Vor der eigenen Tür kehren

von Gert Flegelskamp (flegel-g)

Eine alte Weisheit besagt, bevor man über andere herzieht, soll man erst einmal vor der eigenen Tür kehren. Diese Weisheit finde ich wirklich weise und halte mich auch daran.

Da ich neben meinen beiden Augen noch ein drittes, sozusagen geistiges Auge besitze, sehe ich vor diesem geistigen Auge, wie sich nun das eine oder andere Gesicht zu einem Grinsen verzieht und im Hinblick auf meine Seite geistig oder auch verbal die Worte formt: „Der hat es gerade nötig.“

Doch hier liegt der Denkfehler. Die Kritik auf dieser Seite ist meine Sache. Erinnern Sie sich. Bevor die Mauer fiel, gingen die Menschen im Osten auf die Straße und sagten: „Wir sind das Volk.“ So sehe ich das auch. Ich bin das Volk, zwar nur der 82-millionenste Teil, aber mehr Anteil hat auch kein anderer, weder die Kanzlerin, noch die Minister oder die Abgeordneten. Auch Ihr Anteil ist der Gleiche.

Unsere Regierung, das Parlament, die Landesregierungen mit ihren Parlamenten, alle Behörden, jede Person dort ist der 82-millionenste Teil des Volkes. Ihre Existenz verdanken sie einzig der Tatsache, dass man bei allen Fragen, das gesamte Volk betreffend, nicht jedes Mal alle befragen kann. Deshalb wurden Politiker gewählt, die Interessen des Volkes zu vertreten, also Ihre und meine, denn wir sind das Volk.

Die Kritik auf dieser Seite ist also meine Tür, vor der ich kehre, weil das, was die Leute betreiben, die von mir für die politische Aufgabe stellvertretend gewählt wurden, ihren Auftrag nicht wahrnehmen. Es ist Fakt, dass man es nie allen Menschen Recht machen kann. Aber das Wesen der Demokratie besagt, das Recht ist, was von einer Mehrheit akzeptiert wird. Wenn ein Oettinger 2007 eine Grabrede auf einen ehemaligen Nazi hielt und ihn quasi als Widerstandskämpfer darstellte, kann man davon ausgehen, dass die Mehrheit in diesem Volk darüber empört ist. Er hat mit dieser Rede nicht nur den Neonazis in die Hände gespielt, die immer wieder versuchen, die Abläufe des 2. Weltkrieges und die Massenmorde zu verharmlosen, er hat seine Position genutzt, gegen seinen Auftrag zu handeln, nämlich die Interessen der Mehrheit des Volkes. Oettinger weiß, dass Filbinger ein Nazi war und seine Rede warf ein bezeichnendes Licht auf seine Einstellung. Heute ist er EU-Kommissar, einer von denen, die offenbar kein Problem mit den Nazis haben. Aber dank Ukraine-Konflikt kann man das wohl inzwischen von der gesamten Regierung und einem großen Teil des Parlaments ebenso vermuten, wie von den Medien.

Werfen wir einen Blick zurück auf Schäuble. Ihm sagten die Methoden der Gestapo oder der Stasi offensichtlich sehr zu. Er wollte die Demokratie aushebeln, anders konnte ich das nicht sehen. Er wollte aus Deutschland wieder das machen, was es während der Nazidiktatur war, „einen Polizeistaat.“ Nur, die technischen Möglichkeiten, die ihm und der Politik allgemein zur Verfügung stehen, sind inzwischen viel umfassender. Die Vorratsspeicherung von Daten (Totalprotokollierung von Telefon, Handy und Internet), die biometrischen mit RFID-Chips ausgestatteten Ausweise, die Bildspeicherung auf Straßen und in Gebäuden (Video und MAUT), die Totalkontrolle über die finanziellen Verhältnisse, die zunächst (angeblich) nur angedachte Speicherung der digitalen Passbilder und neuerdings sogar die Speicherung der Fingerabdrücke, das dient nicht, wie er behauptete, der Möglichkeit zur Überprüfung, ob die Ausweisinhaber mit der Person auf dem Ausweis übereinstimmt oder der Terrorismusbekämpfung. Er machte mit diesen Dingen jeden Menschen zum potentiellen Verdächtigen und zum Spielball für willkürliche Maßnahmen der Behörden. Dass Behördenwillkür keine Ausnahme ist, beweist seit 2005 die Bundesagentur für Arbeit (BA) täglich. Natürlich nicht jeder Mitarbeiter der BA, aber viel zu viele. Der Zugriff auf die Daten sollte ja nicht nur der Polizei, sondern auch den Geheimdiensten ermöglicht werden. Gleiches gilt für die Idee, Trojaner auf die PC’s der Internetnutzer zu schmuggeln, um dort die Daten auszuspähen. Mit diesem Trojaner können dann aber auch Daten manipuliert werden und damit kann jeder, der in irgendeiner Weise unbequem ist, zu einem Täter modifiziert und aus dem Verkehr gezogen werden. Das sind die Methoden, die Nazis anwendeten und in der Folge auch die Stasi. Und Daten, die der Politik und den „Sicherheitsbehörden“ durch die Lappen gegangen sind, kann man wohl recht problemlos von den USA, genauer der NSA erbitten..

