Von Draghi zu Lagarde: Die EZB bleibt undemokratisch und unsozial

von Joachim Jahnke

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1. Undemokratisch

Die Bundesbank ist unabhängig, wird aber wenigstens indirekt vom deutschen Wähler kontrolliert. Denn der bestimmt die Regierung, und die bestimmt, wer die Bundesbank jeweils leiten soll. Dagegen kennt die EZB keinerlei demokratische Kontrolle. Deren oberste Leitfigur wird vom Europäischen Rat im berüchtigten Hinterzimmer ausgesucht, und der muß sich mit seiner Entscheidung vor keinem Parlament verantworten. Es gibt zwar in der EZB ein Direktorium aus Vertretern der Euroländer, doch dort hat Deutschland mit seinen 82 Mio. Menschen total undemokratisch genau so viel Stimmengewicht wie Malta mit knapp 0,5 Mio. oder Zypern mit 0,8 Mio. Menschen. Eine Malteserstimme im EZB-Vorstand hat also – an der Bevölkerung gemessen – eben so viel Gewicht wie die des Kollegen aus Deutschland, der 165-mal mehr Bevölkerung vertritt. Und bei der Zins-Enteignung der Deutschen durch die Zinspolitik der EZB geht es ebenfalls so schief zu.

Da konnte der letzte Präsident Draghi ungestört und auf die Mehrheit der Mittelmeerländer gestützt acht lange Jahre lang durchregieren, ohne sich auch nur eine Sekunde lang um die Interessen der 82 Mio. Deutschen zu kümmern. Dabei war pikanterweise seine Mittelmeer-Mehrheit zugleich die große Mehrheit der Staatsschuldner unter den Euroländern (64 % von mehr als 10 Billionen Euro Staatsschulden) und seine Heimat Italien das Land mit den größten Staatsschulden überhaupt. Von Interessenkonflikten, die die undemokratische Situation noch verstärken mußten, scheint die EZB noch nichts gehört zu haben oder schert sich jedenfalls nicht darum.

Schon der Anfang der EZB war wenig demokratisch. Deutschlands Bevölkerung hatte ebenso wenig wie die der meisten anderen späteren Euroländer ein Mitspracherecht bei der zentralen Frage der Währung im eigenen Portemonnaie. Kohl entschied das über alle Köpfe hinweg gegen die starke Mehrheitsmeinung in der Bevölkerung, und seine Partei betrieb in der folgenden Bundestagswahl eine Lügenpropaganda mit der Aussage auf den Wahlplakaten, deutsche Steuerzahler müßten nie für die Schulden anderer Euroländer aufkommen, was später in der griechischen Krise durchaus geschah und in der nächsten Euro-Krise wieder geschehen wird und was derzeit praktisch auch über die negative Zinspolitik der EZB passiert, die deutschen Sparern Zinsen entzieht und italienischen Schuldnern die Zinslasten senkt.

Als Entschädigung für die Aufgabe ihrer harten Währung wurde den Deutschen Frankfurt als Sitz der EZB zugestanden. Doch im Gegenzug wurde der erste Präsident Duisenberg schon nach wenig mehr als der halben Amtszeit abgesägt und von einem Franzosen verdrängt. Auch die derzeitige neue Amtsperiode nach Draghi ließ sich Frankreich wieder nicht nehmen. Bundesbankpräsident Weidmann war von Anfang an ziemlich chancenlos, besonders seit Macron listigerweise eine frankreichgeneigte Deutsche für den Kommissionsvorsitz ausgesucht hatte. Die Mehrheit der Mittelmeerländer („ClubMed“) kann nun unter Christine Lagarde undemokratisch weiter durchregieren.

2. Christine Lagarde

 

Wer aber ist Christine Lagarde? Kann sie ihre undemokratische Bestellung durch demokratische Stärken aus früheren Rollen wenigstens teilweise ausgleichen? Schon ihr Stallgeruch ähnelt dem ihres italienischen Vorgängers, der vom amerikanischen Geldhaus Goldman Sachs kam. Bei ihr war es Baker McKenzie, die mit 4.700 Anwälten in 46 Staaten außenpolitisch wichtigste Anwaltskanzlei der USA, die vor allem amerikanische Konzerne und Banken vertritt und viele Regierungen berät. Ab 2004 hatte Lagarde den Vorsitz im Global Strategy Committee von Baker McKenzie. Von 1995 bis 2002 war sie auch Mitglied in der Washingtoner Denkfabrik Center for Strategic and International Studies (CSIS). Später bekleidete sie Ministerämter unter konservativen Regierungschefs Frankreichs, ohne je selbst in Wahlen ein demokratisches Mandat erworben zu haben, und zuletzt die Chef-Rolle beim Internationalen Währungsfonds, die ebenfalls total undemokratisch und meistens an Franzosen vergeben wird. Nach viel demokratischem Hintergrund riecht ihre Karriere jedenfalls nicht.

