsten vermutet hätte. Ausgerechnet in der FAZ (2) einen Artikel zu finden, der die direkte Demokratie in der Schweiz preist, hätte ich nun wirklich nicht vermutet.
Der Autor „zerreißt“ in dem Artikel sinnbildlich den Schriftsteller Lukas Bärfuss, der die direkte Demokratie in der Schweiz abscheulich findet und die Schweiz gerne in der EU sehen möchte.
Wie gerne würde ich das System der Schweiz in Deutschland haben. Aus meiner Sicht wäre uns dann allerhand erspart geblieben, vermutlich sogar die Merkel, Gabriel und Heiko Maas, die Vorratsdatenspeicherung, die darin eingebettete Datenhehlerei (3) und noch eine ganze Menge mehr, wenn man an vergangene Regierungen denkt (Kohl, Schröder). Und ich bin sicher, dass die Schweizer ein viel ausgeprägteres politisches Wissen haben, als viele Deutsche.
In einem der Kommentare in der FAZ verteidigte einer der Kommentierenden Bärfuss mit dem Hinweis, der Autor könne die Analyse von Bärfuss nicht verstehen, denn sie fordere einen Blick mit einer Perspektive in die Zukunft einer globalisierten Welt, der durch die selbstgewählte Abgeschiedenheit außerhalb der Bergfestung fehle.
Es ist eben so, dass gerade bei den so genannten Eliten eine sehr eingeengte Sicht vorherrscht, wie das auch der Autor darlegt. Für die Eliten leben wir in einer globalisierten Welt. Dabei ist und war die Welt doch immer globalisiert, denn bereits in der Antike war internationaler Handel im Rahmen des Möglichen (Haltbarkeit der Waren) nur durch die Beschränkung auf die damals bekannte Welt usus. Wir leben nicht in einer globalisierten Welt. Globalisierung im heutigen Sinne ist die Globalisierung der Banken und des Handels. Natürlich werden viele auch die Globalisierung des Netzes anführen, aber konnte man nicht schon seit langer Zeit über die staatlichen Grenzen hinweg kommunizieren? Ich gehe davon aus, dass die meisten Menschen, egal wo sie leben, eine nationale Einstellung haben. Bei den wenigsten Menschen ist das reale Umfeld breit gefächert. Wenn man mal den Urlaub auf Teneriffa, Mallorca, Italien oder sonst wo verbringt, macht uns das nicht zu Globalisten, sondern zu Urlaubern und die meisten davon sind froh, wenn sie wieder zuhause sind.
Wir müssen die Flüchtlinge integrieren, ist eine der Forderungen der Politik. Wieso eigentlich, wenn wir in einer globalisierten Welt leben? Wie hieß es ehemals so schön? „Die Feder ist mächtiger als das Schwert.“ Das nutzt die Politik und das Kapital weidlich aus, denn „die Feder“ ist längst Bestandteil der Meinungsmache geworden und dazu gehören Begrifflichkeiten, wie z. B. die Globalisierung, die man bei flüchtiger Betrachtung auf sich selbst und das eigene soziale Umfeld bezieht. Doch das ist falsch. Die Globalisierung bringt Kriege und Ausbeutung mit sich und die, die einen Eid geschworen haben, dem Volke zu dienen und Leid von ihm abzuwenden, sind nichts als Diener und Handlanger der echten Globalisten, also der Mega-Konzerne und von Waffenschmieden. Völker sind Nationen und fast alle Menschen in einer Nation sind in ihrem Tun und Lassen sehr regional eingestellt und daran wird sich für lange Zeit nichts ändern, wenn überhaupt. Das ist es, was uns allen bewusst sein sollte. Das ist es, was die EU als „Überstaat“ so überflüssig macht wie einen Kropf, mehr noch, sie ist ein Krebsgeschwür, weil sie uns die Identität nimmt und uns zu Sklaven von Menschen macht, die sich an Großmachtsphantasien berauschen.
Fußnoten
(1) Vorratsdatenspeichrung Heise online
(2) Die bestorganisierte Anarchie des Abendlandes FAZ
(3) Analyse zur „Datenhehlerei“: Gefährliches U-Boot im Entwurf zur Vorratsdatenspeicherung Heise online
Hinterlasse jetzt einen Kommentar