Nimmt man dann noch Schäubles Wunsch nach dem Einsatz der Bundeswehr (BW) im Innern dazu, ist das Szenario des Polizeistaates, einer absoluten Diktatur komplett. Dann kann eine Demonstration von der Politik schnell zum Aufruhr ernannt werden, gegen den die BW eingesetzt wird. Spekuliert unsere Verteidigungsministerin nicht auch schon darauf, Drohnen zwar unbemannt, aber nicht mehr unbewaffnet einzusetzen? Wo? darüber schweigt sie, „noch“! Was, wenn dann eines Tages die Einschüchterung durch die BW nicht mehr ausreicht und deshalb ein Schießbefehl erteilt wird? Dann kann es theoretisch passieren, dass man vom eigenen Sohn erschossen wird, der schließlich nur Befehlen gehorcht hat, direkt oder durch Tastendruck bei einem Drohneneinsatz.. Schäubles Einlassung, dies gelte dem „Kampf gegen den Terrorismus“, war so abstrus, dass man es nicht erklären muss. Aber die Idee hat seine politische Karriere überlebt und ist aktueller denn je. Im Irak war zu sehen, was der Kampf des Militärs gegen Terrorismus ausrichtet. Und in Libyen und Syrien wurde erkennbar, wer denn eigentlich den Terrorismus für seine Interessen nutzt, sogar für Leute, die noch nicht erkannt haben, dass die al Qaida eine CIA-Organisation war. Es ist, als ob man mit Benzin ein Feuer löschen wolle. Nun, gerade jetzt wird das Hebdo-Attentat in Frankreich dazu genutzt, Militär im Innern zu positionieren. Da sollten die Franzosen mal richtig hellhörig werden. Wird das Militär dann nach einiger Zeit wieder zurück in die Kasernen geschickt? Oder wird es dauerhaft bleiben und gar immer weiter aufgestockt? War das mit dem Attentat vielleicht doch ganze anders, als öffentlich dargestellt?

Politiker, immer bereit zu „großen Worten“, tönten in die Mikrophone der sie umringenden Reporter: Hebdo ist der 11.9. für Europa!“ Nun, das mag so manchem nun doch als ein wenig übertrieben vorgekommen sein, aber ist der Vergleich wirklich so abwegig? Was wissen wir über den 11.9. denn wirklich? Die Attentäter sind tot, die vom 11.9. und die von Hebdo. Bezeichnenderweise ließen die Hebdo-Attentäter im Fluchtauto ihren Ausweis liegen. Beim 11.9. ließen die Attentäter auf dem Flugplatz eine Aktentasche stehen. Bin Laden wurde zum meist gesuchten Mann, bis man ihn schließlich erschoss und sich Obama, der das live verfolgt haben soll, sich dann vermutlich erleichtert im Sessel zurück lehnte. Hayat Boumeddiene, die Lebensgefährtin von Amedy Coulibaly, der trotz völlig anderer Umstände sofort in die „Terrorzelle“ der Hebdo- Attentäter eingebunden wurde, ist nun die meistgesuchte Frau Frankreichs. Warum das so ist, konnte ich bisher nicht entschlüsseln. Weiß sie etwas, was gefährlich sein könnte und zwar für die Politik und die Geheimdienste? Irgendwie habe ich das Gefühl, dass sie nie vor Gericht stehen wird, sondern wie bin Laden mit Kugeln im Körper „abgeschaltet wird“. Bei mir kommen Erinnerungen an Gladio hoch, die Rechte instrumentalisiert haben, Attentat zu begehen und sie Linken in die Schuhe zu schieben. Und ich erinnere mich an die Art, wie die gesamte europäische Politik und die europäische Presse keinerlei Bereitschaft erkennen ließ (außer in Italien), dazu Stellung zu beziehen oder darüber zu berichten.