3. Draghis Vermächtnis

Lagarde wird es schwer haben, sich aus dem Schatten von Draghi zu befreien, der im Juli 2012 seinen großen Tag hatte, als er die Spekulanten auflaufen ließ, die massiv gegen Italien wetteten und den Zins für italienische Staatsanleihen auf über unfinanzierbare 6 % hochtrieben (Abb. 20501), und der als Chef der EZB dann aber immer wieder versuchte, über die Geldpolitik die gesamte Wirtschaft Europas zu steuern, wie ein Schwanz, der mit dem Hund wedelt.

 

Noch vor seinem Abgang setzte er die Wiederaufnahme des Kaufes von Staatsanleihen gegen den Widerstand von 10 der 22 Mitglieder im EZB-Rat durch. Er tat das, obwohl mit dem billigen Geld aus den Druckmaschinen kränkelnde Staaten von notwendigen Reformen abgehalten werden und marode, künstlich am Leben gehaltene Zombiefirmen den wettbewerbsfähigen Unternehmen Ressourcen entziehen und den notwendigen Strukturwandel bremsen.





Dabei hat Draghi trotz extremer Liquiditätsentwicklung über die EZB-Bilanz (in 5 Jahren mehr als verdoppelt auf 4,7 Billionen Euro, das Fünffache aller jährlicher Arbeitseinkommen in Deutschland, Abb. 16572) weder mehr Wachstum schaffen können (der Zuwachs ging im 3. Quartal 2019 auf wenig mehr als 1 % zurück, Abb. 20496), noch konnte er die Inflation auf die angesteuerte Marke von 2 % bringen (zuletzt lag sie bei nur noch 0,7 %, Abb. 19639).

 

 

 

Draghi hat auch nicht verhindern können, daß die Euroländer in den acht Jahren seiner Amtszeit ökonomisch und sozial immer weiter auseinanderdrifteten. Wenn Draghi etwas erreicht hat, so war es eine gravierende Schädigung der deutschen Sparer und ihrer Alterssicherung sowie des Geschäftsmodells der Banken und andererseits einen extrem ungesunden Boom an den Immobilien- und Aktienmärkten, der die Sozialstrukturen weiter auseinanderriß und leicht zu nächsten Krise führen kann. Der Deutsche Aktienkursindex hat sich seit Draghis Rede von 2012 mehr als verdoppelt (Abb. 20499), das Volumen an Wohnungsbaukredite zu niedrigsten Zinsen um fast 30 % erhöht (Abb. 20500). Auf der anderen Seite verlieren nicht nur die deutschen Sparer und ihre private Alterssicherung, auch die allgemeine Rentenversicherung verliert durch negative Zinsen, allein im 1. Halbjahr 2019 41 Mio. Euro. Nun prüft die Bundesregierung schon, ob eine Erweiterung der zulässigen Anlagemöglichkeiten die Situation der Sozialversicherungsträger erleichtern könnte, was nicht anderes heißt als Geldanlagen in riskanteren Anlageformen. Nie in modernen Zeiten hat eine Zentralbank so lange und so direkt in die Sozialstrukturen eingegriffen und damit so viele Gewinner und Verlierer ihrer Politik geschaffen.