Ja, das Hebdo-Attentat ist furchtbar, aber die Art, wie es von Politikern und Sicherheitsdiensten instrumentalisiert wird, ist aus meiner Sicht gefährlicher als gewaltbereite Menschen, egal welcher Religion und ich bin sicher, dass es genutzt werden wird, die ohnehin schon überbordende Überwachung durch den Staat auszudehnen und die Zahl derer, die dann meinen, das diene nur unserer Sicherheit, wird gewaltig zunehmen. Aber wer Sicherheit will, muss vor allem der Politik auf die Finger schauen und eine Ausweitung der Überwachung dient nicht der Sicherheit, sondern der Ausweitung der Manipulation der Bürger.

In dieses Szenario muss auch die so genannte Gesundheitskarte als Folge der Gesundheitsreform eingebunden werden. Man sollte sich dabei nicht von den warmen Worten der Politiker täuschen lassen, sondern über die Möglichkeiten des Systems nachdenken. Das Mautsystem sollte damals auch nur für LKW’s eingeführt werden. Inzwischen klingt ganz offiziell an, dass es auch zur Überwachung des gesamten Verkehrs genutzt wird. Das System war für eine Totalüberwachung geplant und wurde deshalb so aufwendig gestaltet. Dass man die Betreiber für die Verspätung nicht hat zahlen lassen, ist vermutlich dem Umstand zuzuschreiben, dass dann alle mit dem System verbundenen Möglichkeiten leicht hätten an die Öffentlichkeit kommen können. Jetzt haben wir ja einen Dobrindt (CSU, das könnte man auch Charakterlos, Stupide, Unsozial übersetzen) und damit einen Minister, der dieses Mautsystem erheblich ausweiten will. Gelingt ihm das, was sehr wahrscheinlich ist, schlägt er zwei Fliegen mit einer Klappe. Er bereitet den Weg für die Privatisierung vor, einem liberalen Wunsch, der mit TISA wohl zum Zwang werden wird, und hat ein System der Totalüberwachung geschaffen, mit dem vor allem Bewegungsprofile erstellt werden können. Die Bürger hat man Jahre darauf eingestimmt (ihnen symbolisch einen Ring durch die Nase gezogen), indem man den Straßenzustand systematisch verlottern ließ. Sie lechzen geradezu danach, dass diese Änderung Wirklichkeit wird. Ja, die Möglichkeiten, Menschen zu manipulieren, sind äußerst vielfältig. Das gilt vor allem für die eGK, wie man die elektronische Gesundheitskarte auch nennt. Das System wird viel zu aufwendig betrieben, um nur die vom Ministerium angegebenen Möglichkeiten zu beinhalten. Schließlich wird schon lange darüber spekuliert, im Versicherungswesen mit Gen-Codes mögliche Erbkrankheiten vor Versicherungsabschluss erkennbar zu machen und angeblich erkannte Risiken nicht oder nur gegen horrende Preise zu versichern. In Verbindung mit Schäubles Planung des Zugriffs auf alle Daten durch alle Polizei- und Spitzel-Dienste kann jedem Menschen außerdem jedes Verbrechen angehängt werden. Die DNA wird bereits heute schon als unwiderlegbarer Beweis für Täterschaften gewertet und DNA-Spuren zu legen, ist absolut problemlos. Diese DNA auf den Gesundheitskarten zu speichern (ähnlich dem Fingerabdruck), ist nicht nur unproblematisch. Sie kommt mit Sicherheit. Und wieder hat ein großer Teil der Menschen das bejaht, denn man erzählt ihnen nur, was möglich wäre, nicht was geschehen soll und wird. Die eGK wird nach einer Übergangszeit mehr Leben vernichten, als zu retten.

Die Einführung der Gesundheitskarte sollte (Stand 2007) 1,5 Milliarden € kosten, inzwischen wurden schon mehr als 14 Milliarden ausgegeben. Dabei wurden die Kosten für die Karte selbst mit 2 € angegeben. Warum wird wohl für die Einführung der Gesundheitskarte eine völlig neue Infrastruktur erforderlich? Was soll mit dem Projekt ermöglicht werden, was nicht bereits heute jeder beliebige PC oder Server kann (abgesehen von der Lesestation). Sie als Patient haben ohnehin kaum eine Kontrolle darüber, was mit Ihnen alles gemacht wird und was über Sie alles gespeichert wird. Wissen Sie, ob nicht bereits heute nach einer Untersuchung von Körperflüssigkeiten oder Exkrementen (Blut, Urin, Speichel, Kot) neben dem eigentlichen Befund ein DNA-Profil erstellt wird? Das weiß nicht einmal der Arzt genau, weil diese Untersuchungen oft in staatlichen Labors erfolgen. Fest steht, dass der betriebene Aufwand nicht mit den geäußerten Absichten in Einklang steht. Man schafft sich auch keinen Ferrari an, wenn man ständig auf einer Hallig lebt.

Wer das für eine Paranoia hält, sollte mal kurz nachdenken. Zum Beispiel über die Aufgaben von Geheimdiensten. Es gibt verschiedene Dienste (Verfassungsschutz (BfV), Bundesnachrichtendienst (BND), militärischer Abschirmdienst (MAD), Bundeskriminalamt (BKA) und die Landeskriminalämter (LKA’s). Die einen arbeiten im Innern, die anderen außerhalb unserer Grenzen. Geheimdienstler werden darauf abgerichtet (tut mir leid, anders kann ich das nicht nennen), immer und überall eine Verschwörung zu vermuten, aber auch, Informationen zu manipulieren und vermutlich geht ihr Auftrag sogar so weit, dass ein politischer Mord mit zu ihrem Aufgabenspektrum gehört (das ist bei allen Geheimdiensten der Welt üblich, ein Narr, wer glaubt, bei uns sei das anders). Wer sich mit der Entstehungsgeschichte der Deutschen Geheimdienste befasst hat, muss wissen, dass sie von den Amerikanern gegründet und mit Leuten aus SA, SS und Gestapo in leitenden Funktionen besetzt wurden. Schon merkwürdig, wenn man andererseits die US-Statements über Nazis hört. Auch unseren damaligen Parteien schien das ziemlich gleichgültig zu sein. Aber vielleicht wollte man den Faschismus nicht untergehen lassen, ist er doch eine wirkungsmächtige Ergänzung zum Kapitalismus.

Geheimdienstler sind im Grunde nichts anderes als Soldaten in einem Hierarchischen System. Sie bekommen Befehle und führen diese aus, ohne nach dem Grund zu fragen. Sie werden wie Soldaten im wahrsten Sinne des Wortes darauf dressiert. Ich will versuchen, das zu verdeutlichen. Jeder, der bei der BW war, weiß, dass er vor allem in der Grundausbildung geschliffen wird. Jeder glaubt, das gehöre zur Ertüchtigung und solle ihn im Ernstfall das Überleben ermöglichen. Ich sehe das anders. Zwar heißt es, das diene nur der Disziplin. Aber es geht darum, den Willen zu brechen. Ein Soldat führt Befehle aus, denkt nicht darüber nach und wenn doch, verweigert er dennoch keinen Befehl. Ist ein Rekrut aufmüpfig, wird er vom Feldwebel besonders hart rangenommen. Das geht solange, bis er sich beugt. So wird Gehorsam erzeugt, ein Gehorsam, der es nicht erlaubt, den Befehlen eines Vorgesetzten Widerstand entgegenzusetzen oder an ihnen zu zweifeln. Bedingungsloser Gehorsam. Man ordnet sich unter Niemand denkt mehr darüber nach, denn das System funktioniert seit Tausenden von Jahren so. Aber es führt dazu, dass Soldaten gehorchen, wenn sie einen Befehl bekommen, selbst wenn der Befehl bestialisch ist. Genau genommen ist ein Soldat eine Art Selbstmordattentäter, denn wenn man ihm im Ernstfall den Befehl zum Sturm gibt, rennt er los, selbst im Bewusstsein des sicheren eigenen Todes.