 

 

4. Lagarde was nun?

So ist Lagarde bisher eine folgsame Schülerin ihres Vorgängers. Bei ihrem Auftritt vor dem Europäischen Parlament sagte sie:

„Ich stimme mit dem EZB-Rat überein, daß die Geldpolitik länger locker bleiben muß.“

Sie ist – absolut ungewöhnlich für einen Notenbankvorstand – keine Ökonomin und keine Expertin für Geldpolitik, die eigentliche Aufgabe der EZB. Doch sie versteht sich auf flotte politische Sprüche. So erklärte sie in ihrer ersten Pressekonferenz als EZB-Chefin:

„Deutschland ist wichtig, aber es ist eines von 19 Ländern der Euro-Zone. Ja, es ist eine sehr große Volkswirtschaft, aber alle anderen müssen auch an Bord sein.“

Und an anderer Stelle belehrte sie ein kritisches deutsches Publikum mit einem Schäuble-Zitat:

„Was ist gut für Europa, ist gut für Deutschland!“

Solche Sprüche klingen bereits voll nach „ClubMed“, und „alle anderen, die an Bord sein müssen“ sind eben die Mittelmeer-Länder bis Malta und Zypern mit der künstlichen und von Kohl seinerzeit leichtfertig, weil ohne Rücksicht auf die Bevölkerungsgröße akzeptierten Stimmenverteilung im EZB-Vorstand.

Die inzwischen schädlich gewordene EZB-Politik beizubehalten und nur mit einem neuen Kommunikationsstil übertünchen zu wollen, wird auch nicht helfen. Was will Lagarde denn erreichen, wenn sie die Politik nicht ändert, und nur die Kommunikation verbessert? :

„Ich glaube, dass die EZB ihre Kommunikation weiter verbessern kann, um sich besser verständlich zu machen und um zu erklären, warum ihre Handlungen für die Menschen und ihr Leben von Bedeutung sind. Es wäre auch sinnvoll, größere Anstrengungen zu unternehmen, um Gruppen in der Gesellschaft zu erreichen, die traditionell nicht im Mittelpunkt der Kommunikation der EZB standen, wie junge Menschen oder zivilgesellschaftliche Organisationen, und auch ihren Anliegen aufmerksamer Gehör zu schenken. Es besteht ein großes Potenzial, die EZB mit den für die Menschen besonders wichtigen Themen wie Ungleichheit, digitale Währungen oder Klimawandel zu verbinden und klarere Antworten darauf zu geben, wie sie die EZB beeinflussen und wie die EZB im Rahmen ihres Mandats in diesen Bereichen einen Beitrag leisten kann.“

5. Wenig Vertrauen in die EZB

Das Vertrauen in die EZB ist unter Bürgern der Eurozone gering (Abb. 20497). Die Deutschen gehören mit 39 % Vertrauen zu 49 % Mißtrauen zu den acht von zwölf Ländern, wo das Vertrauen das Mißtrauen nicht überwiegt. Noch schlimmer ist es in Italien mit 35/47, Frankreich 34/48 und Spanien 35/53. Dabei hat sich in Deutschland das Vertrauen seit der Eurokrise von 2008 sehr negativ entwickelt (Abb. 20498) und dürfte nun nach der Wiederaufnahme der Anleihekäufe weiter abgestürzt sein.

 

 

Ach, noch kurz zum Titelbild. Zwei altgediente Marionetten der Finanzindustrie, die sich gefunden haben, um Deutschland vollends zu ruinieren. Seit 2015 ist dieser Prozess kaum noch zu übersehen. Jetzt, nachdem die kriminelle Lagarde das Ruder der EZB (Europäische Zombie Bank) in die Hand genommen hat, werden beide die Enteignung der Deutschen noch beschleunigen. Die Medien, insbesondere die GEZ-Zwangsgebühren-Sender, verschleiern diesen Betrug, anstatt ihn aufzudecken und die Justiz darüber zu informieren, um diesen Betrug zu verurteilen.

Und was sagt uns dieses Korumpel-Verhalten? Eine demokratische Diktatur funktioniert nur, wenn jedes Rädchen in das andere greift. Bisher ist noch kein Rädchen gebrochen, das den geplanten Prozess verhindert. Ohne kostspielige Schmiermittel würde dieses sensible Uhrwerk eines Tages funktionsunfähig machen. 

 

Wandere aus, solange es noch geht!

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1 Kommentar

  1. Die Mehrheit der Inhaber der EZB sind Privatbanken. Damit ist klar, welche Interessen dort vertreten werden. Ich wäre nicht überrascht, wenn andere Banken, speziell Sparkassen und Genossenschaftsbanken, peu a peu verdrängt würden. Nach der Krise 1929 hat die FED, ebenso in Privatbesitz, tausende von unabhängigen, kleineren Banken in den USA übernommen.

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