Wir haben 8 Tornados nach Afghanistan geschickt. Wer die Bilder vom Abflug gesehen hat, hat sicher bemerkt, dass diese „Aufklärungsflugzeuge“ mit Waffen voll bestückt waren, nach Aussagen der Presse und der BW nur zur Verteidigung gedacht (wie kann man sich mit Bomben unter einem Flugzeuge hängend verteidigen?). Was denken Sie, wenn ein NATO-Offizier nach einer Meldung über Bewegungen am Boden den Befehl gibt, dort eine Bombe zu platzieren? Glauben Sie ernsthaft, die Piloten würden den Befehl verweigern? Ich nicht! Sie wurden darauf dressiert, dass Befehlsverweigerung undenkbar ist. Soldaten, die es dennoch taten, kamen in den Knast (im günstigsten Fall) oder wurden als Verräter an die Wand gestellt. Selbst wenn ein Soldat den Sinn eines Befehls anzweifelt, tut er das im Geheimen, führt ihn aber trotzdem aus. Befehl ist schließlich Befehl. Die BW stellt den Soldaten gerne als Bürger in Uniform dar. Aber das ist er nicht. Er ist jemand, der auf Befehl tötet. Im Krieg wird diese Töten zur Gewohnheit und führt nicht selten zur Verrohung. Wer kennt nicht die vielen Massaker, die nach allen Kriegen bekannt wurden?

Der Generalstab sieht in den Soldaten keine Menschen. Es sind Einheiten, eine Panzerdivision, eine Flugstaffel, ein Marinechor und welche Bezeichnungen das Militär für die Waffengattungen sonst noch verwendet, die nach dem Willen der Generäle eingesetzt werden, um vielleicht einen strategischen Vorteil zu erzielen. Dabei wird der „Verlust“ einer Einheit einkalkuliert, wenn dadurch ein strategischer Vorteil möglich erscheint. Die Soldaten werden auch nicht getötet oder massakriert. Sie „fallen“ und spätere Gedenksteine verweisen auf Gefallene. Daran ändert auch die ganze Zeremonie nichts, mit denen der „Gefallenen“ gedacht wird. Es sind eingeübte Phrasen, denn anschließend geht man wieder zur Tagesordnung über.

Kommen wir zurück zum Geheimdienst. Diese Leute werden danach ausgesucht, dass sie bedingungslos jeden Befehl ausführen und möglicherweise noch Spaß daran haben. Dazu kommt, dass sie fast nie Befürchtungen hegen müssen, für illegale Handlungen zur Rechenschaft gezogen zu werden und sie agieren immer am Rande der Legalität, diese sehr oft überschreitend. Diesen Leuten will die Politik mittels immer ausgefeimteren Überwachungsmethoden die gesamte Bevölkerung ausliefern. Natürlich sind es im Zweifelsfall immer nur Einzelne, die in diese Mühle geraten. Aber einmal drin, kommt man nicht mehr raus. Man muss nur einmal zur falschen Zeit am falschen Ort sein. Geheimdienstler werden in der Regel nicht für Verbrechen belangt (siehe US-Folter). Das ändert sich, wenn sie entdecken, dass sie ein Gewissen haben und an die Öffentlichkeit gehen. Ein Arte-Film dokumentiert das an 3 Beispielen.

Die Mehrheit von uns fühlt sich für Vorgänge dieser Art nicht verantwortlich. Es ist die Politik, es sind die Offiziere, es ist die Wirtschaft, es ist das System und man kann dagegen nichts tun. „Wir sind das Volk“ gilt offenbar nur, wenn man persönliche Interessen vertritt. Weil aber die persönlichen Interessen immer nur häppchenweise beschnitten werden, nimmt man das kaum wahr oder nimmt es hin. Man nennt das Anpassung. Hinzu kommt, dass man für jeden Einschnitt in die persönlichen Befindlichkeiten Schuldige präsentiert bekommt.

Leider gibt es zu viele Menschen in diesem Land, die zwar täglich Nachrichten hören oder sehen, die Zeitung lesen, das Gehörte, Gesehene oder Gelesene zwar registrieren, aber es nicht verarbeiten, nicht durchdenken. So bleibt jede Information ein in sich geschlossenes System, wird nicht in den Zusammenhang mit anderen Informationen gebracht, nicht daraufhin überprüft, ob die Aussage in der Information in dieser Form überhaupt stimmen kann.

Nehmen wir das Thema Schwarzarbeit, oft vermengt mit dem Begriff Schattenwirtschaft, als Beispiel. Das war vor allem eine ständig wiederkehrende Berichtswelle in der Presse und seitens der Politiker nach der Hartz-IV-Einführung. Wird in der Presse darüber berichtet, ist die Darstellung immer so, als wäre Schattenwirtschaft gleich Schwarzarbeit. Dann werden Summen genannt, z. B. 350 Milliarden, die mit der Schattenwirtschaft in einem Jahr am Finanzamt und den Sozialkassen vorbei laufen. Die Summe mag stimmen, nicht aber der Hinweis auf die Schwarzarbeit. Schattenwirtschaft enthält alle illegalen, sogar zum Teil legalen Methoden, Geld einzunehmen, ohne Abgaben dafür leisten zu müssen. Schattenwirtschaft umfasst

  • Kleinkriminalität
  • organisiertes Verbrechen
  • Steuerhinterziehung
  • Abschreibungsmodelle
  • Schwarzarbeit

Wer sich die Mühe macht, den Betrag von 350 Mrd. € einmal rechnerisch zu verarbeiten, kommt schnell dahinter, dass Presse und Politik hier mit gezinkten Karten spielen. Um diese Summe mit Schwarzarbeit zu verdienen, müsste jeder, der in Deutschland lebt, 4.375 € nebenher durch Schwarzarbeit verdienen, vom Säugling bis zum Greis. Wäre der Vorwurf gerechtfertigt, dass die Arbeitslosen dieses Geld nebenher verdienen und somit die Allgemeinheit prellen und geht man großzügig von 10 Millionen Arbeitslosen aus, würde jeder Arbeitslose nebenher 35.000 € im Jahr kassieren. Sie wären voll mit ihrer Schwarzarbeit beschäftigt und könnten keine der Auflagen mehr erfüllen, die sie von der BA auferlegt bekommen. Anders gesagt, jeder Arbeitslose würde seine Bezüge von der BA voll gestrichen bekommen. 350 Mrd. ist 16-mal so viel, wie Steinbrück insgesamt für die Zahlungen an die Arbeitslosen im Jahresbudget 2007 eingeplant hatte.

Ein Aspekt, den die Presse in diesem Zusammenhang nie erwähnt, sind die Arbeitgeber. Würde so viel durch Schwarzarbeit verdient, müssten eine Menge Arbeitgeber (wenn nicht alle) den Staat ebenfalls betrügen, denn auch Schwarzarbeiter haben einen Auftragsgeber. Nehmen wir an, die genannte Summe stimmt, dann dürften die Posten organisiertes Verbrechen und Steuerhinterziehung die größte Summe ausmachen. Beim Posten Schwarzarbeit sind wohl die obskuren „Subunternehmer“, die mit illegalen Arbeitern unsere Großbaustellen (vor allem die der öffentlichen Hand) bevölkern, zu nennen. Dort wird Schwarzarbeit in großem Stil betrieben, eine Schwarzarbeit, von der nicht die Arbeiter, sondern die Baufirmen und deren Subunternehmer profitieren. Und der Subunternehmer ist dann das schwarze Schaf. Die großen Bau-Konzerne „hatten ja keine Ahnung“, auch nicht die Auftraggeber für die Bauprojekte und erst recht nicht die öffentliche Hand, die sicherlich teilweise fest um den Griff des Köfferchens geschlossen war, in dem sich das Schmiergeld befand.

Gleiches gilt in der Rentendiskussion. Wie wird stets die Vergreisung der Gesellschaft beklagt, dass zu wenige Kinder geboren würden und deshalb zu wenig Beiträge in die Sozialkassen gezahlt würden. Doch Tatsache ist, dass wohl rund 10 Millionen Kinder zu viel geboren wurden, für welche die Wirtschaft nun keine Verwendung mehr hat. Die Probleme der Sozialkassen existieren jetzt und nicht erst 2030. Jetzt zahlen mehr als 10 Millionen nicht in die Kassen ein, weil sie arbeitslos sind oder nur so geringfügig bezahlte Jobs haben, dass keine Beiträge anfallen. Die Probleme der Sozialsysteme, egal ob Rentenkasse oder Krankenkasse sind durch die Arbeitslosigkeit entstanden. Somit ist ein ursächlicher Zusammenhang bei Rente und Gesundheit mit der Arbeitslosigkeit vorhanden. Doch dieser Zusammenhang wird von der Presse nicht dargelegt und der Zeitungsleser, der nur Artikel liest, stellt den Zusammenhang auch nicht her. Als Schuldige präsentiert uns die Politik und die Presse die Rentner, die zu lange leben, im Alter zu viel krank sind. Aber die heutigen Rentner haben länger gearbeitet, als es die nachfolgende junge Generation tun wird, sie haben mehr Beiträge in die Krankenkassen und Rentenkassen entrichtet, als es die junge Generation tun wird, die meisten heutigen Rentner waren nie arbeitslos, hatten also nie eine Unterbrechung ihrer Beitragszahlungen und haben so gut wie nie Arbeitslosengeld bezogen, waren seltener krank und haben weniger staatliche Hilfen wie z. B. Kindergeld bekommen. Dafür kürzt man ihnen heute die Bezüge, macht sie auch noch zu Schuldigen und verunglimpft sie, wo immer es nur geht.

„Du bist Deutschland“ war eine Initiative und ist es vielleicht noch. Sie wurde von allen getragen, die für den neoliberalen Schwachsinn stehen und das einzig Wahre daran war der Satz, „Du bist Deutschland“. Jeder von uns ist Deutschland, auch der türkische Nachbar. Aber nicht in dem Sinne, wie ihn die Initiative vorstellte und dabei ständig von Eigenverantwortung sprach. Mitverantwortung wäre das richtige Wort gewesen. Jeder ist mitverantwortlich für die Entwicklung des Systems Deutschland und des Systems Europa, denn jeder ist Teil des Systems. Aber um dieser Mitverantwortung gerecht zu werden, reicht es nicht, Informationen aufzunehmen. Man muss sie auch verarbeiten, in den Kontext mit anderen Informationen stellen und daraus die Wirklichkeit erkennen, wie sie ist. Und man muss seine Stimme erheben, in welcher Form auch immer, wenn man erkannt hat, dass wir wieder mal belogen und betrogen wurden. Man muss seine Position als Mitläufer nicht nur in Frage stellen, sondern aufgeben, denn Mitläufer können von den Fallstricken, welche Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Presse knüpfen, sehr leicht ebenfalls erfasst werden. Das BIP (Bruttoinlandprodukt) wird von allen Menschen in diesem Lande erwirtschaftet und war einem steten Wachstum unterworfen. Aber die Gewinne wurden nicht annähernd gleichmäßig verteilt. Während die Gewinne der Unternehmer überproportional gewachsen sind, sind die Reallöhne gesunken. Zum BIP tragen alle bei, sogar Arbeitslose und Rentner, denn auch sie zahlen Steuern in Form von indirekten Steuern (auf fast alle Produkte) und über die Umsatzsteuer (MWST). Rentner zahlen auch Krankenkassenbeiträge, den gleichen Prozentsatz wie Arbeitnehmer, aber im Grunde einen höheren Anteil, denn sie zahlen sogar Beiträge für Leistungen, auf die sie keinen Anspruch haben, nämlich 0,9% Beitrag für Krankengeld (die jetzt nominell wieder verschwinden, dafür in Form von Zusatzforderungen der Kassen ganz oder teilweise dennoch erhoben werden) und zusätzlich den Arbeitgeberanteil für die Pflegeversicherung (der nun durch die Anhebung für Rentner eine merkliche Rentenkürzung darstellt, die die letzte Rentensteigerung wieder weitgehend auffrisst) und für Firmenrenten.

Vergleichen Sie Deutschland mit einem Kohlkopf (ich meine hier nicht die Regierung Kohl). Wenn Sie einen Kohlkopf verarbeiten, verwenden Sie dann nur die angefaulten oder welken äußeren Blätter? Wohl kaum. Warum machen Sie es dann mit den faulen Stellen unseres Systems Deutschland anders? Entfernen Sie die faulen Stellen. Sie können es, denn „Sie sind Deutschland“, mehr als die meisten Politiker und Wirtschaftsbosse. Politiker und Wirtschaftsbosse der globalen Konzerne sind die äußeren Blätter des Kohls. Sie gehören entfernt und nicht verarbeitet. Auf friedliche Weise, versteht sich, durch Wahlen, durch Streiks, durch Konsumverhalten. Aber dazu müssen Sie zuerst beginnen, vor der eigenen Tür zu kehren.

(Visited 11 times, 1 visits today)
Vor der eigenen Tür kehren
6 Stimmen, 5.00 durchschnittliche Bewertung (99% Ergebnis)

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*